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Wettbewerb | 04/2004

Doberaner Platz

2. Preis

Preisgeld: 13.000 EUR

TERRA.NOVA Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

wich architekten

Architektur

ErlÀuterungstext



Stadtraum und AtmosphÀre.
Die ZurĂŒcknahme des Individualverkehrs im Bereich des PlatzgefĂŒges um den Doberaner Platz erlaubt es dem Platz eine neue Bestimmung zu geben. ZukĂŒnftig wird nicht der Fahrverkehr sondern vielmehr der FußgĂ€nger, Flaneur und Besucher den Platzraum in Besitz nehmen. Hierzu schlagen wir ein vielfĂ€ltiges Angebot vor. Der neue Stadtraum ist kraftvoll, eindeutig im stĂ€dtischen Gesamtzusammenhang, poetisch und besetzt mit Bildern. Der öffentliche Raum wird zur BĂŒhne unseres Lebenswandels, zum Ereignis.

3 Orte 3 Ereignisse.
Das PlatzgefĂŒge um den Doberaner Platz als Dreiklang aus im Zuschnitt sich gleichenden Platzsegmenten wird rĂ€umlich klar und homogen durch die bestehende Blockrandbebauung begrenzt. Demnach ist es die funktionale Bestimmung der GebĂ€ude bzw. der PlatzrĂ€nder sowie die Zuordnung der rĂ€umlichen Einzelsituationen im PlatzgefĂŒge, die eine eigenstĂ€ndige Bestimmung und Unterscheidbarkeit der TeilrĂ€ume zulĂ€sst.
Oft reichen hierfĂŒr geringfĂŒgige Eingriffe oder Adaptionen des Vorgefundenen, um den besonderen Reiz des Ortes oder der Situation im bestehenden Kontext hervorzuheben. FĂŒr jeden der PlĂ€tze wird eine bestimmte Grundstimmung erzeugt, die ĂŒber eine genaue Kalibrierung von Texturen, Vegetation sowie Einrichtungen und Nutzungen im Raum umgesetzt wird.
1 >Platz am Brink<
Vor allem die BĂ€ume sind es, die dem Ort seine Besonderheit verleihen. Dem entsprechend ist es unser Ziel, die bestehenden BĂ€ume zu erhalten, ihnen verbesserte Lebensbedingungen zu bieten und hieraus eine besondere PlatzatmosphĂ€re entstehen zu lassen. Die BestandsbĂ€umen werden mit neuen, hochstĂ€mmigen ergĂ€nzt und in einer ablesbaren FlĂ€che- dem Stadtpodest zusammengefasst. Die Erhöhung der PlatzflĂ€che und die klare Funktionszuweisung fĂŒr FußgĂ€nger ermöglicht einen reduzierten Belagsaufbau und einen durchgehenden Bodenhorizont fĂŒr den wertvollen Baumbestand. Zudem sehen wir die Chance durch eine entsprechende Belagsgestaltung einen ausreichenden Luft- und Wasseraustausch des Substrates mit den Baumwurzeln zu gewĂ€hrleisten. SĂ€mtliches anfallende OberflĂ€chenwasser wird ohne aufwendige EntwĂ€sserung direkt diesem natĂŒrlichen Speicher zugefĂŒhrt.
Die OberflĂ€che des Podestes erhĂ€lt einen einheitlichen Belag aus Holzbohlen. Ein Belag den wir mit KĂŒste, Hafenanlagen oder Rostock als Stadt am Meer verbinden und der somit metaphorischen Bezug zum Ort und zur weiteren Umgebung sucht.
Der Platz an sich ist fĂŒr uns einer der geschĂ€ftigen und belebten Bereiche des PlatzgefĂŒges um den Doberaner Platz. An den PlatzrĂ€nder sind Cafes und Bars, die das Podest auch zur Bestuhlung nutzen. Am Abend ist das Podest der Treffpunkt und Ort des regen Treibens. Leicht erhöht ĂŒber den Stadtboden kann man beobachten sitzen, liegen, tummeln oder spielen.
Das Spiel von Licht und Schatten bestimmt den Platzcharakter. Licht fĂ€llt durch das Laubdach der BĂ€ume auf das Holzdeck Die locker eingestreute Bestuhlung unterstĂŒtzt das Spiel der BaumstĂ€mme und die heitere AtmosphĂ€re..
2 >Doberaner Platz<
Bewegung und Bewegtheit sind die charakteristischen Merkmale des Ortes. Die Haltestellen als Anlaufpunkte und Verteiler des gesamten Platzbereiches bestimmen das Geschehen. FussgĂ€ngerströme quer ĂŒber und zum Platz sowie zu den anliegenden GeschĂ€ften setzen eine offene und durchlĂ€ssige Gestaltung voraus. Nicht der Aufenthalt, sondern die Verkehrsbeziehungen sind prĂ€gend. Im Boden eingelassene punktuelle Wasserspiele verleihen dem Ort seine eigene Grundstimmung, ohne das funktionale Notwendigkeiten vernachlĂ€ssigt werden. Je nach Geschehen variieren die WassersĂ€ulen. Am Tag sind sie intensiver und ĂŒberspielen auf diese Weise die umgebenden FahrgerĂ€usche. Am Abend verleihen sie dem Ort Ruhe und der gesamten Platzanlage einen reprĂ€sentativen und optisch wirksamen Mitttelpunkt. Das Treiben verlagert sich an die PlatzrĂ€nder. Von den Kneipen und Cafes erstrahlt der neue Doberaner Platz.
3 >Gertrudenplatz<
Mit klarer Zuordnung zur Gartenanlage und zum Kopfbau mit Haupteingang des Krankenhauses hat der Gertrudenplatz eine andere, eine vegetative PrĂ€gung. Diese möchten wir hervorheben und den Platzbereich mit GrĂŒn seine Unverwechselbarkeit zurĂŒckgeben. Ein Birkenhain aus hochstĂ€mmigen BĂ€umen mit hohem Kronenansatz wird zum neuen Charakteristikum. Intensiv blĂŒhende Hortensien, locker verteilt in einer FlĂ€che aus Ziegelschotter unterstreichen den Duktus der Anlage. Optisch ist der Gertrudenplatz das gegenĂŒber zum Platz am Brink. Beiden PlĂ€tzen gemein ist die grĂŒne Raumkante die den zentralen Bereich des PlatzgefĂŒges um den Doberaner Platz als stĂ€dtischen Platz im eigentlichen Sinne hervorheben. Dieser rĂŒckt auf Grund dessen und in Anbetracht seiner Lage am ‚tiefsten Punkt’ in den Mittelpunkt der Platzanlage. Offen und durch die WassersĂ€ulen dennoch besonders akzentuiert wird er zum eigentlichen zentralen Bereich, gesĂ€umt durch die Baumkulissen vom Platz am Brink und Gertrudenplatz.

