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Einladungswettbewerb | 04/2009

Forschungs- und Besucherzentrum Heimbach GmbH

1. Anerkennung

Hahn Helten Architektur

Architektur

Erläuterungstext

Aufgabenstellung:

Das neue Forschungs- und Besucherzentrum der Heimbachgruppe soll als differenziertes Ganzes die Geschichte des Unternehmens und des Ortes in einer kraftvollen und signifikanten Architektur abbilden. Sie spiegelt im ausgewogenen Dialog zwischen historischen und modernen Baugliedern den respektvollen Umgang mit der Tradition des Unternehmens und die daraus erwachsene innovative Verantwortung, in der sich die Heimbach Gruppe sieht.


Situation:

„An Gut Nazareth“ teilt die Liegenschaft der Heimbachgruppe in zwei Bereiche sehr unterschiedlicher Qualität.
Auf der Nordseite liegen die maximal verdichteten Produktionsstätten. Dem gegenüber, nach Süden, zum Landschaftsschutzgebiet hin orientiert, befindet sich gegenwärtig eine Gemengelage aus historischen Industriebauten, Wohnbauten, eine sehr großen Parkplatzfläche und die jenseits des Mühlenbaches gelegene kleine Waldschonung.


Städtebau:

Die vorliegende inhaltliche und gestalterische Neudefinition dieses Bereiches stellt der massiven Bebauung auf der Nordseite ein aufgelockertes, stark durchgrüntes Konglomerat von historischen und neuen Solitärbauten gegenüber.
Als heterogene Gebäudegruppe gibt das Forschungs- und Besucherzentrum der Gesamtanlage des Unternehmens die noch fehlende repräsentative Komponente. Von der Strasse aus betrachtet, treten die historischen Gebäude stärker in den Vordergrund stellt. Die gegenüberliegende, der Landschaft zugewandten Eingangseite setzt dem eine repräsentative, innovative Gegenwardsarchitektur entgegen. Der Besucher wird von Osten her durch ein Fassadenband entlang dem Mühlenbach über einen einladenden Vorplatz zum zentral gelegenen Eingang geführt.


Bauidee:

Anknüpfend an die Maßstäblichkeit und die klare typologische Fassung der Altbauten, wird das gewünschte Programm in den neuen Baugliedern im Entwurf aus ihren spezifischen funktionalen Charakteristika heraus entwickelt.
Der bauliche Ausdruck der Bauglieder leitet sich, aus einem disziplinierten Kanon von Formmodulen her.
- Rahmen aus Beton
- bügelförmige Metallschalen
- filternde Bänder

Alle fünf Bauglieder werden über Membranen, dem gestalterischen Leitthema, zusammengebunden. Die fließenden Filterstrukturen aus Glas, Metall oder Textil bilden eine formale wie inhaltliche Analogie zu Kompetenzfeldern der Heimbach Gruppe. Über ihre funktionale Zweckmäßigkeit hinaus verdeutlicht die Membran als Architekturelement auch die Ästhetik schichtiger Membranstrukturen, die hier, wie im heutigen Bauen generell, ein zentrales, in diesem Falle stark formgebendes, gebäudeoptimierendes Thema darstellen.


Bauabschnitte:

Die Alten wie die neuen Gebäude sind, als in sich weitgehend funktional unabhängige Einheiten ausgebildet, um so die Maßnahme auch stufenweise realisieren zu können.


DAS FORSCHUNGS- & BESUCHERZENTRUM

Foyer und Verbindungsbau:

Die fünf solitären Baukörper lassen Räume entstehen die durch eine fließende Verbindungsebene zusammengebunden werden.
Die unter dem Laborriegel gelegene Windfangschleuse führt den Besucher in eine offene Verweilzone, die sich nach Süden zur Landschaft hin orientiert. An dem Punkt, wo öffentlicher und nicht öffentlicher Bereich sich trennen wird er empfangen. Die dem Konferenzbereich vorgelagerte Zone, kann bei Veranstaltungen als Empfangs- und Pausenfläche genutzt werden. Sie nimmt darüber hinaus Exponate der Firmenpräsentation auf und leitet den Besucher zur Ausstellung im Altbau-Ost.


