modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren
Ankauf 6 / 6

Nichtoffener Wettbewerb | 09/2009

Museumsquartier Luthersterbehaus

Blick vom Vikariatsgarten

Blick vom Vikariatsgarten

Engere Wahl

töpfer.bertuleit architekten

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau
Die Qualität des Standortes ist geprägt vom Zusammenspiel differenzierter baulicher Typologien, die durch ihre unmittelbaren Bezüge eine einzigartige Kulisse für das neue Museumsquartier „Luthersterbehaus“ bieten. Ziel ist es, im Zuge der Neubaumaßnahmen bereits vorhandene Qualitäten des Standortes zu bewahren, zu ergänzen und gezielt weiter zu entwickeln.
Das neue Museumsquartier „Luthersterbehaus“ versteht sich darüber hinaus als integrativer Bestandteil eines sensiblen (Stadt)-Entwicklungsprozesses, der die geplanten Gebäudestrukturen in die bestehenden historischen Schichten der Stadt einfügt und dennoch selbstbewusst als Architekturen des 21.Jahrhunderts in Erscheinung treten lässt. Vorgeschlagen wird ein städtebauliches Ensemble, das die geistige Atmosphäre des Ortes bewahrt und durch seine offene und differenzierte Raumfolge vielfältigen Nutzungsansprüchen gerecht wird.
Die architektonische Gliederung des Baukörpers in zwei Gebäudeteile verleiht dem Ensemble städtebauliche Maßstäblichkeit und garantiert die Einordnung der Kubaturen in die bestehenden Gebäudestrukturen. Ihre einfache und abstrakte Erscheinungsform fügt sich in Materialität und Habitus in das bestehende Gebäudeensemble ein, ohne vordergründig und selbstbezogen den Bestand zu überformen.

Architektur
Wichtigster konzeptioneller Ansatz ist die Etablierung eines zentralen „Eingangsgebäudes“, welches das historische Sterbehaus mit dem Neubauensemble verknüpft. Diese Raumkonzeption schafft eine Sequenz öffentlich zugänglicher Bereiche, die als neue Schnittstelle zwischen den inneren und äußeren Raumtypologien fungiert. Die bewusst am derzeitigen Standort belassene historische Eingangssituation des Hauptportales wird durch diese räumliche Erweiterung aufgewertet, und unmittelbar mit dem Museumshof und dem Inneren des Quartiers verknüpft. Die neue Foyersituation öffnet das Ensemble großzügig nach Süden und schafft damit die Möglichkeit, das Sterbehausensemble auch über den Vikariatsgarten zu erschliessen. Die Qualitäten dieser zentralen, offenen Eingangssituation werden über einen transparenten „Arkadengang“ mit den Raumfolgen des Neubauensembles verknüpft.
Während im Bestandsgebäude der Focus auf der Inszenierung der historischen Räume mit ihrer kleinteiligen, kabinettartigen und introvertierten Grundstruktur liegt, werden im Neubau großzügige, offene und flexibel nutzbare Raumstrukturen etabliert. Die Dauerausstellungsräume des historischen Altbaus werden bewusst als eigenständige Raumfolgen mit in sich geschlossenen Themenbereichen und Rundgängen entwickelt und nicht mit den Raumstrukturen des Neubaus „vermischt“.
Im Mittelpunkt der Neubaukonzeption steht die Ausbildung optimal nutzbarer Ausstellungsbereiche und die einladende Öffnung des Hauses für ergänzende Aktivitäten. Um den zentralen Foyerbereich, der behindertengerecht zu erreichen ist, orientieren sich alle öffentlichen Bereiche und Besucherrelevanten Funktionen wie Kasse / Shop / Garderobe und Cafébereich. Im Untergeschoss befinden sich die Besuchertoiletten, die über einen Aufzug behindertengerecht erschlossen sind.

Die Grundrissstruktur des Neubaus etabliert im Erdgeschoss ein multifunktional nutzbares Raumangebot, das für Sonderausstellungen, Veranstaltungen und Events genutzt werden kann. Diese offene Raumkonzeption unterstreicht den kommunikativen Charakter des Gebäudes und verknüpft Bereiche des Außenraumes, wie den Museumshof und die Museumsterrassen mit dem Gebäudeinneren.

Im Obergeschoss hingegen wird eine introvertierte, auf die Ausstellungsobjekte und die Themenbereiche „Sterben“ und „Tod“ konzentrierte Ausstellungsatmosphäre geschaffen. Innerhalb dieses flexibel nutzbaren Dauerausstellungsbereiches werden Ausstellungsarchitektur und -objekte in überwiegend dunklen Räumen durch ein differenziertes Kunstlichtsystem atmosphärisch in Szene gesetzt. Als Endpunkt des Ausstellungsrundganges gibt die einzige Fensteröffnung dieses Raumes den Blick über den Vikariatsgarten zur Taufkirche Luthers frei und schließt damit Kreis zwischen Gestern und Heute.
Im Untergeschoss, sind weitere Funktionen wie Werkstatt- und Lagerräume, sowie ein Veranstaltungsraum und ein Auditorium verortet. Der natürliche Geländeverlauf begünstigt die Ausbildung dieses Geschosses, die Obergeschosse können dadurch ausschließlich musealen Zwecken zugeführt werden.

