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Einladungswettbewerb | 06/2008

Landschaftsplanerischer Wettbewerb Bodenseeufer

2. Preis

Prof. Gabriele G. Kiefer

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der Entwurf arbeitet die landschaftlichen Potentiale des Gebietes in einer räumlichen Komposition heraus und führt historische und neue Gestaltungselemente zu einer lebendigen und charakteristischen Planung zusammen. Gleichzeitig werden die Konflikte zwischen den unterschiedlichen Nutzungsansprüchen an den Uferbereichen – wie z.B. Ausflugsverkehr, sportliche Aktivitäten, Ruheanspruch und wirtschaftliche Interessen – in einer flächeneffizienten räumlichen Komposition ausbalanciert.

Der Kernbereich um das Gebäudeensemble „Am Kaiserstrand“ wird vom Hafen im Norden und dem Strandbad mit Uferwiese im Süden flankiert. Die drei gestalterischen Situationen werden über eine urbane Promenade verbunden, die das charakteristische Kontinuum und die wichtigste Attraktion innerhalb des Planungsgebiets darstellt. Um den Kernbereich wird die landschaftlich geprägte Uferzone in drei unterschiedliche Zonen unterteilt. Der steinerne Hof, der introvertierte Garten und die harte, urbane Kante am Ufer.

Promenade
Die neue, urban gestaltete Promenade geht auf die wechselnden landschaftlichen Situationen ein, inszeniert und optimiert diese und verbindet die Teilbereiche zu einem abwechslungsreichen Erholungsraum.
Den Hauptbereich der Promenade bildet die neue Bastion, ein großzügiger Aufenthalts- und Bewegungsbereich in dessen Fläche die historischen Ufermauern integriert werden. Im weiteren Verlauf bezieht die Promenade die Mauer als Raumteiler mit ein. Als skulpturales Element und historische Reminiszenz begleitet sie die Passanten und grenzt die ruhigen Aufenthaltsbereiche der Gärten von Bewegungsflächen ab. Der Alte Hafen wird zugunsten der großzügigen Führung der Promenade zugeschüttet. Die Mauern bleiben auch hier erhalten und bilden einen besonderen Ort.
Südlich der Aussichtsbastion verschwenkt die Promenade in Richtung Strandbad und ist optimal nach Süden orientiert. In diesem Abschnitt werden großzügige Sitzstufen angelegt, von denen aus der einzigartige Blick genossen werden kann. Die Sitzstufen erlauben hier den direkten Kontakt mit dem Wasser.
Nördlich der Aussichtsbastion verschwenkt die Promenade in Richtung Osthafen, um die beiden Hafenbecken zu umgehen. Hier verläuft die Promenade in gebührendem Abstand der Wasserlinie und gibt den Raum für eine kleine Uferwiese frei. Die Promenade wird von einer Sitzmauer abgegrenzt, die als psychologische Barriere gegenüber der Uferwiese fungiert.
Die für die Promenade verwendeten Beläge spiegeln die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Nutzer wieder.
So ist die großzügigste Wegetrasse der Promenade, der Radweg, mit Ortbeton belegt und lässt sich gut befahren. Der technisch variabel einsetzbare Beton stellt das Leitmaterial der Promenade dar, aus dem auch die Mauerbrüstung der Aussichtsbastion besteht, die zum See hin eine harte Kante bildet.
Der Fußweg wird mit Naturstein befestigt. Ebenso ist die landseitige Brüstungswand mit Mauerwerk gestaltet. Die Bruchsteine stellen eine gestalterische Reminiszenz an die nahen Hafenmauern und an die Erosionsschutzmaßnahmen im Uferbereich dar. Die Materialien treten sowohl flächig als auch in der Vertikalen auf.
Als zusätzliche Qualität der Promenade wird diese von einem Band aus wassergebundener Decke flankiert. Sie bietet Rückzugsmöglichkeiten und ruhige Aufenthaltsbereiche mit Sitzgelegenheiten. Die wassergebundene Decke bildet Pufferflächen zwischen den belebten Wegen der Promenade und den intimeren Bereichen der privaten Gärten und schützt diese ohne auffällige Abgrenzungsmaßnahmen.

Vegetation
Im Bereich der Aussichtsplattform stellen die bestehenden, ehemals geschnittenen Kastanien die prägende Vegetation dar und spenden im Sommer angenehmen Schatten. Zugunsten der Blickbeziehungen werden dicht stehende und schadhafte Bäume entfernt.
Als neues Grünelement werden entlang der Promenade langgestreckte Haine aus geschnittenen Platanen gepflanzt. Aufgrund ihrer definierten, kontrollierbaren Höhe spenden sie Schatten, ohne die Sichtbeziehungen zu unterbrechen. Die horizontale Ausrichtung der Platanenhaine nimmt Formen aus der Landschaft des Blickraumes auf und betont die Uferlinien.

