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Offener Wettbewerb | 08/2004

Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum - Zentrale Universitätsbibliothek und Computer- und Medienservice der Humboldt-Universität zu Berlin

Modell

Modell

4. Rundgang

Prof. Eun Young Yi / yi architects

Architektur

Erläuterungstext

Das Konzept

Der Entwurf orientiert sich an der Idee, mit der Jakob und Wilhelm Grimm Bibliothek für die Humboldt-Universität ein neues geistiges Zentrum zu schaffen, welches Zukunft und Historie verbindet.
Städtebaulich entsteht er durch die Blockbebauung aus dem vorhandenen Stadtgrundriss, betont aber durch die Überhöhung des Baukörpers gegenüber den Nachbargebäuden seine Sonderstellung. Durch einen bewussten Kontrast zwischen historischen Bauten in der Umgebung und dem eingefügten Neubau wird eine gegenseitige Wertanerkennung und verstärkte Wirkung erzielt.

Das Grimm-Zentrum stellt sich als klar gegliederter Quader dar. Durch seine Gebäudehülle aus verstellbaren vertikalen Lamellen vor einer Glashaut kann es je nach Lichteinfall und Tageszeit als geschlossener archaischer Metallblock oder als leuchtender kristalliner Körper wahrgenommen werden.

Das Bibliotheksgebäude wird von Benutzern direkt von der Geschwister-Scholl-Straße oder über die promenadenförmige Passage betreten. Vier gleichrangige Eingänge führen in die großzügige Eingangshalle, die parallel zum Bahnviadukt angeordnet ist, dabei werden die zwei Eingänge an der Ecke zur Geschwister-Scholl-Strasse wegen der Nutzerfrquenz die Rolle der Haupteingänge übernehmen. In der Eingangshalle befinden sich Bücherrückgabetheke, Ausstellungshalle, die Cafeteria u.a. Durch dieses Foyer bewegt man sich auf das zentrale Atrium zu, in dessen Mitte ein scheibenförmiger Monolith aus dem Untergeschoss ragt. Dieses Kernstück der Bibliothek wird gleichsam von einer zweiten Fassade umschlossen und lediglich durch ein zentrales Oberlicht und schlitzförmige Öffnungen erhellt. Er beinhaltet einen Cyberring und in einem zweiten Monolith die Urzelle der heutigen Bibliothek: die Sondersammlung der historischen Bücher.

Der zentrale Lesesaal nimmt eine Sonderstellung im Gebäude ein und ist als klassischer Galeriesaal mit dem Atrium verbunden. Seitlich des Atrium-Luftraums sind als fließende Flanierwege zwei gegenläufige innere Erschließungstreppen konzipiert, welche das gesamte Gebäude erfahrbar machen. Diese Treppen markieren drei lineare Zonen, welche im dunkleren Bereich im Norden die Magazine aufnehmen, im Mittelteil die Arbeitsplätze mit den Lufträumen und im Süden die großflächigen Freihandbereiche beinhalten.

Ökologisch-energetisches Konzept

Das Grimm-Zentrum mit seiner Doppelfassade für natürliche Be- und Entlüftung zeichnet sich durch ein angenehmes thermisches Verhalten aus, das den Einsatz von Technik zur Raumkonditionierung weitgehend überflüssig macht. Dabei wird der Kamineffekt genutzt, bei dem die erwärmte Luft im Fassaden-Zwischenraum nach oben strömt und Frischluft nach sich zieht.
Die Entlüftung des Atriums erfolgt durch Öffnungslamellen im großen Glasdach. Im Sommer erfolgt ein zusätzlicher Luftaustausch in Folge der Konvektion über den Öffnungsanteil des Glasdaches.

Die Kühlung erfolgt durch thermisch aktive Betondecken bzw. alternativ durch eine Fußboden-Kühlung. Dazu ist eine Vortemperierung der Zuluft durch den Temperaturunterschied des Erdreichs geplant, welche über eine Bohrpfahlaktivierung oder einen Erdkanal erfolgen kann. Die Maßnahmen zur Lüftung und Kühlung des Gebäudes stellen einen Beitrag dar, die zukünftigen Betriebs- und Folgekosten zu begrenzen. Das Gesamtheizungssystem ist mit Fernwärme konzipiert.

