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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2007

Kooperatives Planungsverfahren Landschaftspark Belvedere

2. Preis

RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten

Landschafts- / Umweltplanung

ErlÀuterungstext

\"Landschaftspark Belvedere\"
Ein Park der (zwei) Landschaften mit RĂŒcksicht und Weitsicht

Es sind drei Aspekte, die den Ansatz des Entwurfs charakterisieren und aus denen sich die Themen und Leitideen ableiten und begrĂŒnden lassen.
Die ersten zwei Aspekte generieren sich aus dem Titel des Freiraumes \"Landschaftspark Belvedere\". Was ist ein Landschaftspark, ein Park der Landschaft, was charakterisiert Landschaft, wie bewertet man den vorhandenen Landschaftsraum? Welche Kriterien sind zu fokussieren, damit in diesem Park der Landschaft der Besucher die Landschaft spĂŒrt. Der Entwurf hat als Ziel die Charaktere des Landschaftsraums zu thematisieren und sichtbar zu machen.
Belvedere – Schöne Aussicht – ein Park mit \"Guter Sicht\". Die VisualitĂ€t des Raums, die visuelle Wahrnehmung des Individuums im Raum sind Leitbild bei der Strukturierung und Wegesetzung im Park und Themeninhalt bei neuen Setzungen in der Landschaft.

Der dritte Aspekt ist die DualitĂ€t. Die DualitĂ€t der Nutzungen - Agrarnutzung und Erholungsnutzung. Die DualitĂ€t der AnsprĂŒche - Vollendung des Äußeren GrĂŒngĂŒrtels und der Erhalt der Kulturlandschaft. Die DualitĂ€t der FlĂ€che - Ost- und WesthĂ€lfte im Hinblick auf DiversitĂ€t der historischen IntensitĂ€t, der Offenheit und Dichte der FlĂ€che im Hinblick auf Gehölzstruktur, der AgrarnutzungsintensitĂ€t, der IntensitĂ€t der markanten Orte und Potenziale, der Erreichbarkeit bzw. Anbindung. Die DualitĂ€t von \"Intra et extra murus\" – Innerhalb und außerhalb des Befestigungsringes.
Aus dieser Analyse der DualitĂ€t der FlĂ€che generiert sich die Leitidee des Parks der zwei Landschaften. Der Übergangsbereich dieser zwei TeilrĂ€ume lĂ€sst den historischen Festungsring sichtbar werden. Diese Linie ist keine Trennung, sondern eine Membran, die beide Funktionen Erholungsnutzung und Agrarnutzung jenseits und diesseits zulĂ€sst. Sie setzt nur die Gewichtung der IntensitĂ€ten. Der Entwurf sieht bei diesem intensiven Nutzungsdruck durch die angrenzenden dicht besiedelten SiedlungsrĂ€ume die ParitĂ€t der Agrarnutzung und der Erholungsnutzung nur in der rĂ€umlichen Verteilung ihrer Gewichtungen gewĂ€hrt.
Die Lage der Parkmembran basiert auf den Konstruktions- und Sichtlinien der Festungsbauwerke. So zieht der sĂŒdliche Winkel des Fort VI eine Linie, auf der sich die InfanteriestĂŒtzpunkte aufreihen, das Zwischenwerk VIb bei Gut Vogelsang die Basis bildet und fĂŒr das Zwischenwerk Va an der stĂ€dtischen Waldschule den rechten Winkel der Konstruktionsachse. Diese Linie ist heute als Grenze zum WDR-GelĂ€nde, als Waldkante am Rather Weg und im Verlauf der Belvederestraße im Bereich Gut Vogelsang sowie Gregor-Mendel-Ring noch zu erkennen. Der Entwurf stĂ€rkt diese Linie im Bereich der Belvederestraße durch Neuanpflanzung eines Gehölzblocks. ErgĂ€nzt wird die Parkmembran auch im Bereich des Zwischenwerks am Carl-von-LinnĂ©-Weg. Diese Maßnahmen stĂ€rken die rĂ€umliche Erlebbarkeit des historischen Areals gravierend und reduzieren die landwirtschaftlichen FlĂ€chen marginal um ca. 1,5 ha.
Auch wĂ€re eine direkte Verbindung zwischen dem Haupteingang Fort IV und dem Zwischenwerk an der Waldschule als Parallele zur Membranlinie setzbar, diese wĂŒrde aber zu viele integrierte landwirtschaftliche FlĂ€chen zerschneiden. Diese Bezugs- und Konstruktionslinien bilden nicht nur historisierende BezĂŒge zu den einzelnen Befestigungsbauwerken, sondern sie waren ebenso Konstruktionsgrundlage bei den GrĂŒnanlagen des Äußeren GrĂŒngĂŒrtels wie auch angrenzende zivile Baustrukturen des Kölner Stadtgebietes sich auf diese beziehen. So bildet z.B. die Mittelachse des Fort IV die Konstruktionsachse des JĂŒdischen Friedhofs an der Venloer Straße.
Neben dieser StÀrkung der Wahrnehmbarkeit dieser Befestigungslinie als Parkmembran werden die Relikte der Befestigungsbauwerke erlebbar in das neue Wegesystem integriert.

