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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2010

Städtebaulicher und landschaftsplanerischer Ideenwettbewerb „Hanns-Seidel-Platz“

© Formfest - Daniel C. Wolf

© Formfest - Daniel C. Wolf

1. Preis

Spacial Solutions GmbH

Architektur

Landschaftsarchitekten Brandhoff Voß PartmbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Auf der Basis des Wettbewerbsentwurfs entsteht das Stadtteilzentrum für die Satellitenstadt Neuperlach-Süd am Rand von München (100.000 Einwohner). Leitidee ist es, einen Identität stiftenden Ort zu schaffen, der gleichzeitig anzieht und ausstrahlt. So entstand ein Gebäudeensemble, das sich einerseits öffnet und Besucher ins Innere leitet, andererseits einen Ruhepol in Form eines großzügigen Grünraums rahmt.

Die Kombination von bürgerschaftlichen Einrichtungen (u. a. Bibliothek, Volkshochschule, Veranstaltungssäle), Wohnungen, Büros, Hotels, Einzelhandel (Erdgeschoss und Eingangsebene zur U-Bahn) und der Marktplatz schaffen eine lebendige urbane Atmosphäre. Im Gegensatz zur heterogenen Umgebungsbebauung folgen bis auf das Hochhaus alle Gebäude einer einheitlichen Höhenentwicklung.

Zentrum

• Bei der Ankunft am Hanns-Seidel-Platz findet der Besucher ein heterogenes und "entmischtes" Stadtquartier mit geschlossenen Baustrukturen, verschlossenen Fassaden und brachliegenden Grünflächen vor.

• Es wird ein neues urbanes Zentrum benötigt, dass die derzeitige Ersatzmitte das Einkaufszentrum mit anbindet und dem Hanns-Seidel-Platz eine neue übergreifende Identität gibt.

• Einerseits soll es ein offenes und einladendes Areal sein, in das der Besucher hineingezogen wird. Andererseits soll die neue Mitte eine "Insel des Schutzes", ein ruhiger Grünraum mit atmosphärischer Behaglichkeit sein.

• Die städtebauliche Figur verbindet diese beiden Ansätze und löst beide Wünsche.

• In den Innenraum greifende Winkelfiguren schützen gegenüber Verkehrsimmissionen und bilden einen geschützten Innenraum. "Strahlenförmige Durchlässe" führen den Besucher in die neue Mitte hinein und "strahlen" zugleich in die Nachbarschaft aus.

Es entsteht ein "Nukleus" mit Ausstrahlung und Gravitationszentrum gleichermaßen.

Identifikation

• Das Areal bildet durch die gleichbleibende Höhenentwicklung der Randausbildung der Baukörper im Kontrast zu der heterogenen Höhenstaffelung der angrenzenden Bezirke ein ruhiges Gesamtbild. Die rhythmisch angelegten Kammflügel und die aufgesetzten Dachgeschosse fallen in der Höhe zum Innenraum ab, exakt nach den Erfordernissen der Abstandsflächen und zugunsten der Belichtung der Freiflächen.

• Im physischen wie im übertragenen Sinne werden nicht nur die Besucher des PEP und des Busbahnhofes hineingeleitet, sondern im symbolisch-erfahrbaren Sinne auch die Bewohner des ganzen umliegenden Stadtquartiers. Das Bürgerzentrum, an der zentralsten Stelle, gegenüber dem PEP gelegen, stellt eine Sonderform im baulichen Gefüge dar. Eine geschwungene Form schiebt sich unter den Riegel im Norden und öffnet sich mit Foyer, Festspielhaus und Bibliothek zum Innenraum. Aus dem darüber liegenden Riegel entwickelt sich das "schwebende" Identifikationselement des gesamten Areals. Es wirkt als wäre eines der winkelförmigen Gebäude zur Seite gekippt und stellt sich nun als "schwebender Turm", sichtbar von allen Seiten auf und wird zum signifikanten Wahrzeichen.

• Die Anbindung an PEP und Busbahnhof erfolgt zum einen ebenerdig über den neuen Marktplatz, der die öffentliche Fläche um das Bürgenzentrum herum belebt, zum anderen durch eine neu geschaffene Verbindung zum Sperrengeschoss, die sich direkt in den geschützten Innenraum des Areals öffnet.

Schichtung

• Durch vertikale Schichtung öffentlicher, gemeinschaftlich nutzbarer und privater Frei- und Grünräume entstehen Bereiche unterschiedlicher Dichte und Qualität. Die Öffentlichkeit und der Publikumsverkehr nehmen von unten nach oben an Intensität ab.

• Das Sperrengeschoss wird durch den direkten Zugang zum Innenraum und diversen angegliederten Einkaufsmöglichkeiten erheblich aufgewertet und hochfrequentiert. Die so entstehende natürliche Unterführung zum PEP führt direkt auf die abgesenkte öffentliche Fläche mit Biergarten, Wasserspiel und Zugängen zu Bürgerzentrum und Einzelhandel.

