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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2008

Neubau Mensa und Speisenversorgung Greifswald am Berthold-Beitz-Platz

3. Preis

Preisgeld: 11.000 EUR

ppp architekten + stadtplaner

Architektur

Kolb Planung GmbH & Co.KG

TGA-Fachplanung

KMG Ingenieurgesellschaft für Gebäude- und Versorgungstechnik

TGA-Fachplanung

ANDRESEN LANDSCHAFTSARCHITEKTEN

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitbild
Der Neubau der Mensa ist als einladender öffentlicher Raum am zentralen Campus der Ernst Moritz Arndt Universität geplant. Das gemeinsam eingenommene Mittagessen ist wichtiges kommunikatives und soziales Ereignis. Es soll in heller freundlicher Atmosphäre mit Blick auf Campus und Wasserfläche mit der Ausrichtung nach Südosten stattfinden. Dafür wird ein transparenter gläserner Baukörper vorgeschlagen, der von einem tischartigen von Zweigelenkrahmen getragenen Dach beschirmt wird. Rahmen und Dach sind in weißem Sichtbeton konzipiert. Ein steinerner Baukörper bildet den räumlichen Rücken des Baus. Für dessen Fassade ist ein anthrazitfarbenes Ziegelmauerwerk mit farbigen Einschlüssen vorgesehen. Das Arkadenmotiv der Pfeiler und der dunkle Rücken bilden eine Spange die den Berthold-Beitz Platz und den Haupteingang des Universitätsklinikums miteinander verbinden. Bibliothek, zukünftiger Audimax und das Klinikum bilden so auf selbstverständliche Weise eine räumliche Einheit am zentralen Campus der Universität.

Städtebau
Der langgestreckte Baukörper orientiert sich an dem Kreuz aus historischer Achse und in Nord Süd verlaufender Fußwegeverbindung. Er bildet mit seiner Arkade eine klare Raumkante gegenüber der gegliederten vor- und zurückspringenden Baumasse des Klinikums aus.

Architektonisches Konzept
Der zweigeschossig organisierte Küchentrakt nimmt zu ebener Erde Anlieferung, Lager, Produktion und Ausgabe auf. Im Untergeschoß befindet sich der über eine Böschung natürlich belichtete Bereich der Patientenversorgung. Speisesaal der Mensa, Cafeteria und Restaurant liegen in dem transparenten zweigeschossigen Saalbaukörper mit starken Bezügen in den Außenraum. Alle drei gastronomischen Einrichtungen verfügen über Sitzplätze auf der Galerie, die sich nach Westen auf dem Dach des steinernen Küchenbaukörpers befindet und die sich zum Dachgarten hin orientiert. Zur saisonalen Verkleinerung des Platzangebots lassen sich die Galerieplätze leicht von den erdgeschossigen Flächen abtrennen. Raumvolumen und Proportion ermöglichen natürliche Belichtung und Belüftung des gesamten Gästebereichs. Eingestellte Körper mit transluzenten Fassaden gliedern das Volumen. Sie beinhalten die Aufgänge auf die Galerien, Verkaufsräume für externe Anbieter sowie den Konferenzraum, der durch das Restaurant betrieben wird.

Freiraum
Berthold-Beitz Platz und Vorplatz des Klinikums werden zu einer großzügig gegliederten Platzfläche verwoben. Beide Plätze bilden so ein zusammenhängendes Raumkontinuum, das seine räumliche Spannung durch das Gegenüber aus Mensa und der gegliederten Baumasse des Klinikums erhält. Der Berthold-Beitz Platz erhält durch die umgebenden Baukörper eine räumliche Fassung und erfährt durch das Achsenkreuz eine starke Zentrierung. Über Stufen terrassiert öffnet sich der Speisesaal mit Sitzmöglichkeiten auf die Platzfläche. Der Vorplatz am Haupteingang des Klinikums gliedert sich in eine dreieckige auf den Haupteingang des Klinikums ausgerichtete Fläche. Der Südgiebel der Mensa und der baumüberstandene Parkplatz bilden seine Begrenzung. Das Restaurant verfügt über Sitzplätze auf der südlich vorgelagerten Platzfläche. Die Cafeteria verfügt über Sitzplätze im Freien, an der aufgeweiteten Platzfläche zwischen Klinik, Wasserfläche und Arkade. Runde Sitzinseln über den Freiraum verteilt schaffen ein zusätzliches Angebot zum Aufenthalt im öffentlichen Raum. Die Anlieferung erfolgt von Süden auf den abgeschirmten Wirtschaftshof mit Laderampe und Müllunterstand. Großkronige Trauerweiden sind als grüne Solitäre frei auf den Platz gestellt und gliedern die Fläche. Ein locker gestellter Ahornhain bestimmt den westlichen grünen Teil des Grundstücks sowie die Parkplatzfläche am Haupteingang des Klinikums. Der Dachgarten mit seinen linearen Kräuterbeeten dient dem Galeriebesucher als Augenweide, den Köchen als Kräuterbeet.

