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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2010

Erweiterung des Rathauses der Stadt Waghäusel

Blick von der Gymnasiumstraße

Blick von der Gymnasiumstraße

3. Preis

Preisgeld: 9.000 EUR

archis Architekten + Ingenieure GmbH

Architektur

Erläuterungstext

AUSGANGSLAGE
Das zu erweiternde Rathaus der frühen 80er Jahre ist ein typisches Produkt seiner Zeit - mit expressiver Form, Winkeln, Rücksprüngen, einer inszenierten inneren Diagonale und mit "schweren Details" wie z. B. die massive Ausbildung der Treppen.
Das verwendete Ziegelmauerwerk bleibt zeitlos wertig.


STÄDTEBAULICHE KONZEPTION
Die Erweiterung wird nördlich vorgeschlagen - um stadttypologisch richtig ein Pendant zur gegenüber liegenden Wohnbebauung zu erreichen, aber auch um die Erweiterung zum öffentlichen Bereich hin spürbar werden zu lassen.
Mit dem Blick auf das Gesamtensemble wird bewusst das Ziegelmauerwerk für die Erweiterung übernommen und diese außen sehr kubisch mit ruhigem Volumen und Flächen ausgebildet; ebenso bei der neuen westlichen Mauerscheibe, mit der die neu vorgeschlagene Erschließungsspange von den MA-Parkplätzen kräftig auch an den bestehenden Hauptzugang angebunden wird.
Die bisherige Gebäudediagonale wird bewusst gebrochen und in ein orthogonales Netz von zwei Gebäudewinkeln übergeführt. Dazwischen entsteht ein neuer ruhiger Innenhof als Pausenbereich für Mitarbeiter. Dieser ist etwas größer als mit den baurechtlichen Mindestabständen von jeweils 0,25 x Höhe ausgebildet - jedoch in der Mitte - wo nutzungsbedingt möglich - bewusst weiter aufgeweitet.
Das vorgeschlagene Flachdach mit ökologisch sinnvoller extensiver Begrünung unterstreicht die ruhige Kubatur und bleibt bewusst möglichst nieder auf Traufhöhe der bestehenden Dächer.
Die Fahrerschließung mit den 75 gewünschten Mitarbeiter-Stellplätzen wird nördlich und östlich analog winkelförmig innerhalb der vorgegebenen Grenzen ausgeweitet - mit Rasenfugenpflaster und einzelnen Bäumen dazwischen - und schließt beim östlichen Bibliothekszugang wieder am bestehenden Erschließungsstich für die Hausmeisterwohnung an.
Neu definiert wird ein östlicher zweiter Zugang, sowohl für Mitarbeiter als auch mit der gleichzeitigen Ausbildung als "Hochzeitshof" vor dem hier in der Fuge zwischen Alt und Neu situierten Trauzimmer - mit tollem Blick in den Wald (aber mittels niederer Mauer von der Fahrgasse abgeschirmt).


GEBÄUDETYPOLOGIE + ERSCHLIESSUNG
Vom bisherigen NO-Diagonal-Punkt aus - und damit genau in der Mitte des bestehenden Nutzungswinkels - wird der neu nördlich vorgeschlagene Erweiterungswinkel von jedem Geschoss aus erschlossen und führt kurzwegig auf den neuen Glasaufzug (mit Durchblick ins Freie) und auf die neue offene Treppe des Erweiterungsbaus mit Luftraum zu - der ohne große Leitsysteme eine perfekte Orientierung vom UG bis 2. OG ergibt. Ein zweites, geschlossenes Fluchttreppenhaus am Ende des nördlichen Flügels ist gleichzeitig ein "Short Cut" zwischen den Geschossen. Gegenüberliegend sind im Freien überdeckt Raucherloggien angeboten.
Die Hauptnutzung ist - wie beim Bestand - einhüftig nach Norden und Osten ausgerichtet - bei Letzterem auch mit dem Ziel, kurzwegig am Altbau mit der Nutzung anzuschließen.
Beim nördlichen Flügel ist zum Innenhof hin und damit zweihüftig interne Nebennutzung orientiert - mit den Mitarbeiter-WC's, Putzraum sowie bewusst peripher außerhalb des großen Publikumsverkehrs - Teeküche und Aufenthaltsraum. Dazwischen als Fluraufweitung der Kopier- und Wartebereich.


