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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2009

Neugestaltung des Entenanger Kassel

Ankauf

faktorgruen

Landschaftsarchitektur

Fichtner Water & Transportation GmbH

Verkehrsplanung

ErlÀuterungstext

"DĂ©jĂ -vu" oder das Comeback der 50er

Wie kaum in einer anderen deutschen Stadt lebt in Kassel noch die Nachkriegs- und Wiederauf-bauarchitektur der 50er Jahre. Die Wiederentdeckung der Nachkriegsmoderne birgt die Chance der Bildung von IdentitĂ€t fĂŒr die Bewohner von Kassel. Die Architektur ist geprĂ€gt von Dynamik, Leichtigkeit und Transparenz, durch Anti-Hierarchie, Anti-Symmetrie und Anti-GrĂ¶ĂŸe. WĂ€hrend sich das Außenbild der GebĂ€ude durch schlichte, strikt orthogonale Architektur auszeichnet, finden sich im Inneren dynamische, geschwungene Formen, im Wohnzimmer herrschen Nierentisch und TĂŒtenlampe.
Der einzigartige Stadtraum des Entenangers, ein Produkt der Idee von der gegliederten und aufge-lockerten Stadt, versteht sich als Wohnzimmer im StadtgefĂŒge, fĂŒr die Anwohner und Besucher des Quartiers. Der derzeit stark vom ruhenden Verkehr dominierte Entenanger erhĂ€lt eine neue, moderne und zeitgemĂ€ĂŸe Gestaltung. Doch kommen uns die Formen nicht auch irgendwie be-kannt vor?

Gestaltung
Der neue Entenanger begreift sich als Quartiersplatz im Sinne eines „grĂŒnen Angers mit urbaner PrĂ€gung“. Die Platzgestaltung erstreckt sich von Hauskante bis Hauskante und bezieht die funkti-onalen Elemente wie Straße und ParkplĂ€tze wie selbstverstĂ€ndlich in die Gestaltung ein. Die Gehwege bilden zusammen mit dem Band der Straße einen Rahmen fĂŒr den zentralen Platz.
Das Motiv des locker ĂŒberstellten Baumplatzes wird aufgegriffen und weiterentwickelt. Als Zitat der Formensprache aus den 50er Jahren greifen die „Wasserlinsen“ sowohl das Motiv des Angers, sowie auch die historischen Namensgeber des Platzes, die Enten, in spielerischer Form auf. GrĂŒ-ne Linsen in „Nierentischform“ sind locker ĂŒber den Platz verstreut, wobei deren Dichte von Wes-ten nach Osten zunimmt. Es entsteht ein fließender Übergang von stĂ€dtisch urbaner Gestaltung im Übergang vom Königsplatz hin zu einer eher grĂŒnbetonten Ausbildung in Richtung Fuldaaue.
Die vorhandenen BĂ€ume werden in die neue Gestaltung einbezogen, wobei die Platzkanten durch Entfernen einzelner BĂ€ume freigestellt werden. Es wird vorgeschlagen, die Gleditschie als neue Baumart einzufĂŒhren, und den Baumbestand langfristig behutsam umzubauen. Die Gleditschie erzeugt mit ihrem hellen, gefiederten Laub eine freundliche AtmosphĂ€re, im Zusammenspiel mit den vorhandenen Ahorn und Robinien entsteht ein lockeres und lichtes Baumdach.

Nutzung
Die Gestaltung des Entenangers sollte in jede Richtung durchlĂ€ssig, transparent und vor allem barrierefrei und somit offen fĂŒr die vielfĂ€ltigsten Nutzungen sein. Die Topografie des Platzes wird aufgenommen und bewusst in das Konzept einbezogen. Das obere Ende des Platzes im Bereich der Kinder- und Jugendbibliothek wird leicht eingetieft, das untere Ende dagegen etwas herausge-hoben, dadurch werden die Anfangs- und Endpunkte in ihrer Bedeutung gestĂ€rkt. Durch die Baumstellung sowie die Anordnung der „Wasserlinsen“ entstehen TeilrĂ€ume innerhalb des Ge-samtplatzes mit jeweils eigenem Charakter und Nutzungsmöglichkeit, ohne den Gesamteindruck zu stören.
Die vorhandenen Gastronomiebetriebe erhalten breite Gehwege und Vorzonen fĂŒr die Bestuhlung mit Außengastronomie, die Bewirtung kann sich auch auf den zentralen Platz erstrecken.

Verkehr
Das Prinzip der umlaufenden Einbahnstraßen wird beibehalten. Der Fahrradverkehr wird auf der Fahrbahn gefĂŒhrt. Im Bereich des Steinwegs wird ein zusĂ€tzlicher Fuß- und FahrradĂŒberweg vor-geschlagen, dadurch kann eine großzĂŒgige Anbindung an den GrĂŒnraum der Fuldaaue geschaffen werden.

