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Einladungswettbewerb | 04/2009

Forschungs- und Besucherzentrum Heimbach GmbH

© Benthem Crouwel, Blick von aussen

© Benthem Crouwel, Blick von aussen

1. Preis

Benthem Crouwel

Architektur

club L94

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Statik / Technische Gebäudeausrüstung: Arup GmbH
Freiraumplanung: club L94

Thema
Die Heimbach GmbH ist ein führendes Unternehmen in der Herstellung von innovativen Textilien für den Bereich der Papiererzeugung, Umwelttechnik und andere ausgesuchte Branchen. Am Standort Gut Nazareth im Nordwesten der Stadt Düren befindet sich der Stammsitz der Firmengruppe, in der vorwiegend Filze und Siebe für die Bespannung von Papiermaschinen gefertigt werden.

Zentrales Thema des Wettbewerbes ist der Neubau eines Forschungs- und Besucherzentrums im Bereich der beiden denkmalgeschützten Altbauten. Durch den Neubau sollen funktionale Mängel im Forschungs- und Konferenzbereich behoben und eine zusätzliche Ausstellungsfläche für Besucher geschaffen werden. In diesem Zusammenhang stellt sich jedoch auch die Frage nach dem übergeordneten Erscheinungsbild der Firma Heimbach. Das Werksgelände präsentiert sich heute als großflächiges Konglomerat von Produktionshallen mit einer fast 200 m langen Industriefassade. Die Bedeutung der Firma im globalen Kontext ist in keiner Form ablesbar, eine entsprechend repräsentative Eingangssituation fehlt.


Städtebau
Der Standort wird zunächst einmal durch das große Volumen der Produktionshallen geprägt. Auf der anderen Seite bildet der künstlich angelegte Lendersdorfer Mühlenteich und die anschliessende dichte Vegetation eine ebenso deutliche räumliche Begrenzung. Der von diesen Raumkanten erzeugte “Binnenraum” wird nun durch das Gebäude des Forschungs- und Besucherzentrums als Schnittstelle zwischen Stadt und Landschaft neu definiert. Die offene Grundkonzeption des Entwurfes ermöglicht in jeder Richtung Blick- und Wegebeziehungen und vermittelt so zwischen dem heterogenen Umfeld.


Konzept
Ausgangspunkt des Entwurfkonzeptes ist der Gedanke die denkmalgeschützte Altbausubstanz möglichst behutsam einer neuen Nutzung zuzuführen und in Verbindung mit entsprechenden Neubauten zu einem spannungsvollen und ausdrucksstarken Gesamtensemble zu verbinden.

Der Neubau des Forschungs- und Besucherzentrums ist als Haus-im-Haus konzipiert. Die beiden bestehenden Gebäude werden rückseitig durch zwei Neubauten ergänzt und durch ein leichtes Dach zusammengefaßt. In Anlehnung an die von der Heimbach GmbH produzierten Textilien für Papierma-schinen wird das Dach dabei als "Bespannung" über die einzelnen Gebäudeteile geführt. Eine umlau-fende Glasfassade schließt die "Fugen" zwischen den Gebäuden und dem Dach.
Die vier Baukörper bilden einen Innenraum, der sich als gemeinsamer Foyer- und Ausstellungsbereich zu den Produktionshallen öffnet. Der Haupteingang in das Foyer liegt dem Werkstor direkt gegenüber und greift formal noch einmal das Thema der „Bespannung“ auf. Die offenen Räume zwischen den einzelnen Gebäuden ermöglichen auch zu den anderen Seiten vielfältige Sichtbeziehungen in die Um-gebung und nehmen darüber hinaus die repräsentativen Erschliessungstreppen auf.

