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Nichtoffener Wettbewerb (nur für Studenten) | 05/2009

BDLA Niedersachsen+Bremen - Nachwuchswettbewerb 2009 "Mobile Gärten in Celle"

An der Grenze stehend, mit dem Garten in Tuchfühlung...

Anerkennung

Sebastian Feldhusen

Student*in Landschaftsarchitektur

Juliane Feldhusen

Student*in Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Übergeordnete Gedanken

So wie ein Seismograf Richtung und Dauer eines Erdbebens aufzeichnet, nehmen Gärten kulturelle Strömungen auf.
Sie schaffen dort eine Realität, wo die Gesellschaft nur mühsam und zeitversetzt eine Entwicklung in Worte zu verfassen vermag. Das scheinbar Abstrakte wird hier mit Leichtigkeit konkret.

Gärten werden nicht allmählich zur Wirklichkeit, sondern in einem Augenblick in Besitz genommen: Das Feld wird
abgesteckt, die Lichtung geschlagen - Abgrenzung von der Umgebung. Durch die Grenze entsteht ein Drinnen und Draußen. Grenzen, in Form von Gräben, Zäunen, Hecken und Mauern. Im Schutz der Grenze wird das Terrain
erkundet. Über die Mauer hinweg richtet sich der Blick auf die Umgebung.

Zaghaft oder selbstsicher finden Materialien Einzug in den Garten. Dem Fremden muss ein Platz zugewiesen werden.
Eine Gratwanderung zwischen sorgsamen Fügen und Dekoration. Der Garten bekommt eine Gestalt. Er wird gestaltet.
Gestaltung ist harter Ausdruck kulturellem Tun.

Hinter dem Gartenzaun entwickelt sich entweder sukzessiv eine biografische Welt oder ein Modell von einer Natur.
Häufig einer idealisierten Natur. Einer harmonischen Natur, die mit uns Menschen und unseren kulturellen
Errungenschaften in friedvoller Beziehung stehen soll. Diese Natur, dieses friedvolle Nebeneinander, ist außerhalb der Gartenzäune nicht zu finden. Die Windmühle, von ihrer tüchtigen Funktion beraubt, wurde von der Windkraftanlage aus
der Landschaft verdrängt. In Miniatur rettet sie sich als Symbol in Gärten - als ein Symbol für eine Zeit, als alles noch zum Guten umkehrbar erschien.

Jedoch sind gut und böse, ja und nein Gegensatzpaare die einer Natur gleichbedeutend sind. Es sind menschliche Krücken, die uns helfen unser tägliches Abenteuer zu überstehen. Wenn die Natur aber nicht als ein Material, als ein höheres Wesen hinter den Dingen gesehen wird, denn als eine Art Metapher für den stetigen Prozess der natürlichen Dinge, als ein komplexes System, wo Chaos und Ordnung nicht unterscheidbar sind, wo der Kampf ums Überleben gleichbedeutend mit einem neuen Leben ist, als ein schmaler Grat, wo sich die Kräfte aneinander abarbeiten, dann wäre es möglich hinter das Material, hinter die Bilder zu schauen, die man uns als Natur suggeriert. Mal heiter, mal tragisch. Als Vernunftwesen ist der Mensch in der glücklichen Lage zu reflektieren, mit eigenen Maßstäben Dinge zu durchdenken, zu produzieren, Schaden abzuwehren und verantwortungsvoll zu handeln.

Dieses erst einmal erkannt, wäre der Garten nicht Sehnsucht nach einer friedvollen Natur, wäre nicht statisches Bild, sondern eine Bühne für Phänomene und Prozesse, die uns immer wieder Gedanken über das eigene Natur- und Kulturverständnis abverlangen.

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Mobiler Garten in Celle

Die Grenze des Gartens wird durch eine Art Vorhang aus einer Vielzahl von Siebdruckplatten gebildet, die die Abmessung des Containers aufnehmen. Die Siebdruckplatten sind über eine Stahlkonstruktion an der Containerinnenwand befestigt. Außerhalb des Containers stehend können diese, geführt auf einem Stahlprofil (Rohr),
horizontal bewegt werden. Die Grenze des Gartens ist in ihrer Gestalt der in Handlung tretenden Personen unterworfen.

Innerhalb dieser Grenzen sind sich entwickelnde Kresse-Streifen aufgespannt. Die Kressesamen werden zwischen ein durchwurzelungsfähigen Textil – Streifen (z.B. Geotextil) gelegt. Dieses Textil wird wiederum an einem Gummiseil befestigt, welches quer über den Container gespannt wird. Befestigt über ein Metallteil an den Siebdruckplatten kann dieser Streifen von außen vertikal bewegt werden. Die sich rasch entwickelnde Kresse passt sich den wechselnden Standorten, Ausrichtungen, Neigungen und äußerlichen Einflüssen an. Ihre Entwicklung schreitet voran. Die Spuren dieses Prozesses sind von Tag zu Tag von Standort zu Standort ablesbar.

Der Container wird als Transportmittel soweit akzeptiert, dass er nicht verfremdet wird.
Der Container ist Träger und Transportmittel des Gartens. Der Transport hat unmittelbar Einfluss auf den Garten. Durch das Aufladen des Containers mittels eines Fahrzeuges gerät der Garten in Bewegung.
Die Siebdruckplatten mit den Kresse-Streifen bewegen sich, der Schwerkraft folgend, in eine formale Ordnung. Eine flüchtige Ordnung. Das Laden und der Transport als äußerer Einfluss beeinflussen somit die Gestalt des Gartens.
Die Grenze des Gartens ist also mehr Handlungsraum denn trennendes Element. Ist eine sanfte Einladung zum Spiel.

Ist Chaos und Ordnung zugleich. Ist etwas flüchtig Festes. Ein Zwischenraum an dem Natur als ein Prozess, als Phänomen sichtbar wird. Oder einfach ein Zwischenraum, der einem Gedanken über das eigene Naturverständnis abverlangt. An der Grenze stehend, mit dem Garten in Tuchfühlung - die Stadt im Rücken.