BelÀge und Materialien
Der historische Belag des Basalt-Pflasters, der auch im gesamten Bereich der Altstadt bis hin zur Martinskirche zu finden ist, wird aufgegriffen und als identitĂ€ts-stiftendes Material fĂŒr den gesamten Bereich des Entenangers vorgeschlagen. Im PassĂ©-Verband verlegt entsteht ein ungerichteter Belag, der eine offene PlatzflĂ€che erzeugt. Durch diesen Belag können auch alle GefĂ€lle-Situationen und AnschlĂŒsse problemlos gelöst werden. Im Gegensatz zu diesem eher dunklen Material sind die Einfassungen der „Wasserlinsen“ in hellem Beton gehalten und erzeugen einen starken Kontrast. Der Asphaltbelag der umgebenden Straße fĂŒgt sich farblich ein, und wird Be-standteil der Platzgestaltung. Das „GrĂŒn“ der Linsen bringt Farbe und harmoniert mit dem Belag.

Parken
Entlang der umlaufenden Erschließungsstraße werden LĂ€ngsparker angeordnet. Diese dienen sowohl als Anwohner- sowie auch als BesucherparkplĂ€tze fĂŒr die LĂ€den und GeschĂ€fte. Die Besu-cherparkplĂ€tze werden als Kurzzeitparker ausgewiesen und bewirtschaftet. Der zentrale Platzbe-reich sollte frei von ParkplĂ€tzen sein. Lediglich die BehindertenstellplĂ€tze können in Form von SchrĂ€gparkern auf dem Platz integriert werden, diese werden seltener in Anspruch genommen. Es können ca. 42 StellplĂ€tze angeboten werden, zuzĂŒglich der 6 StellplĂ€tze fĂŒr Behinderte. FĂŒr Langzeitparker und Besucher der FußgĂ€ngerzone wird auf die umliegenden Parkmöglichkeiten in ParkhĂ€usern und offenen StellplĂ€tzen verwiesen.

Wasserkonzept / Spiel
Auch das Wasserkonzept greift das Thema der Enten nochmals auf. Wie selbstverstĂ€ndlich wer-den einzelne „Wasser-Linsen“ als Spielinseln integriert. Diese sind Bestandteil des Gesamtkon-zepts und bieten Spiel- und Erlebnismöglichkeiten fĂŒr alle Altersgruppen und Generationen.
Am höchsten Punkt des Platzes sprudelt das Wasser aus dem Platz und nimmt seinen Anfang. Über den Platz verteilt tritt es in verschiedenen Formen, wie Sprudeln, Fliessen oder Spritzen wie-der in Erscheinung. Am Ende des Platzes kommt es in Form eines Spiegelbeckens, dem „Enten-teich“ zur Ruhe und bildet einen Ort der Kontemplation und des Verweilens. Durch die Choreogra-fie des Wassers entstehen Orte mit verschiedener Erlebnis- und AufenthaltsqualitĂ€t auf dem Platz.
Der Entenliesel-Brunnen wird wie selbstverstÀndlich in das Wasserkonzept integriert.

Ausstattung / Möblierung
Die „Wasserlinsen“ sind durch ihre Einfassung in form einer umlaufende Sitzkante zugleich Platz-möbel. Dadurch kann auf eine zusĂ€tzliche Möblierung weitestgehend verzichtet werden. In Teilbe-reichen kann durch die Integration von Sitzauflagen, teilweise mit RĂŒckenlehne, die Bildung von einzelnen RĂ€umen oder Sitzgruppen unterstĂŒtzt und herausgearbeitet werden.

Beleuchtung
Einzelne „Wasserlinsen“ beherbergen LichtbĂ€nder, nachts schweben diese förmlich auf dem Platz, und beleuchten diesen ohne zusĂ€tzliche, störende Einbauten. Die Wasserspiele werden ebenfalls durch Licht inszeniert. Entlang der FahrbahnrĂ€nder werden einfache Lichtstelen, wie sie an ande-rer Stelle bereits in Kassel verwendet werden, zur verkehrssicheren Ausleuchtung der Fahrbahnen und Gehwege vorgeschlagen.

Topografie / Barrierefreiheit
Der Platz weist in Ost-Westrichtung im Mittel derzeit ein GefĂ€lle von ca. 4,3 % auf. Dieses wird durch die vorgeschlagene Gestaltung im zentralen Bereich auf ca. 3,5 % gedrĂŒckt, der Platz wird damit deutlich nutzbarer und erlebbarer. Der gesamte Platzbereich ist an jeder Stelle barrierefrei zu queren, durch die Anordnung der Linsen entsteht aber auch ein Wegenetz, das es dem Roll-stuhlfahrer ermöglicht, den Platz auf serpentinenartigen Wegen mit einer Neigung von unter 3 % zu befahren.

MarstÀller Platz
Der MarstĂ€ller Platz wird in das Gesamtkonzept einbezogen. Die Markthalle öffnet sich zur TrĂ€n-kepforte hin mit Gastronomie und Außenbewirtung. Der Wochenmarkt sollte langfristig auch auf diese FlĂ€che verlegt werden. Dadurch entsteht eine StĂ€rkung der Achse und bessere Anbindung an die Altstadt und die FußgĂ€ngerzone.