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Ankauf 6 / 6

Nichtoffener Wettbewerb | 02/2009

Städtebaulicher Ideen- und Realisierungswettbewerb Konrad-Adenauer-Straße Stuttgart

Konzeptplan

Konzeptplan

Ankauf

Wilford Schupp Architekten GmbH

Architektur

Lohrberg Stadtlandschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAULICHER ANSATZ
Stuttgart hat „Unorte“, die es zu bespielen gilt. Der Entwurf schafft einen neuen signifikanten Stadtraum: den Kulturboulevard. Er verknüpft funktional, visuell und ideell hier eine weltweit einmalige Ansammlung („Wiener Ringstraße“) von wichtigen Kulturbauten an der Konrad-Adenauer-Straße. Durch die Ausgestaltung des Boulevards und wenige, gezielte Maßnahmen im Umfeld werden zudem quer zum Boulevard verlaufende Wegeachsen gestärkt und so vielfältige Bezüge in die umgebende Stadt aufgebaut. Indem der Kulturboulevard seinen Auftakt an der Schillerstraße und der Planie nimmt, stärkt er außerdem die Verbindungen zur Königsstraße ¬– insbesondere Wilhelmspalais und Kunstmuseum treten in ein neues visuelles Wechselspiel.

Der durch die Untertunnelung gewonnene Raum wird in der Mitte neu genutzt. Ein eigenständiger, urbaner und belebter Ort entsteht, der sich im heterogenen Kontext verschiedener Architektursprachen behaupten kann.

Um die Eigenständigkeit des Boulevards zu stärken, erhält dieser eine ruhige, einfache und einprägsame Kontur: eine langgestreckte Figur, die nicht auf einzelne Gebäude sondern das Gesamtensemble und die Lage am Hangfuß des Stuttgarter Talkessels reagiert. Zwei Baumreihen (Platanen) neben den Fahrspuren ordnen die uneinheitlichen Raumkanten, rahmen den zentralen Boulevard ein und heben ihn aus dem Kontext hervor.

Der Kulturboulevard erlaubt ein neues Erleben der Kulturmeile. Das eilige Queren der Konrad-Adenauer-Straße („von A nach B“) weicht einem abwechslungsreichen Promenieren durch das Gesamtensemble Kulturmeile (von „A bis Z“). Die Mittellage des Boulevards wahrt ausreichend Distanz zu den großen Kubaturen der Kulturbauten, so dass sich neue Perspektiven ergeben, in denen die Gebäude besser zur Geltung kommen. Aus der Autofahrerperspektive werden die Kulturpavillons als Satelliten erlebbar und geben Hinweise auf Inhalte von Veranstaltungen in diesem Bereich. Um das Promenieren zu unterstützen, werden die beiden mittleren Überwege über die Konrad-Adenauer-Straße versetzt angeordnet („Prinzip Rösselsprung“). Dies entspricht zunächst den natürlichen Bewegungsrichtungen, beispielsweise beim Übergang vom Schlossgarten zur Neuen Staatsgalerie. Das Verspringen lenkt aber auch die Schritte und die Blicke der Besucher in die Längsachse des Boulevards: so gelangen weitere Gebäude ins Blickfeld, die gesamte Kulturmeile wird in Szene gesetzt, der Boulevard wird zur gemeinsamen Adresse und zu einem Freiraum, der zur Nutzung einlädt.
Der Kulturboulevard als ein lang gestreckter Platz wird mit einer wassergebundenen Decke versehen, die ein bequemes Flanieren erlaubt und zudem ein angenehmes Kleinklima erzeugt. Die Auftaktsituationen vor der Alten Staatsgalerie und dem Wilhelmspalais sowie die Übergangssituation zwischen Neuer Staatsgalerie und Oper werden als Plätze besonders hervorgehoben. Sie erhalten einen Belag aus gestrichenem Beton, der über die Fahrbahnen geführt wird und diese visuell in die Platzfigur integriert. Die eigentliche Fußgängerfurt wird mit einer Bänderung im Belag markiert.

