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Studienauftrag | 06/2019

Wohnbebauung Talbodenstrasse & Spühlirain in Köniz-Schliern (CH)

Visualisierung Rykart AG

Visualisierung Rykart AG

Gewinner

Rykart Architekten AG

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

jungheim Architekten GmbH SIA

Architektur

DUO Architectes paysagistes / Landschaftsarchitekten Sarl

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das Bebauungskonzept sieht vor, die vorgefundenen, qualitätsvollen Strukturen mit Ersatzneubauten weiterzuführen. Der Spühlirain wird zur neuen Lebensader, von der sämtliche Wohnungen barrierefrei erschlossen sind. Die drei solitären Turmbauten am Waldrand lassen den Grünraum bis an den Spühlirain fliessen. Die raumbildenden Zeilenbauten definieren differenzierte Orte und Nischen. Südwestseitig werden die angrenzenden, kleinteiligen Quartiergärten in Form von Gemeinschaftsgärten bis an die Baukörper weitergeführt. Die drei Turmbauten bilden durch ihre Fernwirkung einen Orientierungspunkt und fördern die Identität quartierübergreifend.

Tektonisch sind Türme wie auch Zeilenbauten mit einem horizontalen Fries gegliedert und durch die Fensteröffnungen in der Vertikalen geordnet. Prägnante Dachabschlüsse grenzen die Bauten gegen den Himmel ab und machen die Staffelung der Baukörper auch aus der Fussgängerperspektive ablesbar. Der Fries wird in gefärbtem Beton ausgebildet, die opaken Teile mit einem groben, strukturierten Verputz ausgefacht. Die raumbildende, gefaltete Fassade der Zeilenbauten löst sich gegen Süden in eine offene und bespielbare Balkonschicht auf.

Beurteilung durch das Preisgericht

Es ist doch eigentlich gar nicht schlecht, so wie’s heute ist! Basierend auf einer kurzen, prägnanten Analyse schälen die Verfasser Qualitäten des Ortes und Handlungsbedarf anhand der heutigen Siedlung heraus: Insbesondere die Anzahl (nämlich drei und drei) und die Typologie (Punktbauten oberhalb, Zeilenbauten unterhalb des Spühlirains) werden als richtig und wegweisend festgestellt. In Frage gestellt werden die Erschliessung und
Adressierung der heutigen Bauten ab dem Spühlirain.

Konzeptuelles Rückgrat bildet der neu platzartig ausgestaltete Spühlirain. Alle Erschliessungen erfolgen sinnfällig ab diesem. Die Punktbauten – Solitäre enannt – rücken an diesen Platz, der südseitig durch die längeren und enger gestellten Zeilenbauten angenehm gehalten daherkommt. Fast beiläufig ergibt sich so ein differenziertes Freiraumgerüst.

Die Erschliessung verläuft prinzipiell via Spühlirain. Die Konzentration der Ströme wertet den Raum auf. Die Verfasser schlagen vor, oberhalb der Strasse eine gemeinsame Einstellhalle für die ganze Siedlung zu erstellen. Auch dies führt zu einer stärkeren Vernetzung der beiden Teile, weil mehr Fusswegbeziehungen entstehen. Die grössere Einstellhalle erlaubt zudem (fakultativ) den Anschluss der bestehenden Siedlung an das nordöstliche Ende des Spülirains. Der Anschluss für den motorisierten Individualverkehr
erfolgt folgerichtig direkt beim Abzweiger. Die Machbarkeit, die Zeilenbauten eigenständig ab der Talbodenstrasse zu erschliessen, ist nachgewiesen. Auf dem Umgebungsplan lesbar ist eine zweite Erschliessung, oder eher Anbindung, der Turmbauten zum Waldrand hin. Gut gelöst sind auch die Veloparkierung sowie die Fusswegerschliessung ab der ÖV-Haltestelle Eichmatt resp. von der Talbodenstrasse her.

Volumetrisch antizipieren die Verfasser ihre «same same – but different» Strategie. Die Solitäre setzen sich aus drei in der Höhe und im Grundriss gestaffelten Kuben zusammen. Die Zeilenbauten wiederum erhalten durch Staffelung, Gliederung und dem Einfügen eines erkerartigen Elements eine angemessene Eigenständigkeit innerhalb des Themas.