Material
In ihrer Materialität orientieren sich die Baukörper an den historischen Mauern und Fassaden der gewachsenen Bausubstanz, und interpretieren diese in einer klaren und modernen Architektursprache. Eine helle Ziegelfassade erzeugt in Kombination mit verglasten Fassadenbereichen eine dem Ort entsprechende zurückhaltende Materialästhetik, die sich auf wenige Elemente konzentriert. In Detailbereichen (Sockel) wird die Außenhaut zugunsten einer reliefartigen Perforation aufgebrochen, die der Ziegelfassade Lebendigkeit, und dem Spiel des Lichtes Ausdruck verleiht.
Die Museumsräume beschränken sich in ihrer architektonischen Ausformung auf großzügige Reduktion.
Der Erdgeschossbereich wird vorwiegend in „steinernen“ Materialien ausgebildet. Der Natursteinbelag projiziert sich aus dem Foyerbereich in den Erdgeschossbereich des Neubaus mit Sonderausstellungs- und Veranstaltungsbereichen. Die zweischaligen Mauerwerkswände werden raumseitig verputzt, in Teilbereichen bleibt das Motiv der perforierten Ziegelfassade erhalten und verwebt damit den Innenraum mit der Materialästhetik der Außenfassaden. Alle Einbauten und Möbel werden in Holz ausgeführt. Im Obergeschoss findet das Material Holz im Bereich der Böden Anwendung, um hier eine „gedämpfte“ und mit dem historischen Ambiente der Ausstellungsräume des Altbaus verwobene Atmosphäre zu kreieren.

Freiraum
Die Anordnung der Baukörper schafft eine klare Hofsituation, die den Museumshof in seiner bestehenden räumlichen Struktur stärkt. Durch die Anordnung des zentralen Eingangsbereiches und dessen Öffnung nach Süden wird der Vikariatsgarten unmittelbar mit dem Museumsquartier verknüpft. Der Besucher kann sowohl über das Hauptportal im Norden als auch über die Gartenanlage den Museumskomplex betreten. Der Museumshof wird als gepflasterte, multifunktional nutzbare Fläche ausgebildet, in deren Zentrum die „Luthereiche“ Schatten spendet und eine hohe Aufenthaltsqualität etabliert.
Der Vikariatsgarten wird unter dem Motto „Luther und die Legenden“ entwickelt. Hierbei liegt der Focus auf der Schaffung einer robusten und einfachen Grundstruktur, die das Gelände als thematische Einheit definiert. Als Kernthema wird die Legende des „Äpfelbäumchens“ definiert: "Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute ein Apfelbäumchen pflanzen!" Der Apfelbaum findet über diesen mythologischen Bezug hinaus eine landschaftliche Entsprechung in Form der im Mansfelder Land noch weit verbreiteten Streuobstwiesen. Diese Landschaftstypologie geht bis in das Mittelalter zurück und wird heute wieder unter ökologischen und ökonomischen Aspekten aktiviert. Der Vikariatsgarten wird als „Streuobstwiese“ mit Zieräpfelgewächsen ausgebildet, die den Garten im Frühling in ein romantisches Blütenmeer verzaubern und zugleich einen Bezug zu den traditionellen Nutzgärten herstellen. Natürliche Wiesenflächen mit wilden Blumen und Kräutern erwecken Assoziationen an heimische Landschaftsbilder. Punktuell bieten die „versunkenen“ Gärten Raum für landschaftarchitektonische Setzungen und thematische Interpretationen der einzelnen Legenden. Diese Gärten werden als kleine „Mulden“ mit spezifischer Vegetation und Materialität ausgebildet.
Als dritte Freiraumtypologie treten die „Museumsterrassen“ in Erscheinung, die unmittelbar mit dem Sonderausstellungsbereich des Neubaus verknüpft sind. Diese offene, befestigte Freifläche kann multifunktional für Ausstellungszwecke oder Veranstaltungen genutzt werden, die Terrassen fungieren zugleich als Tribüne und Bühne. Der direkt anschließende „Mythengarten“ schafft eine introvertierte Atmosphäre - er kann für kleinere, wechselnde Inszenierungen in einem klar umrissenen „Gartenkabinett“ genutzt werden.
Blick auf den Museumsneubau

Blick auf den Museumsneubau

Blick in den Museumshof

Blick in den Museumshof

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Ankauf 6 / 6