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Offener Wettbewerb | 04/2009

Gestaltungswettbewerb für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal in Berlin

Teilnahme

TOPOTEK 1

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

EINHEIT UND FREIHEIT sind fragile Güter. Beide stehen im Zentrum des Werdens des deutschen Staates. Sie haben mit der Wiedervereinigung von 1990 für die Menschen in beiden Teilen Deutschlands eine erneuerte, gemeinschaftliche Wertigkeit erhalten. Einheit und Freiheit sind im heutigen Deutschland Grundwerte, die jedoch notwendigerweise des aktiven Engagements, der Pflege, der Kultur und des Schutzes bedürfen.

Das Projekt schlägt vor, den Wortlautes des aktuellen Grundgesetzes im zentralen, öffentlichen Raum an der neuen Schlossfreiheit sinnlich zu vergegenwärtigen.

Für den staalichen Rahmen Deutschlands bietet das Grundgesetz als gesellschaftliche Verfassung die Grundlage für die Existenz und den Schutz von Freiheit und Einheit. Die Freiheitsbewegung in Leipzig hatte 1989 Einheit und Freiheit als Ziel. Die einigende und einende Verfassung nach der Wiederveinigung der ehemals getrennten deutschen Staaten ist daher auch die Frucht dieser friedlichen Revolution. Gleichzeitig ist die Verfassung Gut aller in Deutschland lebenden Menschen ohne Rücksicht auf ihre Herkunft. Die Gründung des Denkmals auf die Verfassung ist eine antisymbolische und positivistische Geste, in der Inhalt statt Form Symbolkraft erhalten.

Die Verfassungsartikel sollen auf einer grossformatigen Anzeige nacheinander im mehrminütigen Wechsel gezeigt werden. Die Anzeige ist mit der bekannten, klackernden Faltblatttechnik gefertigt. Die einzelnen, auf separaten Faltblättern befindlichen Buchstaben drehen sich um eine horizontale Achse. So werden fließend hintereinander alle Artikel der Verfassung angezeigt. Jenseits einer einfach visuellen, medialen Projektion wird durch das Umschlagen der einzelnen Buchstaben das Werden der Schrift sinnlich erfahrbar, ein für Besucher und Passanten erfahrbares, periodisches Klang- und Sichtereignis im öffentlichen, also gesellschaftlichen Raum. Metaphorisch soll die Verfassung lebendig wahrnehmbar werden. Das Veränderliche, und somit Fragile, der Schrift weist auf die Verantwortlichkeit gegenüber der Erhaltung des Gesetzes hin, aber auch auf die (historische) Wandelbarkeit und Entwicklungsfähigkeit der gesellschaftlichen Vereinbarungen.

Das neu vereinte Deutschland ist das Ergebnis eines historischen Prozesses. Hierzu gehören natürlich die Ereignisse und Bewegungen um 1989. Für uns reicht dieser Prozess aber auch tiefer in die Vergangenheit hinein. Ein Einheitsdenkmal am Ort des früheren kaiserlichen Nationaldenkmals muss sich auch mit dem baulich Vorhandenen ins Verhältnis setzen und im Wortsinn tiefgründig sein. Wir verstehen die verbliebenen Baulichkeiten des Nationalsdenkmals als einen integralen Teil des neuen Denkmals. Die Anzeigetafel steht deshalb am früheren Ort der Kaiserstatue. Jedoch statt der vergangenen, erhaben-monarchischen Repräsentanz der Kaiserstatue als Symbol für geeinte Nationalstaatlichkeit, schlagen wir nun vor, den ehemaligen Sockel zu invertieren und die Anzeigetafel mit der demokratischen Verfassung aus dem Souterrain des historischen Gebäudekomplexes herausragen zu lassen. Die unterirdischen Räume unter der Terrasse des Nationaldenkmals werden mit einer grossen Treppenanlage zugänglich und so aktiviert. Ein umfangreiches Angebot an Information soll hier bereitgestellt werden. Die etwa 2000m2 Kellerräume der ehemaligen Lagerräume und der Bootsgarage werden geöffnet, bzw. trockengelegt und zu einem Dokumentations-, Informations- und Entdeckungsort für die Geschichte der deutschen Freiheitsbestrebungen und nationaldemokratischen Bewegungen.

Mit drei langen Bänken ausgestattet, wird die Terrasse selbst zu einem Aufenthaltsort in dem das Grundgesetz in die Öffenltlichkeit projiziert wird und die Chance erhält zu einem aktuellen Ort des verantwortungsvollen Diskurses über Freiheit und Einheit zu werden. In den historischen Räumen veranschaulichen die aufbereiteten, geschichtlichen Dokumente das historische Entstehen der beiden Grundwerte. Auf zwei Ebenen wird somit eine Aktivierung des Ortes und des gesellschaftlichen Engagements initiiert.