Nach Außen zeigt sich das neue Forschungs- und Besucherzentrum der Heimbach GmbH als stimmungsvolle Komposition aus denkmalgeschützer Bausubstanz und moderner Architektur. Als frühe Keimzelle der Heimbach GmbH präsentieren sich die beiden Industriebauten aus dem 19. Jahrhundert auch baulich als Eckpfeiler des Neubaus. Die ständige Bereitschaft zur Innovation bei gleichzeitiger Rückbesinnung auf die lange Tradition der Dürener Papier- und Textilindustrie wird somit auch bildhaft in die Architektur übersetzt. Mit dem markante Dach wird der Neubau zur Landmarke und unterstreicht die Bedeutung des Unternehmens im globalen Kontext.


Nutzungen
Während in dem 3-geschossigen Altbau auf der Nordseite des Gebäudekomplexes sämtliche Laborräume untergebracht sind, befindet sich in dem 2-geschossigen Altbau das Konferenzzentrum mit verschiedenen Besprechungs- und Sitzungsräumen. Beide Gebäude bieten separate Zugangsmöglichkeiten von Nordosten, so daß der gesamte Forschungsbereich und die Konferenzräume auch unabhängig von der gemeinsamen Foyer- und Ausstellungshalle betrieben werden können. Den Laborräumen räumlich direkt zugeordnet ist ein ebenfalls 3-geschossiger Neubau mit Büroräumen und dem Inspektionstisch. Das Technikum ist in dem flachen Neubau in der südlichen Ecke des Gebäudes angeordnet.


Aussenanlagen
Das Freiraumkonzept generiert sich aus der naturräumlichen Lage der Firma Heimbach GmbH. Mit den Produktionshallen auf der einen Seite und dem Naturraum auf der anderen Seite bildet das neue For-schungs- und Besucherzentrum eine spannende Schnittstelle zwischen dichter Bebauung und offener Landschaft.

Die einzelnen Solitäre des Forschungs- und Besucherzentrums umschließen den Foyer- und Ausstel-lungsbereich und bilden so ein „Fenster zur Stadt“. Diese Grundidee wird in den Außenanlagen fortge-setzt. Drei Pflanzgruppen aus Blütenbäumen bilden zusammen mit dem Altbau einen kleinen Park, der sich als „Fenster zur Landschaft“ zum Mühlenbach und dem waldartigen Naturraum im Südwesten öffnet. Der Park dient sowohl den Mitarbeitern als auch den Besuchern der Heimbach GmbH als Naher-holungsraum. Ein Garten, ein Spielplatz, eine Sonnenwiese und Sonnenstufen zum Wasser bieten den Besuchern eine hohe Aufenthaltsqualität.
Der Park und das Besucherzentrum werden durch einen einheitlichen Bodenbelag zusammengefasst und als geometrisch klare Figur zu einem kraftvollen Gesamtensemble arrangiert. Ein Plattenteppich mit Lichtintarsien verbindet das Besucherzentrum über die Strasse mit der Fabrik. Auf der Ostseite des Besucherzentrums werden 18 Besucherparkplätze unter Bäumen angeordnet.


Statik
Aus statischer Sicht gliedert sich die Aufgabe in die Umnutzung von zwei denkmalgeschützen Ziegelbauten und die Errichtung von zwei Neubauten mit entsprechender Überdachung des Gesamtkomplexes.
Bei den denkmalgeschützten Gebäuden handelt es sich um Industriebauten aus dem 19. Jahrhundert mit einem Tragwerk aus Holzbalkendecken und Stahlstützen und mit Außenwänden aus massivem Ziegelmauerwerk. Im Zusammenhang mit den geplanten Nutzungen sind keine gravierenden Änderungen bei den Nutzlasten anzunehmen, so daß sämtliche Bauteile erhalten werden können. Die beiden Neubauten sind als massive Stahlbetonkonstruktionen mit eingeschnittenen Fensteröffnungen konzipiert. Es kommen grundsätzlich Flachdecken zur Ausführung, lediglich im unterkellerten Bereich des Technikums sind Unterzüge und Stützen vorgesehen, da hier mit höheren Nutzlasten aus den Maschinen zu rechenen ist.

