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Einladungswettbewerb | 02/2020

Neubebauung Orleansstraße / Orleanshöfe in München

Perspektive Haidenauplatz

Perspektive Haidenauplatz

3. Preis

Preisgeld: 18.000 EUR

PALAIS MAI Gesellschaft von Architekten und Stadtplanern mbH, BDA

Autoren

grabner huber lipp landschaftsarchitekten und stadtplaner partnerschaft mbb

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ort
Rechts der Isar, im jüngeren Teil der Stadt München und nahe dem Ostbahnhof gelegen, erstreckt sich längs zwischen der Stadt und der Bahnlinie das Baufeld.
Dieser nördlich gelegene Teil der Stadt jenseits der Orleansstraße ist erst um die Jahrhundertwende zu einem echten Teil der Großstadt geformt worden. In den älteren Teilen durch die Umsetzung der stadträumlichen Ideen Zenettis, die einem französisch geprägten Stadtraumideal folgen, im benachbarten nordöstlichen Teil, durch den von Camillo Sitte geprägten romantischen Städtebau Theodor Fischers.
Lange Zeit war der schmale Streifen des Baufeldes dem Gleiskörper zugeschlagen.
Er hatte eine klare Funktion. Der Bahnhof war das einzige Bauwerk bahnseits der Orleansstraße. Die Hausfassaden bildeten nach Süden die Stadtkante zur Bahn.
Im Laufe der Modernisierungen des Bahnbetriebs und den damit einhergehenden Umwidmungen zahlreicher Flächen entlang des Gleiskörpers stellt sich nun die Frage:
Was für einen Charakter hat die Stadt an dieser Stelle? Welchen Ort will man schaffen?

Stadtraum
Es scheint kein Stadtraum des Transfers zu sein, kein querverbindendes Moment.
Vielmehr ist hier das Thema der einseitigen Hinwendung zur Stadt und die Tiefe des Perimeters die relevante Größe.
Ein Blick in die vorgefundene stadträumliche Nachbarschaft des benachbarten „Franzosenviertels“ bietet überraschende Potentiale.
Die präzise Reihung und Fügung unterschiedlicher Stadträume, deren genaue Widmung in öffentliche, halböffentliche und private Bereiche schafft die große Qualität der einzelnen Quartiere ebenso wie die ruhige Kontinuität eines klar lesbaren Straßenraums. Hier wird die Stadt nicht mittels abstrakter Strukturen, sondern mit klaren räumlichen Ideen und Formen gestaltet. Diese Präzision schafft eine Verbindlichkeit die wiederum zu erinnerbaren Atmosphären der Teilräume überleitet. Ein starkes Motiv um Stadt zu bauen. Und so, nämlich den verschiedenen Nutzungen angemessen, ergeben sich auch die Teile des Entwurfes: Klar definierte Eingänge in das Quartier über die oktogonalen „Cours publiques“, schaffen einen Rhythmus entlang der Orleansstraße die zum Teil von gewerblichen und gemeinschaftlichen Nutzungen aber auch Wohnnutzungen in Hochparterrelage geprägt wird.
Diese Höfe bilden dabei Räume die zugleich Adresse für Nutzungen, Vorraum für die grünen Wohnhöfe aber auch Transferräume für die Adressen der südlichen Wohnlagen entlang der Bahn sind. Im Bedarfsfall lassen sich diese Höfe auch für Rettung, Umzug oder mit Pflegefahrten der Bahn befahren.
Dem bahnreisenden Passanten zeigt sich das Quartier als neuer Stadtbaustein mit markanter Silhouette. Basis dieses Stadtprospekts bilden langestreckte Arkaden im Süden, die Raum für die Erschließung der südlichen Wohnadressen schaffen und so entlang der Gleise die Besonderheit des Ortes in der Stadt ganz selbstverständlich ergänzen. Gleichzeitig werden die kostbaren Wohnhöfe ganz von Durchquerung und Befahrung, also öffentlichen Pflichten, entbunden.
Am Ostbahnhof schaffen die „Cour d´Orleans“ einen selbstverständlichen Auftakt durch das Angebot eines Platzes der stadträumlich auf die gegenüberliegende Straßeneinmündung reagiert und von öffentlichen Nutzungen - Einzelhandel, eine kleine Gastronomie und Eingänge zu Büroeinheiten - geprägt ist. Entlang der Orleansstraße schaffen die leichten Rücksprünge vor den Zugängen der „Cours publiques“ rhythmisierende Zäsuren im Straßenbild und erweitern auf diese Weise - angemessen und dieskret - den öffentlichen Raum. Am nördlichen Ende des Gefüges markiert ein hohes Haus die stadträumlich bemerkenswerte Stelle die sich Haidenauplatz nennt. Ein Platz kann diese Stelle nicht sein. Aber doch ein lebendiger Ort an der Gleisquerung, einem der Übergänge zum neuen Werksviertel, die das räumliche Ende der langen Orleansstraße markiert und eine Schnittstelle ins Viertel über die Kirchenstraße darstellt. Hier verortet sich eine lebendige, überregional geprägte Nutzung eines Hotels und kurzfristigen Wohnens. Die Planung des Hotels integriert ganz selbstverständlich die Forderungen nach Zugang und Rettung der neuen Stammstrecke. Aber auch eine KITA und Gewerbe und Büroadressen nutzen die Öffentlichkeit des Ortes, der formal durch eine leichte, räumlich moderierende Drehung des Hochpunktes freundlich gestärkt wird.

