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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2008

Städtebaulicher Wettbewerb mit Realisierungteil RWTH Aachen Kernbereich

3. Preis

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Architektur

Planorama Landschaftsarchitektur – Maik Böhmer

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

1. Städtebau
Der Kernbereich der RWTH Aachen stellt sich heute als in Funktion und Struktur sehr heterogenes Gebilde dar. Ausgehend vom Hauptgebäude, der Keimzelle der Hochschule, hat sich der Campus in Richtung Innenstadt und Melaten sukzessive mit der bestehenden Stadt überlagert.

Städtebauliches Ziel des Entwurfes ist die Anbindung der verschiedenen Universitätsquartiere untereinander und deren Verknüpfung mit der Innenstadt. Dabei ist die räumliche Definition der Quartiere durch die Schließung der Randbebauung ebenso wichtig, wie die Schaffung innerer Freiraumstrukturen, die mit unterschiedlicher Aufenthaltsqualität den Passanten eine neue, vom fließenden Verkehr abgewandte Verbindung ermöglichen. Innerhalb dieser Quartiersmittelpunkte und deren Zugängen schafft die Akzentuierung einzelner Gebäude in der Vertikalen eine klare Adressbildung und Orientierung der einzelnen Fakultäten.
Diese Verzahnung neuer Gebäude- und Freiraumstrukturen belebt die zentralen und bisher verstellten und ungenutzten Bereiche des Wettbewerbsgebietes.

Die wichtigste städtebauliche Einzelmaßnahme ist das RWTH-Forum, ein öffentliches Forum mit Mensa, Hörsälen, Veranstaltungs- und Ausstellungsbereichen, welches im Sockelbereich des Hauptgebäudes bis an den Templergraben reicht. Es schafft eine Öffentlichkeit die den Dimensionen des neuen „Campus Templergaben“ gerecht wird, stärkt seinen lebendigen, urbanen Charakter und schafft zugleich, als Kontrast, einen zentralen Grünraum hinter dem Hauptgebäude. Durch diese Maßnahme wird das Hauptgebäude als Adresse und Mittelpunkt der Universität im Stadtraum verankert.

Die historische Stadtstruktur, welche die Universität mit Ihrer Fortsetzung in den Campus Melaten und zum Westbahnhof durchschneidet, wird mit der erneuten Ausprägung des Alleenrings wieder stärker betont und erreicht somit Orientierung und Verortung der angrenzenden Quartiere. Um die Wegeverbindungen zwischen Campus Melaten, Westbahnhof und dem innerstädtischen Bereich der Universität zu stärken, schärfen die Bebauung und die städtebauliche Betonung der Intzestraße durch Straßenbäume den Anschluss an den Pontwall und das Audimax. In diesem Bereich werden die angrenzenden Straßenränder zu einer Einheit ausgebildet, die sowohl das Audimax und die neue Bebauung an der Ecke des Quartiers Turmstraße, als auch den Zugang zur Wüllnerstraße betont. Der zweite bedeutsame Übergang befindet sich zwischen Westbahnhof und Reiff-Quartier entlang der Geschwister-Scholl-Straße. Diese Verbindung war bisher zwar genutzt, aber städtebaulich vernachlässigt worden. Entlang der Geschwister-Scholl-Straße wird der Straßenraum von einer klaren Gebäudekante des Quartiers Intzestraße und einem Grüngürtel entlang des Bahndammes gefasst.
Ein sechsgeschossiges neues Institutsgebäude markiert am Ende der Strasse den Auftakt in die angrenzenden Quartiere ( „Hauptgebäude“ und „Reiff- Museum“).
Die ungebrochene Kette von neuen Quartiersfreiräumen zwischen Annuntiatenbach und Turmstraße soll städtebaulich durch die Neufassung des Quartiers Theresienkirche auch östlich der Wüllner, bzw. Eilfschornsteinstraße erreicht werden. Der Stärkung der fußläufigen Nord-Süd-Verbindungen entspricht die Schärfung der Übergänge zwischen den Freiräumen östlich und westlich der Wüllner- und der Elfschornsteinstrasse.

2. Verkehrskonzept
Der Templergraben wird im Realisierungsbereich des Wettbewerbes verkehrsberuhigt und die Ost-West-Verbindungen zwischen Hauptgebäude der RWTH und der Milchstrasse aufgewertet. Eine deutlich herausgearbeitete Verbindung durch das Quartier Hauptgebäude ermöglicht hier die Zufahrt von der Wüllnerstraße zum Parkhaus im Reiff-Quartier. Da die Schinkelstraße für den fließenden Verkehr gesperrt bleibt, ist das Verkehrsaufkommen auf das Parkhaus beschränkt.

