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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2010

Villa Blankenheim

1. Preis

Preisgeld: 9.000 EUR

schneider+schumacher

Architektur

GTL Landschaftsarchitektur Triebswetter, Mauer, Bruns Partner mbB

Landschaftsarchitektur

Bollinger+Grohmann

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Die Idee des Entwurfes ist es, den ehemaligen römischen Gutshof, die Villa rustica, wieder erlebbar zu machen. Die räumliche Ausdehnung, Dimension und Anordnung innerhalb der Landschaft sollen wieder erfahrbar werden. Der Porticus des historischen Hauptgebäudes wird als schlichte aber sehr feine und präzise Konstruktion in seinen ursprünglichen Abmessungen und an dem historischen Ort errichtet.

Der Reiz liegt in der Transparenz der Konstruktion, mit der das nicht mehr sichtbare Gebäude dargestellt wird. Er ist von weitem erkennbar in seinem Volumen und seinen Ausmaßen, jedoch kein massives, der historischen Bauweise nachempfundenes Gebäude, sondern eine offene, durchlässige Struktur. Bei näherem Herantreten und Begehen bekommt er jedoch eine starke Präsenz und Räumlichkeit, die das ehemalige Gebäude in seiner tatsächlichen Größe spürbar macht.

Die Konstruktion besteht aus vorgefertigten Elementen aus Cortenstahllamellen (s. Konstruktionsisometrie), der gesamte Porticus aus immer gleichen vorgefertigten Elementen montiert. Ehemalige Fenster- und Türöffnungen in der Rückwand sind als Vertiefung in den Stahlprofilen reliefartig erkennbar. Auf dem Dach können als Witterungsschutz Glasplatten verlegt werden.
Die Mauern der ehemaligen Gebäude des Gutshofes werden durch Linien - in den Boden eingelassene Cortenstahlbänder - sichtbar, die Grundrissflächen werden mit Grauwackeschotter aufgefüllt, so dass sich die Dimensionen der Räume und die Raumabfolgen deutlich abzeichnen. Partiell könnten im Bereich der Villa einzelne Felder mit Glasabdeckung eingefügt werden, um die vorhandenen Mauerreste als Grabungsfenster sichtbar zu machen, sie aber auch dauerhaft zu schützen.
Über eine einfache, unprätentiöse Wegeführung, die am Hauptzugang an der Mittelachse im Nord-Osten beginnt, wird der Besucher über das Gelände zu den Standorten der ehemaligen Gebäude geführt. Dort sind auf Tafeln die wesentlichen Informationen aufgeführt. Weiter gelangt man barrierefrei über eine Rampe in den Portikus, den man über die Treppe in historischer, seitlicher Lage wieder verlassen kann. Nun führt der Weg vor dem Portikus entlang auf die Mittelachse, auf der man wieder zum Hauptzugang gelangt. Da die Achse eher virtuelle Konstruktionsachse denn historische Zuwegung über die Hoffläche darstellt, wird sie so subtil wie möglich als ausgemähter Schotterrasenweg angelegt. Bündig in den Schotterrasen eingelegte Cortenstahlplatten in unregelmäßigen Abständen markieren die Achse und bilden eine möglichst vollständige Galerie der römischen Landbearbeitungswerkzeuge. Die sonstigen Wege –barrrierefrei - sind einfache und pflegeleichte Schotterwege in Setzpacklage.
Die historische Umfassungsmauer um die Villa Rustica wird durch partiell aufgestellte Lamellen aus Cortenstahl im gleichen Duktus und in den gleichen Profilen wie der Portikus nachgezeichnet. Im Bereich der Straßen wird das Cortenstahlband eingelassen und macht so auch hier die Dimension der historischen Hofanlage kenntlich.

Um die Vielfalt der angebauten Feldfrüchte und den hohen Entwicklungsstand der römischen Landwirtschaft anschaulich zu machen, schlagen wir vor, eine stilisierte römische Feldflur außerhalb der Hoffläche auf den Flächen vor den Eingangsbereichen anzulegen. Der Besucher wird auf den Alltag in der Villa rustica schon eingestimmt, bevor er die eigentliche Hofanlage betritt. Die Wiesenflächen innerhalb der Hofanlage der Villa rustica wird durch geeignete Pflegemaßnahmen abgemagert und mittels einer unterstützenden Wildkrautsaat in ihrem Artenreichtum gefördert, so dass sich auch über die Vegetation die Ausdehnung und Geometrie des römischen Gutshofes schon von weitem erkennen lässt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Es handelt sich um eine Arbeit, die in konsequenter Weise den gesamten Freiraum überschaubar in der vorgeschlagenen Wegeführung - in axialer und diagonaler Parallelität - überbrückt und in dem Zielpunkt mit einer offenen neuen Interpretation der Portikushalle abschließt. Diese konsequente Haltung wird nicht nur in dem großzügigen Atem des Konzeptes sondern auch in den angebotenen Details durchgehalten. Die Portikus des ehemaligen Hauptgebäudes wird überzeugend als eigenständiger Baukörper gestaltet und ohne die archäologischen Funde zu stören auf das ursprüngliche Höhenniveau aufgestelzt. Mit dem angebotenen Glasdach wird die Portikus zu einer witterungsgeschützten Bühne, die allerdings noch zu wenig überzeugend die dahinter und tiefer liegenden archäologische Funde der eigentlichen Villa Rustica auf der Höhe des Grabungsbefundes erschließt. Die notwendige Transparenz der rückwärtigen Lamellenreihe wird mit den drei Öffnungen nur unzureichend angedeutet.
In die Gesamtgestaltung sind die begleitenden Nebengebäude in Form von begehbaren Podesten sinnfällig einbezogen und auch die alte Dimension der Eingrenzung der Gesamtanlage in überzeugender Weise neu interpretiert, ohne Grundstücksprobleme zu evozieren. Verweilqualitäten, Informationsmöglichkeiten und insbesondere das landschaftliche Raumerlebnis entsprechen in gutem Maße den gewünschten Erwartungen.
Die gewählten Materialien und auch die großzügige landschaftliche Gartenplanung versprechen eine gut alternde Bespielbarkeit und dabei ein Kostenvolumen für den Bau und die Unterhaltung, die bewältigt werden können. Auch die gewünschte Fernwirkung, die um die Nachtwirkung durch eine Beleuchtung noch zu ergänzen ist, ist in sinnvoller Wiese erreicht.
Mit dieser Arbeit liegt ein Entwurf vor, der den historischen Ort in seiner besonderen Dimension und Bedeutung großzügig, klar und sauber ohne historisierende Rückgriffe ablesbar macht.