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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2009

Werkstattverfahren südliche Pirnaische Vorstadt/ ROBOTRON

Gewinner

Atelier Loidl

Landschaftsarchitektur

Studio Wessendorf

Architektur

Erläuterungstext

ORT
Die Grenzen zwischen bebauten Bereichen und grünen Parkflächen verschwimmen. Das bauliche Erbe des Hygienemuseums, des Stadions, des Arnhold-Bads, der Robotron-Gebäude sowie der Hochhäuser an der Grunaer Straße stellt jedoch eine kraftvolle Mischung einzelner solitärer Gebäude dar, deren Beziehung zum Park geklärt werden muss.
Die heutige Situation im Planungsgebiet stellt sich als in Teilen aufeinander bezogene Einzelparks dar, die durch die Stadtplanung der sozialistischen Moderne an einigen Stellen diffus sind und deren Bezug untereinander und zur Stadt (der damaligen, sowie der heutigen) an einigen Stellen nicht klar erkennbar ist. Die an vielen Stellen des Gebiets eingestreuten Parkplätze, ungenutzte, zusammenhanglosen Restgrünflächen geben dem Areal teilweise einen Rückseitencharakter.


KONZEPT
Im Vordergrund des Entwurfs steht der neue, innerstädtische Centralpark, der mit dem verdichteten Robotronareal seinen urbanen Rahmen erhält. Der Entwurf basiert auf einem Stufenkonzept: Durch wenige Sofort-Eingriffe wird die Standortqualität deutlich verbessert und die Grundlage für eine stufenweise bauliche Entwicklung gesetzt. Der Masterplan stellt ein robustes räumliches Gerüst des öffentlichen Raumes. Die einzelnen Baufelder können funktional wie typologisch flexibel entwickelt werden und sind somit an den zukünftigen Bedarf adaptierbar.
Das Standortpotential wird herausgearbeitet: Es wird eine klare Positionierung des Geländes (Um-Programmierung) als „Wohnen und Arbeiten am Park“ mitten in der Innenstadt vorgeschlagen, um potentielle Investoren anzuziehen.

Park
Die Maßnahmen der Klärung sind Wegnahme und Ergänzung. Einzelne Gebäude werden abgerissen und die vielen Parkplätze, ungenutzten, zusammenhanglosen Restgrünflächen innerhalb des Parks in den Rahmenbereich verlagert und durch Rasen oder extensive Langgraswiesen ersetzt.
Ein neues Wegegerüst verbindet den Stadtpark zum einen mit dem großen Garten und der Umgebung und grenzt zum anderen die einzelnen Parkteile voneinander ab.
Die bestehenden Achsen werden an den entscheidenden Stellen ergänzt. Die Sichtachse der Herkulesallee zum Rathausplatz bleibt erhalten, als Wegeführung wird allerdings die historische Lingnerallee herausgearbeitet und führt vom Entreé am Altstadtring zur zentralen Hautptallee des großen Gartens. Ein neuer Weg trennt die Bürgerwiese klar von dem Blüherpark und bindet den südlichen Rundweg des Grossen Gartens an den neuen Rathausplatz an. In Zusammenhang mit der Herkulesallee entsteht eine Art Rundweg, der beide Parkteile dies- und jenseits der Lennéstraße verbindet. Die Achse zwischen Palais und Hygienemuseum wird in Zukunft ein nur Fußgängern vorbehaltener Parkweg. Die durch den Park führenden Strassen werden verschmälert und mit breiten Bürgersteigen als Parkways ausgebildet.

Stadtkörper
Der Stadtpark wird nördlich und westlich von klaren baulichen Kanten gefasst. Es schließen Stadtkörper an, die sich mit ihrem differenzierten öffentlichen Raum in ganzer Tiefe auf den Park beziehen. Sie setzen sich aus einer heterogenen Feldstruktur zusammen. Die großen Felder (Stabilisatoren) sind im Masstab der Robotron-Gebäude und weiter hinten, die kleineren befinden sich direkt am Park.
Die identitätsstiftenden bestehenden Robotron-Gebäude sowie die Hochhäuser an der Grunaer Straße werden sukzessive in ein heterogenes städtisches Gefüge eingewoben, das zur Parkkante hin permeabler ist. Aufweitungen vor den größeren Baufeldern schaffen qualitätsvolle Freiräume, die das Freiraumangebot des Stadtparks ergänzen.
Die neue Textur wirkt wie ein Vermittler zwischen dem Leitbild verdichteter Stadt und dem Spannungsfeld der bestehenden solitären Bauwerke. Durch die Aufwertung der Robotron-Gebäude (siehe Baustufe 1) und der Hochhäuser wird eine moderne Synthese erreicht und der genius loci transportiert.

