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Einladungswettbewerb | 03/2007

Pfarrkirche "St. Stephanus"

2. Preis

Peter W. Schmidt Architekten

Architektur

Erläuterungstext

INNENRENOVATION PFARRKIRCHE „ST. STEPHANUS“, WESTERHEIM




Die Dorfkirche „St. Stephanus“ zeichnet sich durch ihre städtebauliche Lage, mitten im Ort Westerheim, aus. Die von außen unscheinbare, nur durch einen mächtigen Kuppelturm überragende Dorfkirche, beherbergt im Innern eine prachtvolle barocke wie auch klassizistische Sakralausstattung.

Nach mehr als 30 Jahren ’Leere’ soll der Dorfkirche neues Leben, sakraler wie weltlicher Art, eingehaucht werden. Das Innere der Kirche soll einer Vielzahl von Nutzungskonzepten gerecht werden. Die hierfür notwendigen baulichen Eingriffe erfährt der Kirchenraum nur punktuell. Die gestalterischen Maßnahmen werden behutsam, in angemessener Weise, unter Berücksichtigung des barocken/klassizistischen Innenraums und unter Wahrung einer zeitlosen Modernität vorgenommen.

Die in den Kirchenraum rĂĽckende Altarzunge bildet zusammen mit einer neuen Bodenplatte die Grundlage der Innenrenovation. Der Kontakt zwischen Geistlichem und der Gemeinde im Gottesdienst ist unmittelbar gegeben. Bei weltlichen Veranstaltungen ĂĽbernimmt die Altarzunge die Funktion einer BĂĽhne fĂĽr ein Orchester oder einen Vortragenden. Der monolithische Terrazzoboden mit integrierter FuĂźbodenheizung wirkt zurĂĽckhaltend gegenĂĽber dem barocken Interieur des Kirchenraums. Das neue Nivellment fĂĽhrt zum Entfall der Schwellen.

Möbelstücken gleich werden die Liturgischen Orte, Ambo und Altar auf der Altarzunge verortet. ’Möbel = mobile’. Der ’mobile’, auf Schienen befindliche Altar kann entsprechend den verschiedenen Nutzungen des Kirchenraums in den Chorraum zurückgleiten. Vertikale Holzlamellen aus geölter Eiche verstärken die ovale Form von Altar und Ambo, welche sich in die geschwungene Form des barocken Innenraums und deren Einbauten einfügen. Eine Altarplatte aus Kupfer veredelt den hölzernen Altar und gibt ihm etwas weihevolles.

Das verbindende Element zwischen dem Geistlichen und dem Weltlichen bildet das ’Chorraumportal’. Ein möbelähnlicher Einbau, analog dem historischen Lettner, der den Chorraum vom Kirchenraum je nach Nutzung abtrennt oder hinzufügt. Bei Gottesdiensten oder sakralen Festakten wird feierlich das ’Chorraumportal’ geöffnet. Das Kostbare, das Heiligste, der Hochaltar mit dem Tabernakel wird der Gemeinde preisgegeben. Die vorhandenen sakralen Orte erfahren somit eine Aufwertung, bewahren ihre Aura des Besonderen. Bei weltlichen Veranstaltungen wird das Portal geschlossen, dass Heiligste bleibt verborgen. Auch beim geschlossenen ’Chorraumportal’ können sakrale Feierlichkeiten wie Andacht und Taufe im Chorraum abgehalten werden. Der Chorraum transformiert zur Kapelle. Die Materialität des ’Chorraumportals’ passt sich dem Holz und Kupfer der Liturgischen Orte an.

Die ebenfalls als Möbel eingestellte Serviceboxen unterhalb der Emporen, nehmen ausschließlich weltliche Funktionen wie Staumöglichkeiten und Teeküche auf. Mit Holzlamellen verkleidet ordnen sie sich dem barocken Interieur des Kirchenraums unter.

Das Beleuchtungskonzept sieht zwei Reihen von Pendelleuchten im Kirchenraum vor. FĂĽr Ausstellungen werden Einzelleuchten an den Ausstellungstafelnbefestigt welche ĂĽber FuĂźbodentanks elektrotechnisch versorgt werden

Die Kirchenfenster erhalten neue Glasscheiben in gedeckten Farben. Die neuen Glasscheiben ĂĽbernehmen die vorhandene Einteilung der Kirchenfenster.

Der Freibereich entlang der drei Außenwände des Kirchenraums wird mit einem kleinteiligen Pflasterbelag gestaltet. Jeder der drei Eingänge ist gleichberechtigt. Je nach Ereignis, sakrale Prozession, Konzert oder Ausstellung, können die entsprechenden Eingänge benutzt werden.



PETER W. SCHMIDT ARCHITEKT BDA

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Qualität und Ausführung der Arbeit ist in sich schlüssig.
Die Nutzung des Kirchenraumes läßt eine Erschließung über
alle drei vorhandenen Zugänge zu. Der Entwurf bietet ein
weites Spektrum an Nutzungsvarianten, sowohl im profanen
als auch im sakralen Bereich.
Die sakrale Nutzung ist als gerichteter Kirchenraum zum
Chorraum hin orientiert. Der Volksaltar wird durch
Positionierung auf einer vorgezogenen Zunge des
Altarraumes in den Vordergrund gerĂĽckt. Er rĂĽckt dadurch
näher zum Kirchenvolk und gewinnt in seiner Funktion an
Bedeutung
Die bĂĽhnenartige Altarraumgestaltung wird durch ein
zweiflĂĽgliges Portal vom Langhaus abgetrennt. Der Altarraum
wird dadurch zum eigenständigen Raum und kann separat als
Werktagskapelle genutzt werden. Das ChorgestĂĽhl bleibt
erhalten.

Zwar werden dadurch die liturgischen und funktionalen
Anforderungen erfüllt, die gestalterische und räumliche
Qualität des bestehenden historischen Raumes werden
jedoch empfindlich beeinträchtigt.
Mit der Anordnung der Nebenräume ( WC, Technik) werden
die sakralen und funktionalen Belange teilweise
berĂĽcksichtigt. Die vorgeschlagene Planung in der Sakristei
erscheint allerdings als Notlösung und ist nicht
zufriedenstellend.
Für den Vorschlag der Nebenräume unter der Empore wurde
mit den geplanten Serviceboxen eine sinnvolle Lösung
gefunden.
Der Wettbewerbsentwurf ist hinsichtlich des monumentalen
Chorportals mit denkmalpflegerischen Zielsetzungen
unvereinbar und konterkariert zugleich das barocke
Architektur- und Formwollen eines Gesamtkunstwerkes.
Zu beklagen ist der Verlust des historischen GestĂĽhls.
Die Anhebung des FuĂźbodens auf das TĂĽrschwellenniveau
verändert Raumproportionen mit negativer Auswirkung
insbesondere auf die Empore und die BeichtstĂĽhle;
auĂźerdem mĂĽsste die originale TĂĽre im Nordportal
unverträglich gekappt oder entfernt werden.
Die Möglichkeit besteht die gesamte Ausstattung wieder in
Kirchenraum einzubringen.
Als Ergebnis kann festg ehalten werden:
Dominantes Element des Entwurfs ist ein zweiflĂĽgliges Portal,
welches eine Trennung von sakraler und profaner Nutzung
ermöglicht.
Die Realisierung innerhalb des vorgesehen Kostenrahmens
erscheint nicht machbar.