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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2008

"Südlicher Stadteingang" und Wohngebäude mit Begegnungsstätte Mariaberg

4. Preis

arabzadeh.schneider.wirth architekten

Architektur

Furche Geiger Zimmermann Tragwerksplaner GmbH

Tragwerksplanung

Seeberger & Partner

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

Das städtische Umfeld für ein solches Vorhaben ist auf der einen Seite bestens geeignet, da es sich mitten im sozialen Geschehen der Stadt befindet, andererseits schwierig, da die Nähe einer vielbefahrenen Straße wie der Hohenzollernstraße im Besonderen beachtet und in der Gestaltung und Orientierung des Wohnbaus gelöst werden muss. Es gilt aber auch adäquate Antworten für die Stadtentwicklung mit der Fortführung der Baufluchten, der direkten Nachbarschaft zum Stadtgraben und der Gestaltung eines neuen Platzes etc. zu finden.

In der näheren Auseinandersetzung mit den oben genannten Themen in der 2. Phase des Wettbewerbes empfinden wir es doch für sehr wichtig erneut auf die beiden Themen „Stadtgraben“ und „neuer Platz“ und deren unmittelbare Nähe zueinander einzugehen!
Wir bleiben dabei, dass eine Offenheit zwischen den beiden städtischen Räumen wichtig und plausibel ist. Trotzdem sehen wir eine Akzentuierung des Platzraumes gegenüber dem Stadtgraben für angemessen und die Bedeutung der jeweiligen Räume als besonders ausschlaggebend. Es gibt keine Barrieren und Trennungen. Der städtische Raum bleibt offen und einladend. Dennoch soll man spüren, wo der Stadtgraben verläuft und der Platz beginnt.

Daher präsentiert sich das neue Wohnheim in einer etwas modifizierten Form. Aus den zwei nacheinander folgenden Baukörpern der ersten Phase entwickelte sich ein langer Baukörper entlang der Hohenzollernstraße, welcher „seinen Arm“ um einen quer dazu angeordneten, etwas kürzeren Baukörper legt. Vom Stadtgraben aus gesehen, unterstützt dieser quer liegende Baukörper den Verlauf des Baches, welcher nach Norden erfolgt. Vom Platz aus schafft die Winkelform fast den perfekten Platzraum, der im Kern einen quadratischen Eindruck erweckt. Der Platz bleibt sowohl aus dem „Grünraum“ des Stadtgrabens erreichbar, als auch über den „Roten Dill“.

Beide Baukörper des Winkels sind dreigeschossig. Mit Hilfe der stark bewegten Topografie sind sie einander gegenüber um ein Geschoß versetzt. Dies erlaubt eine differenzierte Anpassung des Baus an seiner Umgebung. Zur Hohenzollerstraße hin dominiert der Neubau die vorherrschende Proportion des Straßenraumes, während der querliegender Baukörper sich den platzzugewandten Häusern annähert.

Die Winkelform hat indes große Vorteile für das Wohnen:

. Einzelne Wohneinheiten bleiben ohne Ausnahme funktional zusammengehörig organisiert
. Es gibt kein Wohnen auf der Erdgeschoßebene; hier befinden sich Cafe- und Ladenflächen
. Der Gemeinschaftsraum ist zum Platz orientiert und wird ein integrativer Teil davon
. Über 75% der Wohnräume liegen auf der Straßenabgewandten Seite

Ein kleiner Vorplatz an der Hohenzollernstraße erschließt den Neubau. Ein orientierungsfreundlicher Erschließungsraum verbindet alle Bereiche des Neubaus, sowie die Wohneinheiten, die Gemeinschaftsräume und den Platz miteinander. Es entsteht ein kommunikativer Pfad, barrierefrei und benutzerfreundlich. Im Hanggeschoß führt dieser Raum bis zum Platz und in 2.OG mündet er in einer Dachterrasse. Es gibt keine Sackgassen!