Neue ZugÀnge
Die Anbindung des Landschaftsparks Belvedere an den Äußeren GrĂŒngĂŒrtel im SĂŒden und Norden und auch zum Siedlungsgebiet jenseits der MilitĂ€rringstraße ist zu intensivieren und augrund der Verkehrsinfrastruktur nur ĂŒber FußgĂ€ngerbrĂŒcken sinnvoll zu lösen. Im SĂŒden sieht das Konzept eine neue FußgĂ€ngerbrĂŒcke als FortfĂŒhrung des GrĂŒngĂŒrtels ĂŒber die Bahntrasse Köln – Aachen vor. Sie bindet den Baumschulpark und den Park Haus Belvedere an. Neben der Integration der geplanten BrĂŒcke vom Tritop-Areal wird eine neue BrĂŒckenkombination im Osten im Bereich des Vogelsanger GrĂŒnzugs (Bereich Goldammerweg) positioniert. Im Norden wird BocklemĂŒnd im Bereich der Nattermannallee an den Landschaftspark angeschlossen. Die Anbindung nach Westen an die Stadtteile Lövenich und Widdersdorf sowie an den \"Dritten GrĂŒngĂŒrtel\" ist durch die bestehenden Über- und UnterfĂŒhrungen gewĂ€hrleistet. Das Konzept sieht durch die Verlagerung des Rath Mengenicher Weges eine zweite autofreie UnterfĂŒhrung vor. Neben der FunktionalitĂ€t dieser Anbindung sieht das Konzept im Westen auf der Widdersdorfer Seite – in den Golfplatz integriert – zusĂ€tzliche Freiraumakzente, neue Belvedere-Terrassen auf der neuen Topographie des LĂ€rmschutzwalles vor. Sie akzentuieren die ÜbergĂ€nge und nutzen die Weitsicht des Ortes.

Verkehrskonzept
Die Verkehrstraßen im Landschaftspark bleiben vom Entwurf unberĂŒhrt. Der ruhende Verkehr wird dezentral an den RĂ€ndern das Landschaftsparks schwerpunktmĂ€ĂŸig an beiden Enden des Gregor-Mendel-Ringes, entlang der MilitĂ€rringstraße und am Freimersdorfer Weg verortet.
Die DualitĂ€t des Parks spiegelt sich auch in der AusprĂ€gung der Wege wider. Im Parkteil mit intensiver Agrarnutzung bleibt der Feldweg als landwirtschaftlicher Funktionsweg grundsĂ€tzlich erhalten. Die Landwirtschaft hat Vorrang. Eine Ausnahme bildet der parallele Weg zum Gregor-Mendel-Ring. Im Parkteil mit intensiver Erholungsnutzung werden die neuen Wege als einfache wassergebundene Splittwege ausgebildet. Die Landwirtschaft kann ihre FlĂ€chen ĂŒber die Belvederestraße oder den Vogelsanger Weg erreichen. ZusĂ€tzlich werden ergĂ€nzende Reitwege parallel zu den Parkwegen als Sandwege angelegt. Sonderwege fĂŒr Radfahrer, Skater oder andere Nutzer werden nicht angelegt. Die Zweiteilung der IntensitĂ€ten löst das Problem der Nutzungskonflikte in weiten Teilen.