VERKEHRSKONZEPT
Die verlängerte Zinzendorf-, Blüher- und die neue Robotronstraße an der nördlichen Kante werden als Parkways mit klarer Trennung zwischen PKWs und Fußgängern ausgebildet, die Fahrspuren werden zu Gunsten großzügiger Promenaden deutlich verengt. Der öffentliche Raum im neuen Robotronquartier hingegen ist nach dem „Shared-Space-Prinzip“ organisiert: Fußgänger und Autos teilen sich den Raum mit einheitlicher Oberfläche demokratisch, Fahrspuren werden nur angedeutet. Parkplätze werden mit Ausnahme des neuen Stadions aus dem Grünbereich hinaus verlagert, größeren Baufeldern wird eine Tiefgarage auferlegt.
Das Areal wird über die Lennéstraße und jeweils zwei Knotenstellen im Süden und Norden erschlossen.

BAUSTUFEN
Stufe 1 – Minimaleingriffe als Katalysator
Zunächst werden das ehemalige Rechnergebäude, die östliche Zeile vor dem Atriumgebäude I und die ehemalige Robotron-Kantine abgerissen und samt der umgebenden, zusammenhanglosen Frei- und Parkplatzflächen durch Rasen ersetzt. Das Hygiene-Museum liegt nun frei im Blüherpark, zudem ist es von der Altstadt besser sichtbar.
Die so freigestellten großen Robotron-Gebäude werden mittels punktueller Eingriffe aufgewertet.
Der Flächenleerstand in den Robotron-Gebäuden wird genutzt, um durch Herausschneiden geschossübergreifender Lufträume, Loggien oder Einschieben von Boxen ein Zusatzangebot an gemeinschaftlichen Foyers, blackboxes oder Ateliers mit größerem Platzbedarf zu schaffen. So wird die Beherbergung von individuellen Geschäftsräumen (z.B. Software-Firmen) innerhalb eines großen Baukörpers angedeutet. Durch diese nach außen hin signalhaft wirkenden Eingriffe wird die monotaktische Fassade gebrochen und die Veränderung des Robotronareals zeichenhaft eingeleitet.
Zusammen mit dem neuen Schaukasten des Hygienemuseums am Fußgängerübergang an der St- Petersburger Straße wirken die aufgefrischten Gebäude als Initiator und Promotor für das Gebiet.
Die Flächen der späteren Baufelder bieten sich für diverse temporäre Nutzungen an.

Stufe 2a – neues Park-Wegegerüst
Das neue Park-Wegegerüst lässt den erneuerten Stadtpark Anziehungs- und Ausgangspunkt für die anschließende rahmende bauliche Verdichtung werden.

Stufe 2b – sukzessive Entwicklung des Stadtkörpers
Sukzessive können von der Seite der St. Petersburger Straße aus in mehreren Bauphasen nutzungsflexible Baufelder entwickelt werden, die die Bestandsgebäude in einen urbanen Filter einweben. Die Bebauung lässt sich bei zukünftigem Bedarf bis zum redefinierten Altsstadtring erweitern.
Vor Bauphase 3 ist die südliche Rasenfläche weiterhin als Park nutzbar. Die einzelnen Bauabschnitte sollten dem texturellen Prinzip nach immer von der Parkkante bis zur hinteren Kante bemessen sein, kein Haus in erster Reihe am Park wird ohne den dazugehörigen dahinter liegenden öffentliche Raum realisiert.


BAUFELD-VARIATIONEN / TYPOLOGIEN
Innerhalb des robusten Grundgerüsts des öffentliche Raumes wird durch die Flexibilität der einzelnen Baufelder
eine gute Anpassbarkeit an zukünftige Bedürfnisse erreicht.
Das Spektrum der Baufelder und Baufeldvarianten lässt eine hohe Varianz, Mischung und Flexibilität von Nutzungen und Typologien zu.

Parkbaufeld
Die schmaleren Baufelder am Park erhalten in jeder Variante einen dem Park zugewandten Kopfbau für beispielsweise Loftwohnen oder Arbeiten am Park. Die Baufelder ermöglichen es, flexibel auf die zukünftige Marktlage zu reagieren: heterogene, städtische Mischnutzungen, reine Büronutzung oder variierende Park-Wohntypologien sind sehr gut vorstellbar.