Platzgestaltung

Das Gelände im Bereich des vorgenannten Neubaus fällt von der Hohenzollernstraße aus gesehen mit verschiedenen Neigungen. Der Höhenunterschied zur Hohenzollernstraße beträgt bis zu 3,00 m. Diese besondere Topographie ermöglicht die Ausbildung einer Platzfolge, welche zu einer maßstäblichen Gliederung führt und dem Platz ein angemessenes, plausibles Erscheinungsbild verleiht, ohne die Großzügigkeit und insbesondere die Nutzbarkeit für besondere Anlässe in Frage zu stellen. Neben der Funktion als Veranstaltungsbereich und Verweilort muss der Platz die verkehrsmäßige Erschließung der umgebenden Wohngebäude sicherstellen. Die Höhenunterschiede auf dem Platz werden durch kombinierte Geh- und Sitzstufen überwunden. So entstehen vier unterschiedliche Plateaus, welche allesamt über diese, in den Platz einbindende Stufen miteinander verknüpft werden:
Die beiden oberen Plateaus werden im Neubau mit Ladenflächen belegt, die sich zwischen dem Platz und der Hohenzollern-straße so „spannen“, dass das städtische Leben zwischen Platz und Straße im Besonderen gefördert wird. So auch die Cafeterià auf dem mittleren Plateau, die als belebendes Element seinen Platz im Mittelpunkt des Geschehens findet.

Das untere Plateau bindet den Neubau funktional mit dem Platz. Hier befindet sich der „Platzeingang“ des Neubaus. Die Begegnungsstätte ist so konzipiert, dass sie sowohl zum Platz, als auch zum Stadtgraben orientiert ist. Eine Bereicherung für die Stadt und die Bewohner gleichermaßen.

Die Platzgestaltung schließt den Farrenstall als integrativen Teil des städtischen Raumes ein.
Der bemerkenswerte Altbau wird vom Hang zur Ölbergstraße befreit und in den Platz atmosphärisch und funktional eingebunden. Mit einer kulturellen Nutzung, wie z.B. einem Jugendhaus o.ä. würde er zur Belebung des Platzes beitragen.

Vier solitäre, blühende Kastanienbäume geben dem Platzraum eine wohltuende Akzentuierung, sind Schattenspender und lassen den Straßenverlauf in dem offengestalteten Platz unaufdringlich erfassen.

6 Stellplätze werden insgesamt auf der Platzebene angeboten.

Verkehrliche Situation
Der Straßenverlauf der Hohenzollernstraße ist am südlichen Stadteingang so verändert worden, dass der Verkehr automatisch seine Geschwindigkeit herunterdrosseln muss. Durch die neue Straßenführung wird die Straßensituation übersichtlicher. Roter Dill, Römerweg und Ölbergstraße sind immer noch zugänglich, aber spürbar verkehrsberuhigter. Im westlichen Bereich des Roten Dills ist die Straße in den Platz integriert (gleiches Pflaster).