Konferenzraum:

Der in seiner Grundfläche quadratische Konferenzraum öffnet sich zu zwei Seiten und gewährt Ausblicke, die die Firmenphilosophie spiegeln:

- im Norden blickt man auf die Pforte des Unternehmens,
- nach Süden hin öffnet sich der Raum zur Landschaft, zur Natur.
Dies versinnbildlicht wie Natur und Technik durch die hier
vermittelte Kompetenz des Unternehmens kreativ in einen
Dialog treten.

Der Baukörper gewährt durch seine Form gute Tageslichtbedingungen und ermöglicht über mobile Wände ein breites Nutzungsspektrum. Die Fläche kann darüber als ein großer Saal, aber auch als zwei, drei und vier unabhängig voneinander erschlossene Nutzeinheiten mit einer Modulfläche von 65 qm genutzt werden.


Altbau Ost:

Das historische Gebäude bietet an Strasse einen diskreten Nebeneingang an, der das Ensemble betriebsintern auf kurzem Weg mit dem Produktionsbereich verbindet.Im Erdgeschoss sind Nebenflächen und 3 Besprechungsräume in gleicher Qualität wie im Altbau West integriert. Das Obergeschoss hat mit guten Proportionen und einer schönen Tragstruktur das Potential, die im modernen Foyerbereich beginnende Firmendarstellung im historischen Bereich des Unternehmens, seinen Ursprüngen, abzuschließen (über Treppe und Aufzug direkt angebunden). Darüber hinaus kann sich hier eine weitere Vortrags- und Schulungsmöglichkeit bieten, wenn in Ausnahmefällen das Angebot des Konferenzbereiches erschöpft ist.
Die Erschließung über zwei Treppen und einen Aufzug stellt brandschutztechnisch den Erhalt der historischen Deckenstruktur aus Holz sicher. Der technische und raumbildende Ausbau folgt den Kriterien des Altbaus West (s.u.).


Laborgebäude:

Das Gebäude gliedert sich in eine transparente Sockelebene und einen darüber schwebenden Riegel. Auf der Sockelebene befindet sich das chemische Labor. Die transparente Membran des Foyers setzt sich in ihrem Duktus (durch eine massive Brüstung ergänzt) fort und wird durch eine weitere, Licht filternde Membran (Verschattung / Lichtlenkung) überlagert, um die Raumhelligkeit steuern zu können.
Im geschlosseneren Obergeschosskörper befindet sich neben der Technikzentrale das klimatisierte physikalische Labor. Es hat über ein flaches Fensterband wohl einen freien Blick in die Landschaft, das diffuse Arbeitslicht wird aber primär über die Helligkeitssteuerung der nordorientierten Oberlichter gewährt. Die Gebäudehülle ist bauphysikalisch mit Blick auf die notwendige Klimatisierung optimiert.
Der Haupterschließungskern im Zentrum der Anlage ist mit einem durchladenden Lastenaufzug bestückt, um darüber auch synergetisch den dreigeschossigen Altbau erschließen zu können.


Altbau West:

Wie im Altbau Ost erhalten zwei unabhängige Fluchtwege die konstruktiv-bauliche Beschaffenheit des denkmalgeschützten Gebäudes. Seine Hülle wird durch Kastenfenster angemessen bauphysikalisch ertüchtigt, die Ziegelwände aufgearbeitet und geweißt, um durch Materialität und Oberfläche den ursprünglichen Charakter des Hauses herauszuarbeiten. Die über ein integriertes Fußbodenheizungssystem thermisch aktivierte Betonestrichfläche und der glatt / scharfkantig geschalte Beton des neuen Treppenkernes, treten dazu in einen spannungsvollen Kontrast.
Unter die aufgearbeiteten Holzbalkendecken werden akustisch wirksame Flächen mit integrierten Leuchten gehangen, um den einzelnen Arbeitsbereich atmosphärisch einer qualitativ hochwertigen Büronutzung entsprechend zu fassen.