Der Kulturboulevard wird durch flache Rasenprismen gerahmt, die sich dreidimensional über einer dreieckigen Grundfläche aufspannen (Höhe bis ca. 1,50 m). Sie grenzen den Boulevard vom Verkehr ab und schaffen ein ruhigeres Inneres. Hier werden die Rasenprismen mit breiteren Sockelmauern gefasst, so dass sich dem Flaneur auch Sitzmöglichkeiten bieten. Die Rasenprismen leiten die Fußgänger auf und über den Kulturboulevard und bilden einen schützenden Raum, sie beziehen aber auch den Autoverkehr mit ein und lenken den Schall nach oben: So entwickeln die abgeschrägten Körper der Rasenprismen aus der Lenkradperspektive eine besondere Dynamik. Die Gratlinie wandert auf und ab, mal verschließt sie das Innere des Boulevards, mal gibt sie aber auch den Blick frei, insbesondere dann, wenn sich im Hintergrund ein neues Gebäude prominent zeigt.

PAVILLONS ALS DYNAMISCHE SKULPTUREN
Der Kulturboulevard wird in seinem Verlauf nicht nur durch Rasenprismen und Plätze rhythmisiert, sondern zusätzlich durch eine Abfolge von unterschiedlichen Pavillons und Bespielungen. Auf einer gedachten Linie in der Mitte der Kulturmeile gelegen, bilden die Pavillons nicht nur das räumliche, sondern auch das ideelle Rückgrat des Platzes und fungieren als „Satelliten“ der umgebenden Kultureinrichtungen.

Wichtiger Bestandteil dieser Idee ist die Dynamik des Konzeptes. Im Gegensatz zur Idee einer Bespielung mit Kunstskulpturen, welche die Gefahr von beständig abnehmender Aktualität in sich birgt (siehe Augustaanlage Mannheim), wird hier die Veränderbarkeit der Pavilloninhalte das Interesse hochhalten.

In Gesprächen mit Kulturanrainern haben wir im Vorfeld des Wettbewerbs festgestellt, dass die Idee, sich auf diesem Boulevard mit einem bespielbaren Satelliten/Pavillon zu repräsentieren, sehr wohl tragfähig ist. Dabei ist unerheblich, ob der Pavillon also umgehbar ist wie eine mediale Litfaßsäule oder Vitrine, durchgehbar ist wie ein Infopavillon, der z.B. die aktuelle Landtagsdebatte überträgt, ob er belegbar ist als schützende Vitrine für eine Installation, die auf eine aktuelle Ausstellung oder Theateraufführung hinweist, ob er belegbar ist für eine Kunstskulptur oder betret- und besuchbar ist, wie die vorgeschlagene Bar (Arbeitstitel Konrad‘s Boutique) unter Nutzung der darunter liegenden Reste der Unterführung im Bereich Oper. Mediensäulen an den Auftaktorten des Boulevards dienen als Erkennungszeichen und weisen auf Veranstaltungen in der Stadt hin. Die Farbkodierungen dieser Elemente sind immer schwarz-gelb in Kombination mit Glas als Hinweis auf die Landeshauptstadt.

HOCHBAUTEN / WEGBEZIEHUNGEN
Der Entwurf schlägt verschiedene ergänzende Hochbauten vor, wie die Erweiterung der Landesbibliothek als Längsbau entlang des Boulevards, einen querliegenden schmalen Bau parallel zur Alten Staatsgalerie, einen Baukörper hinter dem Königin-Katharina-Stift und einen Solitär am Südausgang des neuen Bahnhofs. Diese sind aber nicht zwingender Bestandteil der Entwurfsidee. Gleichwohl schlägt der Entwurf einige Veränderungen vor, insbesondere um die Anbindungen zur Königsstraße und zum Schlossgarten aufzuwerten. So soll ein neuer (parkierungsfreier) Platz im Vorfeld des Landtages die Wegebeziehung vom Stadtzentrum zur Staatsgalerie stärken. Indem sich der Platz axial auf den Turm der Musikhochschule ausrichtet, wird der städtebauliche Bezug zwischen Musikhochschule, Oper und Landtag gestärkt: die Kulturmeile wird mit dem Schlossgarten verknüpft. Der neue Platz kann den Schlossplatz entlasten, indem Veranstaltungen (z.B. Eislaufbahn) hierher verlagert werden und Stuttgart an dieser Stelle beleben. Die wenigen Veränderungen westlich des Landtag Gebäudes stärken ihn in seiner städtebaulichen Konzeption der 60er Jahre als freistehenden und weithin sichtbaren Pavillon im Park.

