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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2005

Realisierungswettbewerb Kastner & Öhler, Graz

1. Preis

Nieto Sobejano Arquitectos

Architektur

GSE Ingenieur - Gesellschaft mbH Saar, Enseleit und Partner

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

Der von uns vorgeschlagene Entwurf ensteht aus einer geometrischen Gesetzmäßigkeit. Zwar wurde in vielen Fällen die Geometrie als formale Einschränkung verstanden, aber könnte sie nicht auch das Gegenteil bedeuten, d.h. die Daseinsberechtigung eines Raumes, einer Form oder eines Bildes? Es ist nämlich genau die Unregelmäßigkeit der Gebäude, aus denen sich das Warenhaus Kastner & Öhler zusammensetzt, die uns veranlasst, ein Muster, einen Rhythmus von Dächern zu schaffen, der das ganze Ensemble vereint.

Im Dialog mit den Baukörpern der Alstadt erhebt sich ein eindrucksvolles Dach, das an einigen Stellen dramatisch ansteigt, um dann wieder abrupt abzufallen. So entsteht auf der Basis der darunter liegenden Räume eine variantenreiche Sequenz schlanker Oberlichtbänder. Die beiden höchsten Oberlichtbänder verweisen auf die darunterliegenden Fahrtreppen, die das ganze Gebäude durchziehen und bringen so natürliches Licht bis in die untersten Geschosse des Gebäudes – gleichzeitig als Bezugnahme auf den Entwurf von Fellner & Hellmer.

Zwei Terrassen bilden sich als Konsequenz aus den Faltungen des Dachs. Die größere von beiden, dem Restaurant Feinspitz angeschlossen, bietet einen Blick auf die atemberaubende Dachlandschaft, den Schloßberg und die Grazer Altstadt. Die vom Programm geforderten unterschiedlichen Räume und Funktionen passen sich, den geometrischen Gesetzmäßigkeiten folgend, dem Grundriss an. Die Flächen für Installationen und Technikräume liegen an den notwendigen Stellen, die Oberlichter werden zur Be- und Entlüftung genutzt. An den Stellen, an denen Technikräume nicht eingehaust gefordert sind und vom Dach eingeschlossen werden, ist die Metallhaut perforiert. Auf diese Weise beeinträchtigen keine außen liegenden Technikflächen mehr die Einbindung des Gebäudes in die Grazer Dachlandschaft.

Die Sequenz der Oberlichtbänder ist als flexibles System entworfen, welches es erlaubt, sich bei näherer Untersuchung in Höhe, Ausdehnung und Anzahl den definitiven Anforderungen anzupassen. Aus der mittelalterlichen bis gründerzeitlichen Baustruktur der Grazer Altstadt tritt die neue Dachlandschaft des Warenhauses Kastner & Öhler mit Klarheit und Bestimmtheit hervor und kreiert eine neue Skyline, eine geometrische Gesetzmäßigkeit, ein System, welches die Transformation einer Stadt veranschaulicht, die es versteht, sich zu verändern ohne seine Geschichte zu verlieren.

Um den umliegenden Gebäuden Respekt zu zollen, wurde das Dach in der Überarbeitungsphase insgesamt um etwa 1.5 Meter nach unten versetzt. Zusätzlich wurden die Trauflinien des neuen Daches im Norden und Nordosten um 1.5m - 2m nach innen verschoben. Diese Maßnahme ermöglicht es uns, den größten Teil des alten Satteldachs des Hauses Sackstraße 13 zu erhalten, ohne Fläche im darunterliegenden Geschoss zu verschenken. Bis auf drei Ausnahmen liegen nun sämtliche Oberlichter unterhalb der geforderten Traufkantenhöhe von etwa sechs Metern. Eine Ausnahme bilden jedoch weiterhin die beiden großen Oberlichter über den Rolltreppen im Norden und Süden des Gebäudes und ein weiteres an der nördlichen Gebäudegrenze des Hauses Sackstraße 7-11 gelegenes Oberlicht. Die Höhe dieser Oberlichter begründet sich zum einen durch den verbesserten Tageslichteinfall und die dadurch erzeugte Atmosphäre im Gebäude, zum anderen durch die erweiterten Unterbringungsmöglichkeiten für Technikflächen. Zusätzlich erscheint es uns aus städtebaulicher Sicht wichtig, einige Punkte in der neuen Dachlandschaft zu akzentuieren. So verweist beispielsweise das Oberlicht im Norden des Hauses Sackstraße 7-11 auf die Selbständigkeit der nun zu einem Haus verschmolzenen, vormals unabhängigen Gebäude.

Zwecks eines besseren Außenraumbezugs haben wir die große Terrasse erweitert und im Süden eine dritte hinzugefügt. Dadurch bieten sich im Osten, Süden und Südwesten den Besuchern die schönsten Ausblicke auf die Grazer Altstadt: Schloßberg, Rathaus, Hauptplatz und Mur. Um auch von den Sitzbereichen im Inneren des Restaurants Ausblicke auf die Altstadt zu gewährleisten, ist an den entsprechenden Stellen eine Perforation der Stahlblechs vorgesehen.

Der Dialektik von Eingliederung, Referenz und Eigenständigkeit des neuen Daches folgend haben wir die Materialwahl für die Dachhaut neu überdacht. Das nun vorgeschlagene feuerverzinkte Stahlblech mit Phosphorabschluss verweist mit seiner patinierten Oberfläche einerseits auf den Charakter der umliegenden Dächer, andererseits unterstreicht es durch seinen Farbton und die metallische Oberfläche die ästhetische/architektonische Eigenständigkeit des neuen Dachs.