modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Einladungswettbewerb | 06/2008

GastronomiegebÀude Strandbad Mannheim-Neckarau

2. Rang

motorplan Architekten BDA

Architektur

Motorlab Architekten

Architektur

ErlÀuterungstext

Topologie - Horizont vs Attraktor
Das Strandbadareal wird rĂ€umlich durch den Rand des Waldparks und der parallel zum Rhein verlaufenden Promenade am Kiesstrand begrenzt. Zwischen diesen RĂ€ndern spannt sich eine weitlĂ€ufige Wiese auf, die wiederum durch vereinzelte Baumgruppen natĂŒrliche (Nutzungs-)Schwerpunkte erhĂ€lt. Als Attraktoren haben die BĂ€ume prĂ€genden Einfluss auf die Verteilung des Besucherstroms und die Orientierung im topologischen Raum des Areals. Sie sind Schattenspender, Ruhezonen und bilden Aufenthaltsinseln im offenen GelĂ€nde.

Gestaltungskonzept - Raster vs. Kurve
Diese strandbadspezifischen rĂ€umlich-kontextuellen Parameter werden abstrahiert auf das architektonische Vokabular des neuen GebĂ€udes ĂŒbertragen: Die cartesianische OrthogonalitĂ€t des Decks wird durch frei geformte bzw. kreisförmige Geometrien zoniert, der Gesamtraum bleibt dadurch im Zusammenhang erlebbar. Die gliedernden Elemente schaffen gemĂ€ĂŸ dem genius loci Bereiche mit unterschiedlichen QualitĂ€ten, die Einzelfunktionen werden klar erkennbar verortet. Bezogen auf das Gesamtareal des Strandbads ist das gestalterisch vorrangige Ziel die Beseitigung der bestehenden ZĂ€sur durch die RĂŒckgebĂ€ude und stattdessen die Wiederherstellung des freien Umfließens des Baukörpers. Die geometrische Ausformulierung der Freianlagen strukturiert das Umfeld und integriert selbstverstĂ€ndlich dienende Funktionen sowie zusĂ€tzliche Freizeitangebote.

Konstruktion - Domino Haus vs Topodeck
Der Neubau des Strandbads formuliert unter Einhaltung der vorgegebenen Kubatur und Lage des Bestands einen aufgestĂ€nderten Baukörper mit maximal transparenter Erdgeschosszone. Das Prinzip des corbusianischen Domino Hauses wird dabei durch freie Geometrien transformiert und um eine Raum-Diagonale erweitert: Die Hauptebene im OG wird topografisch so verformt, dass sie die Promenadenebene und das Deck fließend verbindet und dadurch eine funktionale Erweiterung erfĂ€hrt.
Basierend auf der vorhandenen StĂŒtzenstruktur nutzt die unterzugfreie Stahlbetonkonstruktion des Neubaus (Flachdecken auf RundstĂŒtzen Raster 5.00m x 5.00m) die vorhandene GrĂŒndung. FĂŒr einen optimierten Energiehaushalt sorgen einerseits die rĂ€umliche Kompaktheit und Ausrichtung der beheizbaren RĂ€ume und die Verwendung von hoch gedĂ€mmten Sandwichelementen fĂŒr die Nebenraumfassade und WĂ€rmeschutzverglasungen fĂŒr den Gastraum. Optional bringen eine kontrollierte LĂŒftung mit WĂ€rmerĂŒckgewinnung und eine Bauteilaktivierung weitere Vorteile fĂŒr die Gesamtenergie- und Temperaturbilanz des GebĂ€udes. Die DachbegrĂŒnung trĂ€gt der Lage im Landschaftsschutzgebiet Rechnung und fungiert als RetensionsflĂ€che.
Um Hochwassersicherheit zu gewĂ€hrleisten, wird die Höhe des Oberdecks mit 3.24m festgelegt (OKFB 94.56m ĂŒber NN), die lichte Durchgangshöhe betrĂ€gt 2.84m. ZusĂ€tzlich wird die Belichtung des offenen Erdgeschosses durch Einschnitte im Deck sichergestellt und dadurch das darunter liegende Funktionsangebot auf Promenadenebene inszeniert.

