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Begrenzt offener kooperativer Realisierungswettbewerb nach 2.4 GRW 1995 | 05/2009

Boulevard der Stars Berlin-Mitte

1. Preis

GRAFT Gesellschaft von Architekten mbH

Architektur

ART+COM AG

Design

Erläuterungstext

KONZEPT

Boulevard der Stars
Berlin, die historisch wohl wichtigste europäische Filmmetropole, hat sich entschieden ihren Filmschaffenden einen Boulevard zu widmen. Die Ehrung der Filmstars entlang des Boulevards soll sich hierbei deutlich von den bisher schon existierenden „Walks of Fame“ unterscheiden und eine „intelligente“, Berlin gerecht werdende Fortführung darstellen.

Das Ziel des gemeinsamen Entwurfs der beiden Berliner Büros ART+COM und GRAFT ist es, über die Gestaltung eines Objekts, welches den einzelnen Star ehrt, hinauszugehen und innerhalb des Budgetrahmens eine ganzheitlich inszenierte städtebauliche Lösung zu finden. Die Formfindung und der Inszenierungsansatz entlehnen sich hierbei konsequenterweise Motiven und Techniken der Filmwelt.

Grand Boulevard der Stars
Der Boulevard der (Film-) Stars bildet den Auftakt zu einem Grand Boulevard der Künste zwischen Potsdamer Platz und Nationalgalerie. Vier Abschnitte entlang der Potsdamerstraße werden den Schaffensbereichen Film, Musik, Gestaltung und Bildende Kunst gewidmet.

Als urbane Geste unterstreichen die vier Boulevards die Bedeutung der Künste für die Stadt Berlin. Ein Informationssystem auf Veranstaltungsorte und konkrete Veranstaltungen hinweist, stimmt Besucher auf die thematischen Angebote in der Umgebung des jeweiligen Boulevards ein.

Die einzelnen Abschnitte des Grand Boulevard werden ihren Disziplinen entsprechend jeweils eigenständig inszeniert. Boulevard der Stars: „Premierendefilee auf dem roten Teppich“.

Der Mittelbereich der Potsdamer Straße zwischen Potsdamer Platz und Ben-Gurion-Straße ist als Straßenbahntrasse deklariert und wirkt momentan weder architektonisch noch landschaftsplanerisch als gestalteter innerstädtischer Ort. Der eingereichte Entwurf fokussiert diesen Bereich und schlägt eine Lösung vor, die sowohl vor als auch nach dem Bau und der Inbetriebnahme der Straßenbahn funktioniert.

Der Inszenierungsansatz:
Die bekannten „Walks of Fame“ beschränken sich allesamt auf die Aneinanderreihung von meist Sternen nachempfundenen „Erinnerungsobjekten“. Um über diesen Ansatz hinauszugehen wurde eine ganzheitliche Inszenierungsidee entwickelt. Da es sich bei der Aufnahme um eine Würdigung handelt, wurde der Inszenierungsansatz auch einem Moment der öffentlichen Ehrung von Filmschaffenden entlehnt, nämlich dem des Premierendefilees auf dem roten Teppich.

Übersetzt wird diese Premierensituation durch vier inszenatorische Elemente:

1. Roter Teppich
2. Die Stars
3. Kameras
4. Scheinwerfer

1: Roter Teppich:
Ein roter Teppich aus gefärbtem Asphalt bildet die Grundfläche des Boulevards. Beginnend am Potsdamer Platz zieht er sich auf dem Mittelbereich der Potsdamer Straße bis hin zur Ben-Gurion-Straße. Um auf die Inszenierung im Mittelbereich hinzuweisen, streift er die Gehwege auf beiden Seiten. Er weitet sich vor Gebäuden wie dem Filmmuseum aus und führt zu deren Eingängen. Am Potsdamer Platz und an der Ben-Gurion-Straße ist der Teppich „umgeschlagen“ und wird zur Informationsfläche (Schriftzug „Boulevards der Stars“, Verortung der Stars auf einer Karte, Hinweis auf wichtige Gebäude, die im Umfeld mit Film in Verbindung zu bringen sind ...). An einigen Stellen wellt sich der Teppich auf und wird für die auf ihm Flanierenden zu Sitzbänken. Der rote Teppich ist gleichzeitig der rote Faden durch die Filmgeschichte.