Materialität
Der Kontrast des massiven steinernen Baukörpers und des transparenten Daches verstärkt sich durch die Farbigkeit des dunkelgrauen Ziegels und der Struktur aus weißem Beton. Die eingestellten Baukörper bestehen aus vertikalen Holzkonstruktionen die mit satiniertem Glas bekleidet und hinterleuchtet sind. Schiebetore aus unbehandeltem Lärchenholz und Bänke und Tische des gleichen Materials stellen die signifikanten Materialien des Ausbaus. Aus schichtverleimtem Holz bestehen auch die unter Dach befindlichen Sonnenschutzlamellen der Südostfassade. Der helle Steinfußboden setzt sich im Pflasterbelag des Platzes fort.

Energiekonzept
Energetisches Ziel ist die Entwicklung eines energieeffizienten Gebäudes, das die Anforderungen der derzeit gültigen EnEV unterschreitet und für eine langfristig angelegte wirtschaftliche Nutzung ausgelegt ist. Eine gut gedämmte Gebäudehülle sowie der zonierte Entwurf des Baukörpers unterstützen dieses Ziel. Der schlanke lange Saalbaukörper ermöglicht natürliche Belichtung und Belüftung im Sinne eines low tec Konzeptes bei gleichzeitig optimalen räumlichen und hygienischen Qualitäten. Diese führen erfahrungsgemäß zu hoher Nutzerzufriedenheit. Überhöhung und Befensterung des Raumes ermöglichen dabei sowohl eine allseitige natürliche Belichtung wie auch die Querlüftung des Raumes unter Ausnutzung des thermischen Auftriebs. Die natürliche Fensterlüftung ermöglicht das Öffnen der Fassade im Sommer um die Terrassen nutzen zu können. Die Fensterlüftung erfolgt automatisiert unter Berücksichtigung der Parameter Windstärke, Windrichtung, Temperatur, CO2 Gehalt etc. zugfrei. Auf die mechanische Lüftung des Saalbaus kann damit verzichtet werden. Die Fensterlüftung wird zur Unterstützung des natürlichen sommerlichen Wärmeschutzes zur Nachtauskühlung des Gebäudes herangezogen. Als Speichermasse dient hier neben den massiven Bauteilen von Boden und Dach die massive Gebäudehülle des Küchentraktes.
Die Nutzung passiver solarer Einträge und die optimale natürliche Belichtung des Raums muss mit den Anforderungen des sommerlichen Wärmeschutzes in Einklang gebracht werden. Dachüberstände, flächige Wandpfeiler und Lamellensysteme sorgen für Verschattung. In Kombination mit den baulichen Maßnahmen sichert eine moderate Sonnenschutzverglasung, die in Abhängigkeit zur Himmelsrichtung gewählt wird, den sommerlichen Wärmeschutz.

Technikkonzept
Im Bereich der Gebäudeklimatisierung wurde Wert darauf gelegt, nur die Räume mechanisch zu be- und entlüften, in denen von vornherein eine natürliche Lüftung ausgeschlossen ist. Der Bereich der Mensa und Cafeteria soll über eine regulierbare Querlüftung komplett ohne mechanische Lüftung auskommen. Für die mechanisch zu be- und entlüftenden Bereiche wie Speisenproduktion und Spülküche wird durch adiabate Kühlung (ohne mechanische Kälteerzeugung) die Zuluft im Kühlfall temperiert.
Die raumlufttechnischen Anlagen für Spülküche und Speisenproduktion erhalten Wärmerückgewinnungsanlagen.
Auf eine mechanische Kühlung wird für den kompletten Mensabereich aus investiven und energetischen Gründen verzichtet.
Die Wärmeversorgung erfolgt über das bestehende Fernwärmenetz, gleiches gilt für die Warmwasserbereitung der Mensa. Die Warmwasserbereitung für die Spülküchen bzw. für den gesamten Produktionsbereich wird durch die zur Verfügung stehende Wärme aus der Rückkühlung für die Kühl- und Tiefkühlzellen unterstützt. Denkbar ist in diesem Zusammenhang die Speicherung der überschüssigen Wärme in einem saisonalen Langzeitwärmespeicher im Erdreich unterhalb des Gebäudes.
Im Bereich der Elektrotechnik wird derzeit davon ausgegangen, dass eine eigene Trafostation aufzubauen ist, um den Leistungsbedarf der Großküche abdecken zu können.
Fotovoltaikelemente dienen als regenerative Energiequelle der Stromgewinnung und zur Senkung der CO2-Emissionen.
Die Module befinden sich auf den südorientierten Flächen der 3° geneigten Gefälledämmung des 2.800 qm großen Flachdaches des Saalbaukörpers.
Die Technikzentralen sind nahe der Versorgungsschwerpunkte angeordnet, um möglichst kurze und einfache Erschließungswege realisieren zu können.
Die Fettabscheider sowie die Regenwassernutzungsanlage (Zisternen) werden auf der Ostseite des Gebäudes im Erdreich angeordnet. Die Regenwassernutzungsanlage soll den Spülwasserbedarf für die WC Anlagen decken.

