modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb (nur für Studenten) | 05/2009

BDLA Niedersachsen+Bremen - Nachwuchswettbewerb 2009 "Mobile Gärten in Celle"

Ruderale Gärten

Anerkennung

Martin Steinbrenner

Student*in Landschaftsarchitektur

Simon Kroll

Student*in Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Problemstellung Im heutigen Zeitalter einer digitalen Bilderflut, in der das Bild einer vermeintlich unberührten, harmonisch gestalteten Natur transportiert wird, erfährt die real existierende Vegetation, die in den wenigsten Fällen diesen Idealbildern von Natur entspricht, wenig Beachtung. Besonders städtische Vegetation, die fernab von gestalteten Parks und Gärten besteht, wird häufig als minderwertig diskreditiert. Ausgelöst wurde die Sehnsucht nach einer heilen Natur bereits in der Epoche der Frühromantik zu deren Protagonisten die Maler Casper David Friedrich und Wiliam Turner zählten. Die Bilder dieser Künstler weckten beim Betrachter ein Verlangen nach emotional erlebbarer Natur und Landschaft. Heutzutage werden diese Idealbilder von den Medien aufgegriffen und bestimmen somit die Vorstellung von Natur und Landschaft. Viele Menschen versuchen die Sehnsucht nach unberührter, harmonisch gestalteter Natur als wohltuender Ausgleich zum hektischen urbanen Leben, in ihrem eigenen Garten, durch einen Parkbesuch oder Urlaub in einem exotischen Reiseziel zu stillen. Die Ruderalvegetation einer Industriebrache, welche im Zuge des Strukturwandels der Städte immer häufiger auftreten, wird nicht als erlebenswert empfunden. Die Stadt Celle hat mit dem Französischen Garten und dem Schlosspark zwei hervorragend erhaltene und gepflegte Stadtparks. Sie sind sowohl Ziel der Bewohner als auch der zahlreichen Touristen. Gleichzeitig bietet Celle jedoch auch fernab dieser gestalteten Parks eine andere Art von Naturerlebnis. In unmittelbarer Nähe zur Innenstadt liegt die Hafeninsel mit aufgegebenen Industrieflächen und der darauf existierenden Ruderalvegetation. Der Entwurf soll aufzeigen, dass Natur auch fernab der vorherrschenden Naturklischeebildern Qualitäten aufweist. Konzept und Entwurf Nach eingehender Auseinandersetzung mit der Stadt, wurde schnell deutlich, dass Celle bereits zahlreiche Beispiele für gestaltete Gärten und Parks im innerstädtischen Bereich aufweist, schien uns der Wettbewerb geeignet auch einmal die Ränder und Brüche der Stadt ins Bewusstsein der Bewohner und Besucher zu bringen. Der Container behält in unserem Entwurf seinen ursprünglichen Zweck als Entsorgungsbehälter. Mehrere alte romantische Landschaftsgemälde werden als Symbol für die vorherrschenden Klischeebilder von Natur darin entsorgt. Verzierte, schwere Bilderrahmen symbolisieren das veraltete, romantische und antiquierte Naturverständnis. Wir möchten zeigen, dass diese Bilder in den seltensten Fällen der Realität entsprechen, und dass Natur auch in anderen, real vorkommenden Formen ihren Reiz hat. Im Zuge der natürlichen Sukzession würde sich in dem Container eine Ruderalvegetation einstellen, die im Laufe der Zeit die Bilder völlig überwuchern würden. Dies stellt unsere Hommage an die existierende Ruderalvegetation der Städte dar. Die Anordnung der im Container untergebrachten Gemälde erinnert an den Klassiker der romantischen Malerei „Das Eismeer von Casper David Friedrich“. Dieses Motiv fanden wir auch in Form eines Schutthaufens auf der Hafeninsel. Deshalb schien uns dieses Zitat für die Anordnung der Gemälde bestens geeignet. Die Bilderrahmen werden in eine 20 cm starke Betonschicht eingelassen und teilweise nicht sichtbar miteinander verschraubt. Zur Reduzierung des Gesamtgewichtes des Containers wird der Beton auf eine 35 cm hohe Holzkonstruktion aufgebracht. An den Kopf‐ und Fußseiten des Containers werden 8 cm hohe Betonpflastersteine verlegt. Dieses, sich zur Mitte hin auflösende, Verbundsteinpflaster repräsentiert den in der Stadt gängigen Belag. Eine Substratschicht wird in verschiedenen Stärken auf den Betongrund aufgetragen. Die gepflanzte Vegetation benötigt nur wenig Substrat, da sie sehr stresstolerant ist und sich ansonsten an vielen Standorten von selbst einstellen würde. Auf Grund des limitierten Bearbeitungszeitraumes des Wettbewerbs wird sich diese Vegetation nicht von selbst einstellen, sondern von uns gepflanzt. Einige der von uns auf der Hafeninsel kartierten Arten werden gepflanzt und symbolisieren die dort vorherrschende Ruderalvergetation. Einige dieser Arten sind beispielsweise Senecio inaequidens, Tanacetum vulgare , Trifolium pratense und Ailanthus altissima. Mit dem Beginn der Ausstellung des Containers stellen wir einen Zustand dar, der sich nach natürlicher Sukzession erst in Monaten oder Jahren einstellen würde.
Fazit
Unser Entwurf versucht die Ruderalvegetation in den Fokus der Öffentlichkeit zu stellen, um die Ästhetik und das Potential von Brachflächen, fernab der sauberen Innenstädte aufzuzeigen. Dabei sollen keineswegs die Werke der romantischen Malerei kritisiert werden, sondern wir wollen die Menschen auch für andere Bilder von Natur und Landschaft sensibilisieren. Dieser Kontrast von der Ruderalvegetation im Container zu der liebevoll restaurierten Innenstadt Celles scheint uns dafür besonders geeignet.