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Offener Wettbewerb | 03/2010

Neugestaltung der Kaiserstraße und Karl-Friedrich-Straße in Karlsruhe

4. Preis

GTL Landschaftsarchitektur Triebswetter, Mauer, Bruns Partner mbB

Landschaftsarchitektur

schneider+schumacher

Architektur

Erläuterungstext

Grundidee des Entwurfes ist, die vorhandenen Charaktere des Raumes in ihren Eigenheiten zu stärken. Für die Kaiserstraße bedeutet das die Wiederherstellung des klaren Querschnitts und die Betonung der Linearität und Perspektive, und die „Entmöblierung“ des öffentlichen Raums. Gleichzeitig erfolgt eine Zonierung der Straßenfläche, sodass sich entlang der Fassaden freie Bereiche ergeben, die gegebenfalls die Handelsnutzung unterstützen können.
Die Mittelzone, in der Breite an der Straßenbahntrasse orientiert, ist als repräsentativer Flanierraum, Allee, Promenade konzipiert. Die entstehenden Leitlinien geben ein Gerüst, in das sich Einbauten und Infrastruktur wie die Aufgänge der U-Bahn ebenso wie Möblierung und Beleuchtung einordnen.
Während in der Kaiserstraße der lineare Straßenraum mittels durchgehender Gestaltungselemente herausgestellt werden soll, geht es in der Achse der Karl-Friedrich-Straße um die Betonung der unterschiedlichen, von der Symmetrieachse geprägten Räume, deren Abgrenzungen untereinander verstärkt werden. Abgesehen von der Zeichnung des Bodenbelages, stehz hier das Licht als raumbildendes Element zur Verfügung. Atmosphärisch ist die Beleuchtung der Platzräume eher von warmem Licht geprägt, die der Kaiserstraße eher durch kaltes, weißes Licht.
Die Plätze entlang der Kaiserstraße erhalten bauliche Ergänzungen, die dem Grundgedanken der Symmetrie, Spiegelung, Verdopplung folgen und nach gleichen konstruktiven Prinzipien gestaltet sind. Ausgehend von der empfindlichen Störung des Gleichgewichtes durch die U-Bahn-Aufgänge auf dem Marktplatz wird hier ein räumliches Element, die Loggia, in den Platzraum gestellt, die dieses Ungleichgewicht auffängt und gleichzeitig vielfältige Nutzungen sonnen- und regenschützt. Durch die Winkelform des Daches wird die räumliche Schwelle zur Kaiserstraße und besonders zum historischen Rindermarkt südlich der Zähringerstraße formuliert, sodass sich der Markplatz in seiner als Quadrat gedachten Grundform neu präsentiert. Die Bedeutung des Platzes als Stadtzentrum wird durch die heitere, bei Bedarf auch festliche Lichtatmosphäre bei Tag und Nacht und die neue Bespielbarkeit besonders hervorgehoben.

Beurteilung durch das Preisgericht

Von Mühlburger Tor zu Durlacher Tor, von Kirche zu Kirche, spannt sich das lineare Band der Kaiserstraße. Die Kirchvorplätze vor den Toren stehen fast noch im Wald, entsprechend unprätentiös und von Bäumen dominiert sind sie angelegt. Der Kaiserplatz formuliert im Westen als historischer Schmuckplatz die Verbindung zur Kaiserstraße. Er integriert die komplexen verkehrlichen Funktionen und ist zugleich repräsentatives Entree in die Kernstadt.
In der Kaiserstraße wird die Ost-West-Struktur betont, in der Ferne St. Bernhard unverstellt als „Point de Vue“. Der Straßenraum ist sinnvoll in Sequenzen gegliedert, doch wird immer der Zusammenhang gewahrt. Der Fächergrundriss der Stadt wird gleichwohl gestützt, ohne jedoch auf vordergründige Pflastergraphik vertrauen zu müssen. Die Kreuzungen werden verflochten, ohne die Achse der Kaiserstraße zu brechen.
Die Zonierung der Kaiserstraße im Querschnitt wiederum lässt eine pragmatische Umsetzbarkeit erwarten, welche Fundamente, Baumquartiere und Infrastrukturtrassen berücksichtigt, sowie eine sinnvolle Ordnung von notwendigen Einbauten in einer Längslinie vorsieht. Eine Benutzung der Kaiserstraße ohne ständige Belehrung der Beteiligten könnte sich ergeben. Die Riesenformate aus „Kunststein“, wenn sie denn tatsächlich diese Dimensionen haben sollten wie in den Plänen gezeichnet, sind unpraktikabel und nicht zu unterhalten. Das Bestreben, ein ruhiges Pflasterbild herzustellen, könnte auch mit kleineren Formaten erreicht werden.
Zwei Pavillons bzw. Überdachungen am Europaplatz, die am Berliner Platz wiederholt werden, erklären sich zunächst aus dem geforderten KVV-Kundenzentrum. Zugleich bieten sie Wetterschutz für die U-Bahnausgänge und für die Straßenbahnhaltestelle. So liefern sie eine mögliche Interpretation für
die Verkehrsdrehscheibe Europaplatz und reagieren auf die schwierige Vorgabe mit einer möglichst zurückhaltenden jedoch präzisen Setzung, die allerdings dem Leibgrenadierdenkmal arg nahe rückt.
Die Kreuzung mit der Karlstraße wird nicht vernachlässigt, die Verfasser reagieren auch hier sinnvoll auf die verkehrlichen Belange.
Die Lösung für den Marktplatz provoziert Kritik. Der Bezug der Pavillondächer auf Weinbrenner ist bemüht, der Horizont der Flachdächer liegt zu niedrig, vor allem in Bezug auf die Bögen der Erdgeschosse der Platzränder. Die Bespielung für Feste und Märkte wird zu sehr behindert werden, auch wenn es Absicht der Stadt Karlsruhe ist, die jetzige übermäßige „Eventisierung“ des Marktplatzes zu reduzieren. Im heutigen Zustand hat der Marktplatz eigentlich eine gute Größe für einen multifunktional nutzbaren Stadtraum, die Einbauten bringen die Gefahr mit sich, ihn – entgegen der Absicht – zu einem Schmuckplatz werden lassen.
Die Nord-Süd-Achse der Via Triumphalis wird äußerst schlicht im großen Format gepflastert. Zurückhaltung ist das Motto, was als wohltuend empfunden wird.
In der östlichen Kaiserstraße dürfte die Fassade des Universitätsgebäudes nicht mit Bäumen verstellt werden.
Die detailliert gezeichneten Pläne, die keine Mogelpackungen enthalten, nehmen für den vorgelegten Entwurf ein, der ohne modische Effekte auskommt. Er ist zeitlos, elegant und zurückhaltend und wäre bis auf die kritisierten Aspekte für eine lange Entwicklungszeit geeignet.