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Begrenzt offener Generalplaner-Wettbewerb nach RAW 2004 | 12/2008

Neubau Institutsgebäude Geographie für die Westfälische Wilhelms-Universität Münster

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Architektur

Lemon Consult GmbH

TGA-Fachplanung

wh-p Ingenieure

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Grünes Kraftwerk - Neubau Institutsgebäude Geographie
Fachbereich 14 Geowissenschaften



1. Idee

Das Arbeiten und Forschen im Fachbereich 14 am „System Erde“ in der Wechselwirkung von Weltall – Erde – Umwelt – Mensch, ist von kaum zu übertreffender Ganzheitlichkeit. Der Ruf der Institute beachtlich. Entsprechend integral und vielschichtig haben wir das neue Institutsgebäude für den Fachbereich Geographie geplant:
Ein Grünes Kraftwerk als Leuchtturmprojekt für Effizienz und Ausdruckskraft.
Vergleichbar mit der universellen Betrachtung der Geowissenschaften, begreifen auch wir unsere Bauaufgabe ganzheitlich. Unter Erfassung des gesamten Lebenszyklus eines gebauten Systems beantworten wir die sozialen, ökologischen, energetischen und ökonomischen Fragen dieser Aufgabe.
Wir „topografieren“ bildhaft Inhalte der Geographie (Raum, Atmosphäre, Erdkruste, Tektonik, Verschiebung) in die Architektur des neuen, energetisch hocheffizienten Gebäudes: Eine kompakte Großfigur, welche auf einer vergrößerten Bodenplatte ruht, die aus der flachen Landschaft wächst. Von dieser Schicht aus steigern sich tektonische Verschiebungen und Verwerfungen in den gestaffelten Vorplatz und werden im spannungsreich angehobenen Gebäudesockel weitergeführt. Diese Oberflächenaktivität findet ihre formale Fortsetzung in den energetisch aktivierten Fassadenelementen der äußeren Hülle. Sie bildet die ausdrucksstarke dreidimensionale Oberflächenstruktur des neuen Gebäudes.


2. Stadtraum

Die kraftvolle Kubatur setzt ein eindeutiges und starkes architektonisches Zeichen in einem heterogenen Stadt-Umfeld. Durch die Aufnahme der Kanten und Höhen der umliegenden Nachbarbebauung in die eigene Kubatur wird die städtebauliche Situation geklärt. Die Gebäudeform bildet auf der Sockelebene einen Vorplatz aus, der das Institutsgebäude zum Stadtraum hin öffnet und das Eingangsportal bildet. Sockel, Körper, Hülle sind die gliedernden Elemente. Die eigenständige skulpturale Ausbildung formt ein markantes Erkennungszeichen für den international renommierten Fachbereich Geowissenschaften.


3. Organisation

Strukturell differenzieren wir die Gebäudenutzung vertikal aufsteigend: von Öffentlich zu Intern, von Außen nach Innen betrachtet: von Primär- zu Sekundärnutzung.
In den äußeren, natürlich belichteten Fassadenbereichen liegen ständig genutzte Primärflächen mit Büros, Verwaltung, usw., in den inneren Gebäudeteilen die Sekundärflächen mit Lager, WCs, temporären Besprechungs- und Seminarräumen.
Man betritt das Institutsgebäude über ein Plateau mit seitlich angelegten Steinkaskaden als belebte Aufenthaltsflächen. Der Haupteingang weitet sich im Inneren zur Verteilerzone mit einem zweigeschossigen Luftraum. Von der Eingangshalle im Erdgeschoss erreicht man unmittelbar den Hörsaal, die zweigeschossige Fachbereichsbibliothek sowie die Elektronikwerkstätten. Zwei innere Erschließungs¬kerne beschleunigen den Bewegungsfluss in die Obergeschosse mit Dekanat, Fachschaft und Instituten. Das 5. Obergeschoss bietet Labor und Forschungsstelle ideale Bedingungen. Auf den Dachflächen befinden sich die Klimastation als auch Experimentierflächen für Pflanzenaufzucht. Die Solar- und Technikflächen sind im und auf dem geschlossenen Flachdach integriert.
Über die zentralen Verteilerzone in den Geschossen sind die Abteilungen miteinander vernetzt. Seitlich der Verteilerzonen sind (auf den Ebenen +2 bis + 4) Kommunikationszonen als Sitzbereiche und Freiluft-Terrassen ausgebildet.
Die Fahrradstellplätze liegen an der westlichen Fassadenseite. Im nächsten Bauabschnitt können diese Stellflächen erweitert werden. Der zweite, südwestliche Eingang dient dann als Verbindung zwischen dem Hauptgebäude und der Erweiterung.


