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offener Projektwettbewerb | 12/2008

Neugestaltung Bohl, Marktplatz und Blumenmarkt

Blick Marktplatz

Blick Marktplatz

5. Rang

planikum AG

Landschaftsarchitektur

plan b architekten

Architektur

Basler & Hofmann AG

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

Bohl, Marktplatz und Blumenmarkt St. Gallen

Lesart
Marktplatz - Blumenmarkt - Bohl: eine Platztrilogie in einer Fuge der St. Galler Altstadt. Die drei Plätze nehmen seit jeher eine zentrale Stellung als Handelsplatz und Verkehrsknoten im Stadtgefüge ein. Wenige Nutzungen konnten sich über die Jahrhunderte hinweg behaupten. So etwa das rege Markttreiben, das noch heute ein Charakter- und Qualitätsmerkmal des Stadtraumes ist. Anderes wandelte sich: so spielt heute der Verkehr - ruhend wie bewegt - die dominierende Rolle. Die dadurch gewonnene Dynamik wird mit dem Verlust an Diversität und Zusammenhang bezahlt. Aus dem Platzgefüge wurde ein einziger, für den Massstab St. Gallens überdimensionierter Raum, dem die nördliche Hälfte durch die Strasse und die strassenbegleitende Baumreihe räumlich und funktional entzogen wurde. Auch ist im Laufe der Zeit die Identität der Plätze verloren gegangen. Historische (Klein-) Architekturen wie Markthallen und Brunnen sind aus dem Platzbild verschwunden und mit ihnen wichtige Orientierungs- und Identifikationspunkte. Die Qualität des Stadtraumes ist jedoch nach wie vor offenkundig: Hier ist die Schnittstelle zwischen Altstadt und neuer Stadt, hier ist an einem ausserordentlich gut erschlossenen Ort eine intakte Altstadt zu geniessen, hier ist ein vielfältiges Angebot an Handel und Unterhaltung lebendige Tradition. Hier liegt auch das Potenzial, um an die wertvolle historische Struktur anzuknüpfen. Rhythmus, Massstäblichkeit, Zusammenhang und Diversität im Platzgefüge - Aufenthaltsqualität und Lebendigkeit - Identität und Übersichtlichkeit - Freiraum und Grosszügigkeit: diese Leitgedanken begleiten die Entwicklung unseres Gestaltungsvorschlages.

Intervention: Raum
Der Ort wird wieder klar als rhythmische Abfolge von drei Plätzen erlebbar. Blumenmarkt, Marktplatz und Bohl werden in ihrem durch die spezifischen Dispositionen und Nutzungen geprägten Charakter herausgearbeitet.
Die raumbildenden Platzkanten werden geschärft: Fassaden werden freigestellt (Marktplatz), Baumpflanzungen schliessen Lücken (vor der St. Galler Bank zwischen Marktplatz und Marktgasse), umrahmen (Waaghaus) und sind Hintergrund (Vanadian-Denkmal).

Intervention: Ebene
Der Stadtraum wird durch die Reduktion der Beläge und Kanten zu einer wirklichen Begegnungszone und als Einheit wahrnehmbar. Die Kennzeichnung der Fahrspuren ist auf ein Minimum an Markierungen reduziert, keine Kanten brechen den Platzraum. Allein die leicht erhabenen Haltestellen des öffentlichen Verkehrs sind markante Ziele in der Ebene.
Der typische Belag der Altstadt - dunkles Basaltpflaster in Segmentbögen verlegt, wie man ihn heute schon in der Marktgasse vorfindet - definiert den Platz südlich der Fahrspur und wechselt dort aus Gründen der höheren Belastbarkeit zu Asphalt. Bewusst wird auf zwei Belagsarten zurückgegriffen, die sehr ähnlich sind und so ein einheitliches Bild von Fassade zu Fassade geben. Marktplatz und Bohl leben von der grosszügigen räumlichen Wirkung. Die sichtbaren Fassaden sind die Grundlage dieses Eindruckes. Deshalb wird auf die Pflanzung von Bäumen auf den Plätzen verzichtet. Stattdessen werden Bäume an ausgewählten Platzrändern zur Verstärkung der Stadtkanten positioniert.

