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Einladungswettbewerb | 09/2008

Prof. Brandes Haus, Zoo Dresden

2. Preis

heinlewischer

Architektur

Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

Situation
Der Dresdner Zoo ist in seiner rÀumlichen Struktur noch stark vom Lennéschen Konzept der Raumfolgen charakterisiert. Gleichzeitig werden jedoch durch die Vielzahl unterschiedlicher Gehege auch neue rÀumliche Schwerpunkte gesetzt. In diesem Kontext von Enge und Weite, von Dichte und Offenheit sind die zoologischen Themensetzungen eine weitere Bedeutungsebene. Auf Grund der geschichtlichen Entwicklung gibt es derzeit nur in Teilbereichen klare Gruppierungen, andere sind sehr heterogen aufgebaut.

Der Standort des Prof. Brandes-Hauses mit seinem eindrucksvollen Baumbestand bietet die einmalige Chance, den Großen Garten grĂŒnrĂ€umlich mit dem Zoo zu verknĂŒpfen. Dieser unberĂŒhrte „Zoowald“ ist ein Alleinstellungs merkmal im Zoo Dresden und bot den Ausgangspunkt des stĂ€dtebaulichen Konzeptes.

Konzept
Die BĂ€ume des Großen Garten haben scheinbar mĂŒhelos die Grenze zum Zoo ĂŒberwunden. Es sieht aus, als wĂ€re ein großes StĂŒck Großer Garten an dieser Stelle in den Zoo „hineingeschwappt“.
Die bestehenden BĂ€ume wirken wie ein „Park im Park“. Das neue GebĂ€ude schmiegt sich in diesen Park ein. PrĂ€gende Idee des neuen Standortes ist der Wald, als bestehende Kulisse, aber auch als geographische Verbindung zu den Bewohnern des Brandes- Hauses, den Affen.

DER PARK IM TIERPARK
Durch Vor- und RĂŒcksprĂŒnge weicht das neue Haus den bestehenden BĂ€umen aus, bildet mit diesen neue RĂ€ume und wird integrierter Bestandteil des neuen „Zoowaldes“. Die dadurch entstehende Form erinnert an eine große Blume oder den Baumstumpf eines Mammutbaumes. Die organische GebĂ€udeform verhindert dem Wald unangemessene, lange GebĂ€udekanten. Aus der Perspektive des Besuchers ergeben sich immer neue Einblicke und sich Ă€ndernde RĂ€umlichkeiten.

Das Haus weicht nicht nur in seiner Ă€ußeren Geometrie den BĂ€umen aus, sondern integriert durch große Innenhöfe (Freigehege) auch BĂ€ume im Ge-bĂ€ude. Somit verzahnt sich das GebĂ€ude komplett mit dem Park.

NEUE WEGE DURCH DEN PARK
Standort des neuen GebĂ€udes ist der nördliche Teil des Wettbewerbsgebietes. Die kleine platzartige Situation am bestehenden Orang-Utan-Haus mit dem dazugehörigen Freigehege bildet den neuen Eingang in das neue Prof. Brandes-Haus und den umgebenden „Affenwald“. Durch das GebĂ€ude verlĂ€uft in nord-sĂŒdlicher Richtung der neue Waldlichtungspfad. Das GebĂ€ude hat zwei Zu-gĂ€nge; der Zoobesucher kann das Haus von Norden oder SĂŒden betreten.

Die neue Nord-SĂŒd-Verbindung durch das Haus mĂŒndet auf der sĂŒdlichen Wegeachse des Zoo. Es entsteht der neue „Weg der Affen“ vom Orang-Utan-Haus ĂŒber das Prof. Brandes-Haus bis zum Affenfelsen am Spielplatz.

Die nördliche Lage des Hauses lĂ€sst dem Zoo alle Möglichkeiten fĂŒr eine weitere Entwicklung der sĂŒdlichen Freigehege. Die bestehenden Huftieranlagen im sĂŒdlichen Bereich könnten trotz des Neubaus bestehen bleiben.

