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Award / Auszeichnung | 04/2008

Landes- und BDA-Preis Saarland 2008

Alte Waschkaue - Werkstatt Industriekultur, Ebene 1

Alte Waschkaue - Werkstatt Industriekultur, Ebene 1

Werkstatt Industriekultur, Göttelborn

Auszeichnung

augustinundfrank/winkler ARCHITEKTEN

Architektur

Erläuterungstext

Werkstatt Industriekultur Göttelborn

Für den baulichen Neuanfang auf der Grube Göttelborn, die „Werkstatt Industriekultur“, wurde im Jahr 2002 ein Wettbewerb ausgelobt. Er stellte die Architekten vor eine ungewöhnliche Planungsaufgabe: eine minimale bauliche Intervention -Umnutzung und Umbau von zwei auf dem Gelände vorhandenen Industriehallen- als Initial, Zeichen und Pilotprojekt für das um-fassende Vorhaben einer Transformation und Neubestimmung des gesamten Grubengeländes.
Standort für die „Werkstatt“ wurde die ehemalige Elektrowerkstatt, ein mit der Entwicklung der Grube gewachsenes Konglomerat aus alter Waschkaue (ein Gebäude aus den baulichen Anfängen, Jahr-hun-dert-wen-de und 30er Jah-re) und einer Erweiterung als architektonisch anspruchslose Industriehalle aus den 60-er Jahren. Die beiden Hallen wurden für das Raumprogramm der IKS zu Ausstellungs- und Veranstaltungsräumen und Büros umgebaut und mit einem kleinen Neubau als Wohn-und Übernachtungsmöglichkeit für Gäste ergänzt. Über die Lösung aller technischen Probleme hinaus hat dabei das übergeordnete Ziel eines exemplarischen baulichen Eingriffs unsere Planung bis ins Detail bestimmt – von ersten Überlegungen zu Städtebau und Landschaftsraum bis hin zur Entwicklung von Strategien zur bauphysikalischen Optimierung der Umbauten oder der Bildsprache der Materialien und Objekte, die das Ensemble außen- und innenräumlich neu prägen.
Neubestimmung der Außenräume - Öffentlichkeit herstellen
Die technische Landschaft und die baulichen Anlagen des Grubengeländes wurden, ausgehend von ersten städtebaulichen Überlegungen, interpretiert als Identifikation stiftende Orte mit weiten Entwicklungsmöglichkeiten. Ein wesentliches städtebauliches Entwicklungsziel für den Umbau der Grube ist die Umformung der vorhandenen funktionsgebundenen Erschließung zu urbanen, signifikanten Außenräumen. An der zukünftigen Haupterschließung zwischen dem früheren Werkstor und dem großen Förderturm, dem „Boulevard der Industriekultur“, besetzt das Projekt der IKS den Zugang zum Gelände an der ehemaligen Pforte. Das Gä-ste-haus bildet mit sei-ner öf-fent-lich-keits-o-rien-tier-ten Funk-tion die räum-li-che Fas-sung des Eingangsbereichs. So wird das \"entreé\" für die Besucher der IKS auch außenräumlich wirksam als Einladung zur fußläufigen Aneignung des bis heute unzugänglichen Grubengeländes. Gleich-zei-tig wirkt das kleine Gästehaus dank der ex-po-nier-ten Hang-la-ge und ei-ner ge-schich-te-ten, bild-haf-ten Fas-sa-de weit-hin über das Ge-län-de.
Die Gebäude – Neubestimmung der Innenräume
In- gleich-er Wei-se be-han-deln auch die Um-bau-maß-nah-men an den be-ste-hen-den Ge-bäu-den exem-pla-risch die Ent-wick-lungs-zie-le für den ge-sam-ten Stand-ort. Die zen-tra-le Fra-ge-stel-lung nach den Mög-lich-kei-ten der Wie-der-ver-wen-dung der vor-ge-fun-de-nen Bau-subs-tanz für neue Nut-zun-gen er-gibt überraschende Po-ten-ti-a-le der vor-han-de-nen Raum-struk-tu-ren. Das Raum-pro-gramm der IKS - ei-ne Mi-schung aus öf-fent-lich-keits-o-rien-tier-ten Be-rei-chen, ab-ge-schirm-ten Ar-beits-räu-men und da-zwi-schen-ge-schal-te-ten Kom-mu-ni-ka-tions-flä-chen - reflektiert beispielhaft die Bedürfnisse heutiger Nutzer. Das Ausbaukonzept setzt auf Of-fen-heit, Trans-pa-renz und flexible Raumstrukturen, wie sie in der Arbeitswelt heute und in Zukunft benötigt werden. Hier bie-ten al-le grö-ße-ren, frei-tra-gen-den Ge-bäu-de-hül-len gu-te Vor-aus-set-zun-gen für ei-ne ko-sten-gün-sti-ge, auf Dau-er fle-xi-ble in-nen-räum-li-che Auf-tei-lung und Aus-stat-tung.
Die Untersuchung am Bestand hat ergeben, dass sich die alte Waschkaue für die Büronutzung am besten eignet. Nach dem Umbau ist erkennbar, wie ein großes Raumvolumen mit tiefem Grundriss mit einer kleinteiligen Nutzung besetzt werden kann, ohne seine Raumwirkung einzubüßen.
Im Gegensatz zur alten Waschkaue mit transformiertem Innenraum wendet sich der ehemalige Erweiterungsbau nach außen. Über seine Eingangsfunktion hinaus macht er das Prinzip der umgebenden Industriebauten zum Bild und Zeichen. Eine neue Hülle aus Polycarbonat und Glas umschließt die alte Konstruktion. Sie ist durchscheinend und leuchtend zugleich.