Eine weitere Querachsen-Aufwertung sieht der Entwurf an der Planie vor. Die Fußwegebeziehungen vom Kunstmuseum zum Wilhelmspalais werden nicht zuletzt durch den Auftaktplatz am Kulturboulevard gestärkt. Gleichzeitig wird die bislang unbefriedigende Übergangssituation zwischen Akademiegarten und Stadtbahn neu geordnet. Der Zugang zur Stadtbahn wird als bewusster, von Mauerscheiben gefasster Einschnitt in die ebene Topographie des Schlossgartens ausformuliert. Hierfür wird das Gelände in diesem Bereich des Schlossgartens angehoben.

BELEUCHTUNG
Die vorgeschriebene Beleuchtung der verbleibenden Fahrspuren bildet den illuminierten Rahmen des Kulturboulevards. Sein Inneres wird akzentuiert durch die beleuchteten Kanten der Rasenprismen; in der Sockelmauer läuft ein Lichtband, das den aufgespannten Raum zwischen den Prismen erhellt. Zusätzliche Lichtpunkte sind die Pavillons, die beleuchtet werden und so auch nachts dem Kulturboulevard einen Rhythmus geben.

VERKEHR / BUSHALTESTELLEN / RADWEG / TIEFGARAGE
Nach Bau des Tunnels werden im Abschnitt zwischen Gebhard-Müller-Platz und Charlottenplatz noch ca. 40.000 Kfz/Tag im Straßenraum verbleiben. Um diese Verkehrsmengen leistungsgerecht abwickeln zu können, ist ein durchgängig vierstreifiger Straßenquerschnitt (je zwei Fahrstreifen pro Richtung) mit Fahrbahnaufweitungen an den flankierenden Knotenpunkten erforderlich. Am Gebhard-Müller-Platz sind in der Knotenpunktszufahrt künftig vier Fahrstreifen erforderlich, um eine ausreichende Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. In der Zufahrt zum Charlottenplatz sind zwei Linksabbiegespuren, eine Geradeausspur und ein abgesetzter Rechtabbieger vorgesehen. Darüber hinaus besteht hier eine separate Busspur.

Die Bushaltestelle am Akademiegarten wird baulich in die Aufweitung der Rechtsabbiegespur am Knotenpunkt Charlottenplatz integriert. Gegenüber ihrer heutigen Lage ist die Bushaltestelle leicht nach Norden verschoben, um Konflikte mit der Fußgängerquerung zwischen Kulturmeile und Akademiegarten zu vermeiden.

Der Radweg auf der Ostseite der Konrad-Adenauer-Straße wird, von der Fahrbahn abgesetzt, im Schutz der Baumreihen geführt. Auf der Westseite verläuft der Radweg im nördlichen und mittleren Abschnitt zwischen äußerer Baumreihe und Fahrbahn. In Höhe der Bushaltestelle am Akademiegarten wird der Radweg in die Mitte der beiden Baumreihen verschwenkt. Der westliche Radweg endet vor dem Charlottenplatz und geht in gemeinsame Fuß- und Radwege über. Die Querung der Planie erfolgt, abgesetzt vom Charlottenplatz, in Höhe des Karlsplatzes.
Die Zu- und Ausfahrt der Landtagstiefgarage wird nach Süden verlegt, um den neuen Platz zwischen Landtag und Oper so weit wie möglich von Verkehr freizuhalten.

Der Platz vor dem Landtag wird somit nicht mehr Parkplatz, sondern als großzügige Freifläche für gelegentliche Vorfahrt von Politikern oder Nutzungen wie gelegentlichen Flohmarkt (wenn der Karlsplatz belegt ist) oder Stadtfest zur Verfügung gestellt.
Lageplan

Lageplan

Liberoblatt

Liberoblatt

Blick Charlottenplatz

Blick Charlottenplatz

Blick Gebhard-Müller-Platz

Blick Gebhard-Müller-Platz

Übergang Neue Staatsgalerie/Staatstheater

Übergang Neue Staatsgalerie/Staatstheater

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