Gestaltungsaspekte und Themensetzungen im landwirtschaftlichen Parkteil (Belfrutta)
Der landwirtschaftliche Parkteil wird nur extensiv akzentuiert. Langfristig wird die Verlagerung der Ackerrandstreifen als stringente Betonung der linearen Ost-West-Wegeverbindungen gesehen. Nur der Jakobspilgerweg er- bzw. behĂ€lt seine Feldgehölzstreifen als solitĂ€re Markierung dieser Trasse. Ansonsten bleibt der Eindruck der offenen Landschaft im Kontrast zum intensiveren Parkteil erhalten. Die landwirtschaftlichen Wege könnten in einem neuen grafischen Prinzip verortet werden. ZurĂŒckhaltende Aufenthaltspunkte, Bankstandorte werden an Kreuzungspunkten verortet. Diese erhalten punktuell, insbesondere auf den Routen zum Regio GrĂŒn-Korridor \"Neue Energien\" pflanzliche Rahmensetzungen mit nachwachsenden Rohstoffen wie z.B: Miscanthus, Raps und Hanf. Der Weg zu \"Neuen Energien\" wird hierdurch unter dem Motto \"Prima Klima\" auch fĂŒr die Agrarnutzung thematisiert. Eine besondere Verortung erhĂ€lt die Station der Camera obscura in diesem Bereich mit einem introvertierten 360° Panoramablick. Der neue Rand zur A 1 wird durch Gehölzpflanzungen abgeschirmt. Weithin sichtbare Schneisen, unterstĂŒtzt durch die Ackerrandstreifen signalisieren die ÜbergĂ€nge nach Westen.

Gestaltungsaspekt und Themensetzungen im intensiven Parkteil (Belparco)
Dieser Parkteil erhĂ€lt drei Hauptorte als Schwerpunktsetzungen innerhalb des Festungskorridors. Belfigura, die Sportnutzung als thematisch vorhandener Akzent im ehemaligen Fort VI und ergĂ€nzt um einen Fitnessparcour im angrenzenden sĂŒdlichen Bereich. ZusĂ€tzlich erhĂ€lt der Parkteil ausgewiesene Rundstrecken fĂŒr LĂ€ufer in den Dimensionen 5 und 10 Kilometer. Der zweite Schwerpunktbereich ist das Gut Vogelsang und das Zwischenwerk VIb. Hier sieht der Entwurf die Verlagerung des Schaugartens des Max-Planck-Instituts vor. Die nördlich angrenzende FlĂ€che nimmt das Thema der Villa Rusticana auf und thematisiert die römische Agrarnutzung. Belcultura im Kontext von Wissenschaft und Pflanzenzucht hat hier ihren Ausgangspunkt zu den Routen der Festungsorte und der Anbindung des Hauses Belvedere. Der dritte thematische Lupenraum schĂ€rft die vorhandenen Potenziale des Hauses Belvedere mit seinem angrenzenden Gartenbereich, dem westlichen Bereich der Freiluga und dem Reiz der ehemaligen StĂ€dtischen Baumschule. Das Haus Belvedere, der Namensgeber des Landschaftsparks, erhĂ€lt eine neu gestaltete PlatzflĂ€che. Die Bereiche der Baumschule und der Freiluga werden temporĂ€r, Ă€hnlich dem Forstbotanischen Garten in Rodenkirchen der Öffentlichkeit zugĂ€nglich gemacht. Die Themen Spielen, Lernen und GĂ€rtnern werden neu inspiriert.
Neben diesen Schwerpunktbereichen, welche sukzessive entwickelt werden, ist das Akzentuieren der beiden anderen Festungsbauwerke und die Verortung kleinerer Aufenthaltspunkte die einzige Intervention in diesem Parkraum. Auch wenn von einem intensiven Parkteil gesprochen wird, ist das Prinzip des bestehenden GrĂŒngĂŒrtels, ĂŒber lange Bereiche nur Landschaft zu erleben, auch hier Grundprinzip. Die landwirtschaftliche Nutzung der innen liegenden FlĂ€chen bleibt erhalten.