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Einladungswettbewerb | 02/2008

Neubau Depot Ruhrmuseum auf dem Weltkulturerbe Zollverein

Schwarzplan

Schwarzplan

1. Preis

Scheidt Kasprusch Architekten GmbH

Architektur

Graner + Partner Ingenieure GmbH

Akustikplanung

wbp Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Umgang mit dem Welterbe Zollverein

Im Kontext des Weltkulturerbes, der Zeche Zollverein mit ihrer herausragenden architektonischen Qualität und ihrem unschätzbaren historischen Wert, ist für jede bauliche Ergänzung äußerste Zurückhaltung angebracht. Gelassenheit und Beherrschung bestimmen folglich den Duktus des Entwurfes für das neue Depot des Ruhr Museums. Klare Geometrie und Reduktion der Materialwahl sind die Mittel einer Gestaltung, die sich einerseits bewusst in den Kontext stellt, gleichzeitig diesen abstrahiert und sublimiert.
Der neue Baukörper fügt sich in die orthogonale Struktur und Proportionen von Zollverein XII ein, übernimmt die strenge Geometrie der vorhandenen Gebäude, überführt jedoch die Entwurfsprinzipien in eine noch klarere und minimalistischere Form.
Die Gliederung der Oberfläche des monolithisch wirkenden Baukörpers spiegelt die inneren Funktionen wider. Die großflächigen Sichtbeton- und Ganzglasflächen der fünf Fassaden mit ihren puren Materialqualitäten entwickeln das rationale Erscheinungsbild Zollvereins weiter.
Die Außenwände bestehen aus Stahlbeton, Wärmedämmung und einem geschliffenen Sichtbetonvorsatz, der aus einem schwarzen Basaltzuschlag und mit Eisenoxyd schwarz pigmentiertem Zement hergestellt wird. Die Belichtungsflächen sind als „twinface-Fassade“ vorgesehen, die unter anderem den hohen Lärmemissionen des Technikgebäudes Rechnung tragen. Die punktgehaltenen Gläser werden bündig zur Sichtbetonfläche montiert, die Fugen bleiben offen. Vor der dahinter liegenden Holz-Glaskonstruktion werden Sonnenschutz-Jalousien geführt. Die Südfassade gegenüber dem Technikgebäude ist gänzlich geschlossen. Lediglich der zweite Rettungsweg wird hier über mit Beton verkleidete Öffnungen seitens des Brandschutzkonzeptes vorgesehen. Der eingerückte Eingangsbereich wird abends mit Ganzglastoren, die flächenbündig in die Fassade integriert sind, verschlossen.
Grundrissdispositionen
Das Raumprogramm wird in einem kompakten Baukörper mit geringer Hüllfläche untergebracht. Im Erdgeschoss erreicht man über den großzügigen Eingangsbereich die Depots der Grafik und der Archäologie sowie die Ausstellungsvorbereitung. Eine Sicherheitsschleuse schirmt die Räume gegenüber Unbefugten ab. Über einen Aufzug erreicht man im 1. OG das Depot der Fotografie und das im räumlichen Zusammenhang unterzubringende Fotolabor. Das zweite Obergeschoss nimmt die gesamten Büroflächen auf. In der Flurzone sind die Nebenfunktionen untergebracht. Der Flur erhält über verglaste Verbindungen zum 3. OG wie auch über gläserne Bürotüren natürliches Licht von oben und von den Längsseiten und somit besondere Aufenthaltsqualitäten. Die Büroetage ist über eine Treppe direkt mit der Bibliothek verbunden. Glaswände sorgen für akustischen und brandschutztechnischen Schutz. Das dritte Obergeschoss nimmt die Bibliothek, die Projektarbeitsplätze und den Besprechungsraum auf. Die Belichtung erfolgt über die vollverglasten Längsfassaden und im Bibliotheksbereich zusätzlich über in das Flachdach integrierte Glasflächen. Das Dach wird als fünfte Fassade ausgebildet. Aufgestelzte, schwarze Sichtbetonplatten und bündig hierzu liegende Glasoberlichter der Bibliothek führen das Erscheinungsbild des Gebäudes fort.
Außenraum
Der Neubau, des Museum und der Umlenkturm umfassen einen kleinen Platzraum, der
- die Funktionsbeziehung Depot- Museum optimiert
- den Radwanderweg über den Platz gut auffindbar an das Gesamtgelände anbindet
- die Bushaltestelle gut einbindet und
- das Depot auffindbar in das Gesamtgelände integriert.
Der kleine Platz nimmt hinsichtlich seiner Materialität und Ausstattung Bezug auf das Corporate Design des Gesamtgeländes:
Beton-, Terraway-Beläge, Beleuchtung und Bänke. Die Bushaltestelle wird in den Platz integriert.
Tragwerksbeschreibung
Das Depotgebäude Zollverein wird als Stahlbetonskelettbau mit aussteifenden Wandscheiben bzw. Kernen errichtet. Der vertikale Lastabtrag erfolgt über 24 cm starke Stahlbetonflachdecken, die auf einer inneren Stützendoppelreihe und hinter der Fassade zurückstehenden Stützen bzw. auf massiven Außenwänden auflagern. Das Stützenraster beträgt etwa 5,50 m – 3,75 m - 5,50 m in Gebäudequerrichtung und ca. 5m in Gebäudelängsrichtung. Die Horizontalaussteifung erfolgt in den beiden unteren Geschossen über die 3 U-förmigen Außenwände und den Treppenhauskern, in den beiden Obergeschossen über die beiden Queraußenwände und den Treppenhauskern. Die Queraußenwände in den oberen beiden Geschossen wirken dabei als wandartige Träger.
Bauphysikalisches Konzept
Depots erfordern sehr eng gesetzte Grenzen der Innentemperatur und der relativen Luftfeuchte die keinen rapiden Schwankungen unterliegen dürfen. Schon in der Antike wurden Archive und Bibliotheken mit sehr starken Mauern und kleinen Fenstern gebaut um das Klima konstant zu halten. Üblicherweise ersetzen heute Klimaanlagen, mit gekühlter, getrockneter und nachgeheizter Luft die in der modernen Bauweise fehlenden Gebäudemassen und feuchte regulierenden Materialen. Unter dem Aspekt der Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit ist der Strom- und Wärmeverbrauch einer Klimaanlage nicht akzeptabel. Es ist also erforderlich, eine Lösung zu finden, die die moderne Bauweise mit der Nachhaltigkeit der alten Archive und dem Klimaanspruch moderner Lüftungstechnik zu vereinen sucht. Die Analyse der Wetterdaten in Westdeutschland ergab, dass im Winter mehrwöchige Wetterzyklen typisch sind, in denen die Luftfeuchte außen zu trocken ist. Eine Belüftung der Archive ist in diesen Zeiten zu vermeiden, um eine Schädigung der Lagergüter zu verhindern. Im Sommer ist die Situation umgekehrt. Es treten Phasen auf, in denen die Luftfeuchte außen
durchgängig zu hoch ist. In der Übergangszeit liegen sehr oft Wetterzustände vor, die die Anforderungen an das Innenklima begünstigen. In diesen Zeiten ist eine Belüftung des Archivs möglich und nötig.
Um die ungünstigen Wetterperioden zu überdauern, muss die Bauweise von Archiven folgende Maßnahmen beinhalten:
- Massive Wände und Decken, um Wärme zu speichern und die Temperaturen gleichförmig zu halten
- Feuchte speichernde Oberflächen (günstiges Sorbtionsverhalten), um den Luftfeuchtegehalt im Archiv konstant zu halten
- Lichte Raumhöhen von ca. 2,6-2,7 m für eine wirksame Querlüftung, (bei 2,4 m Nutzhöhe)
- Extrem luftdichte Bauweise, um die unkontrollierte Belüftung im Winter und im Sommer auszuschließen
- Dampfdichte Ausführung erdberührender Bauteile, um Diffusion von Erdfeuchte zu unterbinden
- Sonnenschutz mit 100% Verschattung, um eine sommerliche Erwärmung zu unterbinden
- Stromsparende Beleuchtung und Abschaltung der Grundbeleuchtung, um Wärmeeintrag zu vermeiden
Das Ziel, eine sehr konstante Innentemperatur und eine ebenso konstante Luftfeuchte zu erreichen, wird durch eine optimierte Regelung erreicht. Diese Regelung steuert kleine Stellmotoren, die die sehr dichten Fenster des Gebäudes in Kippstellung bringen, bzw. wieder schließen (alternativ Lüftungsventilatoren). So wird eine natürliche Lüftung und Klimatisierung erreicht. Der Wunsch-Wert der Innenfeuchte kann mit der Gebäudeleittechnik eingestellt werden, die Fenstermotoren sorgen durch eine feine Dosierung von Außenluft für die Regulierung des Klimas. Den Rest übernehmen die Feuchte speichernden (sorbtionsfähigen) Oberflächen und eine große Gebäudemasse. Die Betriebskosten beschränken sich auf die Heizung und die Fensterstellmotoren, welche die Fenster in Kippstellung fahren und wieder schließen. Das Potential an vermiedenen Kostensind:
- die Anschaffung und Wartung von Klimaanlagen
- die Reparatur und Erneuerung von Klimaanlagen
- die Stromkosten für Ventilatoren und für Kältemaschinen
- die Heizkosten für die Nachheizung