Beurteilung durch das Preisgericht

Eine klare und eindeutige Gebäudegeometrie überzeugt bei differenzierter Ablesbarkeit der Inhalte als dominierendes Gestaltungs- und Ordnungsmittel. Der kontrastierende Materialeinsatz an durchsehbaren und geschlossenen Fassadenflächen unterstützt diese formale Absicht wirkungsvoll. So erscheint es als logische Folge, dem geschlossen auftretenden Küchenteil eine gläserne Halle für den Speisesaal an der räumlich aktiven Seite vorzulagern. Die stadträumliche Einordnung und die Gebäudegeometrie reagieren auf selbstbewusste Weise gegenüber der Formvielfalt in der Umgebung. Die zunächst stringent erscheinende Gebäudeform entwickelt einen neuen Außenraum in Form einer Querachse zur bestehenden Hauptverbindung zur Altstadt. Besondere Erwähnung verdienen die so entstehende starke Verbindung vom Berthold-Beitz-Platz zum Haupteingang des Klinikums, die nicht nur günstige Zugangswege, sondern eine Bereicherung des städtebaulichen Zusammenhangs ergibt, als auch das Heranrücken des Gebäudes bis an den Platz mit der raumgreifenden Anordnung der Terrassen auf demselben, die das Motiv des Rondells auf interessante Weise bricht und somit aufwertet. Der ostseitig angeordnete Kolonadengang vermittelt auf angenehme Weise zwischen Innen- und Außenraum und relativiert so die etwas gleichförmig erscheinenden Längsfront, in welcher der funktionell günstig gelegene Haupteingang keine gestalterisch überzeugende Verortung findet, ja, von außen in seiner Lage beliebig erscheint. Das gilt auch für die Zugänglichkeit der ansonsten recht gut eingeordneten Cafeteria und des Restaurants. Die innere Wegführung der Benutzer ist sinnvoll und konfliktfrei geordnet, auch im Blick auf die Kontaktzonen zwischen Produktion, Ausgabe und Rückgabe. Die Küchenanlage ist in Erd- und Untergeschoss geordnet, wobei es von großem Vorteil ist, dass Anlieferung, Lager, Produktion und Speisesaal auf einer Ebene entwickelt werden und lediglich die Patientenversorgungsstation im Kellergeschoss Platz findet, denn dort schließt das ohnehin unterirdisch gelegene Transportsystem an. Allerdings scheint die erforderliche Tagesbelichtung der Produktionsbereiche noch Mängel aufzuweisen, ebenso wie die offene Anlieferung die Nachbarschaft beeinträchtigen dürfte. Der infolge des Grundkonzeptes relativ lange Speisesaal wir mittels Treppen und Kioske angenehm unterteilt, wobei die nach außen demonstrierte Transparenz im Inneren nur bedingt erlebbar ist. Die Galerie im Obergeschoss wird als Bereicherung des Raumgefüges bewertet. Dass man von dieser nicht nur im den Speisesaal, sondern auch auf einen auf dem Dach des Küchentraktes anzulegenden Kräutergarten blicken kann, ist eine begrüßenswerte Einzelheit, die auch von ökologischem Vorteil ist, ebenso wie die Nutzung der höher gelegenen Dachfläche zur Energiegewinnung in Verbindung mit dem Konzept der natürlichen Lüftung und des Wärmemanagements. An der technisch-konstruktiven Realisierbarkeit gibt es keinen Zweifel.