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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2009

Neubau des NS-Dokumentationszentrums an der Brienner Straße

Sonderpreis

BHBVT Gesellschaft von Architekten mbH Berlin: Haberer Vennes Jaeger

Architektur

BERNARD UND SATTLER Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Konzeption

Städtebaulich wird das Umfeld des künftigen Dokumentationszentrums dominiert von massigen, hermetisch wirkenden Architekturen sowie dichten Gehölzstrukturen.
Der Neubau des Dokumentationszentrums soll einen deutlichen Bruch mit der Geschichte des Standortes kenntlich machen. Darauf bauend ist Kernidee dieser Arbeit, einen deutlich anderen Ort innerhalb der gegebenen städtebaulichen Struktur zu errichten.

Die Verfasser schlagen vor, den Neubau des NS-Dokumentationszentrums nicht in der Kubatur des ehemaligen „Braunen Hauses“ wieder zu errichten, sondern vielmehr eine Leerstelle im Stadtkörper sichtbar zu belassen. Da die Planungen des Nationalsozialismus im Bereich des Königsplatzes bis in die heutige Zeit fortwirken, erscheint eine reine Rückkehr zum ursprünglichen städtebaulichen Konzept von Karl von Fischer als unmöglich. Der vorgeschlagene Entwurf bildet ein Gegengewicht zu den beiden Troostbauten, ohne dazu jedoch dessen Massivität zu bedürfen. Einen Ort, der sich mit selbstbewusster Offenheit in den Kontext des Bestehenden einfügt, Vorgefundenes nicht kaschiert sondern offensive Sichtbeziehungen in den umgebenden Außenraum und die historische Topografie anbietet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Wie kann ein NS Dokumentationszentrum in diesem Umfeld aussehen? Das Konzept überrascht und beeindruckt mit der sehr speziellen und eigenständigen Idee, das Palais Barlow, das "Braune Haus", als Leerstelle im Stadtgefüge sichtbar zu machen und durch die Absenkung eines tiefen Hofes auf den authentischen Ort zu verweisen. Die Hauptbaumasse wird in 3 Untergeschossen um einen zweigeschossigen Innenhof organisiert; oberirdisch sichtbar bleibt lediglich ein gläserner Pavillon auf der Eingangsebene.
Dieser bewusste Verzicht auf sichtbare Baumasse, dieses bewusste Freihalten, steht als Kontrapunkt zur umgebenden Bebauung und zeigt das andere Verständnis unserer heutigen Baukultur. Es erscheint vordergründig, wird aber kontrovers diskutiert, ob diese Haltung auch als unterirdisches Verstecken der schrecklichen Vergangenheit interpretiert werden könnte, ob der Umgang mit dem Volumen des "Braunen Hauses" nicht zu einer fast sakrale Erhöhung desselben führen würde und ob letztlich der oberirdische Pavillon nicht zu schwach wirken würde, zu provisorisch.
Entlang der Brienner Straße wird ein Informations- und Übergangsbereich mit gläsernen Ausstellungsstelen vorgelagert, der bereits hier auf die Inhalte des Gebäudes hinweisen und somit Interesse erwecken soll. Dies und die großzügigen Einblicke in den Hof, ohne die Schwelle eines Gebäudes übertreten zu müssen, machen gerade auf der Fußgängerebene die hohe Präsenz des NS Dokumentationszentrums im Stadtraum aus - auch ohne große Baumasse.
Eine wohlproportionierte Treppenanlage führt vom Eingangspavillon hinein und hinunter in die Ausstellungsflächen und Nutzungsbereiche, verknüpft so Innen und Außen und schafft einen angenehmen Erlebnisraum, der den Charakter des ‚In-den-Keller-Steigen' verhindert. Ob allerdings die Glasfassade und die Glasdecke des Hofes diesen Raum atmosphärisch aufwerten können, ist nicht belegt. Aber die Transparenz und Offenheit dieses Konzepts macht gerade den bewussten Gegensatz zur umgebenden Bebauung deutlich. Die Offenlegung des authentischen Ortes könnte ein sehr effektiver Beitrag zum historisch-politischen Lernen sein.
Hervorzuheben ist die Einbeziehung des gesamtheitlichen Außenbereiches mit den topologischen Charakteristika in das Ausstellungskonzept.
Die Funktionsflächen sind insgesamt zu klein. Zwar wird für die Dauerausstellung im 3. UG ein umfassender Raum vorgesehen, dies geht aber auf Kosten aller weiteren Funktionsbereiche (mit Ausnahme des Foyers). Die Unterbringung der wesentlichen Funktionen in den Untergeschossen ermöglicht dort keine topographischen Sichtbeziehungen. Seminar-, Lern- und Verwaltungsbereich werden in engen, nicht multifunktional nutzbaren "Schläuchen" angeordnet. Die Aufenthaltsqualität in diesen Räumlichkeiten, auch durch die Lichtführung über die Leerstelle, ist eingeschränkt. Die Nutzung durch Gruppen sowie bei großem Besucheraufkommen erleidet hierdurch deutliche Einschränkungen. Der Veranstaltungsraum ist eine "Black Box", bei der für externe und Abendnutzungen keine separate Zugänglichkeit besteht.
Die Arbeit weist die höchsten Investitions- und Unterhaltskosten auf. Die Kostenobergrenze wird überschritten. Durch den großen Rauminhalt und den hohen Hüllflächenanteil ist ein hoher Primärenergiebedarf zu erwarten. Der Aufwand für Verbau und Auftriebssicherung sowie den Tiefhof mit Glasdach (Unterhalt) sind sehr hoch.
Abb. Busmann + Haberer

Abb. Busmann + Haberer

Abb. Busmann + Haberer

Abb. Busmann + Haberer

Abb. Busmann + Haberer

Abb. Busmann + Haberer

Abb. Busmann + Haberer

Abb. Busmann + Haberer