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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2010

Villa Blankenheim

Perspektive Nacht verhĂĽllt, Achse 2

Perspektive Nacht verhĂĽllt, Achse 2

2. Preis

3pass Architekten Stadtplaner Part mbB

Architektur

architekturportrait

Visualisierung

die3 landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

: Leitidee
Gewöhnlich fördern Archäologen Reste zutage, die Zeugnisse der Lebens- und Produktionsformen und ästhetischer Ideen sind, aus denen sich auch Herrschaftsformen ablesen lassen. Das ist hier auf sehr spezifische Weise der Fall: irgendein wahrnehmbarer Hinweis, eine Ruine, fehlt. Es gibt Spuren, die gedeutet werden müssen, und die Deutung folgt einem allgemeinen Wissen über Erscheinung und Funktion des Gebäude- und Anlagetypus „Villa Rustica“. Der Entwurf muss sich also ästhetisch und funktional auf den Gedanken der Erinnerungsspur stützen: Das zur Erscheinung bringen eines Verschwundenen.
Unserem Entwurf liegen daher Überlegungen zum Vorgang des Verschwindens des Gebäudes zugrunde. Die ästhetische Idee ist es, mit den Mitteln der Modernität auf die Modernität der römischen Beherrschung des Rheinlandes zu verweisen. Was sichtbar wird, ist, wie wir diesen Vorgang uns heute aneignen, anschaulich machen und der Nachwelt überlassen können. Letztlich handelt sich also um eine Ruine der Zukunft.
Villen dieser Art sind besonders in Germanien, anders als bei den Galliern, Ausdruck einer erzwungenen Veränderung der Ökonomie und Lebensform der Stammbevölkerung. Die Germanen bildeten eine anarchisierende, nicht zentral geführte, voneinander auf Gehöften getrennt lebende Bevölkerung; sie, die Barbaren, einer zentralisierten, auf das Recht gestützten Herrschaft und Ausbeutung zu unterwerfen, war eine gewalttätige Praxis. Die noch hellenische Spuren tragende Architektur der Villa Rustica bringt jene paradoxe Einheit von Gewalt und Schönheit zum Ausdruck, die leicht die Erinnerung daran verschüttet, dass die Schönheit für die Besiegten Gewalt anzeigte.
Sieht man das in Blankenheim? Nein. Aber es kann erinnert werden.

Es gibt Belege bei einzelnen villae rusticae, dass das ursprüngliche Gebäude eine Holzkonstruktion war (Beispiel Neuss Weckhoven). Auf diesen Ursprung verweisen wir durch die skulpturale geometrische Schraffur, die den Innenraum der Villa zugleich verbirgt und durchscheinen lässt. Das Zentrum des Gebäudes, ehedem nach außen, gegen den plebs, abgeschottet, bleibt so zwar als Zentrum erhalten; aber eben nicht mehr verborgen. Der Neugier, dem Voyeurismus der Ausgeschlossenen, werden Blicke geöffnet.- Aus der Entfernung dagegen bietet sich das schimmernde Bild jenes mediterranen Charakters, der auch der Bauform vieler in Germanien errichteten Villen noch anhaftet.-
Umgeben werden das Gebäude Intarsienflächen, die, den Charakter bildhafter Mosaike aufnehmend, den Raum, den die Villa eingenommen haben könnte, die Verteilung der Gebäude und deren Funktion sichtbar und begehbar machen. Dabei sollte Wert darauf gelegt werden, die auf Unterwerfung und Sklaverei beruhende Rationalität der römischen Zivilisierung Germaniens ebenso zu zeigen wie den Fortschritt, der damit erkauft wurde.

: Bauliche HĂĽlle und Licht
Die bauliche Hülle der Villa stellt vor diesem gedanklichen Hintergrund eine Neuinterpretation der Erlebbarkeit des Begriffes „Römervilla“ für den Besucher nach den Schwerpunkten Axialität, Monumentalität, Fernsicht dar. Besondere Bedeutung kommt hierbei dem:
• Umgriff und dem Raumerlebnis des Gebäudes,
• dem Portikus, als Schnittstelle zwischen dem Innenraum und dem Außenraum
• und der Dimension der Gesamtanlage als Objekt in der Landschaft zu.
Die perspektivisch wirkungsvolle Transparenz der Holzskulptur entfaltet bei Sonnenlicht ein schönes Schattenspiel – Verweis auf ihre rätselhafte Vergangenheit und Vergänglichkeit.

Der Sichtbarkeit des Verborgenen dienen auch Beleuchtungselemente, die bei Dunkelheit nach dem Zufallsprinzip Partien des Gebäudes erscheinen lassen, etwa so, als würde man die Bewohner des Nachts in ihrem Haus herumstreifen sehen.
Zu besonderem Anlass z.B. einem jährlich stattfindenden „Römerfest“ wird der zentrale Baukörper von metallenen ringgewebten Vorhängen verhüllt und von innen erleuchtet. Schon aus der Ferne erzielt diese feierliche Stimmung Anziehungskraft auch auf Touristen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser unternehmen den Versuch einer abstrakten Interpretation der Villa Rustica durch eine einfache, klare und stark reduzierte Gestaltung. Der verloren gegangene Baukörper der ehemaligen Villa wird durch eine halbtransparente Lamellenwandkonstruktion aus dem „archaischen“ Material Holz stark vereinfacht nachgezeichnet. Hierbei werden die Themen Symmetrie und Monumentalität, Rhythmisierung der Vertikalen, Portikusraum und Innenraum sowie die vertikale Staffelung gekonnt vereinfachend aufgegriffen. Räumliche Qualitäten des Innen und Außen sind sehr gut erfahrbar, die Monumentalität und Fernsicht der Anlage konsequent umgesetzt.

Die Setzung der historisch nicht überlieferten doppelten Rechteckform beeinträchtigt die Erlebbarkeit des ehemaligen Hauptgebäudegrundrisses und arbeitet seine ursprüngliche Form nur unzureichend heraus. Die dadurch entstehende typologische Nähe des Entwurfes zum klassischen, sakralen Tempel steht in einem gewissen Widerspruch zu der Aufgabenstellung, eine profane Landvilla abzubilden.

Die historische Hofanlage wird als Gesamtanlage ansprechend und prägnant nachgezeichnet, ihre Hofteile durch einfache Cortenstahlwände konsequent terrassiert. Nebengebäude und Grenzmauern werden durch Basaltlavaintarsien nachvollziehbar herausgearbeitet. Das Gesamtareal wird durch eine homogene Rasenfläche spürbar zusammengehalten.

Die Durchwegung der Anlage mittels eines serpentinenartigen Wegesystems Hang aufwärts erschwert einen direkten Zugang des Haupthauses, dabei werden jedoch die relevanten Nebengebäude in gelungener Weise als Wendepunkte mit einbezogen.
Perspektive am Tag, Achse 3

Perspektive am Tag, Achse 3

Perspektive Nacht, Achse 3

Perspektive Nacht, Achse 3

Lageplan / grundriss

Lageplan / grundriss

Schnitt / Ansicht

Schnitt / Ansicht

Detail Schnitt

Detail Schnitt