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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2020

Neubau Stadthaus 4 in Münster

3. Preis

Preisgeld: 30.000 EUR

slapa oberholz pszczulny | sop GmbH & Co. KG

Architektur

insa4 brandschutzingenieure GmbH

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Das Stadthaus 4 wird als freigestellter, geschwungener Baukörper in Holzhybridbauweise geplant. Der übergeordnete Gedanke des Entwurfs hat nicht nur die anstehende Planungsaufgabe zur Grundlage, sondern vielmehr die Vision der zukünftigen, städtebaulichen Gesamtentwicklung der gegenwärtigen, amorphen städtebaulichen Situation. Deshalb wird auf den Anschluss des Gebäudes an die vorhandenen, eher zufälligen Bestandshöhen bewusst verzichtet und das Stadthaus 4 als ein geschlossener Block entworfen, der damit deutlich und funktionsfähig den Ursprung für die vorgesehene Blockrandbebauung des weiteren Areals legt. Künstlich erzwungene Anschlüsse werden so bewusst vermieden, die die Weiterentwicklung der beabsichtigten, städtischen Blockstruktur wiederum im selben Maße einengen würden.

Analog zum bestehenden Stadthaus 3 und dem Gebäude der Stadtwerke wird der Baukörper freigestellt. Die Flucht entlang des Albersloher Wegs wird aufgenommen und die Eingangssituation an der Kreuzung durch die von oben nach unten erfolgte Zurückstaffelung der Geschosse wirksam betont. Durch das Abrücken des Stadthaus 4 von den Bestandsgebäuden an der östlichen Grenze entsteht eine großzügige Promenade. Die geschwungene Fassade und der großzügige, transparente Eingangsbereich unterstützen diese promenadenähnliche Situation im Stadtraum und heben insbesondere aus den langen Perspektiven des Albersloher Weges die Wahrnehmung und die Auffindbarkeit des Stadthaus 4 im Stadtbild hervor. Ein inspirierender Freiraum wird geschaffen, der nicht nur die Fußgänger und Fahrradwege weiterführen kann, sondern auch als kommunikativer Treffpunkt und Ort für verschiedene Events genutzt werden kann.