Intervention: Plätze
Der Marktplatz erhält mit der neuen, offenen Markthalle wieder einen einprägsamen Charakter. Die neue Halle setzt den Schwerpunkt in diesem Stadtraum neu und definiert so den Platz mit seinen dauerhaften und temporären Nutzungen klar als Markt. Die Rondelle kann in ihrer heutigen geschlossenen Form und zentralen Positionierung den Ansprüchen einer den Platz prägenden Architektur nicht genügen und wird deshalb abgebrochen.
Die Markthalle ist gleichzeitig Kontrapunkt zum Waaghaus. So entsteht ein Spannungsbogen zwischen dem historischen Platz und seiner Neuinterpretation. Der Blumenmarkt erhält durch die Fassade der Markthalle den Charakter eines umschlossenen Hofes. Die Ruhe und Geborgenheit lässt diesen Stadtraum zu einer Oase im hektischen Treiben der Stadt werden. Sitzgelegenheiten unter lichten Schatten spendenden Bäumen und grosszügige Flächen für die Aussenbestuhlung durch die angrenzende Gastronomie runden dieses Bild ab.
Das Waaghaus ist der Protagonist des Bohls. Die historische Fassade bildet den Schwerpunkt dieses Platzes und benötigt genügend Raum. Alle anderen Einbauten und Architekturen ordnen sich ihr unter. Die bestehende Wartehalle stellt sich als dominante Architekturskulptur zu deutlich in Konkurrenz zum Waaghaus und wird deshalb durch bescheidenere, transparente Wartehallen ersetzt.
Der Bohl ist die eigentliche Drehscheibe des öffentlichen Verkehrs in der Altstadt. Der Dynamik der Reisenden wird durch die offene Gestaltung in hohem Masse Rechnung getragen. Allein in den Randbereichen bilden Restaurationsflächen Fixpunkte in diesem Geläuf.

Interventionen 4: Fokus
Beim Spazieren durch die Altstadt S.t Gallens sticht ins Auge: Jedem Platz seinen Brunnen! Auch der Platztrilogie Blumenmarkt - Marktplatz - Bohl bleibt dies nicht vorenthalten. Dem bestehenden Brunnen, der neu auf dem Blumenmarkt prominenter platziert wird, gesellen sich auf dem Marktplatz und dem Bohl zwei neue, klassisch schlichte, oktogonale Brunnen hinzu. Die drei Plätze werden so jeweils durch Anziehungs- und Ruhepunkte ergänzt.

Markthalle
Als maßgebliches raumbildendes Element zwischen Blumenmarkt und Marktplatz nimmt die neue Markthalle eine besondere Position als Orientierungspunkt innerhalb des Stadtgefüges ein. Sie erzeugt ein Volumen, das klar die Kanten der beiden angrenzenden Plätze (Blumenmarkt und Marktplatz) markiert und einen modern interpretierten Kontrapunkt zum Waaghaus darstellt. Gleichzeitig ist sie als Ort der Begegnung und des bunten Markttreibens für den Fussgänger allseitig geöffnet und durchlässig und bildet mit der grossen Freitreppe das Scharnier zwischen dem weitläufigen Marktplatz und dem höher gelegenen, hofartig geborgenen Blumenmarkt. Das grosszügige Dach umgreift den ständigen Markt, gibt ihm Schutz vor Sonne und Witterung und wertet ihn gleichzeitig als „Erlebnisort“ auf. Die Verkleidung des Daches mit einem abstrahierten Spitzenmuster - als Adaption der Textilkultur St. Gallens - erzeugt ein belebtes Licht- und Schattenspiel, ähnlich dem unter einem dichten Blätterdach.
Die Marktstände selbst werden als einfache, konventionelle Holzkonstruktionen ausgeführt, die sich trotz ihrer dauerhaften Bestimmung an die Bedürfnisse des sich wandelnden Marktes anpassen können. Eine Treppe führt in den bestehenden unterirdischen Lagerkeller, der - leicht erweitert und um einen Warenlift ergänzt - ausreichend Platz bietet.
An die Freitreppe grenzt ein Baukörper an, der die Treppe zu den öffentlichen WCAnlagen beinhaltet und nach oben geöffnet ist, um das Lichtspiel des Daches auch im ersten Untergeschoss erlebbar zu machen und das Untergeschoss so aufzuwerten. Die hier platzierten WC`s werden als leicht zugängliche und sehr übersichtliche Anlage konzipiert. Gleichzeitig erreicht man über diesen Zugang das neue Parkhaus, wobei sich die Treppe in die unteren Geschosse - bauökonomisch günstig - längs an Tiefgaragenwand anschmiegt.
Im Erdgeschoss bietet die strassenzugewandte Seitenwand der Treppe einen Rücken für den Wartebereich der Taxis.
Zusammen mit zwei weiteren Betonsockeln dient der Treppenkörper als Auflager für die Dachkonstruktion. Diese wird als Stahlfachwerk mit dazwischen eingespannten Sekundärträgern ausgebildet. Die gesamte Konstruktion ist mit Aluminium, das in dem abstrahierten Spitzenmuster ausgestanzt ist, verkleidet. Durch eine entsprechende Anodisierung wird dessen Farbe und Oberfläche den örtlichen Gegebenheiten angepasst. Zum Schutz vor Regen und Schnee wird zwischen die Stahlkonstruktion und die Aluminiumhaut ein Glasdach eingelegt, welches zu Reinigungszwecken innerhalb der Tragwerkshöhe begehbar ist. Das dort anfallende Meteorwasser kann über die Betonsockel abgeführt werden.
Blick Bohl

Blick Bohl

Markthalle von unten

Markthalle von unten

Lageplan

Lageplan

Ansicht

Ansicht