Programm - Zonierung vs Topografie
Das Raumprogramm wird bis auf wenige LagerflĂ€chen und den NassmĂŒllbereich, die Bestandteile des Kiosks auf Promenadenebene bilden und den Technikblock mit AbstellflĂ€che fĂŒr die Freizeitnutzung komplett auf dem Oberdeck abgebildet: Die Freiterrasse im Westen umfasst dabei die HĂ€lfte, der kompakte ganzjĂ€hrig zu nutzende Gastraum im SĂŒden sowie die Nebenraumzone im Norden als Pufferzone mit DachbegrĂŒnung jeweils 1/4 der ProgrammflĂ€che.
Die geschwungene TribĂŒne wird zum attraktiven Aufenthaltsbereich und Treffpunkt an der Promenade und dient zusĂ€tzlich der Erschließung der Terrasse. Der Infrastrukturbereich mit KĂŒche, angegliederten LagerflĂ€chen und KĂŒhlhĂ€usern, getrennten SanitĂ€ranlagen fĂŒr Terrasse und Restaurant, BĂŒro und PersonalrĂ€umen bildet einen RĂŒcken aus ohne den Blick Richtung Waldrand zu versperren: Die beiden Stirnseiten des Decks bleiben offen und erlauben einen Panoramablick, die vermeintliche RĂŒckseite wird Bestandteil der Gesamtkulisse.
Die verglaste Terrassenfassade des Restaurants kann im Sommer vollstĂ€ndig geöffnet werden - der Raum fließt um die zentrale Bar, das komplette Deck wird zum bespielbaren Außenbereich. Der kreisförmige GebĂ€udeausschnitt im Zentrum des Gastraums bildet einen Patio und inszeniert den Hauptzugang zum Restaurant, das der Besucher ĂŒber eine geschwungene Panoramatreppe betritt. Durch VorhĂ€nge können Teile des Raums temporĂ€r abgetrennt werden, um verschiedene Konstellationen und RaumgrĂ¶ĂŸen zu ermöglichen. Eine optionale Dachterrasse als Aussichtsplattform, erschlossen ĂŒber eine einlĂ€ufige Außentreppe im östlichen PanoramabĂŒgel, erweitert das geforderte Funktionsprogramm.

MaterialitÀt - Robustheit vs AtmosphÀre
Die Materialien der Einbauten in der robusten Betontragstruktur sind allesamt dem Vokabular des Schiffsbaus entlehnt: Die leuchtende Sperrholzbeplankung der Bar zitiert einen hölzernen Bootsrumpf, die transluzente Fiberglas-plattenverkleidung des geschwungenen InfrastrukturrĂŒckgrads erinnert an ein gespanntes Yachtsegel, der Holzdielen-boden gleicht einem Schiffsdeck, eine Reling an der Stirnseite inszeniert die gerahmte Rheinperspektive und perforierte Sonnensegel spannen zwischen den StahltrĂ€gern des Terrassendachs. Die dimmbaren Linienleuchten an der Decke zeichnen den Strom der Bewegung nach und klassische Requisiten wie der abgehĂ€ngte offene Kamin bringen zusĂ€tzliche AufenthaltsqualitĂ€t und eine unverwechselbare AtmosphĂ€re.

Strandbad - Landmarke vs Plot
Das Strandbad ist mehr als nur ein GebĂ€ude. Durch das topografisch geformte, die Niveaus verbindende Hauptdeck wird es vielmehr zum robusten Kulturlandschafts-Mobiliar, die textile Segel-HĂŒlle macht es zur weithin sichtbaren und nachts leuchtenden Landmarke. Die Architektur des Baukörpers wird als Teil einer szenischen Handlungsanweisung zu einer programmatischen Erweiterung des Promenadenangebots:
Die zeitgenössische Neuinterpretation des Mannheimer Strandbads als dynamischer Plot am Fluss.