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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2020

Gedenk- und Lernort KZ-Außenlager Laagberg in Wolfsburg

2. Preis

Preisgeld: 14.000 EUR

Kusus + Kusus Architekten BDA

Architektur

Albert Armbruster | Büro für Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Wangler & Abele

Szenographie

Erläuterungstext

Auf den Spuren der ehemaligen Lagererschließung wird ein Rundweg um den Gedenk- und Lernort geführt. In gebührendem Abstand zum Gedenkort bindet dieser die übergeordneten Rad- und Fußwege mit ein. Die weitestgehend bestehenden Wegeabschnitte werden über die Straßen hinweg durch gesonderte Zebrastreifen miteinander verknüpft.

Es wird vorgeschlagen, den im Bereich des Gedenkortes gelegenen Skatepark in den nahegelegenen Grünzug am Hagebuttenweg zu verlagern. Ein Bike-Stop auf der dem Gebäude gegenüberliegenden Verkehrsinsel bietet bis zu 84 Fahrrädern eine Abstellmöglichkeit.

Der Aussichtsbereich auf dem Dach des Gebäudes dient der Sammlung und der Orientierung im Gelände, das anschließend mit neuem Bewusstsein betreten werden kann.

Südlich des Eingangsgebäudes wird der innerhalb des Lagerzaunes befindliche engere Ausstellungsbereich mit ockerfarbenem Tennenbelag befestigt, in den lediglich die Zaunpfosten, das Trafogebäude und die Lagerbaracke 1 als Intarsien eingearbeitet sind. Ansonsten bleibt der Bereich von jeglicher Bebauung frei.

1. Ort der Spuren
Die im gesamten Bereich des ehemaligen Lagers auffindbaren Bodenmarkierungen werden mit Hilfe von QR-Codes erläutert, die in den Ecken der mit Besenstrich bearbeiteten, anthrazitfarbenen Betonoberflächen positioniert sind.

So wird der engere Ausstellungsbereich subtil mit seinem Umfeld verklammert: die ehemaligen Standorte der Baracken und Wachtürme, der Splittergraben, des Lagereinganges und -zaunes werden je nach Nutzung des Umfeldes flächig, linear oder punktuell im Boden markiert.

2. Weg der Erinnerung
Ein entlang der historischen Waldkante verlaufender, ebenfalls ockerfarbener Tennenweg führt den Besucher zu den stummen Zeitzeugen. Hier, zwischen den Bäumen wird den Einzelschicksalen in Form von aufrechten Gedenkstelenportraits ein Gesicht, ein Gedenkort gegeben. Bäume, die in der Wegeflucht stehen, werden schonend umgangen.

In Blickrichtung Lager wird die Geschichte des KZ-Außenlagers erläutert:
Auf schwarzem Grund, im liegenden Format und auf Höhe mit den QR-Codes vor Ort werden Lagergebäude und -geschehen beschrieben und bebildert.
Auf grauem Grund wird die Geschichte des Ortes und seiner Aufarbeitung nach 1945 aufgezeichnet und fortgeschrieben.
Entlang dieser Zeitachse führt ein Stichweg zur Gedenkstele aus dem Jahr 1986, der im Bereich des Straßenüberganges mit ockerfarbener Asphalt-Beschichtung gekennzeichnet ist.

3. Weg der Utopien
Ins aktuelle Leben eingewoben machen an den bestehenden Laternenmasten montierte, hochformatig bunte Botschaften auch die Westseite des Schlesierweges zu einem sprechenden, mitteilenden Ort.

Ein einziges schwarzes Hinweisschild auf halber Strecke weist auf den ehemaligen Lagereingang hin, der durch einen weiteren Stichweg über den Schlesierweg hinweg erschlossen wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Architektur
Der Entwurf reagiert städtebaulich sehr angemessen auf die vorhandene Lagerstruktur, indem das ehemalige Gelände nicht besetzt, sondern begrenzt wird. Die Adressbildung ist gelungen und markiert den Ort sowohl im Kontext zum Lager als auch zum Stadtteil. Der Eingang im Süden über das ehemalige Gelände schafft es bereits vor Betreten des Gebäudes mental auf das zu Erwartende vorzubereiten. Der historische Ort wird durch Intarsien der Grundrisse der Wachtürme und der Baracken sowie Erinnerungssteine entlang des ehemaligen Lagerzauns modern interpretiert und sichtbar gemacht. Somit entsteht sowohl Raum zum Gedenken für die Hinterbliebenen als auch zum Erfahren für die heutige Generation im idealen Gleichklang. Gleichzeitig ermöglicht die Dachterrasse einen optimalen Ausblick auf das ehemalige Lagergelände. Der Glasausschnitt der Terrasse könnte einen stärkeren Bezug zum Außenraum haben. Innenräumlich verfügt der Entwurf über eine klare Struktur, die sich nach Norden zum Nahversorger abschottet und zum Lager öffnet. Die Maßstäblichkeit des Gebäudes korrespondiert sowohl mit der angrenzenden Bebauung als auch mit dem, in der Aufgabe gestellten, Raumprogramm. Die innere Organisation des Gebäudes gliedert den Riegel funktional und differenziert zwischen ruhigeren Vermittlungsräumen und öffentlicheren Ausstellungszonen. Sowohl die Vermittlungsräume als auch die Ausstellungszonen stehen im ständigen Bezug zum Außenraum, so dass der historische Bezug immer hergestellt werden kann. Die Verfasser haben die Entwurfsaufgabe angemessen und ortsspezifisch gelöst. Insgesamt ist der Entwurf überzeugend und gelungen.

Freiraum
Der Wettbewerbsentwurf arbeitet mit einem quar - tiersumfassenden freiräumlichen Gesamtkonzept, welches stark durch die Verwendung verschiedener wiederkehrender Materialien geprägt ist. Die Über - lagerung der historischen Grundrisse mit Ortbeton - flächen wird als Möglichkeit der Sichtbarmachung gewürdigt. Diese starke flächige Geste ist jedoch im dichten heterogenen Stadtgefüge durch die vielsei - tigen vorhandenen Störungen nicht mehr ablesbar und stößt im südwestlichen Stadtraum an seine Grenzen. Die große platzartige Tennenfläche auf der Südseite des Ausstellungsgebäudes mit Blick auf die Tankstelle, erscheint zu offen und unstrukturiert und bietet wenig Aufenthaltsqualität. Der geschichtliche Spurenverlauf über ein Wegenetz zu den Themen Erinnerungen und Utopien stellt einen interessanten gestalterischen Ansatz dar. Der Weg der Erinnerung verläuft jedoch parallel zur Breslauer Straße und nicht entlang der historischen Waldkante und findet dadurch eine falsche inhaltliche Verortung. Zudem wurde die Lage des Baukörpers zu dicht an der nördlichen Planungsgrenze gewählt, so dass sich eine ausreichend dimensionierte Ost-West-Wege - verbindung nicht auf die bisher vorgesehene Weise realisieren lässt. Die Arbeit zeigt viele gute freiräumliche Grundideen zum Thema Lern- und Gedenkort, im Einzelnen zeigen diese aber Schwächen in ihrer Angemessenheit und bei der Übertragung in die stadträumliche Struktur.

Ausstellungsgestaltung
Die Präsentation der Frottagen mit Blickbezug zum Wald ist sehr gut gelöst. Das Ausstellungsmobiliar ist wenig originell und innovativ – die Präsentation der Fundamentstücke der ehemaligen Gefangenenbaracke 4 erfolgt z.B. in konventionellen Vitrinen. Insgesamt erfüllt die Aus - stellungsgestaltung aber durchaus ihre Zwecke.