Die Solitäre – sie halten die 30 m Gesamthöhe exakt ein – verfügen über 11 Etagen. Zugänglich sind sie über einen attraktiven Vorraum direkt ab dem Spühlirain. Dieser Raum ermöglicht zudem die Anbindung der Einstellhalle, ohne die Treppenhäuser der Wohnbauten zu tangieren. Neben den zudienenden Räumen befinden sich die gemeinschaftlich nutzbaren Räume auf dieser Ebene. Die partiell ins Erdreich eingeschnittenen ersten Obergeschosse beherbergen weitere Kellerräume. In den Regelgeschossen sind jeweils 5 Wohnungen pro Geschoss angeordnet.

Die gut geschnittenen Einheiten sind abwechslungsreich als Tag-/Nacht-Typen und als Marktplatz-Typen ausformuliert. Die Wohn-/Essbereiche verfügen zusammen mit den eingeschnittenen Loggien über eine gute, strukturelle Grosszügigkeit. Die Attika-Wohnungen bauen auf diesem Muster auf. Die Chance, hier spezielle Einheiten für eine breitere Durchmischung des sozialen Spektrums zu realisieren, muss noch gepackt werden. Auch die drei Zeilenbauten sind über einen Vorraum ab dem Spühlirain erschlossen. Der Lage entsprechend wird hier bereits ab einer Ebene unterhalb des Spühlirains gewohnt. Die Wohnungen sind über einen vestibülartigen Verteilerraum erschlossen. Eine Vielfalt wird durch unterschiedliche Dispositionen der Wohn-/Essbereiche erreicht. Nicht wenige Wohnungen verfügen über eine vom Wohnen abgetrennte Essküche. Der private Aussenraum wird in Form einer fassadenfüllenden Balkonschicht sichergestellt. Die Gebäude verfügen über 8 Etagen (inkl. Attikageschoss). Der Nutzungsmix ist eingehalten, die kleineren Wohnungen sind über alle Typen verteilt angeordnet.

Der architektonische Ausdruck nimmt das Spiel von «Länge» und «Höhe» geschickt auf. Horizontale Geschossbänder und vertikal korrespondierende Fenster zeugen von dieser Absicht. Die Detaillierung und Materialisierung ist angemessen und wertig, ohne den ökonomischen Aspekt aus den Augen zu verlieren. Sockellösung und Dachrand schliessen die Gebäude – in analoger Art und Weise – an respektive ab.

Der Spühlirain wird zur Adresse und zum Gemeinschaftsort. Ovale, mit Bäumen bepflanzte Kies- oder Grüninseln gliedern den linearen neuen Quartierraum in gut proportionierte Teilräume. Entlang der Zeilenbauten bildet die dichtere Anordnung einen räumlichen Filter zu den privaten Terrassen der Erdgeschosswohnungen. Die Gestaltung und Ausformulierung ist sehr sorgfältig und variantenreich.

Gemeinschaftsgärten werden leicht terrassiert auf der Südseite der Zeilenbauten angeboten und der Wiesenhang zwischen den Solitären wird mit einigen Stufen für einen extensiveren Aufenthalt aktiviert. Oberhalb der Solitäre wird der Hang als Spielbereich mit Spielinseln und ergänzter Gehölzstruktur ausformuliert. Die bestehende offene Wiese bleibt in ihrer Qualität bestehen.

Das Baumkonzept trägt zu einer angenehmen Atmosphäre bei. Säuleneichen, Ahorn- und Lindenhochstämme durchfliessen das Areal und schaffen mit einer differenzierten Anordnung unterschiedlich Raumqualitäten. Das Zentrum der Siedlung wird mit blühenden Zierkirschen zusätzlich betont. Die vorgeschlagene Gehölz- und Wiesenstruktur bildet eine gute Grundlage für eine naturnahe durchgängige ökologische Vernetzung.

Zusammenfassend ist es dem Planungsteam hervorragend gelungen, die heutigen Qualitäten zu lesen, die neuen Bedürfnisse einzubringen und ein neues, sehr stimmiges Ganzes zu entwickeln. Mit der naheliegenden schlüssigen Aufwertung des Spühlirains entsteht ein deutlicher Mehrwert, nicht nur für die Bewohnenden oder die Siedlung, sondern auch für die angrenzenden Nachbarn. Die Wohnungen und die Freiräume sind von hoher Qualität, guter Durchmischung und Diversität.
Visualisierung Rykart AG

Visualisierung Rykart AG

Situation

Situation

Modellfoto

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