Energetische Konzepte
Für die neu-en Nut-zun-gen er-ge-ben sich spe-zi-fi-sche Pro-ble-me aus der nicht aus-rei-chen-den bau-phy-si-ka-li-schen und in-fra-struk-tu-rel-len Aus-stat-tung der Ge-bäu-de. Die-se Pro-ble-me sind für die gro-ße Mehr-zahl der auf dem Ge-län-de vor-han-de-nen Ge-bäu-de-ty-pen ver-gleich-bar, die Stra-te-gien zur bau-phy-si-ka-li-schen Op-ti-mie-rung der Ge-bäu-de-hül-len und der in-fra-struk-tu-rel-len Aus-stat-tung sind grund-sätz-lich an-wend-bar. Die Vorschläge für die bau-phy-si-ka-li-sche Op-ti-mie-rung der Ge-bäu-de-hül-len orien-tie-ren sich an heu-ti-gen in-no-va-ti-ven Tech-ni-ken zur pas-si-ven und ak-ti-ven Ener-gie-mi-ni-mie-rung. Das Ver-hält-nis der bau-li-chen zur haus-tech-ni-schen Grund-aus-stat-tung ist da-bei im Hin-blick auf die spä-te-ren Be-triebs-ko-sten von be-son-de-rer Be-deu-tung. Für die beiden Gebäude wurden zwei Stra-te-gien entwickelt und jeweils an-hand ei-ner dy-na-mi-schen Ge-bäu-de-si-mu-la-tion op-ti-miert:
Die äußere Hülle der alten Waschkaue sollte als Zeugnis der baulichen Anfänge auf dem Grubengelände erhalten bleiben. Ei-ne we-sent-li-che Maß-nah-me zur Ener-gie-mi-ni-mie-rung im Betrieb dieses Gebäudes ist ein Tem-pe-ra-tur-kor-ri-dor, der durch die Ein-brin-gung ei-ner licht-streu-en-den Decke un-ter-halb der be-ste-hen-den Dach-bin-der-e-be-ne her-ge-stellt wurde. Die Licht-decke be-steht aus ei-ner mehr-schich-ti-gen Kon-struk-tion aus Po-ly-car-bo-nat-Steg-plat-ten, die die La-stre-ser-ven der be-ste-hen-den Dach-kon-struk-tion aus-schöpft. Dank der lichts-treu-en-den Ei-gen-schaft des Ma-te-ri-als wird die Nut-zung der na-tür-li-chen Be-lich-tung we-sent-lich ver-bes-sert.
Die Au-ßen-wand und das Dach der Industriehalle aus den 60-er Jahren be-nö-ti-gen, wie die Mehr-zahl der auf dem Ge-län-de vor-han-de-nen Ge-bäu-de, Maß-nah-men zur bau-phy-si-ka-li-schen Ver-bes-se-rung. Die Aus-fa-chun-gen zwi-schen den Bin-der-kon-struk-tio-nen wur-den, wo kon-struk-tiv mög-lich, ent-fernt. Die ge-sam-te Fas-sa-de wurde mit ei-ner neu-en, thermisch wirk-sa-men, aber trans-pa-ren-ten Hül-le (Po-ly-car-bo-nat / Glas) ver-se-hen, die als Dop-pel-fas-sa-de die be-ste-hen-de Kon-struk-tion ein-schließt. Die Dach-flä-che er-hält ei-ne äu-ße-re Wär-me-däm-mung. Die weit-ge-hend na-tür-li-che Be-lich-tung und Be-lüf-tung der Räu-me ist da-durch si-cher-ge-stellt. Zur sommerlichen Durch-lüf-tung des Fas-sa-den-zwi-schen-raums der Dop-pel-fas-sa-de wur-den im un-te-ren Be-reich in-nen und im- At-tik-ab-e-reich au-ßen ver-schließ-ba-re Lüf-tungs-klap-pen ein-ge-baut. Un-ter-stüt-zend wur-de der neue Fuß-bo-den-auf-bau zum Ein-bau von Roh-ren ge-nutzt, die im Som-mer küh-le Luft von der Nord-sei-te des Ge-bäu-des in den süd-sei-ti-gen Fas-sa-den-zwi-schen-raum füh-ren.
Transformation
Für die Um- und Einbauten haben wir überwiegend Materialien und Konstruktionsweisen aus dem Industriebau verwendet. Dies gilt auch für das neu errichtete Gästehaus. Damit wird das erste Merkmal für die Kontinuität einer dritten Bebauungsschicht auf dem Gelände erzeugt.
Ein Großteil der auf dem Gelände vorhandenen Gebäude sind in ihrer Außenhaut Hüllen gewaltiger Maschinen. Diese Hüllen und ihre Dünnschichtigkeit charakterisieren als Außenwandkonstruktionen die beiden Gebäudeteile, die dem Eingang und der Öffentlichkeit zugewandt sind. Neu interpretiert und in zeitgemäßen Materialien konstruiert, sind sie in der Lage, auch das Wohnen als neue Nutzung auf dem Gelände gestalterisch zu integrieren.
Mehr als alles andere schaffen Orte Identitäten. Bilder, die wir mit Orten so verknüpfen, dass Erinnerungen daraus entstehen. Beim Bau der „Werkstatt der Industriekultur“ haben wir nach Methoden gesucht, die Dinge einfach und doch ungewöhnlich einprägsam zu sehen und darzustellen.