Die vier Solitäre werden durch ein im Grundriss nahezu rechteckiges Dach zu einem Ensemble zusammengefasst. Das Dach ist als leichte Stahlkonstruktion geplant und wird über Stützen auf die vier Solitäre aufgesetzt. Der mehrgeschossige Foyerbereich bleibt dadurch komplett stützenfrei. Die Stahlkonstruktion des Daches ermöglicht eine schlanke Bauweise und resultiert in einem geringem Gesamtgewicht, so daß Teile der Dachlasten über die Mauerwerkswände der Bestandsgebäude abgeleitet werden können.


Technischer Ausbau / Energiekonzept
In Anlehnung an die Unternehmensphilosophie der Heimbach GmbH orientiert sich das Konzept für den technischen Ausbau des Gebäudes an den Begriffen Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Im Rahmen einer ganzheitlichen und integrativen Planung wird demnach für den Neubau des Forschungs- und Besucherzentrums der Niedrigenergiestandard gemäß RAL-Gütezeichen 965 angestrebt. Eine Zerti-fizierung nach EU Green Building, DGNB oder LEED ist möglich.
Das Entwurfskonzept sieht für die spezifischen Nutzungen jeweils in sich abgeschlossenen Gebäudevo-lumen vor, die durch ein mehrgeschossiges und zu allen Seiten verglastes Foyer und ein entsprechendes Dach zu einem Gesamtensemble zusammengefasst werden. Die konsequente Trennung der einzelnen Nutzungsbereiche ermöglicht aus Sicht der Haustechnik eine individuell abgestimmte, optimierte tech-nische Versorgung der Baukörper. Die erforderlichen Anlagen werden zentral im Untergeschoss des Technikums zusammengefasst. Die Anbindung an die Installationsschächte der einzelnen Bauteile er-folgt über entsprechende Bodenkanäle unterhalb der Bodenplatte.

Das Konzept für den technischen Ausbau basiert auf einer aktiven und bedarfsabhängigen Versorgung der vier Baukörper in Kombination mit passiven Maßnahmen in der zentralen Foyer- und Ausstellungs-halle. Das Foyer mit Empfangsbereich und Ausstellungsfläche wird dabei als Pufferzone für die angren-zenden Gebäude genutzt.
Im Winterfall minimiert eine 3-fach Wärmeschutzverglasung mit hoher Luftdichtheit die Transmissi-onswärmeverluste und ermöglicht darüber hinaus solare Wärmegewinne. Der hohe Strahlungsanteil der mit Erdwärme betriebenen Fußbodenheizung erlaubt geringere Lufttemperaturen und erhöht damit den Aufenthaltskomfort im Foyer. Als alternative Wärmequelle könnte auch die Abwärme aus den angrenzenden Produktionshallen genutzt werden. Ausgehend von einem Mindesttemperaturni-veau von 18° Celsius können für konkrete Veranstaltungen gezielt auch höhere Temperaturen erreicht werden.
Im Sommerfall kommt im Foyer eine natürliche Lüftung zum Einsatz. In Verbindung mit einer entspre-chenden Nachtauskühlung können hier die enormen Speichermassen der einzelnen Solitäre als Tempe-raturpuffer aktiviert werden. Unterstützt wird dieser Prozess durch eine Fußbodenkühlung des gesam-ten Foyerbereiches mit Wasser aus dem angrenzenden Mühlenteich.

