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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2020

Neubau einer Kindertagesstätte und eines pastoralen Begegnungszentrums in Füssen

3. Preis

Preisgeld: 15.800 EUR

bogevischs buero

Architektur

Stautner+Schäf Landschaftsarchitekten und Stadtplaner Partnerschaft mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

begegnungszentrum

Die christlichen Kirchen in Deutschland leiden an Mitgliederschwund.
Im gleichen Maße erleben wir eine geringere Wahrnehmung des gesellschaftlichen Zusammenhanges, unsere Zivilgesellschaft driftet auseinander.

Wie wunderbar, dass sich die Pfarremeinde zu den acht Seligkeiten in Füssen entschieden hat ein neues Kirchenzentrum zu bauen. Und eben ein Kirchen- oder Gemeindezentrum, in welchen der Sakralraum eine wesentliche Rolle spielt, aber eben nur eine von vielen.

Wir greifen diesen ganzheitlichen Ansatz in der Konfiguration des Gemeindezentrums auf und entwickeln eine differenzierte Raumbildung, die unterschiedlichste Angebote an die Kirchengemeinde, aber auch die ganze Nachbarschaft schafft und zugänglich macht.


ideenteil

In der städtebaulichen Erweiterungsfläche greifen wir das Thema der halbprivaten, gemeinschaftsfördernden Räume auf und generieren zwei halb offene Nachbarschaften, die sich masstäblich in die Umgebung einpassen aber auf einer klareren Raumbildung basieren.
Das Bestandsgebäude wird in die neue Fügung integriert und gibt den Maßstab für die neue Bebauung vor.

baukörper

Es entsteht ein zentraler, offener Platz , der durch einen zweigeschossigen Rahmenbau, welcher das bestehende Kinderhaus integriert, gefasst wird.
In diesem hellen, hölzernen Rahmenbau versteckt sich sowohl die Erweiterung des Kinderhauses wie auch das Dominikus-Ringer-Werk, die Pfarrwohnungen und Pfarr- und Dekanatsverwaltung.

Zentral auf dem Platz steht ein Monolith.
Dieser beinhaltet alle Gruppenräume, den Paffsaal und den Sakralraum.
Die Räume sind über ein zweigeschossiges Foyer miteinander verbunden; es entsteht ein vielfältigst nutzbarer Raum für die Gemeindearbeit.

gestalt begegnungszentrum

Der Zentralbau rahmt und dominiert den Kirchplatz, er hebt sich auch in seiner Materialität
( Kunststein versus Holzkonstruktion ) vom umgebenden Rahmenbau ab.
Der Sakralbau erhält ein markantes Oberlicht, welches den Baukörper bestimmt. Gegenüber schält sich ein Glockentum aus dem Gebäudesockel.
Es entsteht ein skulpturaler Baukörper, der seine Inhalte nach Außen zeigt.

pfarr(dach)garten

Als eine Art zusätzliches Angebot, haben wir das Dach des Zentralbaus begehbar und intensiv begrünt entwickelt.
Dort bietet sich ein einmaliger , nach oben offener Raum mit Bergblick im Grünen an.
Es entsteht eine Art Kirchgarten für verschiedenste Veranstaltungsformate - nicht nur für die Kirchengemeinde, sondern auch für das umliegende Quartier.

sakralraum

Der Sakralraum ist durch seinen Lichtturm und das Kreuz schon aus einiger Entfernung erkennbar. Weitere Fensteröffnungen machen ihn - und das Leben der Pfarrgemeinde - auch für Passanten sicht- und nahbar.
Das besondere Licht von oben fängt sich im konkaven Relief der Altarwand, der übrige Gebetsraum ist hellen, warmen Tönen gehalten.

Für Gottesdienste an Festtagen kann durch die Faltwand der Pfarrsaal zugeschaltet werden. Die Gestaltungsprinzipien aus dem Sakralraum setzen sich hier fort, so dass sich eine optische Einheit bildet.

Der Sakralraum wird durch ein zweites Raumgefüge ergänzt.
Durch diesen hellen, hölzernen Filter wird die Kirche vom Foyer aus betreten, er erfüllt aber auch die zusätzlichen Anforderungen an den Kirchraum.

kinderempore und meditationsraum

Im 1. Obergeschoss befindet sich die Kinderempore. Sie ist unabhängig vom restlichen Kirchraum durch das offene gemeinsame Foyer erschlossen.
Während des Gottesdienstes wird diese durch die großflächige Verglasung Teil des Kirchraums. Im Alltag kann der Raum mit Holzläden abgetrennt werden.
So entsteht ein kleiner, intimer Meditaionsraum, das aus der alten Kirche zu den acht Seligkeiten wiederverwendete Betonglasfenster schafft eine ruhige, sanfte Atmosphäre.

sakramentskapelle und chor

Im Erdgeschoss ist das zweite Betonglasfenster verbaut. Hier findet sich im Alltag eine kleine Sakramentskapelle für Taufen oder Werktagsgottesdienste.
Dieser Bereich ist nur stellenweise durch eine leichte, offene Lattung vom Kirchraum abgetrennt und flexibel bestuhlt. So kann er bei Festgottestdiensten als Chorraum fungieren.

