modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Einladungswettbewerb | 09/2008

Prof. Brandes Haus, Zoo Dresden

Blick vom südlichen Besucherweg, Lageplan

Blick vom südlichen Besucherweg, Lageplan

1. Preis

mkk. architekten Mikolajczyk Kessler Kirsten

Architektur

Silke Westphal

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das Professor-Brandes-Haus fügt sich mit seinem unverwechselbaren Charakter sowohl außen als auch innen als Regenwaldhaus in die bestehende Vegetation seiner Umgebung ein. Dies wird durch die Form des Gebäudes, dessen Struktur, die Auswahl der Materialen, der Oberflächenprägung und der Lichtführung erlebbar gemacht.

Besucherführung
Entlang des nördlichen Hauptweges des Dresdner Zoos wird der Besucher am Orang-Utan-Gehege entlanggeführt. Von dort aus verzweigt sich dieser nach rechts und entdeckt wasserumspülte, scheinbar barrierefreie Kletterinseln der Bartaffen und Klammeraffen. An den Außenanlagen entlangspazierend wird man direkt in das neue Tropenhaus ins Halbdunkel geführt. Abwechselnd zwischen hellen und dunklen „Waldzonen“ führt der Weg auf- und absteigend an verschiedenen Affengruppen vorbei bis etwa auf der Hälfte eine „Lichtung“ den Hauptweg quert. Auf einem Holzsteg geht es mit Wasserplätschern und Rascheln der Blätter weiter auf Entdeckungsreise unter einem lichtdurchfluteten „Blätterdach“. Nebenwege erschließen kleinere Affenarten, das Faultier in den Wipfeln der Lichtung und das Leistenkrokodil in seinem Sumpf. Ausblicke und große Glasflächen verbinden außen und innen und lassen die Lichtung zum Außenraum werden. Lernpfade, Spielzonen und Paludarien begleiten die Wege und Pfade.
Über die Waldlichtung hinweg gelangt man wiederum in einen abgedunkelten Bereich. Eine üppige Pflanzinsel lädt zum Verweilen und Beobachten ein. Besondere Lichtstimmungen werden hier punktuell über runde Lichtkuppeln im Dach erzeugt, die den Besucher bis zum Koalagehege führen. Die Besucher werden durch geschwungene Wandführungen in diesen Bereich hineingezogen und stehen scheinbar mitten im Gehege, da auch über ihnen Koalas klettern. Das Gehege kann bei Bedarf mit verändertem Tag-Nacht-Rhythmus geschaltet werden, um die Koalas aktiv zu erleben.

Vorbei am Schaugehege der Mantelaffen geht es wieder hinaus zu deren Kletterinsel im Außenbereich. Lässt man den Blick über die Freianlage schweifen, schaut man von der Lichtung zurück, über Spiel- und Kletterflächen bis hin zu den Felsen der Schneeleoparden. Über verschlungene Wege und einen kleinen Entdeckerpfad gelangt man zu deren natürlich nachempfundener Umgebung. Felsig gestaltete Terrassen bieten den Tieren Schutz vor Licht und Wärme, bieten Kletter- und Verweilmöglichkeiten. Ein Wasserlauf spendet Abkühlung und bahnt sich verbindend den Weg über den Besucherbereich bis zum Regenwaldhaus. Nur durch Glasscheiben getrennt, kann man die Raubkatzen „hautnah“ erleben.

Architektur I Außenraumgestaltung

Die Außengehege werden weitestgehend barrierefrei (ohne Gitter) hergestellt, um dem Besucher ungestörtes Beobachten zu ermöglichen. Ein Wassergraben umgibt die jeweilige Insel der Affen als räumliche Trennung zwischen Tier und Mensch.

Auf der hügeligen Landschaft gibt es Klettermöglichkeiten aus Holzstämmen und Ästen für die Affen. Einzelne Bäume bieten Schutz vor Regen und starker Sonneneinstrahlung. Das Konzept des Kletterns wird über den Außenraum bis hinein in die Schaugehege der Tiere geführt.