NUTZUNGSVERTEILUNG UND RAUMKONZEPT
UG
Hier ist im Neubau wie gewünscht das Stadtarchiv vorgesehen - angenehm offen über Aufzug, Luftraum und Treppe an das EG angebunden. Zum Innenhof hin entstehen über den abgesenkten Lichtgraben angenehme Arbeitsplätze - mittels vertikalen drehbaren Stahllamellen gegen Sonne und Einbruch geschützt.
EG
Im Altbau wird das bestehende Bürgerbüro um einen Rückzugsbesprechungsbereich (+ 13 m²) erweitert, ebenso die Zentrale um 1 Achse Richtung nordöstl. Flur (+ 10 m²). Vorgeschlagen wird ergänzend die so "schwere" EG-Treppe heraus zu brechen und im dann entstehenden Luftraum den zentralen Wartebereich anzuordnen. Die neue Treppe wird als leichte Stahlkonstruktion im bestehenden Luftraum vorgeschlagen und im OG angebunden an die neu entstehende Deckenkonstruktion der bisherigen Diagonalfuge.
Die Büros des Altbaus werden durch das Ordnungsamt belegt.
An der zentralen Nahtstelle zwischen Alt und Neu wird neben dem neu definierten rückwärtigen Mitarbeiterzugang das Trauzimmer situiert und mit großzügigem erhöhten Luftraum und Waldblick angemessen ausgebildet. Ein Einbauschrank birgt die Klapptische und ermöglicht die alternative Nutzung als Sitzungszimmer mit z. B. U-förmiger Betischung.
Der verbleibende Neubauteil nimmt Standesamt und Raumreserve auf, die interimsmäßig durch das Grundbuchamt belegt wird (alternativ könnte das Grundbuchamt auch im Altbau vorläufig verbleiben und so lange das Ordnungsamt im Neubau situiert werden).
1. OG
Im Altbau verbleibt die Ratssaal-Struktur und logischerweise auch der Bereich "Bürgermeister". Bewusst verbleibt hier auch der, dem Bürgermeister wie den Fraktionen zugeordnete Raum 210, als zusätzlicher Besprechungsraum (ca. 24,5 m² Mehrfläche im Raumbereich 11.3)
Neu organisiert wird hier im 1. OG das Hauptamt. Im Neubau wird im Ostflügel die EDV-Abteilung des Bürgermeisterbereiches vorgeschlagen; im Nordflügel das Rechnungsamt.
2. OG
Im Altbau verbleibt das Bauamt und wird als künftiges Stadtbauamt neu organisiert.
Die Bauakten erhalten neuen angemessenen Platz im ehemaligen R 313-315; das Baurechtsamt wird entspr. zugeordnet. Bei Bedarf kann das Flurende mit integriert werden.
Da der ehem. Raum 305/306 durch die Erweiterung innen liegend wird, wird hier ein zusätzlicher Besprechungsraum (belüftet + gekühlt) zur temporären Nutzung vorgesehen. Alternativ könnte hier aber auch der zentrale Kopier- oder Aufenthaltsraum vorgesehen werden (ca. 38 m² Mehrfläche im
Raumbereich 11.3) Im Neubau wird die zweite Hälfte des Rechnungsamtes vorgesehen (mit kurzen internen Wegen über die beiden Treppen und Aufzug) sowie das Rechnungsprüfungsamt.