Mitarbeiter: Magdalena Müller, Sabine Buchmann

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept zeigt eine sehr klare, eigenständige Haltung und fügt sich dennoch harmonisch in die Umgebung ein. In der Diskussion fallen die Stichworte „Zentralbau“ und „Herzstück“; dass „die Kirche im Dorf bleibt“, wird begrüßt. Die gewünschte Verbindung der Kirche zur Gemeinde wird exemplarisch umgesetzt.

Der Sakralbau zeichnet sich als steinerner Baukörper in seiner kraftvollen Gestik deutlich ab; er wird in einer angenehm zurückhaltenden Weise gerahmt durch den Winkel des Kindergartens und des Pfarrzentrums; dabei spielt der Materialkontrast zwischen Stein und Holz eine wesentliche Rolle.

Es entsteht eine fließende, nach allen Seiten hin einladende Platzfolge mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten, aufgelockert durch die freie Setzung großer Bäume.

Das Foyer des Begegnungszentrums öffnet sich großzügig zum Vorplatz und bildet einen stimmigen Übergang zum sakralen Bereich. Der Kirchenraum ist gut proportioniert und von hoher atmosphärischer Qualität; die quadratische Grundform lässt unterschiedliche Varianten der Situierung von Altar und Gläubigen zu; auch die Verbindung mit dem Pfarrsaal an der Nahtstelle zwischen hohem und niedrigem Raum überzeugt.

Das Angebot einer Sakramentskapelle als intimer Raum wird begrüßt, dagegen wird die lang gestreckte Form des Meditationsraumes im Obergeschoß infrage gestellt; evtl. wäre hier ein Tausch mit dem Stuhllager zu überlegen. Im östlichen Flügel erscheinen der lange Flur im Erdgeschoss, ebenso wie der Balkon bzw. Laubengang im Obergeschoß etwas schmal.

Ein schönes, fast poetisches Element bildet der intime Pfarrgarten auf dem Dach.

Die Kindertagesstätte wirkt einladend und zeigt sich als konsequenter Holzbau sowohl zeitgemäß als auch sensibel auf den Ort bezogen. Die architektonische Einbindung des Bestandes ist gelungen, wo-bei die vorgeschlagene Dachterrasse über der Krippe eine Belichtung und Belüftung der darunter liegenden Räume zulassen müsste.

Das innenräumliche Konzept des Kindergartens wird kontrovers diskutiert, insbesondere die gleich-förmige Reihung der Gruppenräume und ihre einheitliche Ausrichtung nach Norden – wobei anderer-seits auch die Vorteile in klimatischer Hinsicht angesprochen werden. Aus Sicht der Kindergartenleitung wäre eine Überarbeitung der Grundrisse wünschenswert, um eine lebendigere Verteilung der Gruppen, evtl. auch eine teilweise Situierung im Erdgeschoss zu erreichen. Kritisiert werden außer-dem die zu kleinen Gruppennebenräume, die auch keine natürliche Belichtung ermöglichen, die Situierung des Kinderwagenraums sowie die weiten Wege für das Personal.

Der große, gut nutzbare Spielbereich für den Kindergarten ist schön, das Angebot einer überdachten Spielterrasse als Verbindung zwischen innen und außen sehr sinnvoll. Dagegen erscheint der Freibereich für die Krippe an der Südwestseite des Bestandsgebäudes etwas schmal.

Die Zufahrt zur Tiefgarage von Norden, integriert ins Gebäude, liegt richtig. Die Gestaltung der öffentlichen Räume als verkehrsberuhigte Zonen funktioniert an der Lehmannstraße gut; der westliche Bereich müsste in verkehrstechnischer Hinsicht überarbeitet werden.

Der Stellplatzbedarf in der Tiefgarage ist erfüllt, oberirdisch besteht ein leichtes Defizit.

Hinsichtlich der Kubatur liegt das Projekt im unteren Bereich und lässt eine wirtschaftliche Realisierung erwarten.

Das städtebauliche Konzept des Ideenteils, das auf selbstverständliche Weise das Bestandsgebäude einbindet, setzt die Typologie des Realisierungsteils schlüssig fort.

Abgesehen von den angesprochenen Kritikpunkten im Raumkonzept des Kindergartens überzeugt das Projekt sowohl in der klaren städtebaulichen Setzung, der Einbindung in den örtlichen Kontext, der angemessenen architektonischen Haltung und nicht zuletzt der hohen atmosphärischen Qualität der sakralen Räume.