Hof
Der Gebäudekomplex „Am Kaiserstrand“ wird auf der Ostseite flächig über einen Asphaltbelag erschlossen, der die erforderlichen Stellplätze integriert. Diese weitflächige Erschließung stellt eine Reminiszenz an die Geschichte des Gebäudes als Kaserne dar und bildet einen nachvollziehbaren Kontrast zu den kleinteiligen Gartenbereichen auf der anderen Seite der Gebäudeflügel.
Die Atmosphäre des Hofes wird darüber hinaus durch die bestehende große Eiche angenehm aufgelockert, die durch Pflanzung von zwei neuen Eichen ergänzt wird. Einzelne Gestaltungselemente werden zum Vorhandenen hinzugefügt: Versetzbare Töpfe aus Messing mit beeindruckenden Agaven schaffen eine feierliche Atmosphäre für die ankommenden Gäste. Die Abgrenzung der Stellplätze erfolgt durch Intarsien im Asphaltbelag, die ebenfalls aus Messing sind. Die Eingänge zum Restaurant und zum Hotel werden jeweils durch einen roten Teppich markiert.
Ein Streifen aus Rasenfugenpflaster begleitet die Erschließung entlang der Bahn. Entlang dieses Streifens sind weitere Stellplätze, Fahrradbügel und die Beleuchtung untergebracht.

Garten
Die kleinteiligen Gartenbereiche des Hotels und der Wohngebäude nehmen Gestaltungsprinzipien des Englischen Landschaftsgartens auf, wie sie typisch für historische Hotelanlagen am See sind, und interpretiert diese mit zeitgenössischen Ergänzungen neu. Ihre geschützte Kleinteiligkeit hebt sich von der öffentlichen Weitläufigkeit und Blickorientiertheit der benachbarten Promenade ab.

Bereich Strandbad
Der Bereich des Strandbades ist als landschaftlicher Bereich gestaltet. Die Uferwiese des Vorbereiches verbindet sich mit der Liegewiese des Strandbades zu einer großzügigen landschaftlichen Einheit, die sich zur Seefläche öffnet.
Der Aufenthalts- und Spielbereich aus wassergebundener Decke verläuft entlang dieses Promenadenabschnitts auf der Seeseite der Promenade und bildet eine Pufferzone zur Uferwiese. Der Bereich integriert freizeitsportliche Nutzungen wie Bolzplatz und Streetball. Eine zur Promenade hin höhenbündige Sitzstufe, die sich mit den Sitzstufen weiter nordwestlich verbindet, bildet den baulichen Abschluss zur Uferwiese.
In Höhe des Bahnübergangs liegt am Knickpunkt der Promenade ein Platz, der zum Parkplatz auf der anderen Seite der Bahnlinie vermittelt. In die Fläche aus wassergebundener Decke kann das vorhandene Stellwerkshäuschen und eine bestehende Weidengruppe gut integriert werden.
Den südlichen Abschluss des Aufenthalts- und Spielbereichs aus wassergebundener Decke bildet am Eingangsplatz das multifunktionale Gebäude des Strandbades, das Kasse, Kiosk, Umkleidekabinen, sanitäre Einrichtungen und die Gastronomie aufnimmt. Zwischen Gastronomie und Umkleiden, direkt am südlichen Ufer des Kugelbeerbaches, befindet sich die organisatorische Grenze zwischen gebührenpflichtigen Strandbadbereich und Außenbereich. Eine überdachte Terrasse öffnet sich entlang des Gebäudes zum See.

Hafenbereich
Der Hafenbereich im Norden des Planungsgebiets wird durch modellierte Uferböschungen zum See hin landschaftlich eingebunden. Dadurch verbindet sich dieser Bereich vom See aus gesehen optisch mit den im Westen anschließenden naturnahen Uferbereichen.
Die eigentlichen Hafenbecken werden unter optimaler Ausnutzung der Flächen streng funktional organisiert. Das Organisationsprinzip des Westhafens mit seinen Ufermauern wird auf den Osthafen übertragen. So wird durch den Wegfall der Uferböschungen wertvoller Raum für die erforderlichen Schwimmstege und zu integrierenden Liegeplätze gewonnen.

Beleuchtung
Die Beleuchtung der Promenade erfolgt vom Bahnhof bis zum Strandbad in der Regel über Mastleuchten, die entlang des Radweges in den Streifen aus wassergebundener Decke integriert sind. An der Aussichtsbastion ist ein Lichtband in die Mauerbrüstung integriert. Am Alten Hafen ist ein Strahler vorgesehen.

Ufersicherung und Bachrenaturierung
Allen Flachufern werden Bermen vorgelagert. Die Aussichtsbastion wird durch eine Steinschüttung unter Sommer-Mittelwasser geschützt. Auch im Winter bleiben die Bermen in der Regel unter dem Wasserspiegel, die zusätzlichen Kiesschüttungen aus Rundkies sind jedoch sichtbar.
Die Bäche werden wie gefordert im Profil erweitert. Der Oberlochauer Bach bleibt weiter verrohrt, um die Großzügigkeit der Wiese zu erhalten (Nutzung als Festwiese), könnte jenseits der Bahnlinie im neuen Park in Richtung Stadtzentrum jedoch offen gelegt und integriert werden.