BRANDSCHUTZ
Um zwischen Flur und Büro offene Raumeinheiten zu ermöglichen werden max. 400 m² + 10 % große Einheiten als Brandabschnitte gebildet.
Die erste Einheit -direkt angrenzend an den Altbau- umfasst den Flur UG, sowie vom EG bis 2. OG jeweils Flur, Treppe einschließlich der angrenzenden Nutzfläche mit insgesamt ca. 427 m². Damit liegt Treppe, Luftraum und Aufzug innerhalb dieser Einheit und ermöglichen deren offene Ausbildung. Die beiden peripheren Glastürabschlüsse in T30 Qualität ermöglichen den Fluchtweg nach 2 Seiten. Sie stehen im Alltagsbetrieb offen und werden erst im Brandfall automatisch geschlossen.
Die zweite Brandschutzeinheit ist angrenzend im Nordflügel und geschossweise in Einheiten von ca. 220 m² (EG-2.OG) bis 374 m²(UG) getrennt - mit erstem Fluchtweg in das westliche Fluchttreppenhaus und dem 2. Fluchtweg in den angrenzenden Brandabschnitt.


SITZUNGSSÄLE BESTAND
Die großflächige Oberlichtverglasung erhält einen außen liegenden Sonnenschutz. Die bisherige frei am Boden aufgestellte Leinwand wird ersetzt durch einen oben vor der Wand befestigten "Medienbalken", der sowohl Leinwand als auch Lautsprecher und Hängemöglichkeiten enthält.


ENERGIEKONZEPT ERWEITERUNGSBAU
Heizung und Kühlung
Wie bereits im Auslobungstext festgehalten, wird die Beheizung des Gebäudes über ein Blockheizkraftwerk in unmittelbarer Nähe der Johann-Peter-Hebel-Realschule realisiert werden.
Um ein angenehmes Raumklima zu ermöglichen wird dem Gebäude mittels einer Absorptionskälte-maschine Kälteenergie zur Verfügung gestellt.

Nachhaltigkeit
Durch das Zusammenspiel von Blockheizkraftwerk und Absorptionskältemaschine erfolgt eine Optimierung der Jahresarbeitszahl des Blockheizkraftwerkes. Da eine Absorptionskältemaschine mit Wärmeenergie versorgt werden muss um Kälteenergie zu produzieren, kann das Blockheizkraftwerk somit auch in den Sommermonaten betrieben werden, um eine maximale Auslastung zu erzielen.
Die Wirtschaftlichkeit des Blockheizkraftwerkes wird somit um ein Vielfaches erhöht, da normalerweise ein Blockheizkraftwerk in den Sommermonaten nicht betrieben werden kann, weil nicht genügend Wärmeverbraucher die produzierte Wärmeenergie abnehmen.
Bauteilaktivierung und Randzonenelemente
Als Element zur Wärme- und Kälteübergabe wird die thermische Aktivierung der Bauteile vorgeschlagen, bei denen die Wasser führenden Rohre im Kern der Betondecken angeordnet sind. Dieses System dient in erster Linie zur Grundlastdeckung der Räume. Aufgrund der niedrigen Systemtemperaturen im Heizfall ist ein sparsamer Energieeinsatz gewährleistet. So wird die Speicherwirkung des Betonbauteils maximal genutzt.
Die Nutzwirkung im Raum unterliegt dem so genannten Selbstregeleffekt und ist vom Speicherzustand und Raumzustand abhängig. Damit erhalten alle Räume auch eine Kühlung.
Ergänzend hierzu werden in Brüstungshöhe der jeweiligen Räume zusätzliche Randzonenelemente eingebaut. Diese decken die Spitzenlasten ab und werden mit schallabsorbierenden Eigenschaften ausgerüstet. Somit werden in Räumen keine Heizflächen installiert, wodurch die Nutzung und Aufteilung in jeder Hinsicht durch die Nutzer festgelegt werden kann. Die Flexibilität bei Nutzungsänderungen ist gewährleistet.