• Durch die horizontale und vertikale Durchmischung der Funktionen ist das Areal rund um die Uhr belebt. Öffentliche Funktionen im Norden (Markt, Bürgerzentrum, Bibliothek), Restaurants, Cafes und Bars, die rund um die Freiflächen angeordnet sind sowie die ständig besetzte Hotellobby im Süden tragen zu einer natürlichen "sozialen Kontrolle" bei.

Freiraum

• Der zentrale Grünraum mit seiner bewusst großzügigen und offenen Gestaltung bietet „Raum“ für Erholung und vielfältige Aktivitäten.

• Der Höhenversatz wird als gestaltete Wasserkante, Sitzstufen gegenüber der Freilichtbühne, Grasstufe oder Pflanzlinie im Freiraumkonzept weiter thematisiert.

• Etwas abgegrenzt durch den Höhenversatz bieten die Höfe im Osten ruhige Rückzugsbereiche für die Bewohner. Spielplätze für Kinder sowie Kindergarten und Kindertagesstätte sind hier vorgesehen.

• Die westlichen Höfe sind eher "steinern" gestaltet und dienen als Erschließungsfläche für den Einzelhandel. In diesen höher frequentierten Bereichen und den darüber liegenden Dachterrassen im 2. OG sind Freisitze und Aufenthaltsflächen für verträgliche Gastronomie vorgesehen. Die Passagen im EG können auch als Erweiterungsfläche für Marktaktivitäten oder Weihnachtsmärkte genutzt werden.

• Vierseitig von oben einsehbar ist die vertiefte Hoffläche - der "Festplatz" der Anlage. Hier ist mit direktem Zugang zum Sperrengeschoss und dem Bürgerzentrum der Ort für den Biergarten und eine Bühne, die in Verbindung mit den Abtreppungen der Grünanlage für Open-Air-Theater und Konzerte genutzt werden kann.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das städtebauliche und landschaftsplanerische Konzept setzt sich mit Ort und dem Maßstab von Neuperlach auseinander und bildet mit der ruhigen Höhenentwicklung und der Fassung der Straßenräume einen wohltuenden Kontrast zum heterogenen Umfeld. Der Arbeit gelingt es, mit großer Selbstverständlichkeit die stadträumlichen Bezüge der Umgebung aufzunehmen, die funktionalen Anforderungen zu erfüllen und eine „Insel des Schutzes“ im Inneren mit hoher differenzierter Aufenthaltsqualität auszubilden. Bemerkenswert ist die hohe stadträumliche Durchlässigkeit auf Grund einer regelhaften Baustruktur bei gleichzeitig wirkungsvollem Lärmschutz und der geschickten Anordnung des Marktplatzes direkt am Übergang zum PEP und am Zugang zur U-Bahn. Durch die neu geschaffene Verbindung zum U-Bahn-Sperrengeschoss wird Tageslicht in die unteren Verkaufsgeschosse gelenkt, der Marktplatz zusätzlich belebt und ein Zugang zum geschützten Innenbereich ermöglicht. Die Akzentuierung durch ein Hochhaus an dieser Stelle mit ca. 40 m ist gelungen und leitet die Besucher in das Zentrum hinein. Der südliche Abschluss weitet den städtebaulichen Raum, reagiert wohltuend auf die Struktur des Bürohauses gegenüber und stellt richtige Fußgängerbezüge her.

Das Bürgerzentrum im Norden an der zentralsten Stelle liegt richtig und gliedert durch seine Sonderform auch die südliche Begrenzung des Hanns-Seidel-Platzes (Busbahnhof). Die übrigen Nutzungen, wie Einzelhandel, Büro, Wohnen und Kindertagesstätte sind grundsätzlich schlüssig angeordnet. Folgende Aspekte können noch nicht überzeugen: die Läden an der Fritz-Erler-Straße, die kleinteilige Konzeption der Fachmärkte sowie die innere Erschließung des Einzelhandels an der Thomas-Dehler-Straße. Die winkelförmige Anordnung der Wohnungen in den Obergeschossen bilden gut nutzbare private Freiflächen aus, die mit der Grünfläche im Innern korrespondieren und sich in ihrer Raumwirkung wechselseitig ergänzen. Die grüne Mitte mündet mit einer großen Freitreppe in den tiefer gelegenen Platz vor dem Bürgerzentrum und eröffnet damit vielfältige Nutzungsmöglichkeiten. Die Umsetzung des Projektes in einzelnen Bauabschnitten ist möglich.

Insgesamt stellt die Arbeit eine speziell für diesen Ort entwickelte Lösung dar, mit großem Potenzial für eine neue, außergewöhnliche Mitte in Neuperlach.
© Formfest - Daniel C. Wolf

© Formfest - Daniel C. Wolf