Durch geschosshohe Glasflächen und das Atriumdach ist ein hohes Maß an natürlicher Belichtung gegeben, durch die Grundrissorganisation sind in diesen Bereichen die lichtintensiven Nutzungen untergebracht. Der Sonnenschutz erfolgt durch die vertikalen Drehlamellen, welche zentral oder im Bürobereich feldweise individuell gesteuert werden können. Über dem Glasdach übernimmt eine verschiebliche Gitterrostschicht die Funktion des Sonnenschutzes.
Der besonderen Lärm-Immission durch die Nähe zur S-Bahn-Trasse wird durch die Schallschutzfunktion der Doppelfassade Rechnung getragen.
Das Niederschlagswasser soll z.T. in unterirdischen Rückhaltebecken auf eigenem Grundstück gesammelt werden und für Brauchwassernutzung und Bewässerung der Vegetation genutzt werden.

Durch seine kompakte Bauweise und sein günstiges Verhältnis von Hüllfläche zu Kubus ist das Gebäude insgesamt unter Berücksichtigung einer hohen Enregieeffizienz entworfen.

Stellungnahme zur Architektur der epochalen Übergangszeit von der physischen Kultur zur medientechnologischen Kultur

Als ein räumlicher Mittelpunkt der Bibliothek wird der archaische Architektur-Prototyp Monolith vor dem Hintergrund unserer veränderten technischen Wirklichkeit neu interpretiert. Zukunft und Geschichte des Menschen wird hier gleichermaßen vergegenwärtigt. Dort soll ein Ort der Ruhe sein, mit einem fast meditativen Raum-Erlebnis. Es soll gleichzeitig ein Ort der „Connection“, ein Ort der Kommunikation in zeitgemäßem Sinne, so zum Beispiel durch Internet oder gegebenenfalls Cyberspace.

Dieser konzeptionelle Gedanke spiegelt den Standpunkt zur Architektur der epochalen Übergangszeit zur Jahrtausendswende wider; von der physischen Kultur zur medientechnologischen Kultur.

Es hat in der Geschichte des Öfteren Situationen gegeben, in denen die Menschen die technischen Neuheiten zunächst mit großer Aufregung feierten. Sobald sich diese langsam ausbreiten, stürzen die Menschen schon fort und winken ihnen zu. Sie wissen nicht wohin sie gehen wollen, aber irgendwas wollen sie mit dieser Neuheit schnellstmöglich erreichen. Erst wenn diese aufgeregte, rastlose Zeit vorbeigeht und man sich mit dem Maßstab der Wertfrage vor die Geschichte stellt, dann wird man im Nachhinein die wahre neue Aufgabe erkennen.

Die Hoffnung und die Begeisterung für die neu entdeckte Welt und die Entfaltung der Zivilisation ins All sind eine wichtige Basis für die progressive und visionäre Architektur. Wichtig sind auch die konsequenten Versuche, wesentliche Werte der neuen Epochen herauszukristallisieren. Es sieht aus wie Armut, wenn man versucht die Grundtypen zu entdecken und deren wesentlichen Bedingungen zu interpretieren. Es ist aber eine Bereicherung.

Wir sind Anfang des neuen Jahrtausends mit unserer Architektur an einem Punkt angelangt, wo gerade die Entdeckung der Grundtypen oder die Klärung dieses typologischen Reichtums in der Architektur, in unserem Zeitalter nur so geschehen kann, daß wir die Grundtypen herunterschleifen bis auf die äußersten Form der Abstraktion, wie einen geschliffenen Edelstein.
Das muss eine der wesentlichen Bestrebungen einer modernen Architektur sein, um dieser eine gewisse Vollkommenheit, eine Allgemeinheit zu geben: was die Proportion, was die Reinheit der Räume, was die Klarheit des Typus anbelangt. Denn dies entspricht einer weiterentwickelten Denkweise, die nicht mehr auf eine erzählerische Hast abhebt, sondern auf die Grundprinzipien.
Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Perspektive

Perspektive

Innen-Perspektive

Innen-Perspektive

Perspektive

Perspektive