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auf Grundlage der RAW 2004 | 04/2008

Begrenzter städtebaulicher und freiraumplanerischer Wettbewerb "Alter Stadthafen"

2. Preis

ANGELIS & PARTNER Architekten mbB

Architektur

scape Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

  • Verfasser:

    Matthias Funk

  • Mitarbeitende:

    Alexander Stark, Matthias Funk, Hiltrud Lintel, Rainer Sachse Mitarbeit: Jan Heimann, Alexander Stark, Doron Stern

Erläuterungstext

Ausgangslage

Mit dem Wettbewerbsgebiet liegt mitten in Oldenburg ein Gebiet mit immensem Potential brach. Die bevorzugte Lage am Wasser, die unmittelbare Nähe zum Innenstadtkern und die direkte Nachbarschaft zum Bahnhof und dem Bahnhofsquartier mit seiner urbanen Struktur und seinem kulturellen Potential sind wesentliche Faktoren, die für eine Realisierbarkeit als durchmischtes urbanes Quartier mit der besonderen Identität eines Hafenviertels (Wasser, Schifffahrt, Wassersport, Weite, historische Bausubstanz, Amüsement) sprechen.
Die Entwicklung als Freizeit- und Gastronomiestandort hat bereits begonnen und liegt auf der Hand. Für die Etablierung eines durchmischten Quartiers für Wohnen und Arbeiten sprechen viele Aspekte:

1. Die besondere Identität des Ortes und die allgemein sehr geschätzte Qualität des Wohnens am Wasser
2. der allgemeine Trend, wieder innenstadtnah und urban wohnen zu wollen
3. die Möglichkeit, hier ein individuelles Wohnen inmitten der Stadt entwickeln zu können, d.h. von der Nähe zu Kultur- und Freizeiteinrichtungen profitieren zu können, ohne dabei auf ein individuelles Wohnen mit privaten Außenräumen verzichten zu müssen.

Ziel

Im Quartier „Alter (und neuer) Stadthafen Oldenburg“ werden das Element Wasser und das Motiv des Hafens als zentrale Bestandteile aufgegriffen, um ein Viertel mit besonderem Charakter und einer eigenen Identität zu entwickeln, dass sich auf dem Markt behaupten kann. Es entsteht ein modernes durchmischtes Quartier am Wasser mit eigenem Charakter und eigenem Maßstab, das dabei gleichzeitig starke Bezüge zu seiner Umgebung aufbaut und spezifische Oldenburger Themen wie das freistehende Stadthaus oder auch die historische Bebauung des Schlachthofes aufgreift und verarbeitet.

Konzept

1. Perlenkette – Weiterführung der städtischen Promenade am Wasser
Die bereits bestehende städtisch flankierte Wasserkante am alten Hafenkopf wird aufgegriffen und als städtische Promenade mit großem Freizeitangebot weitergeführt. Die für Oldenburg typische kleinteilige Struktur wird aufgenommen und die Bebauung als Perlenkette mit Gastronomie und Wohnen gestaltet.
Auf der Strecke vom Stadthafenkopf am Stau bis zum Wasserturm entsteht eine Folge von differenzierten Räumen und Plätzen. Im vorderen Teil wird empfohlen, die „Durststrecke“ zwischen der bestehenden Gastronomie und der neuen Promenade zwischen Landeszentralbank und Arbeitsamt über einen Lückenschluss mit öffentlichen Funktionen und Gastronomie im Erdgeschoss mit einer taschenartigen Platzaufweitung zu überbrücken und freiwerdende Raumkapazitäten des Arbeitsamtes durch ein Umnutzung des wasserseitigen Erdgeschossbereiches öffentlich nutzbar zu machen.

2. Das Hafenquartier - Wasser als prägendes Element
Gerade in Konkurrenz zu anderen Standorten stellt der Bezug zum Wasser und die Weite des Hafens den entscheiden Vorteil dar, der entwickelt werden muss. Das Wasser und der Hafen mit seinen vielfältigen Assoziationen und Stimmungen werden zur besonderen Identität des Ortes.