4. Qualität

Das Haus bieten den Nutzern eine kreative und funktionale Arbeitsatmosphäre. Attraktive Arbeitsplätze mit viel Tageslicht, werden durch einen Fensterflächenanteil von rund 60% der Fassade gewährleistet. Natürliche Belichtung und Belüftung ergeben ein angenehmes Raumklima und tragen zur Gesundheit, Behaglichkeit und Produktivität der Nutzer bei. Belichtung und Beleuchtung sind individuell steuerbar. Die Fenster zum Lüften manuell zu öffnen. Gestaltete Gebäudebereiche bieten Gelegenheit für Kommunikation oder Konzentration. Bei den Materialien im Innenausbau wird, auf qualitätsvolle Verarbeitung ebenso Wert gelegt, wie auf ökologischen Standard und Ressourcen schonende Herstellung. Eine differenzierte Farbwelt der Räume unterstützt den gewünschten Aktivitätszustand der jeweiligen Nutzung. In dieser lebendigen und zugleich funktionale Atmosphäre kann produktiv und kreativ geforscht, gelehrt und gelernt werden.


5. Nachhaltigkeit

Grundlage dieses Leuchtturmprojektes im Sinne eines „green building“ ist die „Integrierte Effizienz“ aller Faktoren einer Gebäudeplanung.
Nachhaltigkeit heißt minimalste Eingriffe in den Naturhaushalt, Reduktion von Primärenergie und Schadstoffen, Massenreduktion, die Verwendung nachwachsender Rohstoffe, die Betrachtung der Immobilie im Life-Cycle-Management. Das neue Institutsgebäude in Münster bildet als System die Summe effektivster Nachhaltigkeits-Komponenten:

Kubatur
Die Kompaktheit unseres Entwurfs trägt wesentlich zur passiven Reduzierung des Energiebedarfs bei. Mit der kleinen Außenfläche des Bauwerks (A/V-Verhältnis) verringern sich direkt proportional die Transmissionswärmeverluste durch Minimierung der wärmeübertragenden Hüllfläche. Die kompakte Bauweise spart somit Betriebskosten ein. Die zusätzliche Geschlossenheit der Fassaden-Oberfläche von 40-45% trägt ebenfalls zur energetischen Optimierung bei.

Natur
In die umgebende Landschaft wird nur sehr zurückhaltend eingegriffen. Auf Bodenaushub zur Errichtung von Untergeschossen wird aus energetischen Gründen verzichtet, der Untergrund bleibt unangetastet. Das Gebäude ruht auf einer Bodenplatte die das umliegende Gelände mit dem Gebäude verbindet. Die Außengestaltung verknüpft mit vorhandenen Wegestrukturen, einigen Bäumen und Wiesenflächen die angrenzenden Gebäude und Parkplätze.

Tragwerk
Auch die Entwicklung des Tragwerkes orientiert sich durch Massenreduktion und Materialeffizienz an den Maßstäben, die an eine nachhaltige und wirtschaftliche Bauweise gelegt werden. Als Grundbaustoff wird Beton gewählt, ein Naturbaustoff dessen Bestandteile Sand, Kies und Wasser sowie Zement aus Kalkstein und Ton örtlich verfügbar sind. Eine baustellennahe Produktion zur Minimierung der Transportwege kann vorausgesetzt werden. Beton ist gesundheitlich unbedenklich und bei sorgsamer Zuschlagswahl schadstofffrei. Beton ist bei fachgerechter Ausführung extrem langlebig und vollständig recyclebar. Beton besitzt die für einen energetisch optimierten Betrieb des Gebäudes notwendige Speichermasse, die leicht thermisch aktiviert werden kann. Beton hat auch in Bezug auf die hohe Langlebigkeit von allen Baustoffen mit 2 GJ/t den geringsten Verbrauch an „grauer Energie“.
Beim Einsatz von Stahlbeton als Tragwerkselement wird darauf geachtet, das Eigengewicht und den Stahlanteil zu minimieren. Dies erfolgt durch die Skelettbauweise, die nur dort tragendes Material vorsieht, wo dies unbedingt erforderlich ist. Die moderaten Deckenspannweiten und die Integration der Randstützen in das Fassadenraster führen zudem zu sehr schlanken Decken.
Die Herstellung der Flachdecken erfolgt als Halbfertigteillösung mit Ortbetonergänzung in Verbindung mit deckengleichen Unterzügen. Das spart Schalung, erlaubt die Vormontage der Betonkernaktivierung und die Integration von Hohlkörpern zur Gewichtsminimierung.
Zur Schaffung eines stützenfreien Hörsaals kommt eine eigens entwickelte Kassettendecke zum Einsatz, welche die darüber liegenden Stützen abfängt. Hierzu werden einfache Schachtringe aus Beton als verloren Schalung für die bewehrten Tragstreifen eingesetzt. Dadurch entsteht eine leichte Konstruktion hoher Tragfähigkeit, die einfach und sehr wirtschaftlich herzustellen ist, vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten bietet und zudem eine schallabsorbierend Wirkung hat.

