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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2008

Neubau Jüdisches Museum Franken

Lageplan Wettbewerbsgebiet

Lageplan Wettbewerbsgebiet

2. Preis

Glass Kramer Löbbert Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Überlegungen

Das harmonische Altbauensemble an der Königsstraße mit seinen Jahrhunderte alten Naturstein- und Fachwerkfassaden wird durch das neue Haus des Jüdischen Museums vervollständigt und aufgewertet.
Die Ecksituation an dem kleinen Platz zwischen Königs- und Helmstrasse wird dabei abgerundet: der Neubau nimmt die Fluchten und Höhen der Bestandsgebäude auf und orientiert sich gleichermaßen zur Königsstraße wie zum neu gefassten Platz.

Mit einem rund ein Meter großen Abstand zu den beiden angrenzenden Altbauten erzeugt der Baukörper eine umlaufende Fuge zwischen alt und neu und entwickelt so das in der Nachbarschaft vorhandene Thema der Trennfuge zwischen den einzelnen Stadthäusern weiter.
Dem Altbau als dem wichtigsten Ausstellungsobjekt des jüdischen Museums wird dadurch seine Autonomie bewahrt, seine Fassade bleibt weitgehend unberührt und wird nur punktuell über Verbindungsbrücken angeschlossen.

Die Fuge unterstützt wie selbstverständlich den objekthaften Charakter der beiden Museumshäuser – alt und neu –, durch die Bezüge von Volumetrie und Höhenentwicklung entsteht die Einheit der Bauteile: Traufkanten Dachschrägen und einladend offene Sockelgeschoßzonen der angrenzenden Bestandsbauten werden durch den Neubau aufgenommen und in einen passenden Stadtbaustein übersetzt.



Funktion und Struktur

Der Besucher betritt das Jüdische Museum über das offen ausgebildete Foyer an der Ecke zwischen Königsstraße und dem Vorplatz. Als Schnittstelle zwischen Altbau mit der Dauerausstellung, Sonderausstellung, Veranstaltungssaal, Bibliothek und Verwaltungsbereich ermöglicht das Foyer nicht nur die einfache Orientierung im neuen Museum, sondern bietet auch eine differenzierte Gestaltung unterschiedlicher Zugänglichkeiten innerhalb des Hauses.

Der Bewegungsduktus durch Altbau in die Sonderausstellung und umgekehrt folgt durch die Lage der Treppe einer schlüssigen Figur. Unabhängig davon entwickelt sich die Bibliothek über die Obergeschosse entlang der gleichen zentralen Haupttreppe. Der große Saal im Erdgeschoß lässt eine vom Museumsbetrieb unabhängige Nutzung zu und erhält zusätzlich einen eigenen Zugang vom Vorplatz.

Ähnlich wie beim Hinunterschreiten zur Mikwe im Altbau begibt sich der Besucher zur Besichtigung der Sonderausstellung und Entdeckung der jüdischen Kultur(geschichte) unter die Erde. Das großflächige Untergeschoss, das sich ein Stück unter den kleinen Platz zieht, enthält neben dem Ausstellungsbereich die funktional zugeordneten Vorbereitungs- und Depotflächen sowie Garderobe und Toiletten für die Besucher.

Der Spalt zwischen Neubau und Gaststätte zieht sich bis ins Untergeschoss und bietet so – falls gewünscht - die Möglichkeit einer gleichmäßigen Belichtung mit Tageslicht für die Sonderausstellung, die ansonsten für natürliches Licht verschlossen bleibt und über eine Lichtdecke und Einzelleuchten zur gezielten Beleuchtung der Ausstellungsobjekte verfügt.
Durch die Ausblicke vom Ausstellungsraum in diesen Zwischenraum wird das Bewusstsein des Besuchers für den atmosphärischen unterirdischen Ort inmitten von historischen Fundamenten und Gemäuern gestärkt. Darüber hinaus hält diese Fuge den zweiten Rettungsweg in Form einer außen liegenden Treppe zum Vorplatz bereit.

Im Erdgeschoss verbinden sich Veranstaltungs- und Vortragssaal und das Foyer mit dem Café zu einer sinnvollen, repräsentativen Einheit. Der Saal kann zudem problemlos von den übrigen Räumen des Museums abgekoppelt werden, und steht für Fremdveranstaltungen zur Verfügung, die bei feierlichen Anlässen auch den Vorplatz bespielen können.

Entsprechend ihrer Bedeutung und Raumgröße ergeben sich unterschiedliche Höhen für die Bereiche des Neubaus. Diese „Raumplanung nimmt das neue Haus zum Anlass seiner vertikalen Schichtung und Gliederung: Auf der Straßenseite ergibt sich oberirdisch ein dreigeschossiger Aufbau, im hinteren Gebäudeteil ist er zweigeschossig. Dazwischen fungiert die zentrale Treppenanlage als verbindendes und gliederndes Element. Bei der aufsteigenden Bewegung durch das Haus führt diese Treppe immer auf großzügige Aussichtsfenster zu, der Besucher schreitet stets dem Licht entgegen, wobei die Ausblicke sich über drei Seiten des Neubaus entwickeln und jeweils unterschiedliche Eindrücke der Stadt Fürth vermitteln.