Der Entwurf zieht das Wasser im Norden über drei orthogonale Stiche – „Fleete“ – tief in das Quartier hinein. Diese Wasserbecken zitieren die ehemals an gleicher Stelle existierenden Hafenbecken, gliedern das Planungsgebiet und lassen Quartiere mit differenzierten und vielfältigen Außenräumen entstehen. Die Fleete konkurrieren nicht mit der Weite der Promenade, sondern lassen eigene, intimere (Binnen-)Räume in den Quartieren entstehen, auf die sich die Bebauung in Struktur und Typologien bezieht.

Die Marina im Süden thematisiert den Bezug zum Wasser naturgemäß auf besondere Weise. Durch das Hereinziehen eines Wasserarms entwickelt der Entwurf die Marina als gebaute Insel mit einer großen räumlichen Qualität über den doppelten Wasserbezug. Es entsteht eine äußere und eine geschützte innere Marina, zu der sich auch die Gewerbebauten in zweiter Reihe orientieren. Durch das Hereinziehen des Wassers bekommt der südliche Planungsbereich trotz des angrenzenden Gewerbegebietes eine eigene Mitte und eine eigene Qualität mit vielfältigen räumlichen Situationen.
Über Schwimmstege, Treppenanlagen und Niveauversprünge wird im gesamten Planungsgebiet ein unmittelbarer Wasserbezug aufgebaut und die Wasserfläche erlebbar gemacht.


Städtebauliches Konzept

Norden

Die Fleete in Nord-Süd-Richtung gliedern das Gesamtquartier in einzelne Abschnitte. Parallel zum Wasser entsteht eine dreiteilige Struktur:
1. Die Bebauung entlang der Uferpromenade mit einer Mischnutzung aus Gastronomie, Gewerbe und Wohnen in den oberen Geschossen. Der natürliche Uferverlauf wird beibehalten und die Bebauung integriert die noch bestehende historische Bebauung des ehemaligen Schlachthofes und des Wasserturms, wodurch ein bewegter Promenadenraum mit Aufweitungen und Verjüngungen entsteht.
2. Der breite zentrale Streifen wird definiert über zwei Pole mit den öffentlichen Funktionen - Cinemaxx/VHS/Gastronomie auf der einen und Universität mit Freizeitfunktionen auf der anderen Seite. Zwischen diesen öffentlichen Polen spannen sich die differenzierten Wohngebiete auf.
3. Die fast geschlossene Spange im Norden mit Parkgaragen, Büro-, Gewerbe und Wohnen auf der Südseite ist als Rücken des Quartiers zu den Bahngleisen ausgebildet und fungiert als Lärmschutzbebauung.

Die Fleete sind als tideunabhängige Wasserbecken konzipiert und lassen einerseits besondere Wohnsituationen entstehen, andererseits ziehen sie über Wege und besondere Funktionen auf einer Seite des Wassers die Öffentlichkeit bis tief ins Gebiet hinein. Die Wasserbecken werden am nördlichen Ende von besonderen Situationen wie Treppenanlagen und Plätzen aufgefangen und lassen Blicke quer durchs Quartier zum Hafen zu.
Entlang der städtischen Wasserpromenade und an den öffentlichen Kopfgebäuden entsteht eine lebendige Ausgehmeile mit Bars, Restaurants, Cinemaxx, Diskotheken und Nachtclubs, die den besondern Flair des Ortes aus der Geschichte und Gegenwart aufgreift und weiter trägt.