2: Die Stars verortet durch Sterne:
Die Stars werden durch das im Titel des Boulevards auftauchende und gelernte Motiv des Sterns repräsentiert. Die Sterne aus polierter Bronze sind als kleine Pretiosen flächenbündig in den „Teppich“ eingelassen. Name, Beruf, Lebensdaten sowie ein Autogramm des Stars sind eingraviert. Der Beruf wird hierbei in Deutsch und Englisch vermerkt. (Auf Piktogramme wurde bewusst verzichtet, da es für die Berufsbilder im Film keine gelernten und eindeutigen Symbole gibt. Die Note kann Sänger als auch Komponist bedeuten, die Schere kann Kostümbildner als auch Cutter bedeuten...) Die typografische Haltung ist geprägt von einer glamourös wirkenden Schrifttype, die so gesetzt wird, dass sie dem einzelnen Namen ein klares Gesicht gibt. Sie ist zudem so angelegt, dass, falls die Sternform nicht gewünscht ist, die Schriftzüge auch ohne den sie tragenden Stern direkt in den Asphalt eingelassen werden können. Hierbei werden die einzelnen Buchstaben des Namens in Bronze gegossen, der Asphalt per Laser präzise geschnitten und die Bronzebuchstaben wie Intarsien in den Asphalt eingelegt. Berufsbezeichnung, Lebensdaten und Unterschrift werden dann als Block eingelassen.

3. Kameras:
Auf dem roten Teppich sind abstrahierte Kameras platziert. Sie “erwecken die Stars zum Leben”. Die „Kameras“ basieren auf einem im 19. Jahrhundert von John Pepper erfundenen Bühnentrick, der bis heute im Film eingesetzt wird. Beim dem so genannten „Peppers Ghost“ wird ein Bild mit Hilfe eines verspiegelten Glases „geisterhaft“ ins Blickfeld des Betrachters projiziert. Schaut man durch das Okular der „Kamera“ so sieht man die Stars über dem Stern, der sie repräsentiert, schweben. Pro Kamera können zwischen ein und fünf Stars repräsentiert werden.

Die Inszenierung lädt zum mitmachen ein:
Die Besucher des Boulevards können durch die „Peppers Ghost Kameras“ hindurch die Stars auf dem Boulevard fotografieren oder sich mit ihnen fotografieren lassen. Die Aufforderung hierzu wird auf den oben erwähnten Informationsflächen zu Beginn des Teppichs gegeben. Die „Peppers Ghost Kameras“ sind leicht zu installierende und einfach zu wartende no-tech Objekte, die ohne Strom und Elektrik auskommen.

4. Scheinwerfer:
An den schon existierenden stromführenden Lichtmasten wird pro Star ein kleiner Scheinwerfer angebracht. Dieser setzt abends und nachts seinen Stern ins Rampenlicht. Die Scheinwerfer sind miteinander vernetzt und können programmiert und angesteuert werden. Dies geschieht zum einen in einer Gesamtchoreografie, die den Mittelstreifen der Potsdamer Straße bei Dunkelheit in ein bewegtes Premierenlicht taucht, zum anderen kann auf bestimmte Stars zu bestimmten Ereignissen wie Geburts- oder Todestagen hingewiesen werden. Die Scheinwerferdramaturgie ist so choreografiert, dass es kurze Momente der starken Bewegung gibt und längere Momente der Ruhe, bei denen die Scheinwerfer entweder auf einem bestimmten Star ruhen oder abgeschaltet werden. Der ausgewählte Scheinwerfertyp ist mit LEDs bestückt und daher extrem sparsam im Verbrauch. Zudem müssen die Leuchtmittel erst nach 10 bis 15 Jahren ausgetauscht werden.

Zusätzlich zu den vier Inszenierungselementen wurde ein screenbasiertes Informationssystem gestaltet, das sich formal an die „Peppers Ghost Kameras“ anlehnt und das den Besuchern Informationen zu Orten und Veranstaltungen im Umfeld des Boulevards bietet.

Im Zusammenspiel der vier Elemente Roter Teppich, Stern, „Peppers Ghost Kamera“ und Scheinwerfer wird eine ganzheitliche Inszenierung geschaffen. Sie ruft im Besucher das Bild des ehrenden Premierendefilees hervor, ermöglicht es ihm aktiv zu werden und macht ihn damit selbst zum Teil der Inszenierung.

PS: Ein Autogramm des Stars:

Die Besucher werden auf den Informationsflächen, die sich an den Anfängen des Teppichs befinden, darauf aufmerksam gemacht, dass sie die auf den Sternen zu findenden Autogramme zumindest bei trockenem Wetter per Abreiben mit einem Stift auf ein Stück Papier übertragen können.