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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2008

"Forum Vogelsang"

1. Preis

SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH

Landschaftsarchitektur

Mola + Winkelmüller Architekten GmbH BDA

Architektur

Erläuterungstext

Inlays und Interventionen


Idee
Ein historisch belasteter Ort wird offensiv aber verantwortungsbewusst in die öffentliche Nutzung genommen. Baulich und strukturell wird dieser Transformationsprozess begleitet und sichtbar gemacht. In die geschichtlichen Strukturen werden markante Interventionen und Füllformen eingebracht.

Forum Vogelsang.
Der engere Planungsbereich
Die NS Ordensburg Vogelsang ist als historischer Ort in seiner einmaligen landschaftlichen Lage und als Zeugnis der menschenverachtenden Ideologie des Nationalsozialismus ein beeindruckender und gleichzeitig beklemmender Ort. Die allgegenwärtige Geschichte des Gebäudeensembles darf weder überdeckt noch banalisiert, der ideologische Gehalt der Architektur nicht neutralisiert werden.
Das Konzept des architektonischen Entwurfs basiert folglich auf dem Einsetzen präzise geformter Inlays, welche in den Gebäudekörpern die neuen Funktionen bergen. Dabei handelt es sich um Einsätze, die lesbar aus unserer heutigen Zeit stammen und im Kontrast zu der alten Gebäudehülle stehen. Sie bilden einen neutralen Hintergrund für die neuen Nutzungen, insbesondere für die Ausstellungen.

Entsprechend Ihrer Funktionen handelt es sich bei den Inlays für die Ausstellungsbereiche um leichte, autarke Körper, die sowohl als Hintergrund als auch als Ausstellungssystem und mediale Screens dienen. An einigen Stellen durchschneiden sie die alte Gebäudehülle und erlauben neue Blickwinkel in das Gebäudeinnere und auf den umgebenden Naturpark. Durch diese Einschnitte entsteht auch von außen der Bezug zur heutigen Zeit.
Im Adlerhof wird das neue Herzstück der Anlage, das Besucherzentrum, eingesetzt.
Hier erhält man die Informationen für und die Orientierung innerhalb der Anlage. Es steht in Sichtbeziehung zu der NS-Dokumentation und dem Restaurant und leitet die Besucher auf die darunter befindlichen Ausstellungsbereiche.
Als Verteilerebene dient die Wechselausstellung, von der aus man die regionalgeschichtliche Ausstellung zur einen und das Nationalparkzentrum zur anderen Seite betritt. Die Ausstellungskörper als Inlays nehmen den Besucher durch klar definierte Zugänge auf und leiten ihn durch das historische Gebäudeensemble, welches an einigen Stellen bewusst durchbrochen wird, um Ausblicke zu schaffen, eine besuchergerechte Erschließung zu gewährleisten und Positionen zu beziehen.


Park_plateau
Für das Plateau wird eine freiräumliche Intervention vorgeschlagen, die der Gesamtanlage ein strukturelles und ideelles Gravitationszentrum gibt. Wo für das monumentale „Haus des Wissens“ bereits die massive Überformung des Geländes begonnen wurde, erfolgt die Einschreibung einer ordnenden landschaftlichen Struktur die zum Verständnis der Gesamtanlage beiträgt. Das Haus van Dooren wird hierfür zurückgebaut, die Sockelmauern aus der ursprünglichen Geländekonzeption aber in die Modellierung einbezogen. Es entsteht eine hochgelegene Terrassensituation die ein Panorama über Landschaft und bauliche Anlagen ermöglicht.
In der Mitte der vorgeprägten Großform entsteht ein lichter Buchenhain. Er stellt eine landschaftsarchitektonische Umsetzung der natürlichen Buchenwälder dar, die den Nationalpark Eifel prägen und in Zukunft noch intensiver prägen sollen. Im Mittelpunkt des iP Vogelsang steht damit ein eher stiller, zurückgezogener Ort. Der ursprünglichen Transformation eines Naturraums in ein Landschaftsbauwerk folgt nun eine neuerliche Transformation zu einer menschengeschaffenen Natur der dritten Art.

Netzwerk Nationalparke
Der Buchenhain wird von einem passepartout-artigen Wegerahmen gefasst, der als Rundweg und Verteiler funktioniert. Gleichzeitig passiert der Besucher damit eine Wechselausstellung im Freiraum, die sich dem weltweiten Phänomen der Nationalparke widmet. Der Nationalpark Eifel wird als Knotenpunkt im Netzwerk der über 2.200 Nationalparke weltweit präsentiert. In ihrer Gesamtheit stehen sie für das kollektive Naturerbe des Planeten. Die Sensibilität hierfür soll gestärkt werden. Jeweils für ein Jahr wird eine Gruppe von Nationalparken auf dem Plateau in mobilen Ausstellungsträgen (Fokus_park) präsentiert, die Fokusse jeweils auf die geografische Lage des Partnerparks ausgerichtet.