Im ersten Obergeschoss direkt über dem Foyer befinden sich die „dienenden“ Räume der Bibliothek, darüber erstreckt sich der Freihand- und Lesebereich als ein großer zusammenhängender Raum über zwei halbgeschossig versetzte Ebenen mit vielfältigen Blickbezügen im Innenraum. Durch die unterschiedlichen Raumhöhen und seine drei großen Aussichtsöffnungen zum Stadtraum erhält dieser Raum seinen besonderen Charakter.

Die Museumsverwaltung befindet sich im Walmgeschoss und wird durch das zweite Treppenhaus sowie eine Anbindung an das Dachgeschoss des Altbaus erschlossen, Der zentrale Besprechungsraum wird räumlich als große „Dachgaube“ und Ausblickfenster ausgebildet. Von hier aus genießen die Mitarbeiter des Museums einen großzügigen freien Ausblick über die Dächer von Fürth.

Die Staffelung der Geschossebenen entsprechend der Nutzungen unterstützt zusätzlich die weit reichende Verbindung mit dem Altbau: weitgehend eben lassen sich die verschiedenen Ebenen anbinden, an einigen Stellen vermitteln kurze Rampen im Zwischenbereich. Vom Alt- zum Neubau wechselt man dabei über kurze Brücken, von denen aus sich Einblicke in den Zwischenraum und auf die nur im minimal notwendigen Rahmen veränderte Altbaufassade eröffnen.



Konstruktion und Fassade

Die massiven Außen- und Innenwände sowie die massiven Decken stellen im hohen Maße Speichermassen bereit, die für ein konstant angenehmes Raumklima sorgen. Durch eine Bauteilaktivierung werden diese Eigenschaften unterstützt. Der Sonderausstellungsbereich ist durch seine Lage im Untergeschoss auf natürliche Weise schon besonders vor Klimaschwankungen geschützt, so dass hier nur im geringen Maße unterstützend klimatisiert werden muss. Die dafür erforderlichen Technikflächen befinden sich in Teilen des Dachgeschosses über der Verwaltung (Lüftungs- und Kältegeräte) sowie im Untergeschoß (Hausanschlüsse, Sanitär- und Heizzentrale). Die kompakte Gebäudestruktur, sinnvoller Einsatz von Fensteröffnungen, massive Konstruktionsweise und sparsame technische Ausrüstung begünstigen einen effizienten und somit wirtschaftlichen Betrieb das Hauses.

Die helle, steinerne Haut zieht sich über alle sichtbaren Außenflächen des Baukörpers und wird durch die Folge der übergeordneten Öffnungen – Eingänge und Ausblickfenster – gegliedert. Auch der kleine Vorplatz und das Dach werden von dieser Materialität umspannt und somit in die Gesamtheit der neuen „Stadtskulptur“ eingebunden. Die großen, außenbündigen Öffnungen ergeben dabei gewissermaßen das Gesicht des Hauses.
Neben diesen großen Öffnungen werden über die Fassade kleinere Fensteröffnungen gleich einer unregelmäßigen Textur verteilt. Diese ermöglichen an allen erforderlichen Stellen die natürliche Belüftung der Räume. In Form gleichseitiger Dreiecke sind sie, einer Keilschrift ähnelnd tief in die Fassade eingeschnitten. An vereinzelten Stellen verdichten sie sich und bilden als Hinweis auf den Inhalt des Gebäudes andeutungsweise Fragmente eines Davidsternes. Außen wie Innen lassen diese dreieckigen Fenster die Kontinuität des Gebäudes erleben.

Mit seiner Geometrie und Fassadengliederung fügt sich der Neubau einerseits harmonisch ins Bild der Altstadt, weist andererseits aber durch seine Materialität und Texturierung deutlich auf seinen besonderen Inhalt hin. Er nimmt gleichermaßen die Traditionen des Ortes auf und präsentiert sich als eine zeitgemäße Institution. Dies entspricht dem Geiste des Museums, das sich sowohl der jahrhundertealten jüdischen Kultur und Tradition in Franken als auch der Gegenwart und Zukunft des Judentums widmet.
Blick in die Bibliothek

Blick in die Bibliothek

äußere Erscheinung

äußere Erscheinung

Grundriss UG - Schnitt B - Ansicht Südost

Grundriss UG - Schnitt B - Ansicht Südost

Grundriss EG - Schnitt A

Grundriss EG - Schnitt A

Grundriss 2.Obergeschoss - Ansicht Südwest

Grundriss 2.Obergeschoss - Ansicht Südwest