Wohnen
Den mittleren Teil des neuen Quartiers gliedern Wohnadressen. Über Treppenhäuser mit unterschiedlichen sicherheitstechnischen Anforderungen und unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten (Sicherheitstreppenhäuser mit Schleusen, offenen Treppenhallen oder umlaufende Laubengänge) erreicht man die überwiegend als Spänner organisierten Wohnungen, deren Freiflächen sich alle zu den ruhigen Wohnhöfen orientieren. Alle Wohnungen verfügen über mehrheitlich zum ruhigen Hof orientierte schützenswerte Räume. Im Fall einer Lärmexposition der Zimmer schaffen verglaste Lärmschutzloggien oder entsprechende Fenster ruhige Wohnsituationen.
Die gezeigten Hofformen ergeben sich dabei nicht zufällig als Resultat optimierter Wohnungszuschnitte, sondern formen gleichberechtigt im Dialog mit dem vorhandenen Raum die Wohnsituationen. Knochenartige Zonierungen ergeben kleinmaßstäbliche Nachbarschaften im großzügigen grünen Raum der Wohnhöfe.
Die beiden erdgeschossig angeordneten Kindertagesstätten werden, dieser Wertung entsprechend den Höfen mit Einzelhandel zugeordnet.

Freiraum
Der Freiraum besticht durch eine Abfolge von verschiedenen Hoftypologien, wobei die unterschiedlichen Ansprüche die Gestaltung formulieren. Die Erschließungshöfe bilden das Entree in das Innenhofgefüge. Sie dienen als Verteiler und bieten durch ihre offene reduzierte Gestaltung die nötige Orientierung. In ein Passepartout gefasst erhält jeder Raum ein eigenständiges Muster, dass sowohl Identität als auch Zusammenhalt schafft.
Die privateren Wohnhöfe werden durch Passagen betreten. Eine freie Wegeführung soll die Bewohner zum Erkunden der Höfe ermutigen. Kleinere Pfade führen durch eine lockere Pflanzung, die sich zum Rand hin verdichtet und auf diese Weise eine angenehme Privatheit zur Erdgeschosszone schafft. Zur Mitte hin siedeln sich einzelne Spielinseln an, die in Kombination mit den platzartigen Aufweitungen zum Verweilen einladen. Eine letzte Typologie bilden die den Kindertageseinrichtungen zugehörigen Spielhöfe. Dabei erstreckt sich die Freifläche der ersten Kindertagesstätte auf das 1.OG des Einzelhandels. Die vorgefundene Baumkulisse bleibt vollständig erhalten. Bestehende Zufahrten werden für die Tiefgaragenzufahrten genutzt und einzelne Lücken als Notzufahrten im Bedarfsfall erweitert. Entlang Der Bahnstrecke angelagert befindet sich der Biotopkorridor der durch eine dichte Initialpflanzung hin zum Gebäude vor unerwünschtem Betreten geschützt wird.

Schallschutz
Der Entwurf löst die Herausforderung des vorhandenen Außenlärms durch die geschickte Auswahl von lärmverträglichen Nutzungen an den mit Lärm beaufschlagten Fassaden. Büro- und Hotelräume können mit hochwertigen Schallschutzfenstern und schallgedämmten Lüftungseinrichtungen ausgestattet werden. Die vorgeschlagenen Grundrisse der Wohnungen orientieren sich primär an den schallabgeschirmten ruhigen Innenhoflagen. Verbleibende schutzbedürftige Räume an den lauten Fassaden sind grundsätzlich an verglaste, schallgedämmte Loggien angeschlossen und ermöglichen hierdurch die Nutzung der Südfassade. Weitere Fenster dieser Räume dienen der ausreichenden Belichtung und können mit schalltechnisch hochwertigen Verbundfenstern ausgestattet werden, wie die exemplarisch durchgeführten schalltechnischen Berechnungen zeigen.


Schließlich lässt sich das Quartier, wie gefordert, in zwei Abschnitten realisieren, ohne die beschriebenen Qualitäten und Charakteristika des Gefüges zu stören. Ein geschlossener „Cour publique“ markiert dabei die Entwicklungsetappe.
Weitere Bauabschnitte sind nachgewiesen.

Also:
Allez, pour un Munich d`aujourd´hui!
Lageplan

Lageplan

Schwarzplan

Schwarzplan

Erdgeschossplan

Erdgeschossplan

Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Perspektive vom Orleansplatz

Perspektive vom Orleansplatz