Neue Erschließungen
Der Besucherparkplatz bleibt mit geringfügigen Umformungen erhalten, seine Ausrichtung nach Norden wird dabei gestärkt. Ein neuer Parkweg verknüpft auf kürzestem Weg den Stellplatz mit dem Veranstaltungsschwerpunkt im belgischen Kino und dem Adlerhof. An mehreren Stellen kann in den Ringweg um den Buchenhain eingefädelt werden.
Der Vorbereich des Adlerhofes und damit die räumliche Beziehung zwischen Parkplateau und Adlerhof werden von Erschließungsanlagen entlastet. Fahrstraßen soweit als möglich zurückgebaut. Die Vorfahrt für Busse, die Behinderten- und Fahrradstellplätze werden vor den Ostflügel verlagert. Der landschaftliche Charakter vor der Eingangsseite nimmt zu, der Erschließung für die Fußgänger dienen zurückhaltend dimensionierte Betonbahnen mit Rampen und Treppenanlagen.
Das erprobte didaktische System der Rundgänge wird grundsätzlich erhalten und ausgebaut jedoch an die neuen Einstiegspunkte am Besucherzentrum und der Parkterrasse angebunden.


Architektur
Im Kontrast und Dialog mit dem Bestand werden Inlays in die Gebäudekörper eingefügt, die die neuen Funktionen begleiten und umkleiden. Der bestehende Raum wird von temporären Einbauten befreit, die räumliche Intervention als deutlich fremdes Element ausformuliert. Die leichten, autarken Körper stellen lesbar eine neue zeitgenössische Schicht dar und dienen in systematischer Wechselbeziehung entsprechend ihrer Funktion als Träger, Mobiliar und neutraler Hintergrund.
An einigen Stellen durchschneiden sie die geschichtlichen Strukturen der alten Gebäudehülle und erlauben als markante Interventionen in der Fassade unterschiedliche Blicke auf den umgebenden Naturpark. Durch diese Schnitte und Füllungen wird auch von außen der Hinweis auf neue Zusammenhänge gegeben.
Der Flügelanlage des Adlerhofes als prägnantes räumliches Merkmal des Bestandes folgt die Anordnung des Programms. Das offene Raumkontinuum auf der Ebene des Adlerhofes wird als öffentliche Zone gestärkt. Als Raumfolge aus Gastronomie im Westflügel mit der Außengastronomie in Richtung des Urftsees, der offenen Wandelhalle und dem Seminar- und Veranstaltungsbereich im Ostflügel ist das Kontinuum vom panoramaartigen Blick in die Landschaft geprägt.
Im Adlerhof stellt sich das Besucherzentrum als opaker Körper dar, der sich dynamisch aus dem Sockelgeschoss entwickelt und damit den funktionalen Zusammenhang mit dem Ausstellungsbereich definiert. Die Eingangsebene bietet dem Besucher Information und Orientierung zur Anlage und leitet den Besucher auf die im Sockelgeschoss liegenden Ausstellungsbereiche.
Die Wechselausstellung ist ein neutraler, geebneter Raum großer Flexibilität. Von hier orientiert sich der Besucher zu den Ausstellungsbereichen der Regionalgeschichte bzw. des Nationalparkzentrums.
Als fast völlig geschlossene Form zieht sich der Körper der Regionalausstellung von hier aus über drei Ebenen nach unten. Fokussiert kann der Besucher an zwei Punkten nach außen blicken, indem das Inlay den Bestand durchstößt und eine Außenbeziehung ermöglicht. Hier zeigt sich die Ausstellung in einzelnen markanten baulichen Maßnahmen in der Fassade. In dem Raum zwischen Ausstellungskörper und Bestand wird ein Distanzraum aufgebaut, der nicht nur zum Übergang von einer Ebene in die andere dient, sondern auch der kritischen Reflexion.
In Anlehnung und Kontinuität mit der umgebenden Landschaft erwartet den Besucher des Nationalparkzentrums ein topographisch bewegter Rundgang durch Räume unterschiedlicher Qualität. Die Durchdringung der Bestandsfassade wird in diesem Bereich als horizontale Fuge ausgebildet und thematisiert so den weit schweifenden Blick auf das vorhandene landschaftliche Panorama. Ergänzt wird das Nationalparkzentrum durch die Überdachung des Innenhofes und einen dezenten Anbau im Osten der Anlage.
Im Bereich der NS-Dokumentation wird der Baukörper selbst zum Exponat. Daher entfällt das Einstellen des Inlays, der Besucher betritt hier den authentischen Ort und wird unmittelbar mit der Geschichte konfrontiert.