Hülle
Was eine Gebäudehülle heute und in Zukunft leisten kann geht weit über den Witterungsschutz hinaus: sie wird Energie, Licht und Luft-Lieferant, sie wird zum Kraftwerk! Diese Entwicklung lässt sich besonders im Bereich der Photovoltaik (PV) verfolgen. Die verschiedenen PV-Dünnschicht¬verfahren verzeichnen ein Marktwachstum von rund 30 Prozent pro Jahr. Für die Produktion von Dünnschichtmodulen bringen die Hersteller photoaktive Halbleiter mit einer großflächigen, aus der Displaybeschichtung bekannten Technik als dünne Schichten auf ein Trägermaterial auf. Zahlreiche Forschungsprojekte steigern den Wirkungsgrad von PV-Anlagen stetig zu noch besseren Ergebnissen.

Primärfassade
Die innere Hülle besteht aus vorelementierten Modulen mit ausgezeichneten Wärme¬dämm¬werten. Die opaken Elemente verzeichnen den U-Wert <0.15 W/m2.K, transparente Bauteile werden mit einer 3-fach Wärmeschutz¬verglasung bei U-Wert Fenster = 0.85 W/m2.K ausgestattet. Ein innen liegender Blendschutz verhindert eine Blendung bei tiefem Sonnenstand und ermöglicht eine passive Sonnenenergienutzung im Winter. Der nachwachsende und lokal verfügbare Naturstoff Holz prägt die bauphysikalisch wirksame Primärfassade in raumhoher Pfosten-Riegel-Konstruktion.

Sekundärfassade
Die charaktervolle, äußere Fassadenhülle wird aus sensorisch gesteuerten, öffenbaren Lamellen gebildet. Die Lamellen bestehen aus nicht-brennbaren PTFE-Folie bezogenen Leichtbaukon¬struktionen. Die Lamellen werden dem Sonnenstand nachgeführt und haben die Funktion des Sonnensammlers (mit PV-Folie bedruckte Flächen, große Fassadenfläche gegen Süden) und des Sonnenschutzes (siebbedruckt) im Sommer (g-Wert >0.15), der aktiven und passiven Sonnenenergienutzung im Winter und des ganzjährigen Witterungsschutzes. Die Tragkonsolen der beweglichen Lamellenbefestigung dienen zusätzlich dem Witterungsschutz der Primärfassade.

Dach
Auch die fünfte Ansicht dient als Energiesammler. Zusammen mit dem PV-Flächen der Sekundärfassade erbringen allein die Photovoltaikflächen rund 50% der Stromversorgung des Gebäudes. Das oberste Geschoss ist prädestiniert die notwendigen Technikflächen aufzunehmen, so verkürzen sich insbesondere die Lüftungswege zu den Laboren mit ihrem hohen Lüftungsbedarf.