Der ruhende Verkehr, der im Bereich des Quartiers Hauptgebäude ebenfalls reduziert werden sollte, wird durch den Bau des Parkhauses am Bahndamm des Reiff-Quartiers aufgefangen. Neben dem Ausgleich für den Wegfall des Parkstreifens auf der Rückseite des Audimax reduziert das Gebäude auch die Lärmemission der Bahnstrecke. Für Kurzzeitparker und Anwohner bleiben die die Straßen begleitenden Parkmöglichkeiten erhalten. Auf der Rückseite der Bibliothek wird ein neuer Besucherparkplatz den Wegfall der bisherigen ungeordneten Parkplatzsituation am Übergang zum Marienbongard auffangen.
3. Die Quartiere

Quartier Hauptgebäude
Kern dieses zentralen Quartiers wird das RWTH-Forum. Es schafft eine Verbindung von Templergraben, Hauptgebäude und der neuen Mensa. Kontrastierend zu dieser Konzentration zentraler Universitätsbereiche spannt sich auf dem Forum ein großer Grünraum zwischen Hauptgebäude und nördlichem Quartiersplatz auf. Eine neue Straßenverbindung erschließt das Quartier und schließt das benachbarte Quartier Reiff – Museum mit dem neuen Parkhaus direkt an die Wüllnerstraße an.
Die erhöhten Gebäude am Quartiersplatz unterstreichen dessen zentrale Funktion als städtebauliches Gelenk und sind für den Ankommenden ein wichtiger stadträumlicher Bezugspunkt am Eingang zum Quartier.

Quartier Reiff – Museum
Vom Bahnhof Aachen West über die Geschwister-Scholl-Straße kommend, bildet ein architektonischer Hochpunkt den Auftakt des Quartiers, stellt einen Blickbezug zum Republikplatz her und eröffnet einen Platz, der gleichzeitig den nördlichen Eingang ins Quartier Hauptgebäude markiert.
Durch das neue Parkhaus in diesem Quartier und der damit verbundenen Streichung der bestehenden Parkplätze Reiff – Museum und Hauptgebäude wird die Voraussetzung geschaffen, in diesem zentralen Bereich neue stadträumliche Qualitäten zu entwickeln.

Quartier Kármán
Das Kármán Quartier ist bislang nur durch kleine verwinkelte Treppen an den Templergraben angebunden. Im Zuge der Überarbeitung entsteht eine durchgängige Treppenanlage, welche die Höfe des Forums öffnet und zu einer attraktiven Fläche unterhalb des Grabens werden läßt. Vor der Barbarossa Mauer läuft diese Treppe aus. Ein Absatz nimmt die Mauer noch teilweise auf und stärkt so den Objektcharakter der Mauer als eines der wenigen Zeugnisse der mittelalterlichen Stadtmauer. Die umgebende Grünfläche vermittelt den Höhenunterschied zwischen Templergraben und Annuntiatenbach und bietet zugleich Raum für die Wissensvermittlung entlang der Achse der Wissenschaften.
Mit der Kármán-Leinwand wurde die Aufenthaltsqualität des Hofes südlich des Templergrabens wesentlich gesteigert. Die Anbindung über die Treppe und Sitzstufen an den Templergraben erhöht hier den Freizeitwert mit Möglichkeiten für ein Open-Air Kino oder Public-Viewing. Der davor liegende Platz wird durch Stufen horizontal gefasst und so zu einer multifunktionalen Fläche vor der Zuschauertreppe.

Quartier Theresienkirche
Durch einen Neubau an der Eilfschornstraße wird die städtebauliche Kante geschlossen, der neue Grünraum an der Barbarossamauer somit klar gefasst und der Blickbezug zwischen Templergraben / Super C und Dom aufgewertet. Die Blockrandschließungen an Pontstraße und Augustinerbach machen das Quartier nach außen städtischer und kompakter. Die Theresienkirche erhält mehr Freiraum und markiert den Eingang ins Quartier von der Pontstraße. Der umgebende befestigte Platz ist mit Treppen an die hinter der Kirche liegende Grünfläche angebunden. Innerhalb des Quartiers entsteht so ein attraktiver Freiraum, der die universitäre Nutzung der umgebenden Gebäude mit dem öffentlichen Charakter der Kirche verbindet.