Hofbaufeld
Die in der Maschenweite der Robotron-Gebäude ausgebildeten, hinteren Stabilisator-Baufelder haben das Potential, einen großzügigen Gemeinschaftshof zu umschließen, auch hier wäre ein urbane Durchmischung von Nutzung und Typologie ideal. Auch als reines Townhouse-Feld mit Privatgärten wirkt ein zentraler Gemeinschaftsbereich identitätsstiftend.

Einbindung Hochhäuser
Die solitären Hochhäuser an der Grunaer Straße werden ebenfalls in die Textur integriert. Entweder präsentieren sie sich als Türme am Platz oder erhalten einen Sockel, in dem öffentliche Nutzungen wie z.B. ein Fitnesscenter oder Supermarkt eine städtische Adresse bekommen könnten.


BAUMASSE / DICHTE
Dem Leitbild des urban verdichtetens, funktional und sozial durchmischten Stadtteils am Stadtpark nach kann in Zukunft auf einer Fläche von 130 000 qm ca. 200 000 qm neue Bruttogeschossfläche mit einer Dichte von durchschnittlich 1.5 entwickelt werden. Bei einer anderen Variante, bei der 50% der Baufelder mit einem Mix reiner Wohntypologien ließen sich ca. 170 000 qm mit einer durchschnittlichen Dichte von 1.3 erreichen.
Die Sockel der Hochhäuser sind ausschließlich öffentlich genutzt.


FAZIT
Der Entwurf berücksichtigt zum einen die aktuelle demographische und ökonomischen Situation in Dresden, indem durch erste sparsame Maßnahmen große Effekte erzielt werden, zum anderen aber weiterführend in einem stufenweisen Vorgehen das große Ganze eines überregional bedeutsamen Stadt-Park-Ensembles angestrebt wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das vorgeschlagene Nutzungskonzept ist überzeugend, insbesondere die angebotenen Wohnungstypologien bieten eine dem Ort angemessene und den sich konkretisierenden Bedürfnissen entsprechende Palette mit großer Variabilität.
Der Entwurf schlägt eine räumlich gut proportionierte Struktur vor. Langfristig bleibt eine Erweiterung des Areals in Richtung Innenstadt als Entwicklungsoption möglich, ohne dies für eine gute stadträumlich-gestalterische Wirkung zwingend zu fordern. Die Verbindung zur Innenstadt mit den richtig angelegten Übergängen im Zusammenspiel mit den kleinen, realistisch erscheinenden Interventionen („Schauvitrine“) überzeugen.

Mittels einer baulichen Kante wird der Park räumlich gefasst und durch den vorgelagerten parkway darüber hinaus ein differenzierter Raum mit großer Aufenthaltsqualität geschaffen.
Die Gestaltung der Blüher-Park-Erweiterung stärkt die landschaftliche Qualität des Quartiers und bildet für das Hygienemuseum ein adäquat hochwertiges Umfeld. Die Sichtbeziehung aus der Herkulesallee durch den vorgeschlagenen Versatz sowie die Breite des Raumes der verlängerten Herkulesallee sind zu prüfen.
Der Bestand ordnet sich selbstverständlich in die neue bauliche Struktur ein. Das Quartier an der Zinzendorfstraße bedarf einer weiteren Qualifizierung, um nicht losgelöst als Insel zu fungieren. Die vorgeschlagene Sockelbebauung der Hochhäuser birgt das Potenzial einer Nutzungsintensivierung und einer Optimierung der städtebaulichen Integration des Bestands, bedarf jedoch des Nachweises einer Machbarkeit unter Berücksichtigung der baulichen Prämissen der Wohnhochhäuser.
Die differenzierten Bauabschnittsbildungen versprechen in ihren jeweiligen Phasen anspruchsvolle funktionale und räumliche Qualitäten, beginnend mit ersten Image-Maßnahmen (Befreiung vom derzeitigen „Rückseiten-Charakter“) bis hin zu den langfristigen Entwicklungsmöglichkeiten, die bis zur Neufassung der St. Petersburger Straße reichen. Sie wären jedoch in ihren konkreten Ausgestaltungen zu vertiefen.

Das Bewertungsgremium sieht mehrheitlich in der Arbeit Atelier Loidl / Wessendorf das größte Potenzial zum Umgang mit dem Robotronareal gleichermaßen für die nähere und ferne Zukunft und damit für eine Weiterführung und Qualifizierung in Richtung einer städtebaulichen Rahmenplanung. Zur Vermittlung des Planungsansatzes gegenüber der interessierten Öffentlichkeit ist es wichtig, im Nachgang zu dem Werkstattverfahren, das ausgewählte Konzept entsprechend zu visualisieren, um die Intention der Stadt auch allgemeinverständlich kommunizieren zu können.
LOIDL / WESSENDORF

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