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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2008

Hochschule Mittweida (FH), Neubau Zentrum für Medien und Soziale Arbeit

Ankauf

Bruno Fioretti Marquez

Architektur

Buro Happold

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Standort
Mittweida liegt in der Mitte der mittelsächsischen Hügellandschaft und ist von den drei Landschaftsschutzgebieten Talsperre Kriebstein, Mittweidaer Zschopautal und Mittleres Zschopautal umgeben.
Die Stadt ist durch die kleinstädtische Atmosphäre und den beeindruckende umliegenden Naturraum geprägt.
Die überwiegende geschlossene Bauweise im Bereich des alten Stadtkerns löst sich am Rand in eine lockere und offenere Bauweise auf.
Die entspannte und gleichzeitig konzentrierte Stimmung des Hochschul-Campus von Mittweida reflektiert den Charakter der Stadt. Abseits der großstädtischen Hektik finden die Studenten hier Ruhe und Zeit zum Lernen.

Als Standort für das neue Zentrum für Medien und Soziale Arbeit ist die ehemalige Löwenbrauerei vorgesehen.
Das nach Süden ansteigende Gründstück liegt in unmittelbarer Nähe zum Campusgelände.

Die bestehenden Gebäude erweisen sich nach einer näheren Betrachtung als unzulänglich für die aktuellen Anforderungen einer modernen Hochschule. Nur mit sehr massiven Eingriffen in die Kleinteiligkeit der Bausubstanz ließen sich großzügige und wohlproportionierte Räume erzielen.
Das Projekt schlägt vor, eine neue Anlage zu errichten, die dem Anspruch einer zeitgemäßen Bildungseinrichtung gerecht werden kann.

Topografie
Das Projekt thematisiert die Verflechtung von städtischen und landschaftlichen Strukturen als den spezifischen Charakter des Ortes.
Die Entwurfsideen für das Gebäude und für die Außenanlage sind Bestandteile eines einzigen Konzepts.
Die Anlage präsentiert sich als ein hybrides Bauwerk, ein Mischling aus einer Art Landschaftsbau und einem architektonischen Baukörper.

In einem eingeschossigen Sockel sind Labore, Werkstätten und Lager des Fachbereichs Medien untergebracht.
Die Aufstellung dieser Räume auf einer einzigen Ebene erlaubt einen optimalen Austausch zwischen den verschiedenen Studienausrichtungen, die in vier Bänder aufgeteilt sind.

Vier Foyers am Ende der Bänder sind entlang einer diagonal laufenden Achse mit einander verbunden; diese großzügig belichteten Räume dienen als Treffpunkt und bilden die Haupterschließung dieses Geschosses.

Verschiedene Patios bringen natürliches Licht ins Erdgeschoss und bieten bei schönen Wetter Arbeitsräume im Freien. Die zwei verschieden geneigten Geländeverläufe, eine flachere Neigung auf der östlichen Seite des Gelände und eine steilere auf der westlichen Seite, werden respektiv für den Boden und für die Decke übernommen. Es entstehen zunehmende hohe Räume, die den Anforderungen der jeweiligen Bereiche (interaktive Medien, Print, Hörfunk, Fernsehen) entsprechen.

Ein Park
Die dichte begrünte landschaftliche Ebene über dem Sockel schafft einen neuen Park für die Stadt.
Der fußläufige Parkdurchgang verbindet die Schiller Strasse mit der Bahnhofstrasse und fügt das neue Campusgelände in das Wegenetz der Stadt ein.
Auf der so entstandenen grünen Wiese sind fünf dreigeschossige gläserne Pavillons für Lehre- und Personalräume angeordnet.
Die räumliche Organisation des Programms für die neue Hochschule erzeugt eine Polarität; während auf den oberen Ebenen mit dem Blick auf dem Park die theoretische Vermittlung stattfindet, befindet sich auf der Sockelebene die interdisziplinäre Praxis in direkten Bezug zu den Patios.

Stadteingang
Eine gepflasterter Vorplatz und ein gläserner Riegel mit Seminargebäuden bilden den nördlichen Abschluss der Anlage an der Bahnhofstrasse und den Zugang zur neuen Bildungseinrichtung.
Eine sanft ansteigende Freitreppe leitet zur Parkanlage in den inneren Bereich des Gründstücks.