Für die Labore wird eine Vollklimaanlage mit den Funktionen Heizen, Kühlen, Entfeuchten und Be-feuchten vorgesehen. Die chemischen Labore erhalten separate Abzüge. Im Konferenzzentrum kann auf eine Befeuchtung verzichtet werden, bei den Büroräumen ist eine natürliche Belüftung vorgese-hen. Alle Lüftungsanlagen sind mit einer hocheffektiven Wärmerückgewinnung und adiabaten Ab-luftbefeuchtung ausgestattet.
Für die Wärmeerzeugung und Warmwasserbereitung kommt ein Brennwertgaskessel zum Einsatz. Die Kälteerzeugung wird je nach Einsatzbereich über Grundwassernutzung bzw. Geothermie oder über adiabate Abluftbefeuchtung gewährleistet. Für Nutzungsbereiche mit Anforderungen an die Luft-feuchtigkeit kommt eine raumlufttechnische Anlage mit integriertem Direktverdampfer zum Einsatz.
Die künstliche Beleuchtung wird durch hocheffiziente Leuchtmittel mit einem Verbrauch von maximal 10 W/m² abgedeckt. In Verbindung mit einer tageslichtabhängigen Beleuchtungssteuerung kann die Energiebilanz weiter optimiert werden. Anfallendes Regenwasser wird in einer Zisterne gesammelt und für WC-Spülung und Bewässerung der Außenanlagen genutzt.

Zusätzlich zu den im Zusammenhang mit dem Neubau geplanten Maßnahmen ist es denkbar, am Müh-lenteich ein Kleinstwasserkraftwerk zu installieren. In Anlehnung an die ursprüngliche Nutzung des Wasserlaufes als Antrieb für die Krutzmühle, könnte die für die Bedeutung der Papier- und Textilindu-strie so wichtige Energiequelle mit moderner Technik erneut genutzt werden.
Des Weiteren könnten die Dachflächen der fast 62.000 qm großen Produktionshallen zur Installation einer großflächigen Photovoltaikanlage verwendet werden. Hier besteht ein enormes Potential um den Strombedarf des Projekts in der Jahresbilanz zum einem weiteren Teil regenerativ zu decken


Bildung von Bauabschnitten
Aufgrund der klaren Zuordnung der unterschiedlichen Funktionsbereiche, die jeweils einen der eigen-ständigen Bauvolumen besetzten, ist eine abschnittsweise Realisierung einfach umsetzbar:
Die Bestandsbauten können separat saniert und ertüchtigt werden und verfügen darüber hinaus je-weils über einen eigenen Zugang, so dass sie als „autarke“ Einheiten funktionieren. Das Technikum kann als eigenständiges Bauteil ebenfalls separat realisiert und in Betrieb genommen werden. Im Falle einer beabsichtigten Realisierung in Bauabschnitten wäre für die vorgezogenen Baukörper lediglich eine einfache, temporäre Überdachung vorzusehen, die nach Fertigstellung der Gesamtmaßnahme wieder entfallen könnte. Konstruktiv wären die späteren zusätzlichen Lasten von Dach und Fassaden in der Planung und Umsetzung zu berücksichtigen. Die Reihenfolge, in welcher die Einzelabschnitte reali-siert würden, richtet sich nach dem jeweiligen Bedarf und ist nicht festgelegt.

In einem letzten Abschnitt wäre der südwestliche Baukörper mit den darin befindlichen Büros zu er-richten, der über keine eigene Vertikalerschließung verfügt. Die anschließende Realisierung des Dachs und der Glasfassaden könnte aufgrund der Konstruktionsweise in Stahl sowie der Möglichkeiten eines hohen Vorfertigungsgrades und damit verbundener kurzer Montagezeiten schnell und ohne größere Störungen der internen Abläufe geschehen.

Fazit:
Die vorgeschlagene Nutzungsverteilung und die vorgesehene Konstruktionsweise ermöglichen eine einfache flexible und abschnittsweise Realisierung, die im Rahmen der Entwurfs- und Ausführungspla-nung zu untersuchen und berücksichtigen wäre.
© Benthem Crouwel, Innenraum

© Benthem Crouwel, Innenraum

© Benthem Crouwel

© Benthem Crouwel

© Benthem Crouwel

© Benthem Crouwel

© Benthem Crouwel

© Benthem Crouwel

© Benthem Crouwel

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