Der Entwurf für das Stadthaus 4 sieht ein besonders nachhaltiges kommunales Gebäude als Nullenergiehaus vor. Die Gesetze der Kreislaufwirtschaft sollen hier vorbildhaft berücksichtigt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mutig gehen die Verfasser mit der gestellten Aufgabe um. Sie setzen sich über den Wunsch des Anbauens hinweg und betrachten, über das ohnehin schon komplexe Raumprogramm hinweg, auch eine prognostizierte Weiterentwicklung des – aus ihrer Sicht amorphen – Quartiers. Folgerichtig steht daher das neue Stadthaus 4 frei; es schließt weder am Albersloher Weg noch an der Kiesekamps Mühle an den Bestand an. So entsteht um einen zentralen, offenen Innenhof eine Blockstruktur mit einer – von den Verfassern so bezeichneten – Promenade im Osten in Richtung Stadthafen. Ob dieser Ansatz städtebaulich richtig ist, wird kontrovers diskutiert. Der Haupteingang am Albersloher Weg liegt gut auffindbar und führt im Eckpunkt der Gebäudefigur in eine nicht zu groß dimensionierte Eingangshalle. Nach dem Erstkontakt mit den Bürgern führen längs der straßenbegleitenden Fassaden zweigeschosshohe Foyerbereiche zu den Wartezonen und Beratungsräumen. Die Grundrissorganisation ist offen und häufig zwischen Straße und Innenhof durchlässig, im Mittelbereich einer Zweibundlösung, die nicht an die Außenfassaden anschließt, befinden sich offene Treppenanlagen, Galerien im Obergeschoss, Aufzüge und Innenraumbegrünungen, die sowohl eine gute Orientierung ermöglichen, wie andererseits durch Offenheit und Einwie Durchblicke den erhofften / gewünschten niedrigschwelligen Zugang erleichtern können. Die Sicherheitsaspekte der besonderen Bereiche wurden gut berücksichtigt. Die Zugänge Kantine und Jobcenter liegen allerdings zu versteckt. Drei Treppenhauskerne sind gut in den Grundrissen verortet und lassen die Möglichkeit einer zukünftigen Fremdvermietung problemlos erscheinen. Rastermaß und Organisation lassen die erhoffte Flexibilität erhoffen, die Vorschläge für die offenen Bürowelten sind reizvoll und zukunftsfähig. Der sechsgeschossige Baukörper ist diszipliniert gegliedert: Das Erdgeschoss und das erste Obergeschoss haben deutlich größere Öffnungen und sorgen für angenehme Transparenz und Ein- wie Ausblicke. Das dritte und vierte, wie fünfte und sechste Geschoss sind mit der gleichen, gestalterisch wie funktional überzeugenden Rasterung gegliedert. Durch Zusammenfassung und Auskragung jeweils zweier Geschosse entsteht eine sehr subtile und effektive Akzentuierung des Eingangsbereiches. Durch die Verschiebung staffeln sich aber auch die Geschosse im Innenhof zurück, dadurch öffnet sich dieser im Profil und verbessert die relative Enge. Bei aller Anerkennung gibt es dennoch Kritik: So wohlwollend die Idee einer Durchwegung vom Albersloher Weg über die sog. Promenade in Richtung Hafen auch sein mag, so fragwürdig sind heute Anfangs- und Endpunkt, so unattraktiv ist der Blick auf angrenzende Brandwände für unbestimmte Zeit, so ungelöst scheint die für diesen Bereich vorgeschlagene An- und Ablieferung und so fragwürdig sind diese täglichen Verkehre für die Qualität auch der Außenaufenthaltsbereiche für Kantine und Großtagespflege. Auch nimmt die Überkragung des Obergeschosses an der Ostseite Tageslicht der darunter angeordneten Bereiche. Der Innenhof endet im Süden als zu spitzer Winkel, außenräumlich wie innenräumlich vermögen die Qualitäten angelagerter Räume nicht zu überzeugen, die Genehmigungsfähigkeit wird darüber hinaus für diese Bereiche in Frage gestellt. Die Südspitze der Grundrisse scheint – bei nachvollziehbarer Wirtschaftlichkeit – ohnehin zu dicht gepackt. Der Treppenraum hat keinen direkten Ausgang ins Freie. Die Fahrradrampe fehlt, die Anzahl der TG-Stellplätze ist leicht unterschritten. Auch wird die Belichtungs- und Belüftungssituation der meisten Arbeitsplätze zwar gelobt, Treffpunkte, Kommunikationsbereiche oder frei zugängliche Außenbereiche in den Normalgeschossen werden allerdings vermisst. Die Dachterrassen im vierten und fünften Obergeschoss mit Blick in Richtung Kanal bieten Möglichkeiten, im vierten Obergeschoss jedoch unmittelbar vor den Büroflächen des Amts 64. Die vorgeschlagene Holz-Stahlbeton-Hybridbauweise ist nachvollziehbar und überzeugt, das cradle-to-cradle Prinzip sowie der Anspruch des Nullenergiekonzeptes entsprechen dem Selbstverständnis des Auslobers. Die aufgeständerte Photovoltaikananlage – gleichzeitig Sonnenschutz für die Dachterrasse – ist folgerichtig. Ob jedoch der Teich mit der relativ üppigen Begrünung im Innenhof wie vorgeschlagen realisierbar ist, wird in Frage gestellt. Die Arbeit überschreitet die vorgegebene maximale GFZ leicht, im Bereich der offenen Bereiche werden zwischen den Geschossen erhöhte Brandschutzmaßnahmen erforderlich. Einige Büros sind zu groß bemessen sind, der Entwurf liegt hinsichtlich der Kenndaten allerdings im guten, mittleren Bereich. Alles in allem gelingt den Verfassern eine sympathische Arbeit, die in besonderem Maße viele Aspekte der komplexen Aufgabe überzeugend löst.