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Begrenzt offener Realisierungswettbewerb mit Ideenteil | 04/2009

Neubau einer Synagoge mit Ideenteil für die weitere Grundstücksfläche in Potsdam-Mitte

Ankauf

Thomas Müller Ivan Reimann Gesellschaft von Architekten mbH

Architektur

Vogt Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Neubau einer Synagoge in der Potsdamer Mitte

Mit dem in der Wettbewerbsaufgabe vorgegebenen Standort für die neue Synagoge wird vorausgesetzt, dass die Synagoge in den Rand des neu entstehenden Blocks am Steubenplatz integriert wird. Soll sich die erste Synagoge, die nach dem Krieg in Potsdam gebaut wird, in eine Rekonstruktion der zerstörten Blockrandbebauung einfügen? Soll man die funktionalen Nachteile in Kauf nehmen, die sich aus der dann notwendigen Stapelung verschiedener Programmteile ergeben?

Wir haben diese Frage mit Nein beantwortet. Durch die von uns vorgeschlagene Veränderung des Standorts ergeben sich eine Reihe von programmatischen, städtebaulichen und funktionalen Vorteilen.

Wir suchen bewusst nicht nach eindeutigen, symbolischen Verweisen. Vielmehr möchten wir, dass das Gebäude durch seine Volumetrie, Beziehungen zwischen den Baukörpern und den Fassaden aufbaut. Die Gestaltung der Außen- und Innenräume soll verschiedene Assoziationen ermöglichen und unterschiedliche Interpretationen erlauben.

Die Synagoge besetzt die Ecke zwischen der Schloß- und der Friedrich-Ebert-Straße des neu zu bebauenden Blockes. Sie ist ein Teil dieses Blockes, orientiert sich an der Maßstäblichkeit der Nachbarbebauung, setzt sich aber als ein eigenständiges, klar sichtbares Bauwerk, volumetrisch und durch ihren architektonischen Ausdruck von den übrigen Gebäuden ab. Sie wird ein Teil des Ensembles wichtiger Monumente im Zentrum Potsdams. Die beiden wichtigsten Programmteile, die Synagoge und das Gemeindezentrum bilden zwei versetzte, schräg zueinander angeordnete Bauteile, die durch das Foyer und die straßenbegleitenden Mauern zu einem Bauwerk werden. Im Inneren entsteht eine Abfolge miteinander korrespondierender, geschützter Innen- und Außenräume. Innen- und Außenräume sehen wir als gleichwertig an, sie gehen ineinander über, sie können miteinander verbunden und flexibel genutzt werden.

Die Synagoge und das Gemeindezentrum werden durch einen zum Süden hin gerichteten Eingangshof betreten. Von hier aus gelangt man entweder in das Foyer, welches als Fortsetzung des Eingangshofes konzipiert wurde oder direkt in die Synagoge bzw. in das zentrale Treppenhaus. Der Boden des Eingangshofes ist mit Naturstein belegt. Er ist leer, so dass sich Möglichkeiten für informelle Begegnungen und Gespräche ergeben. Eine libanesische Zeder belebt den Raum und spendet im Sommer Schatten. Eine bronzene Wasserschale spendet Wasser zum Trinken und Reinigen, der Himmel spiegelt sich in der Wasserfläche.

Das Foyer ist ein Übergang zwischen den einzelnen Räumen und Programmbereichen. Vom Foyer sind die wichtigsten Räume direkt einsehbar und zugänglich. Das Foyer kann einem oder mehreren Räumen zugeschaltet werden, so dass sich je nach Anlass ganz verschiedene räumliche Konstellationen ergeben.

Durch die Verschiebung der beiden Baukörper der Synagoge und des Gemeindezentrums, entsteht im Osten ein geschützter Gartenhof. Er dient als räumliche Erweiterung des Foyers und des Versammlungs-Saals. Im Garten werden wohlriechende Kräuter und ein russischer Olivebaum gepflanzt. Hier kann die Laubhütte aufgestellt werden.

