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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2020

Neubau einer Kindertagesstätte und eines pastoralen Begegnungszentrums in Füssen

2. Preis

Preisgeld: 23.700 EUR

Burger Rudacs Architekten

Architektur

el:ch landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Pastorales Begegnungszentrum zu den Acht Seligkeiten
und das Haus der kleinen Forscher

Ein quadratischer, zweigeschossiger Vierkanter mit hohem, auf den Kirchplatz vorgestelltem Sakralbau, bildet als "Einhaus" das neue Quartierzentrum in Füssen West. Der Innenhof beherbergt den Freibereich der Kindertagesstätte. Ein dreiseitig, umlaufender Arkadengang trennt zu ebener Erde den Hof vom öffentlichen Weg durch die Anlage. Er liegt wie eine Loggia, offen, innerhalb des Volumens des Gebäudes, flankiert die öffentlichen Bereiche des Begegnungszentrums und führt von Nord nach Süd und von West nach Ost. Die Sequenzen des Hauses bestehen aus den drei städtebaulichen Elementen, Platz, Hof und Arkadengang.

Die Typologie
Die gewählte, archaische Gebäudetypologie des Hofhauses, die Elemente aus dem klösterlichen Bau bewusst sucht und neu interpretiert, wird mit ihrer städtebaulichen und architektonischen Kraft in der Lage sein, den zentralen Ort, der dem Quartier Füssen West trotz seiner jahrzehntelangen Bebauungsentwicklung bis heute fehlt, räumlich zu definieren und diesen zu erschaffen.

Drei Häuser die eins werden
Auf Stadtebene ist das Hofhaus porös und durchlässig. Drei Baukörper berühren den Boden. Das Sakralhaus, das Verwaltungshaus und das Haus der Kindertagesstätte. Der offene, überdachte Arkadengang umschließt den Hof und verbindet die drei Baukörper tektonisch.
Den drei Häusern sind jeweils eigene Eingänge und Foyers zugeordnet. Treppen und Aufzüge führen jeweils in das obere, die drei Häuser baulich verbindende Ringgeschoss.

Die Disposition des Hauses
Die herausgestellte Disposition und die starke Zeichenhaftigkeit der Gestalt des Sakralhauses an der nördlichen Flanke des Hofhauses, definiert räumlich den Platz und bildet die Adresse des Quartierzentrums. Sakralraum, Begegnung und Versammlung sind im Sakralhaus beherbergt. Der aufgeständerte Gebäudeteil des liegenden Hofhauses gibt den Blick frei in den von Arkadenstützen gesäumten Innenhof. Überdacht liegen hier die Eingänge in das Foyer des Begegnungszentrums zu den acht Seligkeiten und in das Foyer der kleinen Forscher und der Kinderkrippe.
Der Pfarrsaal öffnet sich mit großzügig verglasten Holzglastüren direkt auf den Platz. So kann der Platz bei Feierlichkeiten mitbespielt werden.

Der Sakralraum
Die räumliche Ausformulierung des Gegensatzes zwischen der Schwere der Erde und der Leichtigkeit des Himmels ist der tragende Entwurfsgedanke des Inneren.
Der Boden wird, wie die niedrigen Längswände zu ebener Erde, über den rauen Ziegel charakterisiert. Handwerklich schön und gleichzeitig doch unperfekt verarbeitet, ist die Oberfläche Ausdruck unseres Tuns und Handelns. Der sich über dieser Raumfassung aufbauende und nach oben strebende Raum ist in abstraktem Weiss gehalten. Licht gleitet an den weissen Wänden in den Raum nach unten. Die Altarwand ist geostet. Ihre Fläche wird leicht polygonal, kreuzförmig verformt. Die Prinzipalie wird den Raum so atmosphärisch erfüllen und diesen prägen.