Süden

Als Gegenüber zum nördlichen Quartier wird auch im Süden die Wasserkante baulich gestaltet und in der Kombination von markanten Gebäude und Freiräumen der Öffentlichkeit als Erlebnisort angeboten. Über den herein gezogenen Wasserarm entsteht einerseits eine gut funktionierende und geschützte Marina und andererseits bekommt das Quartier ein eigenes Zentrum und wird in der Tiefe stark aufgewertet.
Der Wasserarm ist direkt an die Hunte angebunden, ist befahrbar und wird mit der Strömung des Flusses tidenabhängig durchspült. Die entstehende Insel beherbergt die Marina, die Liegeplätze mit der erforderlichen Infrastruktur und zugeordnete Freizeiteinrichtungen wie ein Vereinsheim mit Gastronomie. An den Öffnungen zur Hunte sind markante Bürogebäude vorgesehen, die als Hochpunkte wichtige Schnittpunkte besetzen und aus der Ferne das Quartier markieren. An diesen Gebäuden öffnen sich jeweils an den Kopfenden des Wasserarms öffentliche Quartiersplätze. Südlich der Marina wird eine Büro- und Gewerbestruktur direkt am Wasser angeboten. Im Erdgeschossdeck befinden sich ein Discounter und Parkgaragen, während darüber die Bürokörper schweben, die den Blick über die Marina hinaus auf den Hafen zulassen.
Im Westen entsteht als Fortführung der gut funktionierenden Hausstruktur der Uferstraße ein Quartier mit Wohnbebauung aus Einzelhäusern (Stadtvillen verschiedener Größen), das einen direkten Bezug zum Wasser hat und zugleich im Inneren einen kleinen Quartiersplatz bildet. Südlich davon werden im Schatten der Amalienbrücke und als Überleitung zum Gewerbegebiet die Bootshallen angeordnet.


Typologien

Der Entwurf entwickelt über das gesamte Areal einen hohen Anteil an Nutzungsmischung mit dem Schwerpunkt Wohnen. Grundsätzlich ist das nördliche Quartier nach dem „shell and core“-Prinzip aufgebaut, mit öffentlichen und gewerblichen Funktionen nach außen und geschütztem individuellem und kleinteiligen Wohnen im Innenbereich.
Im Wohnungsbau entstehenden vielfältige Typen:

„Stadthaus mit Garten“ - individuelle mehrgeschossige Einzelhäuser in der Reihe in den zwei zentralen Baufeldern mit eigenen Gärten und Stellplätzen und Garagen im EG.
„Wohnen am Wasser“ an den Fleeten – gegliederter Geschosswohnungsbau (z. T. auch spezialisiertes Wohnen für Studenten etc.) als Gegenüber zu den öffentlichen Nutzungen mit Wohnungen von 50 bis 190 qm
„Atelierwohnen“ in der Nordspange – Kombination von Büro- oder Gewerberäumen im Sockel mit angeschlossenen Wohnungen in den oberen Geschossen. Parken in der Parkgarage im Sockel
„Promenadenwohnungen“ – großzügige Loft- und Penthouse-Wohnungen mit Südausrichtung und Blick auf das Wasser (100 – 200 m²) in Stadthäusern mit ca. 10 Einheiten.
„Ufervillen“ als Weiterführung der Bebauung der Uferstraße. Freistehende Stadtvillen als Einfach- oder Doppelhäuser.

Der Oldenburger Typ– das freistehende Stadthaus, eng in der Reihe gebaut - wird als ein die Stadt prägendes Element aufgegriffen, in der Struktur vielfältig interpretiert und als Definition des Maßstabes herangezogen.


Wasserbau

Der Verlauf der bestehenden Uferkante im Norden wird beibehalten, jedoch über Spundwände als harte Kanten ausgestaltet. Im Bereich der ehemaligen Böschungen werden Raum bildende Plateaus mit verschiedenen Niveaus angeboten.
Die Fleete werden als nicht beschiffbare, nicht direkt tideabhängige Becken konzipiert. Die Wasserflächen sind über Schwellen mit der Hunte verbunden, die bei Hochwasser zeitweise und mit zunehmender Intensität überströmt werden. Der Einstrom gleicht die Wasserspiegel an bis das Wasser wieder zur Schwellenhöhe absinkt. Ab diesem Punkt bleibt die Wasserhöhe im Fleet konstant.
Beim höchsten Wasserstandsgefälle wird zur Vermeidung von Verschlickung über die Aktivierung der höchsten Räumkraft Wasser konzentriert über eine steuerbare Rohrleitung am tiefsten Punkt des Beckens abgelassen, so dass ein Wasseraustausch im Rahmen der Gezeiten kontrolliert stattfinden kann.