Lüftungskonzept
Mittels einer Kleinlüftungsanlage werden die Besprechungsräume des Neubaus mit ausreichender Zu- und Abluftmenge versorgt. Um einen möglichst energieeffizienten Betrieb zu gewährleisten wird die Lüftungsanlage so konzipiert, dass ein stetiger Austausch der verbrauchten Luft gewährleistet wird aber dennoch nicht unnötig Luft durch den Raum geleitet wird, wenn dieser keine Nutzung erfährt. Mittels einer Wärmerückgewinnung wird der sonst ungenutzten Abluft ein Großteil der noch vorhandenen Wärmeenergie entzogen und der Zuluft wieder zur Verfügung gestellt. Somit wird ein wirtschaftlicher Betrieb der Lüftungsanlage gewährleistet.
Elektrokonzept
Für den Bereich der Niederspannungsinstallation und den Bereich des Datennetzes wird ein innovatives Installationssystem der Fa. Tehalit vorgesehen.
Als Basis Installation werden so genannte Consolidation Points vorgesehen. Hierbei handelt es sich um dezentrale ISPs, welche in jedem Raum vorgesehen sind.
Beleuchtungskonzept
Um die Anforderungen an eine Normgerechte und wahrnehmungsphysiologische Beleuchtungsanlage gerecht zu werden wird das Gebäude in zwei Bereiche aufgeteilt und nach der aktuellen DIN EN 12464-1 „Licht und Beleuchtung“ geplant.
Der erste Bereich betrifft die so genannten Verkehrswege wie Flure und Eingangshallen und Aufenthalts-zonen. Der zweite Bereich umfasst Kommunikationsräume wie Büros. Beide Bereiche erhalten durch mit dem Baukörper verbundene Beleuchtungskomponenten eine Grundbeleuchtung. Diese Grundbeleuchtung wird nach der Effizienzstufe 3 geplant, d.h. das möglichst viel Tageslicht genutzt wird um wenig künstliches Licht zuschalten zu müssen. (Tageslichtabhängiges Schalten mit Anwesenheitsfunktion). Zusätzlich erhalten Kommunikationsräume eine arbeitsplatzbezogene Beleuchtung die gleichfalls nach der Effizienzstufe 3 geplant wird. Hier liefern Stehleuchten durch ihren Direkt-/ Indirektlichtanteil ein gutes visuelles Ambiente mit Lichtfarbe, Lichtakzente und Schattigkeit.
Sonnenschutz
Dieser erfolgt außen liegend elektrisch als Raffstore oder Rollo und sorgt automatisch gesteuert insbesondere auf den großen Glasflächen der Hofseite für wirksamen Sonnenschutz.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf ergänzt das bestehende Rathausgebäude städtebaulich in hervorragender Weise. Es gelingt dem Verfasser, den erweiterten Gebäudekomplex als EIN Rathaus erscheinen zu lassen bei dem der Neubau gut ablesbar bleib, durch die Materialität und die ergänzende Mauerscheibe aber harmonisch integriert
wird.
Die Freiraumqualität um das Gebäude, die sinnvoll angeordneten zahlreichen Parkierungsmöglichkeiten und die gute Integration der vorhandenen Tiefgarage wird positiv bewertet. Die diagonale innere Erschließung des Bestandes wird beibehalten und führt direkt zum Trauzimmer, welches zweigeschossig mit direktem Außenbezug zum neu geschaffenen Hochzeitshof- und garten hohe räumliche
Qualität aufweist. Durch die separate Vorfahrt für Hochzeitsgesellschaften an diesem Hof entsteht eine autarke zweite zeitweise nutzbare Eingangsituation.
Die Erschließung des Anbaus an dieser Stelle erscheint allerdings im EG und 1. OG als Nadelöhr - die Fügung der Baukörper im 2. OG eher als ungelöst.
Die Materialität der Fassaden wird prinzipiell positiv bewertet. Die Nord-und Ostfassaden des Neubaus werden wegen ihres hohen Glasanteils allerdings eher kritisch gesehen. Die Westfassade zur Gymnasiumstraße und der Gartenhof erscheinen trotz der Dreigeschossigkeit vertretbar.
Die Grundrissgestaltung des Neubaus ist bei geringem Flächenverbrauch sehr gelungen und wirtschaftlich. Die Vorgaben des Raumprogramms sind im Wesentlichen gut erfüllt und lassen wie der gesamte Entwurf ein ökonomisches Ergebnis erwarten bei dem sowohl die Investitions- wie auch die Folgekosten im unteren Bereich liegen.
Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss

Erdgeschoss