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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2009

Neubau des NS-Dokumentationszentrums an der Brienner Straße

2. Rundgang

Eller + Eller Architekten

Architektur

Erläuterungstext

NS-Dokumentationszentrum München


PROGRAMM

Die Nutzungsbereiche haben unterschiedliche Anforderungen: Einerseits abgedunkelte, hohe Räume mit möglichst freien Grundrissen für die Ausstellung, andererseits offene, natürlich belichtete Räume mit starkem Aussenbezug für Foyer, Büro, Seminarbereich. Beide Programmschwerpunkte werden miteinander verwoben, so dass thematische Querverbindungen und Sichtbezüge jederzeit möglich sind. Das Raumprogramm beschreibt eine maximale Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Kubatur, inklusive des Untergeschosses.
Das Anordnen der einzelnen Programmschwerpunkte führt zu keiner Auseinandersetzung;
Seminar und Ausstellung können sich nicht gegenseitig befruchten.
Erst durch ein Verweben der einzelnen Programme entsteht ein symbiotischer Dialog; Sichtbezüge, Querverweise, Gruppenarbeit sind möglich.
Die Raumabfolge der Ausstellung schraubt sich wechselseitig nach oben und endet im Cafébereich, wo man neben dem Ausblick auch den angrenzenden Lesebereich zur Vertiefung nutzt.


VOLUMEN UND ERSCHEINUNG

Die Baumasse des Entwurfs orientiert sich an den Grenzen der maximal überbaubaren Fläche, die Höhe wird durch die Traufhöhe des ehemaligen Palais Barlow bestimmt.
Dieses Volumen wird in drei Schichten aufgeteilt, deren Höhe sich aus den Anforderungen an die Ausstellungsflächen ergibt. Diese Schichten werden gegeneinander verschoben, wobei jede Schicht mit mindestens einer seiner Seiten den tatsächlichen (historischen) Grundriss des Braunen Hauses markiert. Dadurch ist sowohl die Programmverflechtung als auch eine sequentielle Erschliessung der Ausstellungsebenen möglich.
Die entstehenden Terrassen, die dem Café zugeordnet werden, machen den bedeutsamen Kontext erlebbar. Durch das Verschieben wird die notwendige Auseinandersetzung zwischen Ausstellung und Vertiefungsbereichen verstärkt.

Den hohen, geschlossenen Ausstellungsbereichen werden wechselseitig doppelgeschossige, nach aussen hin offene Bereiche der nicht rein musealen Funktionen gegenübergestellt.
Durch das räumliche Verweben von Volumen und Funktionen wird so auch die
programmatische Ergänzung und Verschränkung der einzelnen Bereiche unterstrichen. Die wechselseitige Anordung der Ausstellungsbereiche ermöglicht zudem einen inszenierten Ausstellungsweg: Der Besucher wird geführt, ein gewollter Leitfaden kann verfolgt werden, erlaubt aber auch visuelle Querbezüge. Gleichzeitig bietet ein Lichthof einen zentralen Mittelpunkt, der zwischen den einzelnen Erlebnisebenen Raum zur Reflektion und Nachbereitung lässt - bevor die nächste Thematik erschlossen wird. Um ihn herum sind Sitzstufen angeordnet, wo nach Besuch der jeweiligen Ausstellungsetage, beispielsweise für Schulklassen eine weitergehende Erläuterung gegeben werden kann. Jede Ebene kann so vom Besucher unmittelbar reflektiert und ’verarbeitet’ werden. Vertiefende Foto- und Filminformation kann über den Lichthof hinweg auf die Bürorückwand des gegenüberliegenden Traktes projeziert werden, so dass die Stufen gleichzeitig sowohl als Verweilfläche aber auch als Zuschauer’Rang’ genutzt werden können.
Durch das Verschränken der Ausstellungsbereiche und das Versetzen der Deckenöffnungen
sind auch Ausblicke innerhalb der Ausstellung möglich. Die Raumabfolge der Ausstellung beginnt im Foyer (bzw. für Sonderausstellungen im UG). Von dort schraubt sie sich dann wechselseitig nach oben und endet schliesslich im Cafebereich, wo man sowohl den Ausblick auf den Königsplatz hat als auch die Möglichkeit, sich im direkt angrenzenden Lesebereich weiter mit dem Thema auseinanderzusetzen. Die offene, freundliche Atmosphäre der Vertiefungsbereiche ist von besonderer Bedeutung, da die Ausstellung aufgrund der behandelten Thematik eher bedrückend wirken wird.


AUSSENRAUM

Die Beziehung zwischen Neubau und dem nördlichen Ehrentempel wird durch die Behandlung des Bodenbelags unterstrichen: Ein Steinbelag, der sich an dem Material der Podestüberreste orientiert, zieht sich bis ins Foyer hinein und verbindet dabei den Aussenbereich mit dem Innenraum. Der Stein wird streifenartig verlegt, wobei die Streifen durch Metallfugen voneinander getrennt sind, um dem steinernen, archaischem Material einen modernen Werkstoff entgegenzusetzen, der die monolithische Erscheinung aufbricht.
Aus den Streifen wachsen massive Steinbänke hervor, die die Funktion als Ankunftsbereich unterstreichen sollen; aus den Metallfugen schieben sich transparente Scheiben heraus, die als Flächen für eine Erstinformation dienen und den Aussenbereich als Station desThemen-Geschichts-Pfads kennzeichnen. Alle Elemente der Platzgestaltung sind so angeordnet, dass eine problemlose Anlieferung für die Musikhochschule gewährleistet ist. Die einzige Veränderung der Ehrentempel ist die Freimachung der Sockelstufen von Bewuchs, um diese als architektonisches Relikt wieder sichtbar zu machen.

Das Gebäude tritt aus der Entfernung als massives Volumen in Erscheinung. Bei Annäherung ändert sich dieser Eindruck: Die Wände lösen sich zu einer Lamellenstruktur auf, die als zweite
Schicht über transparenten oder opaken Fassadenbereichen liegt. Die Längsseiten des Seminarbereichs, der Büros und des Foyers sind großflächig verglast, um einen maximalen Aussenbezug zu ermöglichen. Die Lamellenfassade besteht aus unglasierten, keramischen Stäben in einer neutralen, hellen Farbgebung und hebt sich von dem schweren, steinernen Erscheinungsbild des Führerbaus deutlich ab. Der statischen Schwere der nationalsozialistischen Architektur wird so ein lebhaftes, schwebendes und zeitgemässes Material gegenübergestellt, das auch eine haptische Qualität beinhaltet.
Im Innenraum werden die Stäbe in transparenten Bereichen zum Sonnenschutz, der aber immer neue Durchblicke zum historischen Kontext erlaubt. Wie durch einen Filter wird der Blick auf die Geschichte mit einer aktuellen Sprache überlagert.