Der die PlĂ€tze umspĂŒlende Stadtboden sollte einer FlĂŒssigkeit gleichend einen homogenen FlĂ€cheneindruck vermitteln. Dem entsprechend schlagen wir vor, Großsteinpflaster in Segmentbögen, um den gewĂŒnschten flĂ€chenhaften Eindruck zu erzielen. Eingebettet in das Ganze sind die Gleisanlagen der Straßenbahn, deren Gleiskörper mit dem gleichen Material versehen werden sollten, jedoch in Reihe verlegt. Als MaterialitĂ€t kommt Granit zum Einsatz. Eine Mischung aus drei verschiedenen Farbigkeiten (rot-braun, grau-rot, grau-braun) verleiht der FlĂ€che Differenziertheit und eine vielfĂ€ltiges, wenngleich durch die SteingrĂ¶ĂŸe homogenes, Erscheinungsbild. Die GebĂ€ude erhalten im Sockelbereich eine durchgehende 'Vorzone', die Sonderelemente wie EingĂ€nge, Vor- und RĂŒcksprĂŒnge, Zu- und AusgĂ€nge sowie Treppenstufen und Sitzbereiche an den EingĂ€ngen aufnimmt. Als grossformatige Klinkerplatten stehen sie in direktem gestalterischen Bezug zu den Gehbereichen der angrenzenden StrassenzĂŒge.

Material und Konstruktion.
Die PlatzflĂ€che als zusammenhĂ€ngender Stadtboden erhĂ€lt einen flĂ€chenhaften Belag aus Granitgroßsteinen in grau/braun bis rot/braun Abstufungen. Die Mischung aus farbverwandten, jedoch differenzierten Gesteinsarten erlaubt eine Varianz im Detail und eine HomogenitĂ€t in der Gesamtheit. Als Verlegeart schlagen wir Segmentbögen vor, die SteingrĂ¶ĂŸe zwischen Scheitellinie und KĂ€mpfer variieren hierbei von ca. 18-max. 20cm und 13-min. 11cm. Die Steindicke ist 16cm, die Bauweise ungebunden. Als Vorzonen (GebĂ€udesockel) werden Klinker in der Farbe entsprechend dem Bestand vorgesehen. Sie bilden den Rahmen der Platzanlage und leiten ĂŒber zu den Seitenstrassen. FĂŒr das Stadtpodest kommt zertifiziertes Tropenholz auf einer Unterkonstruktion zum Einsatz.