Parkplätze
Die Parkplätze sind auf dem östlichen Bereich an Stelle der bestehenden Strasse ebenerdig aufgestellt.
Ein wassergebundener Belag wird mit Bäumen bepflanzt und schafft eine Beziehung dieser Fläche mit dem unmittelbar angrenzenden neu geschaffenen Park.
Die Anlieferung für das Fernsehensstudio erfolgt unmittelbar über die Schillerstrasse.

Tragwerk
Der Tragwerksentwurf unterstützt das architektonische Konzept, indem die Gebäudegeometrie für die statischen Anforderungen genutzt werden.
Raumhöhe Metallfachwerkträger definieren vierzehn so genannte „Körbe“ und tragen die Decke des Sockelgeschosses.
Die Körbe umschließen sowohl die Höfe wie auch die großen Seminarräume unter den gläsernen Baukörpern.
Die Decke selbst ist als eine Stahlbetondecke ausgebildet, die auf einem Stahl- oder Stahlbeton-Gitterrost getragen wird.
Innerhalb dieses Gitterrosts ist auch die Haustechnik untergebracht.
Der Gitterrost erlaubt es, die Spannweiten mit bis zu 15m zwischen den Fachwerkträgern effizient und wirtschaftlich zu entwerfen. Gleichzeitig ergibt sich dadurch eine flexible Technikzone, die Haus- und Medientechnik und die zukünftige Entwicklungen im Haus leicht aufnehmen kann.
Zwischen den „Körben“ entstehen stützenfreie Räume, die mit leichten, zum Teil transparenten Trennwänden flexibel teilbar sind.
Die Geschosse der Pavillons werden als „open space“ geplant:
Die Decken sind zwischen den Außenwänden eingespannt, es entstehen großflächige Büro- oder Seminarräume ohne innere Stützen. Die Aussteifung und Stabilität wird durch die umlaufenden Rahmen in den Außenwänden erreicht.
Die Pavillons sind mit Glas verkleidet.
Eine breite Fuge zwischen der unteren Kante der Betondecke und der oberen Kante der Wiese leitet das Licht in die Hörsäle, die sich jeweils unter den villenartigen Baukörpern befinden.
Die Fundamente werden als Bohrpfähle oder als Flachgründung entworfen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Leitgedanke der Verfasser ist der Binnencampus im Grünen, gebildet von locker verteilten
Pavillonbauten auf einer grünen Wiese. Ermöglicht wird dies durch ein die Topographie
aufnehmendes großes Basisgeschoss mit begehbarem Gründach. Interessant ist das Spiel
zwischen den herausragenden kristallinen Baukörpern und in das Basisgeschoss eingestanzten
Patios. Die Pavillonbauten unterscheiden sich in ihrer Kubatur, sind aber nach gleichem Prinzip mit
Sockel und Vollgeschossfassade konzipiert und wirken daher eher beliebig. Die Orientierung im
Basisgeschoss ist trotz der vorgeschlagenen Foyerräume entlang der Westfassade schwierig, da
das komplexe Flursystem nur schwer zu erfahren ist. Die über das gesamte Basisgeschoss
verteilten Seminarräume sind ungünstig und bringen viel Unruhe in das gesamte Haus.
Architektonisch wie funktional nicht überzeugend ist die schematische Grundrissgestaltung der
aufgehenden Pavillionbauten mit einem hohen Verkehrs- und Hüllflächenanteil. Die Erschließung
des Fernsehstudios ist zwar nachgewiesen, aber nur mit einem Lastenaufzug möglich, womit
große Kulissen nicht transportierbar sind. Die Anordnung der Druckerei mitten im Gebäude ist
wegen der Emissionen und Transportwege problematisch. Als nachteilig eingeschätzt wird auch
die Verteilung des Fernsehbereichs auf mehreren Etagen.
Zum Energiekonzept finden sich keine Angaben, die ausgewiesenen Funktionsflächen sind
eindeutig zu gering. Die Kennwerte für die Wirtschaftlichkeit lasse grundsätzlich eine
wirtschaftliche Realisierung erwarten, wenngleich die Verkehrsfläche weit über den Richtwerten
liegt. Positiv hervorzuheben ist der Nachweis der Stellplätze in oberirdischer Anordnung.
Der Entwurf fasziniert durch seine unkonventionelle und konsequent durchgehaltene
Herangehensweise, die allerdings durch eine Reihe funktionaler Mängel erkauft wird.