Der Innenhof
Der von den Arkaden gerahmte Innenhof gehört den Kindern. Der umlaufende Sockel dient als Sitzgelegenheit und ersetzt die Einzäunung. Eine Komposition, kreisrunder Mulden mit unterschiedlichen Spielthemen belegt und locker baumüberstanden, gibt dieser Wiese ihre eigene Identität. Der Boden gehört den Kindern, der Blick darauf gehört allen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebaulich klar definierte Vierflügel-Form des zweigeschossigen Karrees überzeugt als Setzung auf dem Grundstück. Die im Nordwesten als Annexbau konzipierte Kirche setzt ein signifikantes Zeichen im öffentlichen Raum und bildet im Nordwesten einen gut proportionierten Vorplatz aus.

Der großzügig dimensionierte Innenhof überzeugt in seiner Maßstäblichkeit und Gestaltung, der kreuzgangähnliche Umgang bietet interessante Ein- und Ausblicke und schirmt sowohl ab, als er auch einlädt durch perforierte, arkadenartige Außenwände. Die Zugänge sind zweiseitig sinnfällig situiert und schaffen logische Erschließungen direkt ins Innere, sowohl in die Kirche als auch in den Kindergarten.

Der Ost-West ausgerichtete Kindergarten orientiert sich im Erdgeschoss in den Innenhof, wo Mensa, Mehrzweckraum und sonstige Räume liegen. Die Büros sind unmittelbar angeschlossen und nach Westen orientiert. Der Zugang ist großzügig und übersichtlich gestaltet. Die im Obergeschoss liegen-den Gruppenräume sind vorbildlich organisiert, mit differenzierter Lichtgestaltung. Die beidseitig durchgesteckten Räume berücksichtigen sowohl West- und Ost-Belichtung. Die direkten Treppenausgänge, die unmittelbar in den Garten führen, können überzeugen.

Der parallel gegenübergestellte Trakt beinhaltet im EG die Büroräume des Pastoralzentrums mit offenen Fassaden in beide Richtungen. Die im OG angeordneten Wohnungen funktionieren gut.

Die Tiefgarageneinfahrt ist sinnfällig angelegt, als räumlich integrierte Zufahrt. Allerdings ist die Rampe nur im Einrichtungs-Verkehr befahrbar (Ampel). Insgesamt fehlen elf oberirdische Stellplätze. Positiv anzumerken ist der im Osten verkehrstechnisch abgeschottete Zugangsbereich der Lehmannstraße. Im Detail ist dies noch differenziert auszugestalten.

Der plastisch durchgestaltete Kirchenbaukörper beherbergt das Herzstück der Anlage: Der ungewöhnlich erscheinende Kirchenraum wird als eindeutig gestalteter Sakralraum definiert, mit deutlich überhöhtem Innenraum und überzeugender, dreiseitig-indirekter Lichtführung. Die introvertierte Ausrichtung des Kirchenraumes wird kontrovers diskutiert. Der innenliegende Sakralraum öffnet sich über dem Pfarrsaal großzügig nach Westen auf den Vorplatz. Hier sind vielfältige Nutzungsmöglichkeiten unter Einbeziehung des Außenraumes vorstellbar. Die im ersten Moment durch die reduzierte Darstellung nüchtern erscheinende Ziegel-Außenfassade kontrastiert durch ihre Form mit der Alpenkulisse im Hintergrund. Die Wirtschaftlichkeit liegt im mittleren Bereich.

Die im Ideenteil vorgeschlagene, durchbrochene Blockrandbebauung mit frei eingestellten Punkthäusern ist ein städtebaulicher Beitrag, der sich deutlich vom Pastoralzentrum absetzt und einen groß dimensionierten Innenraum ausformuliert. Leider ist dieses Konzept nicht so überzeugend wie die kirchliche Anlage.

Ein auf den ersten Blick ungewöhnlicher, jedoch zeitgemäßer Entwurf, der einerseits durch seine feinen Details aber auch als Gesamtform mit dem Einsatz weniger Materialien überzeugen kann.