Das Beleuchtungskonzept.
Die HorizontalflĂ€che des Platzes ist Ausgangspunkt der Helligkeitsbestimmung. Das Beleuchtungskonzept sieht hierfĂŒr einen homogenen Lichtrahmen mit einem Lichtwert von 30 Lux als Beleuchtungsbasis vor.
Weitere Differenzierungen und Akzentuierungen der primÀren Grundbeleuchtung des Platzes werden durch die gezielte Ausleuchtung von Objekten (BÀume, WassersÀulen, Fassaden....) erreicht
Das gesamte Beleuchtungssystem der Platzgrund- und Zonierungsbeleuchtung wird in Kombination mit den Leitungsmasten der Strassenbahn realisiert. Die Lichttechnik basiert auf entblendete und leistungsstarke Werfersysteme, die das Licht ĂŒber Umlenkelemente in den Platzraum reflektieren. Die Fassadenbeleuchtung erfolgt zusĂ€tzlich durch Aufbauleuchten, welche unterhalb der Traufkante montiert werden, wobei durch diese eine gleichmĂ€ĂŸige Beleuchtung der FassadenflĂ€chen erfolgt.
Flanieren bis spÀt in die Nacht.
Um die vorgesehenen Beleuchtungen wirtschaftlich zu betreiben (Stromkosten, Leuchtmittelersatzkosten) sind 3 Schaltstufen vorgesehen.
Stufe 1: DĂ€mmerung bis 22.00 Uhr (Grundbeleuchtung + Fassadenbeleuchtung + Zonierungsbeleuchtung). Optimiert die optische Wahrnehmung im gesamten Strassenraum zur ErfĂŒllung der Sehaufgabe und der effektvollen Ausleuchtung der StadtrĂ€ume.
Stufe 2: 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr (Grundbeleuchtung + Zonierungsbeleuchtung)
BerĂŒcksichtigt zusĂ€tzlich die Strahlungsimmissionswerte im Fensterbereich.
Stufe 3: 24.00 Uhr bis DĂ€mmerung (ausschließlich Grundbeleuchtung )
Einhaltung der Mindestanforderungen fĂŒr Orientierung im Strassenraum.

Beurteilung durch das Preisgericht

Ausgehend von den Zielstellungen und den technischen Vorgaben der Auslobung stellt sich diese Arbeit dieser sich scheinbar widersprechenden Aufgabe sehr bewusst. Einerseits unterstreicht man die Herausarbeitung der unterschiedlichen Charaktere der TeilrĂ€ume durch sehr differenzierte, anspruchsvolle Gestalt- und Funktionsangebote jeweils fĂŒr den Doberaner Platz, fĂŒr den Platz Am Brink und fĂŒr den Gertrudenplatz. Um jedoch die gleichzeitige Einheitlichkeit des stĂ€dtebaulichen RaumgefĂŒges zu erreichen, wird die durchgehende Materialwahl fĂŒr die GesamtflĂ€che gewĂ€hlt.
Dabei wird andererseits in Kauf genommen, dass die notwendige Ablesbarkeit und Wahrnehmbarkeit der verkehrskonzeptionellen Vorgaben scheinbar negiert wird. Eine diesbezĂŒglich erforderliche Materialdifferenzierung (fĂŒr die Gleisbereiche bereits aufgezeigt) wird der Entwurfsabsicht aber nicht abtrĂ€glich sein. Aus KostengrĂŒnden kann es sogar erforderlich sein, nach zwar hochwertigen, jedoch deutlich preisorientierteren Materialien fĂŒr die Gesamtbehandlung der umzugestaltenden Bereiche zu suchen.
In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass die der Einbindung in die Stadtstruktur geschuldete Überziehung dieser Gestaltungsgrundhaltung in angrenzende StraßenrĂ€ume hinein nicht erforderlich, eher abtrĂ€glich, aber ohne Konflikte korrigierbar ist.
Unter Beachtung dieser grundsĂ€tzlichen Problematik fĂŒr einen Realisierungswettbewerb – die eher nebensĂ€chlichen Schnitt- und Detaildarstellungen unterstreichen zusĂ€tzlich diese Situation – muss jedoch auf die sehr differenzierten und fĂŒr jeden Platzraum sehr ortsbezogenen, sehr gestalt- und nutzungsorientierten Angebote mit hoher AufenthaltsqualitĂ€t hingewiesen werden. Am Brink und Gertrudenplatz erhalten raumbezogene, sich fast spiegelnde Konzepte mit deutlich unterschiedlichen Inhalten. Die Lösung fĂŒr den Doberaner Platz erscheint besonders anspruchsvoll und gelungen fĂŒr diesen notwendigerweise lebendigen Raum. Deshalb ist die Konzentration der FontĂ€nen auf diesen Raum folgerichtig.
Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass die Umsetzung dieses beeindruckenden Entwurfes ein intensives Maß an vertiefender BeschĂ€ftigung mit den aufgezeigten Entwurfsideen erforderlich macht.