Quartier Marienborgard
In diesem Quartier prägt der neue Bibliotheksplatz mit dem Mediengarten einen eigenständigen und attraktiven Ort an der Achse der Wissenschaften aus. Um den Raum vom stark befahrenen Teil des Templergrabens abzuschirmen, aber nicht zu trennen, schiebt sich von der Wüllnerstraße bis zur Bibliothek ein Bücherstapel zwischen den grünen Lesesaal und die Straße. Die Betonelemente sind teilweise mit wichtigen Texten der Wissenschaftsgeschichte Aachens und kulturhistorischen Zeugnissen bedruckt und bilden in ihrer Anordnung Tonräume aus, in denen über Lautsprecher Texte eingespielt werden.
Der dahinter liegende grüne Lesesaal ist eingesenkt und von Sitzstufen umgeben.
Im Norden des Quartiers wird der ehemalige ungeordnete Parkplatz zu einer Grünfläche aufgewertet und der Zugang zum Marienbongard herausgearbeitet. Zugleich führt die Grünfläche die Abfolge der im Quartier Hauptgebäude liegenden Grünflächen nach Osten zur Milchstraße hin fort und betont die für die Universität wichtige Verbindung.


Quartier Intzestraße
Das Quartier Intzestraße wird im Wesentlichen durch drei Blöcke bestimmt, die eine größtenteils heterogene Gebäudestruktur aufweisen. Durch Blockrandschließungen wird die bestehende Stadtstruktur gestärkt und vorhandene Wegebeziehungen aufgewertet.
Im Duktus der anderen Quartiere werden durch vertikale Akzentuierungen einzelner Gebäude Eingänge ausgebildet und Plätze geschärft.
Das Konferenzzentrum zwischen Geschwister – Scholl – Straße und Classenstraße wertet die Verbindung zwischen dem Hauptgebäude und dem Westbahnhof / Campus Melaten entscheidend auf. Die Geschwister – Scholl – Straße wird zu einem funktional und räumlich wichtigen Gelenk zwischen den Bereichen der Universität.

Quartier Turmstraße
Durch den Umzug der Mensa eröffnet sich im Quartier Turmstraße die Möglichkeit die Blockkanten zu schließen und eine stadträumliche Aufwertung des Pontwalls, als Teil des wichtigen Stadtrings, und der Turmstraße zu erreichen. An der Nordseite des Pontwalls wird eine Baumreihe ergänzt und damit der Alleencharakter des Stadtrings wieder hergestellt.


Realisierungsbereich Templergraben
Die Verkehrsberuhigung des Templergrabens bietet die Möglichkeit, die zentralen Bereiche der Universität, das Hauptgebäude, das Super-C und das Kármán Forum zu verbinden und einen neuen Campus zu etablieren.
Dazu werden die Bereiche vor dem Reiff-Museum und seitlich und hinter dem Super-C mit einbezogen, so dass die Gebäude auf einer ganzheitlich gestalteten Platzfläche stehen. Auf diese Weise wird die Verkehrsberuhigung auch optisch erfahrbar, da die starke Ost-West-Linie an dieser Stelle eine prägnante Aufweitung und Anschlüsse in die Quartiere erhält. Die Treppenanlagen zur Ebene des Kármán-Forums und die Zuwegung ins Quartier des Hauptgebäudes öffnen den Raum zum flanieren und schaffen einen repräsentativen Platz im Herzen der Universität. Dabei wird die Weite der Fläche durch den Baumbestand im westlichen Teil und die Großzügigkeit des Ausblicks zur Altstadt und dem Dom im östlichen Bereich differenziert. Der vernetzende Belag aus Betonstreifen und Kleinsteinpflasterfüllungen wird hier der Verbindung des neuen repräsentativen Aachen mit der historischen, europäischen Bedeutung der Stadt gerecht und steht als Metapher für die interdisziplinäre Vernetzung der Wissenschaften. Am Übergang der alten Stadtmauer in die neuen Universitätsbereiche verzahnen sich historische und zeitgenössische Materialien zu einem raumbildenden Kontinuum. Die Möblierung der Fläche mit breiten Bänken, die beidseitig nutzbar sind, erwächst aus den Sitzstufen der Treppen und verteilt sich über den Platz. Dem zurückhaltenden Einsatz von Stadtmöbeln entspricht auch die Gestaltung der Bushaltestellen, die als transparente, glasgefüllte Bügel die Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs markieren. Homogen verteilt ist auch die Beleuchtung von vier Hauptmasten, deren Scheinwerfer die wichtigsten Raumbezüge inszenieren. Die Leuchten selbst werden zu Objekten auf der Platzfläche. Durch ihre Streuung wirken sie der Linearität einer straßenbezogenen Beleuchtung, wie sie entlang der niedrigen Borde zu finden ist entgegen.

Um der Bedeutung und den Dimensionen dieses Platzes gerecht zu werden, werden mit dem RWTH-Forum, welches im Sockelbereich des Hauptgebäudes bis an den Campus- Templergraben reicht, und der Mensa weitere zentrale Einrichtungen hierher verlegt. So kann der Campus zu einem lebendigen, quirligen, studentischem Raum mitten in der Stadt werden.