Beurteilung durch das Preisgericht


Werkstatt Industriekultur Göttelborn

\"Die große Halle der alten Waschkaue wurde mit eingestellten Elementen so geschickt in verschiedenen Funktionsbereiche unterteilt, dass die beeindruckende räumliche Wirkung des alten Industriebaus erhalten geblieben ist. Atmosphärisch wirksam ist auch der gezielte Einsatz von Materialien aus dem Industriebau, der hier das \"Milieu\" der Bergwerksanlage trifft. Die Gästezimmer des neuen Anbaus zeichnen sich durch eine gelungene Synthese von klösterlicher Askese und guter Raumatmosphäre aus.\"
Blick aus dem Gästehaus auf die ehemalige Elektrowerkstatt

Blick aus dem Gästehaus auf die ehemalige Elektrowerkstatt

Werkstatt Industriekultur, Galerie mit Einzelarbeitsplätzen

Werkstatt Industriekultur, Galerie mit Einzelarbeitsplätzen

Küche und Speiseraum, Gästehaus

Küche und Speiseraum, Gästehaus

Werkstatt Industriekultur

Werkstatt Industriekultur

Werkstatt Industriekultur, Thermische Pufferzone über der Lichtdecke

Werkstatt Industriekultur, Thermische Pufferzone über der Lichtdecke