Die Themen Wald und Klettern werden architektonisch aufgegriffen und bestimmen das Konzept des gesamten Gebäudekomplexes. Die Lichtstimmungen der verschiedenen Bereiche von hell und dunkel assoziieren die unterschiedlichen Helligkeiten in tropischen Wäldern. Die Innengehege werden durch Lichtkuppeln im Dach punktuell in Szene gesetzt und sind heller als der Besucherbereich. Einzig die „Waldlichtung“ ist lichtdurchflutet und führt mit seinen großzügigen Sichtbeziehungen bis hin zum östlich angrenzenden Großen Garten. Die Grenze wird optisch transparent und vermittelt räumliche Weite.

Die asymmetrische Kubatur des Gebäudes fügt sich flach in den vorhandenen parkähnlichen Baumbewuchs ein. Wände und oberer Abschluss sind geschwungen, um harte Kanten zu brechen und harmonisch mit der Umgebung zu kommunizieren. Die Oberflächen des Gebäudes werden durch die inhomogene eingefärbte „Maserung“ des Sichtbetons und eine einfache Struktur sägerauer Bretterschalung geprägt. Alle Öffnungen ordnen sich der auf die Fassade gelegten diagonalen Baum- und Kletterstruktur unter. Teilweiser Pflanzenbewuchs verstärkt die natürlich erscheinende Oberflächengestaltung.

Logistik

Die gesamte tierpflegerische Logistik bleibt hinter den Kulissen und wird aus funktionalen Gründen im Gebäude abgesenkt, um Querungen mit Besucherwegen zu verhindern.

Sämtliche Innen- und Außengehege sind so von einem zusammenhängenden Pflegergang aus erreichbar. Die Pflegergänge zwischen Innen- und Außengehege entlang der Gebäudefassade sind als verkleidete Einbauten konzipiert, über denen die Tiere weiteren Kletterraum erhalten. Von diesem Gang aus bekommen die Tierpfleger gute Ein- und Ausblicksmöglichkeiten und Sichtkontakt zu Schiebern und Tierlaufgängen, ohne dass sie von den Tieren und Besuchern störend wahrgenommen werden.

Die Anfahrt und Versorgung des Gebäudes erfolgt für die Besucher „unsichtbar“ am Watussistall über einen kleinen Wirtschaftshof mit Lagerflächen.

Die Reservegehege werden dezentral jeweils als Ergänzung der Hauptinnengehege (z.B. Bartaffen, Mantelaffen) angeboten, da ihre Besetzung so weitgehend stressfrei erfolgen kann und zudem ein zusätzlicher (ggf. zeitlich versetzter) Zugang zu Außengehegen ermöglicht wird. Die Lage und Zuordnung der Innen- und Außengehege ist kontinental gegliedert und so gestaltet, dass die verschiedenen Affen keinen Blickkontakt untereinander haben.

Für die zentrale Haustechnik wird in der Gebäudemitte ein großer Raum am Pflegergang vorgehalten. Die horizontale Verteilung der Medien erfolgt über einen Fußbodenkanal im Pflegergangsystem. Für vertikale Technikstränge stehen an den Gebäudeecken und in der Hausmitte ausreichende Schächte zur Verfügung.

Konstruktion, Baustoffe , Energiekonzept
Das Prof.-Brandes-Haus wird aus oberflächenstrukturiertem, eingefärbtem Dämmbeton hergestellt. Die üblichen Zuschläge Kies und Sand werden durch Blähton und Blähglas ersetzt, sodass zu den guten Eigenschaften wie Wärmespeicherung und Formbarkeit auch wärmedämmende Eigenschaften hinzukommen.

Das Dach der massiven Gebäudeteile wird ebenfalls aus Stahlbeton gefertigt. Extensive Dachbegrünung dient dem sommerlichen Wärmeschutz und unterstreicht die harmonische Einfügung in die parkartige Umgebung. Teilweise könnten Kerndachflächen für solare Gewinne technisch ausgestattet werden.