Die Archäologie- und Grafikdepots können nach diesem Konzept gebaut werden. Das Fotodepot erhält zusätzlich eine kleine
Klimaanlage, die in heißen Perioden die durch das vorgeschlagene Konzept dauerhaft erreichbaren Werte von 16-18°C (und 45-55% Luftfeuchte), auf 10-15°C herunter kühlen kann.
Die ersten Archive, die mit dieser Technologie betrieben werden, wurden 1999 in Betrieb genommen (z.B. Westfälisches Archivamt Münster, Rheinisches Archiv- und Museumsamt Pulheim-Brauweiler). Die Erfahrungen der ersten Betriebsjahre sind überzeugend. Das Raumklima ist äußerst konstant und bewegt sich im Bereich der Anforderungswerte.
Das hier vorgestellte Archivkonzept zeigt, wie man durch modernste Regelungstechnik den Innenraum der Depots so konstant klimatisieren kann, wie es bislang nur durch Klimaanlagen möglich war. Dabei wird der Erfolg durch eine fein dosierte natürliche Lüftung zusammen mit einer optimierten Bauphysik erzielt. Durch eine ganzheitliche Planung mit komplexen Simulationsberechnungen (Software TAS) wurden die Grundlagen für dieses neuartige Konzept entwickelt und optimiert.
In der Praxis hat sich die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des Konzeptes voll bestätigt. Büros, Bibliothek, Fotolabor, Ausstellungsvorbereitung werden ebenfalls natürlich belüftet. Die für diese Bereiche vorgesehene Fußbodenheizung kann mit nur geringem Kostenaufwand (ca. 15.000,- €) auch zur Kühlung der Räume herangezogen werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebaulich werden in dieser Arbeit die Funktionen Radwegeverbindung, Verbindung zur Kohlenwäsche, Eingang Depot und Bushaltestelle durch eine neue kleine städtebauliche Platzsituation überaus überzeugend gelöst.
Im Erdgeschoß und im ersten Obergeschoß sind die Depotflächen sinnvoll angeordnet. Nach außen wird so eine – bis auf die Eingangssituation – geschlossene Fassade ermöglicht. Im zweiten und dritten Obergeschoß werden die Büro- und Bibliotheksflächen an den Längsseiten belichtet. Es entsteht so eine vom Preisgericht positiv beurteilte, spannungsreiche, aus der Funktion begründete Fassade, insbesondere durch den gekonnten Wechsel von offenen und geschlossenen Flächen. Die Dachfläche – von der Kohlenwäsche einsehbar – wird als fünfte Fassade, dem übrigen Erscheinungsbild angepasst, ausgebildet. Die Mittelbereiche der oberen Geschosse werden vom Dach her zusätzlich geschickt belichtet.
Die insgesamt intelligente Grundrisslösung spiegelt sich auch in den sehr günstigen wirtschaftlichen Kenndaten des Gesamtgebäudes wider. Besonders positiv wird die Beziehung und somit direkte Verbindung zwischen den Büros und der Bibliothek gesehen, die auch in der baulichen Ausbildung gelungen ist.
Das Preisgericht würdigt die äußerste Zurückhaltung der Gestaltung, die klare Geometrie des Gebäudes und die Reduktion der Materialwahl angesichts des historischen architektonischen Umfeldes. Es wird das puristische, rationale Erscheinungsbild von Zollverein überzeugend, ohne Anbiederung weiterentwickelt.
Denkmalpflegerische Bewertung:
Der vorgeschlagene Kubus nimmt in Körper und Dimensionen dezidiert Bezug zum benachbarten Denkmalbestand. Mit seiner Materialwahl und deren Verteilung innerhalb der Fassaden erfolgt ein seriöses Bekenntnis zum zeitgenössischen Architekturgeschehen.
Städtebaulich von Gewinn ist die Schaffung einer Platzsituation vor dem im Norden gelegenen Eingang. Hier ist die Haltestelle wie selbstverständlich positioniert. Es entsteht eine urbane Aufwertung mit Aufenthaltsqualität.

Schwarzplan

Schwarzplan

Schwarzplan

Schwarzplan

Lageplan

Lageplan

Lageplan

Lageplan

Lageplan

Lageplan

Perspektive von Nord-Osten

Perspektive von Nord-Osten

Perspektive von Nord-Osten

Perspektive von Nord-Osten

Perspektive von Nord-Osten

Perspektive von Nord-Osten

Grundrisse

Grundrisse

Grundrisse

Grundrisse

Grundrisse

Grundrisse

Ansichten und Schnitte

Ansichten und Schnitte

Ansichten und Schnitte

Ansichten und Schnitte

Ansichten und Schnitte

Ansichten und Schnitte

Detail Fassade

Detail Fassade

Detail Fassade

Detail Fassade

Detail Fassade

Detail Fassade