Das Erdgeschoss bietet neben dem Raum für den Prüftisch und dem zugehörigen Büro verschiedene Nebenflächen, die dem Konferenz- und Foyerbereich zugeordnet sind.

Im 1. Obergeschoss befinden sich die Patentabteilung sowie an zentraler Stelle der Aufenthalts- und Besprechungsraum.
Das stützenfreie 2. Obergeschoss wird in Form eines Großraums genutzt, indem durch halbhohe Raumteiler einzelne Büroarbeitsplätze definiert werden.


Technikum:

Der als Skelettkonstruktion ausgeführte Hallenkörper gliedert sich horizontal in einen geschlossenen Sockelbereich, auf den sich zwei U-förmige Baukörper aufsetzen. So gelangt, über die Seitenflächen und eine transparente Mittelzone Tageslicht in die Halle, dass durch Membrane gesteuert werden kann. Die Sockelumfassung ist durch eine Paneelierung mit großformatigen, gedämmten Textilbetonplatten bekleidet.


Außenanlagen:

Um die eingangs vorgestellte Auffassung des durch zwei Qualitäten geprägten städtebaulichen Kontextes zu formulieren, wird zwischen der vollständigen Überbauung der Nordseite und der Waldschonung auf der Südseite des Mühlenbaches ein aufgelockertes filterndes Band gelegt. Mit einer pflegefreien Schotterschicht bedeckt, inszeniert diese neutrale Oberfläche einzelne Gebäudesolitäre und - in hügelförmigen Inseln gefasst - Gruppen von Papierbirken. Diese setzen sich, vom Betriebsparkplatz im Westen aus beginnend, als helle, Licht durchlässige Filter, deutlich von der kräftigen hochstämmigen Vegetation der Waldschonung ab. Die Brücke führt auf eine Lichtung, auf der Betriebsfeste stattfinden können, Heißluftballons starten können.......


Wirtschaftlichkeit:

Das Konzept baut auf einfach strukturierten Gebäudetypen auf, die in ihrem statisch-konstruktiven System unter funktionalen und kostenmäßigen Gesichtspunkten optimiert sind. Sie können in der dargestellten Form aber auch in anderer Weise materialisiert werden. In Folge sind die Qualitäten kostenmäßig zunächst hypothetisch wie vorgestellt angesetzt. Dies nach Kosten / Nutzen- Gesichtspunkten definitiv festzulegen ist ein Inhalt des folgenden Planungsprozesses.
Das dämmtechnische Niveau der Neubauten ist im Hinblick auf die Betreibung bewusst sehr hoch angesetzt, um unabhängig von technologischen Innovationszyklen im Bereich der Gebäudetechnik langfristig ein Maximum an Energieeffizienz zu erzielen.
Die Realisierung der Maßnahme kann durch die Gliedrigkeit des Komplexes Problemlos in mehreren Bauabschnitten erfolgen.


Fazit:

Der durch das Forschungs- und Besucherzentrum nun gegebene Übergang von Natur zu Gebäuden schafft im Zusammenspiel mit der Komplexität, die Geschichte, Ort und Aufgabe vorgeben, ein repräsentatives Gebäudeensemble, das in seiner Architektur dem Selbstverständnis der Heimbachgruppe entspricht. Die ausgewogene, aber sehr pointierte Architektur schafft ein Erscheinungsbild, das sich in die Kontinuität der Firmengeschichte einfügt, indem es die starke Identität nicht neu erfindet, sondern aus dem Gegebenen prägnant herausarbeitet.