Die Synagoge wird als ein eigener, geschlossener Baukörper ausgebildet. Sie kann sowohl von dem Eingangshof als auch vom Foyer aus betreten werden. Der kleine Gebetsraum ist dem Hauptraum vorgelagert und kann mit den beiden kleineren Eingangsräumen verbunden werden, so dass bei Bedarf eine großzügige Vorhalle entsteht. Dem quadratischen Hauptraum wird ein Oktogon eingeschrieben, an dessen nach Jerusalem gerichteter Seite der Tora-Schrein steht. Der Boden des Oktogons ist um zwei Stufen vertieft. In der Vertiefung wird, wie eine Intarsie, ein Holzboden eingelegt, aus dem alle Möbelelemente herauswachsen. Das Oktogon wird durch raumhohe Vorhänge aus feinem Metallgewebe gefasst, welche sich im Deckenbereich kreuzen und so ein unverwechselbares sternförmiges Ornament entstehen lassen. Das darüberliegende Dach ist verglast. Der durch die Gewebebahnen geformte Baldachin, welcher vielleicht ein uraltes Stiftszelt assoziieren lässt, löst sich beim Blick nach oben im Gegenlicht auf und wird entmaterialisiert. Die Frauenempore umschreibt den oktogonalen Innenraum und gibt ihm eine zusätzliche räumliche Fassung.

Der Kidduschraum, der Versammlungssaal, sowie der Raum für den Rabbiner sind dem Foyer zugeordnet. Sie können durch raumtrennende Elemente unterschiedlich gestaltet werden. So kann z.B. ein Teil des Versammlungssaals abgetrennt und bei einem größeren Zusammentreffen dem Kidduschraum zugeordnet werden. Der Saal kann im Sommer mit dem Gartenhof verbunden werden.

Alle weiteren Räume des Gemeindezentrums, also die Seminar- und Unterrichtsräume sowie die Büroräume befinden sich in den Obergeschossen des Gemeindezentrums. Sie orientieren sich zur Synagoge und den beiden Gartenhöfen. Die räumliche und programmatische Einheit der Synagoge und des jüdischen Gemeindehauses wir auf diese Art zusätzlich betont.

Die Synagoge und das Gemeindehaus präsentieren sich als ein selbstbewusstes Bauwerk, welches in seiner Farbigkeit, Materialität, Maßstäblichkeit und seinen Außenraumbezügen mit der Umgebung bewusst korrespondieren will, ohne seine architektonische Eigenständigkeit aufzugeben.

Die Fassaden der steinernen, plastischen Baukörper sind mit einem beigen Kalkstein verkleidet. Im Bereich der Synagoge wird die Plastizität des Baukörpers durch ein Relief aus leicht vor- und zurückspringenden Flächen betont. Die Fensteröffnungen wirken wie Einschnitte, die Ausrichtung der Leibungen korrespondiert jeweils mit der Geometrie der Baukörper. Die steinernen Außenfassaden kontrastieren mit der zur Synagoge und zu den Höfen gerichteten leichten, offenen Fassade des Gemeindehauses. Es gewinnt innerhalb der Gesamtanlage einen eigenständigen Charakter, welcher die Beziehungen zwischen den Baukörpern betont. Die Eigenständigkeit und Offenheit der Fassade wird unterstützt durch das Spiel der hölzernen Sonnenschutzläden.

Das Gebäude wird in Stahlbeton errichtet. Der Innenausbau einzelner Nutzungsbereiche ist einheitlich und einfach. Die öffentlichen Bereiche des Erdgeschosses haben Natursteinböden, verputzte Wände und Natursteinverkleidung dort, wo sich die Baukörper im Foyer abzeichnen. In den oberen Geschossen sehen wir einen einfachen Ausbau vor: Linoleum bzw. Teppichboden, Gipskartonwände, Holztüren in einer Metallzarge. Die Stahlbetondecken werden gespachtelt; es werden keine abgehängte Decken vorgesehen. Der Boden der Synagoge ist mit Naturstein ausgelegt, im Bereich des Oktogons wird ein Holzboden eingelegt. Alle oberirdischen Räume können natürlich belichtet, gelüftet und entraucht werden. In der Synagoge ist eine Fußbodenheizung vorgesehen, ansonsten erhalten die Räume stationäre Heizkörper.

Die Gebäude des Ideenteils versuchen sich typologisch, maßstäblich und in ihrer Fassadengestaltung in die Architektur der Potsdamer Mitte einzufügen. Die Synagoge und das Gemeindezentrum trennen die zu beplanenden Grundstücke in zwei Teilbereiche. An der Schloßstraße schlagen wir vor ein Wohnhaus, an der stark befahrenen Friedrich-Ebert-Straße ein Bürogebäude mit Ladenflächen zu bauen.