Das Haus
Das stĂ€dtebauliche Thema der Verzahnung von Natur und Haus wurde in das GebĂ€ude ĂŒbertragen. Der flache Bau körper ĂŒberlĂ€sst die vertikale Dominanz den BĂ€umen. Das Haus bleibt in seiner Höhenentwicklung nur im Stamm bereich der BĂ€ume. Das Thema Stamm wurde Gestaltungsthema der Fassade. Wie BĂ€ume im Wind, bewegen sich auch die vertikalen Fassadenelemente leicht in alle Richtungen. Dadurch wird eine aus dem Thema Stamm und Borke hergeleitete PlastizitĂ€t in der Fassade erreicht. EingĂ€nge und GlasflĂ€chen sind große „Spalte in der Borke“. Das GebĂ€ude verschwimmt mit der Natur.

Die Außengehege sind als großer „Innenhof“ (Lichtungen) Teil des Hauses. An den Standorten der Außengehege wurden wichtige BestandsbĂ€ume in das Haus integriert. Die Abtrennung der Gehege innen und außen erfolgt, soweit aus tierhalterischer Sicht möglich, mit Netzen, um keine optischen Barrieren zwischen Tier, Besucher und Natur entstehen zu lassen.

Das GebĂ€ude hat zwei gleichberechtigte ZugĂ€nge von Norden und SĂŒden. Das Innere des GebĂ€udes ist als durch- gehender Pfad durch den Landschaftsraum der „Bewohner“ des Hauses gedacht. Der aus dem „Affenwald“ kommende Besucher betritt eine eigene grĂŒne Welt. Große Oberlichter sorgen fĂŒr eine „geheimnisvolle“ DschungelatmosphĂ€re und erinnern an den Lichteinfall im Regenwald. Seitliches Licht fĂ€llt durch raumhohe „Spalten“ in der Fassade. Aus dem Inneren kann man sowohl die Innengehege als auch die Außengehege sehen.

Durch das GebĂ€ude schlĂ€ngelt sich ein Höhenpfad hindurch, der an beiden EingĂ€ngen beginnt (oder endet). Dadurch ist es möglich, den Tieren, die vorwiegend in den BĂ€umen leben, „Aug in Aug“ gegenĂŒber zu stehen.

Der gesamte Funktionsbereich (FutterkĂŒche, Anlieferung) wurde in den östlichen Bereich des Hauses plaziert und ist im GebĂ€ude fĂŒr den Besucher nicht erkennbar. Die Ă€ußere Anlieferung kann somit mit einem kurzen Stichweg vom nördlichen Besucherweg des Zoo erfolgen.

Konstruktion
Auf Grund der kurzen Umsetzungszeit und des begrenzten Budgets wurde eine einfache handwerkliche Konstruktion gewĂ€hlt. Auf große Spannweiten und komplizierte Tragsysteme wurde verzichtet. Tragende AußenwĂ€nde mit wenigen InnenstĂŒtzen bilden das Tragsystem. Auf Grund der geringen Spannweiten kann die Decke als Stahlbetonflachdecke oder aus einer leichten BSH-Konstruktion erstellt werden. Das Haus ist komplett gedĂ€mmt. Die GebĂ€udehĂŒlle besteht aus einer hinterlĂŒfteten Fassade aus farbigen Betonelementen, die oben und unten an der Decken- und Sockelplatte verankert werden.

Die GrĂŒndung erfolgt ĂŒber eine massive Betonplatte (ca. 30 cm), die im Randbereich zur Aufnahme der StĂŒtzenlasten verstĂ€rkt ist. Der Boden besteht aus Verbundestrich im GefĂ€lle mit einer EP-Beschichtung und darĂŒberliegendem Natureinstreu (Erde, Mulch). Zur GewĂ€hrleistung der fĂŒr die Tiere nötigen UV-Versorgung sind viele große Oberlichter ĂŒber den Gehegen und der Waldlichtung eingebaut. LĂŒftungsöffnungen ermöglichen eine natĂŒrliche BelĂŒftung des GebĂ€udes. Die Heizung
erfolgt ĂŒber Deckenluftheizer.

Freigehege
Auch die sehr vielfĂ€ltigen funktionalen Anforderungen an das Prof. Brandes-Haus erfordern eine innere wie auch Ă€ußere Themensetzung, die dem Besucher ein schlĂŒssiges Erlebnis von LebensrĂ€umen wie auch zoologischen Merkmalen einzelner Tiergruppen ermöglicht. Vor diesem Hintergrund wird vorgeschlagen, das Schneeleoparden-Gehege grundsĂ€tzlich auszulagern und sĂŒdlich des bisherigen Standortes neu zu errichten.