Energiekonzept
Die Kompaktheit und Ausrichtung des Gebäudes sowie die extrem leistungsfähigen Fassaden minimieren schon vorab den Energiebedarf.
Ein effizientes Gebäudetechnikkonzept mit gefalteten Rippendecken und Hohlraum- bzw. Doppelböden gewährleistet für alle Nutzungsarten (Einzelbüro, Gruppenbüro, Kombizone und Besprechungsräume) hohe Flexibilität.
Zur Wärme- und Kälteerzeugung wird Geothermie nutzbar gemacht. Über Erdsonden wird aus dem Boden Energie gewonnen und mit Hilfe einer Sole-Wasser-Wärmepumpe (Grundlast Wärme/Kälte), die bei Bedarf auch als reversible Kältemaschine genutzt werden kann, dem Gebäude zugeführt. Ein Erdgas¬brennwertkessel deckt Spitzenlasten und Warmlasten der Labore.
Die primären Arbeitsbereiche (Büros) werden mit Fenster- oder Klappenlüftung belüftet und bei hoher Belegungsrate zusätzlich über zentrale Lüftungsanlagen mit Frischluft versorgt.
Die sekundären Arbeitsbereiche in der Kernzone (Schulungsräume, temporäre Besprechungs¬zimmer) werden mechanisch belüftet. Für den Hörsaal ist eine separate CO2-gesteuerte Lüftungsanlage geplant. Die Frischlufteinbringung erfolgt z.B. über Quellluftauslässe im Bodenbereich.
Die Abluft wird an der Decke nahe der Fassade gefasst. Ein effizientes rotierendes Wärme- und Feuchtigkeitsrückgewinnungssystem garantiert einen geringen Wärmeverlust über die Lüftung bei niedrigem Energiebedarf der Anlage (Ziel: Wirkungsgrad >80%).
Die geothermische Anlage dient der Vortemperierung der Zuluft, im Sommer wird die Luft direkt durch die Erdsonde (Freecooling) abgekühlt, im Winter durch Erdsondenwärmepumpe WP via Erdsonde erwärmt.
Die Beheizung und Kühlung der Räume erfolgt durch thermoaktive Decken (TAD) und durch Bodenheizsysteme im Erdgeschoss. Dank der TAD-Decken ist nur eine geringe Vortemperierung der Zuluft notwendig. In die Betondeckenelemente werden wärmeleitende Akustikabsorber „Tabsilent“ integriert. Diese garantieren eine größtmögliche akustische und thermische Behaglichkeit für die Nutzer. Um hohe Kälte- und Wärmelasten zu bedienen eignet sich das „Con4“-Deckensystem mit Reaktionszeiten von wenigen Stunden. Gleichzeitig ist es eine leichte Betonkonstruktion und schont somit Ressourcen. Die Bauteile ermöglichen eine tiefe Vorlauf¬temperatur (~32°C) und verbessern so die Effizienz der eingesetzten Wärmepumpe.
Ein großer Teil des Strombedarfs des Gebäudes (z.B. Kältemaschine, Wärmepumpe, Lüftung, Beleuchtung) kann mittels Photovoltaikanlage auf dem Dach und auf der Fassade bereitgestellt werden. Eine erste Schätzung ergibt einen Energieertrag an Solarstrom von rund 125 MWh/a. Basierend auf der einfachen Bedarfsabschätzung kann mehr als die Hälfte des Strombedarfs mit einer solchen Anlage gedeckt werden. Dieser Anteil ist jedoch stark von der Nutzung und der gewählten Technik im Gebäude abhängig und kann deshalb stark variieren. Die Anlage könnte durch einen Contractor betrieben werden. Der Reststrombedarf kann über Ökostrom eingespeist werden. Für elektrische Anwendungen empfehlen wir dem Bauherrn eine hoch¬wertige Ausrüstung in Haus- und Regeltechnik (z.B. effiziente selbstregelndes Pumpen), Wei߬waren (Energieklasse A+), Beleuchtung und Bürogeräte. So können interne Lasten und Kühlbedarf tief gehalten und somit Komforttemperaturen energieeffizient erzielt werden.
Die Beleuchtung wird mit Tageslicht- und Anwesenheitssensoren automatisch gesteuert. Dazu kann der Nutzer Leuchten z.B. im Büro von Hand abschalten. Das zentrale Gebäudeleitsystem verfügt über die notwendigen Sensoren für die Regelung der Wärme- und Kälteerzeugungs¬anlagen sowie der raumlufttechnischen Anlagen (RLT).


6. Green Building - Neubau Institutsgebäude Geographie, Münster

Das neue Institutsgebäude zeigt neue Wege im Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit auf. Die kraftvolle Kubatur mit der ausdrucksstarken dreidimensionalen Oberflächenstruktur verkörpert ein extrem leistungsfähiges System energie¬erzeugender und energie¬einsparender Komponenten. Seine ungeheure Strahlkraft ist ein Signal für den Innovations- und Forschungs¬standort der Geowissenschaften und für die Stadt Münster.
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OG

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Ansicht

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Fassade

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Nacht

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