modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

offener Projektwettbewerb | 12/2008

Neugestaltung Bohl, Marktplatz und Blumenmarkt

4. Rang

Hager Partner AG

Landschaftsarchitektur

Uniola AG

Landschaftsarchitektur

Stadt Raum Verkehr Birchler und Wicki

Stadtplanung / Städtebau

KUSTER + HAGER

Bauingenieurwesen

huggenbergerfries Architekten AG ETH SIA BSA

Architektur

Erläuterungstext

Historisch hat St. Gallen schon immer von seiner Lage im anmutigen Landschaftsraum profitiert. Als kulturelles Zentrum der Ostschweiz, hat die Stadt von ihrer geostrategischen Lage profitiert und ist schnell zum weltlichen und geistigen Zentrum der Region avanciert. Noch weit bis ins 19. Jahrhundert hinein war der Gegensatz zwischen dem Gebauten sozusagen steinernen St. Gallen „intra-muros“ und der pittoresken Natur, des die Stadt umgebenden Talraumes, deutlich ablesbar. Die Stadterweiterungen der Industrialisierung und der Moderne haben die Grenze zwischen Landschaft und Stadt verwischt und heute sind die Übergänge fliessend.
„Intra-muros“ ist auch der heutige Marktplatz. Als integraler Bestandteil des steinernen Stadtraumes markiert dieser die Schnittstelle zwischen den Bereichen um das geistige Zentrum des Klosters und den Quartieren um die Kirche St. Mangen. Vor diesem Hintergrund wird eine räumliche Strategie entwickelt, die den Markplatz wieder seiner ursprünglichen Bedeutung als fester Bestandteil des steinernen St. Gallens und als Vermittler zwischen den beiden Teilräumen der Altstadt hervorhebt.
Die Elemente der entwickelten Strategie sind einfach und robust zugleich. Sie blicken auf diese Weise etwaigen zukünftigen städtischen Entwicklungen gelassen entgegen: Stein, Pflanze und Wasser. Der Stein findet sich im Belag wieder. Ein einheitlicher, steinerner Belag wird allen Teilräumen vom Blumenmarkt über den Marktplatz bis hin zum Bohl zugrunde gelegt. Als Rechteckpflaster verknüpft dieser die einzelnen Bereiche des Platzes. Der „Pflasterteppich“ der Altstadt ist auf die historische Klosteranlage ausgerichtet und dieses so als geistiger Motor im Gedächtnis des Platzes eingraviert.
Die Pflanze findet sich im vorgeschlagenen Platanenhain wieder, der als „grüne Halle“ mit hochaufgeasteten Bäumen den Markplatz neu definiert. Die Baumhalle schafft einen eigenständigen Ort im Stadtgefüge, der die angrenzenden Stadträume in eine neue Beziehung zueinander setzt. In der Folge werden Blumenmarkt und Bohl als offene Stadträume freigespielt. Im Gegensatz hierzu steht der mit dem Platanenhain bespielte Marktplatz.
Blumenmarkt und Marktplatz werden durch eine grosszügige Treppenanlage miteinander verbunden. Die nötigen Einbauten wie Lift , Toilette und Tiefgargenaufgang werden lateral an die Treppe angebunden und schliessen den Blumenmarkt räumlich zur Strasse hin ab. Der Blumenmarkt selbst ist als Stadtraum offen gehalten. Eine grosskronige Linde im Bereich zum Durchgang lädt mit umläufiger Sitzbank und integriertem Wasserbecken zum Verweilen ein. Hat man sich einmal hier niedergelassen schweift der Blick zurück zum Hain am Markplatz.
Die bestehende Platanenreihe auf dem Markplatz kann vollständig in den „Baumkörper“ integriert werden, ebenso wie auch die restlichen bestehenden Bäume. Im Schatten der Bäume findet weiterhin der Wochenmarkt statt. Das Markrondell wird in die Baumhalle integriert und auf die neuen, räumlichen Bedürfnisse angepasst. Ein langer, steinerner Brunnen im südlichen Bereich des Hains lässt das Motiv des historischen Irabaches aufleben und macht Wasser im Platzleben zu einer physisch erfahrbaren Grösse. Das Becken entwickelt sich aus der Topographie des Platzes und wird vom belagsbündigen Wasserspiegel zum Wassertisch, der zum Verweilen einlädt. Locker verteilte Sitzbänke ergänzen das Stadtmobiliar und bieten Orte an von denen aus man das lebhafte Treiben auf dem Marktplatz verfolgen kann.
Dem Markplatz, als mit einer Baumhalle bespielter Platz, steht der offene und von gestalterischen Elementen eher frei gehaltene Bohl als städtische Bühne gegenüber. Im spannungsvollen Kontrast beider Räume entsteht ein abwechslungsreiches Wechselspiel, welches die funktionale Vielfalt der Bespielungsmöglichkeiten erhöht und gleichzeitig unterschiedliche Aufenthaltsqualitäten im Stadtraum etabliert.
Die Voraussetzung zur Freispielung des Bohls bildet die Entnahme der vorhandenen Haltestelle, welche heute räumlich dominant den Platz einnimmt. Diese wird zugunsten einer neuen Haltestelle ersetzt. In ihrer Erscheinung sucht diese bewusst den gestalterischen Dialog mit den umgebenden Architekturen und geht auf die neue Logik der Verkehrsführung ein. Zusammen mit der neuen Haltestelle am Marktplatz bildet sie ein Ensemble, welches Marktplatz und Bohl verbindet. Einmal befreit vom platzübergreifenden Bauwerk der heutigen Haltestelle kann der Platz „aufatmen“ und zurückfinden zu seiner verschütteten städtischen Prägnanz. Das“ Waaghaus“ wird endlich wieder zum ersten Haus am Platz und der Bohl als Platzfläche spannt sich scheinbar wie selbstverständlich zwischen die bestehenden Fassaden auf. Die befreiende Offenheit der Gesamtanlage eröffnet einen neuen Spielraum an Nutzungsmöglichkeiten. Diese reichen von den zahlreichen Sondermärkten (Ökomarkt, Weihnachtsmarkt ect.), über den jährlichen Skaterkontest, bis hin zu diversen Stadtfesten. Eine lange Bank im nordwestlichen Platzbereich lädt als zurückhaltendes „Stadtsofa“ zum kurzzeitigen Aufenthalt ein, ohne sich in den Vordergrund spielen zu wollen, reagiert auch dieses Element auf den neuen offenen Stadtraum des Bohls.