Die sich nach außen öffnenden Anlagen des Prof. Brandes-Hauses sind nunmehr ausschließlich Affengehege und die damit zusammenhĂ€ngenden Themen werden zu einer ĂŒbergreifenden IdentitĂ€t des GebĂ€udes entwickelt. In ErgĂ€nzung des erhalten gebliebenen Baumbestandes werden verdichtete Baumgruppen gesetzt, die mit ihrem hohen Kronenansatz und der Stammgruppierung das Thema „Affen“ und „Klettern“ in den Mittelpunkt stellen. Die Baumpflanzungen verbinden gleichzeitig die Außengehege mit der Umgebung. Das Thema greift ĂŒber, auch die Menschen werden von einer Lust zum Klettern, einer Lust an Bewegung, erfasst.

Der aus der BerĂŒcksichtigung des vorhandenen Baumbestandes begrĂŒndete GebĂ€udegrundriss ermöglicht die Ausbildung differenzierter ThemenrĂ€ume, die sich jeweils an den unterschiedlichen Außengehegen orientieren. Dabei entstehen deutlich akzentuierte „Mikrolandschaften“, die die geografischen mit den zoologischen Merkmalen verbinden.

„Abbesinischer BrĂŒllwald“, „Llanos Klammerwald“, Tehuantepec Springwald“ und „Westgahts Kletterwald“ lassen die Tiere in unterschiedlichen LebensrĂ€umen erlebbar werden und ermöglichen den Besuchern Wissenszuwachs neben eigenen körperlichen Erfahrungen. Vor allem fĂŒr Kinder verschiedener Altersgruppen werden im Umfeld Möglichkeiten geschaffen, den Zoobesuch mit neuen Erlebnissen zu verbinden. Wer zum Beispiel im „Westgahts Kletterwald“ die am Gehege aufgehĂ€ngten Seile erklimmt, kann direkt unterhalb der Baumkronen den Affen Auge in Auge gegenĂŒber sitzen.

Das Schneeleoparden-Gehege wird sowohl rĂ€umlich als auch gestalterisch vom Prof. Brandes-Hauses separiert. Eine Szenerie aus dunklen Felsen schafft vor dem grĂŒnen Gehölzband des Kaitzbaches die Kulisse fĂŒr ein einprĂ€gsames Erlebnis der Tiere. Dieses Motiv kann nördlich des Geheges (jetziger Standort) fortgesetzt und dort mit weiteren Tieren des Lebensraumes besetzt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser erkennen die besondere QualitĂ€t des Baumbestandes als „Park im Park“ und Übergang zum Großen Garten. Durch die organische Form gelingt eine ĂŒberzeugende Einbettung des Volumens in diesen „Zoowald“. Dem Konzept folgt die Integration der Freigehege in den Baukörper. Diese Entscheidung hat allerdings auch zur Folge, dass sich die Höhe der Innen- und Außenbereiche entspricht, was als spannungslos gewertet werden kann. Aus tierpflegerischer Sicht birgt die Integration Vorteile; da sich die Tiere in der kalten Jahreszeit lĂ€nger draußen aufhalten können.

Die Schneeleopardenanlage wird als eigenstĂ€ndig gestalteter Bereich entworfen und der Rundweg hier ĂŒberzeugend belebt.

Der Besucher wird im Inneren geschickt an Innen- und Außengehegen entlang gefĂŒhrt. Auch der zentrale Bereich an der WasserflĂ€che wirkt großzĂŒgig gestaltet. Der in der Perspektive zu sehende Höhenweg wird als weiteres Angebot begrĂŒĂŸt, lĂ€sst aber gestalterisch und konstruktiv noch viele Fragen offen.

Die Lage des Wirtschaftsbereiches mit der Andienung ist ungĂŒnstig und hĂ€tte sich nach SĂŒden orientieren mĂŒssen. Auch die Kreuzung von Besucher- und Tierpflegerwegen wird abgelehnt.

Insgesamt ein interessanter Beitrag, der bei einer Umsetzung jedoch in den genannten Bereichen ĂŒberarbeitet werden mĂŒsste.