Die Lichtung des Hauses besteht aus einer diagonal kreuzenden Holztragkonstruktion mit außenliegender Wärmeschutzverglasung, um sichtbare Grenzen zwischen außen und innen zu vermeiden. Zusätzlich sorgt außenliegender Sonnenschutz in Form von unterschiedlich schaltbaren Jalousien im Raster der Tragkonstruktion für Verschattung ähnlich eines Blätterdaches.

Die Hauptbe- und Entlüftung der Lichtung und der großen Affengehege erfolgt über zwei zentral gelegene Installationswände (östliche Innenwand der Lichtung). Die kontrollierte Lüftung wird zoniert und über eine Lüftungsanlage gesteuert, um Energiekosten zu senken. Die Eingangsbereiche erhalten Besucherschleusen als Temperaturpuffer.

Das Reich der Schneeleoparden gleicht einer natürlichen Felslandschaft und wird aus Beton nachgebildet. Pylone im Gehege tragen eine leichtes transparent erscheinendes Netzdach. Glasscheiben trennen Besucher und Tier voneinander, lassen aber auch hier die Grenzen optisch aufweichen.


Die Freianlage ist auch vom Großen Garten sichtbar und ist so verbindendes Element zwischen Zoo und Park. Das für Besucher nicht einsehbare Kater-Außengehege der Leoparden ermöglicht dem Tier den Ausblick in den „Großen Garten“ und kann von dort als Zoo-Schaufenster wahrgenommen werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das polygonale Gebäude ist sehr gelungen im Schnittpunkt der zentralen Besucherwege positioniert. Es ordnet sich in der Höhe und in der Lage in das Tierparkgelände harmonisch ein.

Sowohl die Besucherwege, als auch die Ver- und Entsorgungsanbindungen sind sehr gut angeordnet. Die separate Anordnung des Schneeleopardengeheges ist aus funktionalen Gründen konsequent und die Verbindung der Besucherwege zwischen den beiden Gebäudekomplexen ist gut gelöst.

Das Hauptgebäude wird in 2 Bereiche geteilt, die durch eine Glasüberdachte, großzügige „Lichtung“ verbunden sind. Dadurch wird die sehr gute Einbindung der Landschaft in das Gebäude ermöglicht. Die Besucher werden auf sehr interessante Art und Weise durch das Haus geführt und dadurch, dass im Schnittpunkt der beiden Besucherwege eine Lichtdurchflutete Erhöhung vorgesehen ist, werden auch die notwendigen Zugänge für die tierpflegerische Betreuung sehr gut gewährleistet. Die Anordnung der Gehege schließt erfreulicherweise einen direkten Sichtkontakt der einzelnen Tierarten untereinander aus. Allein im Hinblick auf die äußere Gestalt des Hauses und die Verwendung des Materials gibt es in Teilen der Jury bedenken.

Es wird anerkannt, dass der Verfasser auch versucht die Außengehege in ein gestalterisches Gesamtkonzept einzufügen. Dabei steht offensichtlich das Bestreben im Vordergrund, die Wirkung der baulichen Außenhülle nicht durch massive Absperrungen (Gitter, etc.) zu schmälern. Die Praktikabilität der Abgrenzung der Gehege durch Wasser ist ebenso wie die vorgelegte Kostenschätzung nochmals zu überprüfen.

Insgesamt kann diese Arbeit als ein interessanter und gelungener Beitrag zur Entwicklung der Zoologischen Gartens Dresden gewertet werden.
Blick vom südlichen Besucherweg, Lageplan

Blick vom südlichen Besucherweg, Lageplan

Blick in die Lichtung, Grundriss

Blick in die Lichtung, Grundriss

Blick in die Lichtung, Grundriss

Blick in die Lichtung, Grundriss

Innenraumimpressionen, Details

Innenraumimpressionen, Details

Innenraumimpressionen, Details

Innenraumimpressionen, Details

Modell

Modell

Modell

Modell

Modell

Modell

Modell

Modell