Baulückenschließung am Schlossplatz
Das solitäre, im barocken Stil erstellte Schloss, hat für das Ortsbild von Gammertingen herausragende Bedeutung. Anbauten müssen insbesondere den Bestand respektieren, gleichzeitig als Hinzugefügtes erkennbar und ihrer Zeit zuordenbar sein. Die Funktion Rathaus erfüllt das Schloss in Bezug auf sein äußeres Erscheinungsbild als erstes Haus am Platze in herausragender Weise. Die innenräumliche Situation entspricht jedoch nicht der äußeren Qualität. Verbesserungsmöglichkeiten sehen wir im Bereich der Erschließung, welche nicht barrierefrei gestaltet werden kann. Die kleinteilige Grundrissstruktur im Erdgeschoss verhindert die Einrichtung einer kleinen Halle. Mit dem vorgesehenen Anbau könnten diese Defizite behoben und das Rathaus funktional aufgewertet werden. Der vorgesehene Anbau nimmt an seiner Südseite die Richtung der Giebelwand des Schlosses auf. Die Gebäudetiefe wird so gewählt, daß der eingangsbetonende Risalit des Schlosses weitgehend freigestellt bleibt. Eine transparente Fuge verbindet und trennt den Bestand mit dem Neubau. Die Fuge bewirkt einerseits die Durchlässigkeit zum dahinterliegenden Schlossgarten, die frei eingestellte Treppe mit Aufzug garantiert andererseits die bislang fehlende Transparenz und Großzügigkeit im Bereich der Erschließung. Auch wenn keine Rathausnutzung im Anbau vorgesehen ist, könnte das vorgesehene Erschließungselement die barrierefreie Verbindung der Erdgeschossebene mit dem 1. Obergeschoß sicherstellen. An das solitär strukturierte Notariat wird nicht angebaut. Dies ermöglicht eine unprätentiöse Anbindung des Schlossgartens an den Schlossplatz. Mittelfristig sollte das Walmdach auf der Ostseite des Notariats wieder hergestellt werden, wodurch das Erscheinungsbild des Hauses, wie auch des gesamten Ensembles gestärkt wird. Der Anbau erhält ein steiles Satteldach, welches nicht in das Dach des Schlosses einschneidet. Die Glasfuge erstreckt sich nur über 2 Geschosse und endet am Traufegesims des Schlosses. Die Nutzung des Anbaus kann sehr flexibel gestaltet werden. Im Erdgeschoss könnten idealer Weise öffentliche Nutzungen wie Bürgerbüro, Trauzimmer, Bibliothek oder auch eine Gastronomie untergebracht werden. Die Einbeziehung und Nutzung von Schlossplatz und Schlossgarten in einen öffentlichen oder halböffentlichen Kontext wäre hier von entscheidender Bedeutung. In den Obergeschossen können Verwaltungs-, Büro- oder Praxisräume mit flexiblen Größen plaziert werden.

Schlossplatz und Schlossgarten
Das Schloss besitzt derzeit kein adäquates Vorfeld. Von Westen kommend verstellt eine Baumgruppe die komplette Sicht auf das Schloss, von Osten kommend hat zumindest der Autofahrer die Schloßsilhouette allenfalls im Rückspiegel erfasst. Die Stärkung des Schlossplatzes ist daher für das gesamte Ensemble von hoher Bedeutung. Die Erweiterung des Schlossplatzes gelingt, indem der Platzbelag über die Hohenzollernstraße bis an die gegenüberliegenden Häuser geführt wird. Nachdem die Bundesstraße durch die Europastraße vom Schwerlastverkehr befreit werden kann, erscheint das Ziel des optischen Rückbaus einer Bundesstraße zumindest vorstellbar zu sein. Sofern eine Parkierung im Schloßbereich unumgänglich erscheint, wird vorgeschlagen, diese im Schloßgarten anzuordnen. Die Wertigkeit des Schlossplatzes würde durch eine Parkierung erheblich verlieren. Als Kristallisationspunkt für den Schlossplatz wäre der vor dem Amtsgericht historisch belegte gußeiserne Stadtbrunnen vorstellbar. Der südliche Platz bietet durch seine Orientierung zur Sonne, seinen Bezug zum Stadtgraben und zur Lauchert ein interessantes Nutzungs- und Gestaltungspotential. Insbesondere die Einbeziehung des Stadtgrabens, die Herstellung von Wegen und Aufenthaltsbereichen am Wasser der Lauchert und des Stadtgrabens eröffnen neue Gestaltungsperspektiven, welche zur Attraktivität und Unverwechselbarkeit des gesamten Bereiches, vom Schloß, bis zum Neubau des Mariaberger Wohnheims beitragen. Die Frage, ob es ein harter Platz oder mehr ein grüner Platz sein soll, orientiert sich am präferierten Nutzungszweck.