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Ideenwettbewerb mit vorgeschaltetem Verhandlungsverfahren | 02/2005

Ideenwettbewerb: Leben nach dem Kies, Eine neue Landschaft für Natur und Menschen

2. Preis

TERRA.NOVA Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Emmermann Architekten und Stadtplaner

Architektur

Ralph Walczyk

Architektur

Erläuterungstext



NeuLand
LEBEN MIT DEM KIES

Situation
Eingriffe in die Landschaft zur Ausbeutung von Rohstoffen hinterlassen Spuren, deren Resultat oftmals einer Zerstörung der Landschaft gleich gesetzt wird. Tatsächlich jedoch haben alle Nutzungen der Landschaft durch den Menschen große Veränderungen des Landschaftsbildes zur Folge. Der Abbau bodennaher Rohstoffe im Tagebau erzeugt spezifische Räume, die bei entsprechender Überformung, Kultivierung und Nutzung hohe ökonomische, ökologische und gestalterische Chancen bieten.

Ziel
Unser Eingriff versucht die Balance zu halten zwischen der Wiedergewinnung und Aufwertung landwirtschaftlich genutzter Flächen einerseits und der Neugestaltung und Aufwertung von überformten Abbauflächen hin zu einem naturnahen Raum mit hohem ökologischem und Freizeitwert andererseits. Gute Erfahrungen bei Renaturierung, Sukzession und Kultivierung von Kiesgruben, die nicht verfüllt wurden, stehen dem wirtschaftlich hohen Aufwand zum Rückbau der Kiesgruben und deren Höherstufung zum Biotop im Sinne der praktizierten Eingriffsregelung gegenüber.

Transitraum
Das Potenzial des Wettbewerbsgebiets liegt in der zentralen Lage zwischen großräumigen Naturparks und guter Anbindung an wichtige Ober- und Mittelzentren. Mit den Mitteln des Kiesabbaus werden günstig gelegene Kiesgruben abschnittsweise miteinander verbunden und im Einklang mit der Gliederung der vorhandenen Agrarlandschaft zu einem durchgehenden, talartigen Transitraum geformt. Er verbindet den vorgesehenen ‚Naturpark Bad Segeberg’ im Süd-Westen mit dem ‚Naturpark Holsteinische Schweiz’ im Nord-Osten und knüpft die Orte Tarbek, Damsdorf und Tensfeld in ein Netz von Fuß, - Reit- und Radwanderwegen.

Nutzung und Gestaltung
Vorhandene und neue bauliche Strukturen bieten Beherbergungs- und Versorgungsmöglichkeiten, Reitställe und Servicestationen. Eine Landschaftspyramide mit Informationszentrum markiert die Anbindung des Talraums an das überregionale Straßennetz über die B404/A21 und bietet Aussicht auf den umgebenden Landschaftsraum. Die Kiesoberfläche der Talsohle wird in weiten Teilen mit dem Oberboden der noch zu erschließenden Kiesfelder bedeckt. Trocken- und Feuchtbiotope, Sukzessionsflächen, Wiesen und Aufforstungen bilden dann den naturnahen Rahmen zur Einbettung von Flächen und Gewässern für Freizeitnutzungen, wie Baden, Angeln, Ball- und Trendsport, Reiten, Golf, temporäres Wohnen.
Die charakteristischen Böschungen der Kiesgruben werden belassen. Die landwirtschaftlichen Flächen werden bis an die Böschungen herangeführt und das Netz der Knicks entlang der Parzellengrenzen ergänzt.

Erschließung
Das regionale Erschließungsnetz wird weitgehend erhalten. Straßen queren das Tal in Dammlage, über Brücken oder ebenengleich entsprechend der örtlichen topographischen Situation.

Prozess
Die Überformung der Landschaft für ein Leben mit dem Kies erfolgt in Abschnitten. Mit Einrichtung der Initialprojekte werden Damsdorf und Tensfeld Ausgangspunkte der morphologischen Veränderungen und schließlich miteinander verbunden. Nach Anbindung des Staatsforsts Bad Segeberg wird mit den letzten Schritten der Anschluss an die Pyramide hergestellt.

Architektonische Genauigkeit und planerische Unbestimmtheit
Wir fassen unser Projekt eher als Strategie auf, denn als Design. Dies meint, dass es darum geht, die günstigste Verbindung der vorhandenen und entstehenden Gruben herzustellen und den größtmöglichen Nutzen aus einer wirksamen und spannungsgeladenen Platzierung einer gewissen Anzahl von Einrichtungen zu ziehen, wobei stets darauf geachtet wird, dass der konzeptionelle Anspruch eingelöst wird und ein stabiler ästhetischer Eindruck im Gesamten entsteht. Auf der Grundlage des formalen Konzepts erlaubt die planerische Unbestimmtheit jegliche Veränderung, Abwandlung oder Ersetzung, ohne damit die Ausgangshypothese zu beieinträchtigen.

Beurteilung durch das Preisgericht


Die Idee, vorhandene Abbauflächen zu einem tief liegenden Landschaftsraum zu verknüpfen, ist überzeugend, bestechend einfach und führt zu einem neuen landschaftlichen Erlebnisraum, der für Schleswig-Holstein einmalig wäre.
Er dokumentiert den Eingriff in die Landschaft zum Kiesabbau aus wirtschaftlichen Gründen und führt ihn über in ein Tal für Freizeitaktivitäten, Erholung und Naturschutz. Die Erhaltung der Parzellen begleitenden Raumkanten ist zwar etwas schroff, aber ehrlich, und ermöglicht die Ablesbarkeit des künstlichen Eingriffes in die Landschaft durch den Kiesabbau. Positiv wird die Flexibilität und Robustheit der Leitidee des Konzeptes gesehen, d.h., dass diejenigen Flächen, die das Tal bilden, den Gegebenheiten entsprechend ausgewählt werden können, solange die Verknüpfung untereinander gegeben ist. Dies bringt den erforderlichen Spielraum für die Umsetzung des Konzeptes, deren Realisierung schrittweise möglich ist.
Die Landmarke an der B404 als Ausgangspunkt für Aktivitäten im Tal ist in ihrer archaischen Ausformung als Pyramide eine gute hochbauliche Antwort auf die bizarren Konturen des Tales.
Es werden Ideen für Freizeit- und Erholungsaktivitäten im Text und Bild aufgeführt, die z.T. sehr innovativ sind, z.B. einen Badeteich für einen Tag zu mieten.
Durch die Schaffung dieses Tales entsteht ein Raum, der in gewisser Abgeschiedenheit viele Möglichkeiten und Anziehungspunkte für Besucher und Naherholungssuchende bietet. Zusammen mit der Einmaligkeit und Attraktivität dieses einzigartigen Talraumes könnte das vielflächige Angebot an Aktivitäten und Naturschutzflächen im Tal zur Entstehung der gewünschten Arbeitsplätze im Gebiet führen.
Ein Vorteil liegt in der Ökonomie und Realisierbarkeit des Konzeptes. Der Nachteil liegt in der Wirkung in der Gesamtlandschaft, da von ihm außer der Pyramide keine Fernwirkung ausgeht. Es verschwindet in der Landschaft.