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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2010

Hannover City 2020+

Engere Wahl / 1. Phase

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Architektur

bueroKleinekort architecture | urbanism | research

Architektur

Erläuterungstext

Das Konzept der aufgelockerten verkehrsgerechten Stadt hat das Bild Hannovers in den vergangenen 60 Jahren wesentlich bestimmt und ist damit heute zum selbstverständlichen Bestandteil seiner Identität geworden. Umso mehr macht es Sinn, die Großzügigkeit und Leichtigkeit der Architektur bzw. des Städtebaus der 50er Jahre als schützenswertes kulturelles Erbe zu begreifen. Nirgendwo sonst wurde dieses Konzept im deutschen Wiederaufbau so konsequent umgesetzt, wie von Hannovers damaligem Stadtbaurat Hillebrecht. Die Radikalität der Umsetzung forderte jedoch ihren Tribut. Durch das Auflockern der Baustruktur und der Realisierung breiter Verkehrsadern sind zahlreiche historische Bezüge, sowie die Vielfalt der über Jahrhunderte gewachsenen Stadträume verloren gegangen. Problematischer noch ist der Verlust an Urbanität. Die dogmatische Ablehnung gefasster Räume zugunsten eines fließenden Raumkontinuums, in dem der Begriff Raum keine topologische Bedeutung mehr besitzt, führte zu einer Dominanz der Baukörper über den Stadtraum. Durch die bis heute gesammelten Erfahrungen mit Stadträumen aus dieser Zeit, formt sich aktuell ein differenziertes Bild. Moderne Architektur und ein auf Raum, wie auf erinnerte Stadtgeschichte ausgelegter Stadtbaukörper stellen keinen Widerspruch mehr dar. Urbane Räume werden mehr denn je geschätzt – auch als Wohnumfeld.

Der auf dieser Basis entwickelte Entwurf respektiert und unterstützt die Heteronomie innerhalb des weit verzweigten Wettbewerbsgebietes. Gezielte Eingriffe sollen vor allem dort erfolgen, wo die Analyse Konflikte oder aber ungenutzte Potentiale deutlich werden ließ. Daraus resultieren 4 gestalterische Schwerpunkte:


Klagesmarkt / Christuskirche
Der südliche Teil des Klagesmarkts wird mit einer kompakten Bebauung versehen, die aus unterschiedlich hohen Einzelbaukörpern einen perforierten Blockrand bildet. Die Bebauung bindet den Freiraum ein und differenziert ihn räumlich nach seiner bestehenden Widmung in einen Marktplatz und einen Park, dessen frühere Nutzung als Friedhof spürbar bleibt. Ziel aller vorgeschlagenen Maßnahmen in diesem Bereich ist, die Nordstadt, das Körnerviertel und das Nikolaiviertel stärker zu einem großen innerstädtischen Quartier mit dem Marktplatz als dessen Zentrum zu verschmelzen. Den Übergang zur Stadtmitte bildet ein neuer Turm als Pendant zum gleich hohen Gewerkschaftshochhaus. Dazwischen spannt sich ein Platz auf, der die Otto-Brenner-Straße räumlich abschließt, bevor man als Autofahrer den St. Nikolai-Friedhof passiert.


Marstall / Leineufer
Das Marstallareal wie die Leineufer sind jeweils große lineare Freiräume in der Stadt. Ihre Gestalt könnte jedoch kaum unterschiedlicher sein. Unter Einbeziehung der St. Clemenskirche bietet sich die Chance der Durchdringung beider Achsen. Hierdurch wird nicht nur die St. Clemenskirche aufgewertet, sondern auch eine selbstverständliche Verbindung der Calenberger Neustadt zur Altstadt hergestellt. Die Kuppel der St. Clemenskirche ist bereits seit der Nachkriegszeit über eine Sichtbeziehung mit dem Marstallareal verbunden. Der Ausbau dieser Beziehung ist eine einmalige Chance dieser Zeit. Vorteilhafter, aber nicht zwingender Bestandteil dieses Entwurfs ist der Abriss des kirchlich/caritativ genutzten Gebäudes Clemensstr. 13-15. Durch das Angebot umfangreicher Neubaumaßnahmen kann ein Flächenersatz in nächster Nähe zur Verfügung gestellt werden.

Der Entwurf sieht für den Marstall wie für das Leibnizufer eine gemischt hochbaulich-freiräumliche Lösung vor. Das Marstallareal erhält am westlichen wie am östlichen Ende einen hochbaulichen Abschluss, um den Freiraum dazwischen deutlicher zu definieren. Das Leibnizufer wird alternierend mit linearen Baukörpern versehen, sodass sich ein attraktiver Wechsel mit räumlich gefassten Freiflächen entsteht. Die Bebauung reicht wie in der Vorkriegszeit bis ans Wasser heran und schafft damit konturierte Stadträume. Durch das Versetzen entstehen nicht nur zahlreiche Blickbeziehungen von der Altstadt zur Calenberger Neustadt, vielmehr gelingt diesem Wechsel eine gleichwertige Einbeziehung der beiden ältesten Teile Hannovers. Die eingeflochtenen Freiräume sind Gärten, in denen die existierenden Skulpturen neu positioniert werden. Die westlichen Uferbereiche erhalten durch Treppenanlagen und Aussichtsbalkone eine akzentuierte Verbindung zur Leine und zur Altsstadt. Die gegenüberliegende städtische Promenade wird weitestgehend im Bestand erhalten und lediglich durch die neue Verbindung vom Marstall zum Hohen Ufer mit einer Sitztreppenanlage versehen.
Durch den hohen Freiflächenanteil bleibt der Abschnitt des Cityrings in seiner Großzügigkeit erhalten, schließlich benötigen die Bautypen der Nachkriegsjahre auf der Ostseite ein hohes Maß an Distanz, um in ihrem eigentlichen Charakter wahrgenommen werden zu können.


Waterlooplatz / Friederikenplatz
Hannover hat eine große Achse und sollte sie nicht länger verleugnen. Der Entwurf schlägt eine Verlegung der Lavesallee in die Schlossachse einschließlich eines Kreisverkehrs um die Waterloosäule vor. Eine lineare Bebauung auf der Südseite der Straße gibt der Freifläche eine räumliche Fassung. Aus dem Waterlooplatz wird ein Waterloopark, der nun ohne Barriere aus der Calenberger Neustadt zugänglich ist. Sportfelder und große Wiesenflächen eröffnen vielfältige Möglichkeiten für Aktivitäten für Jung und Alt.

Für den Parkplatz zwischen Molthanstraße und Adolfstraße wird eine Wohnbebauung vorgeschlagen, um die bislang lose städtebauliche Struktur in diesem Bereich urban zu verdichten und die Calenberger Neustadt als Wohnstandort zu stärken.


Köbelinger Markt / Trammplatz / Aegidientor
Zwischen Köbelinger Markt und Maritim-Hotel entsteht ein neues Wohnquartier mit eigener Identität. Ein Ensemble winkelförmiger Baukörper nimmt die bestehenden Richtungen der Umgebung auf und nutzt hiermit ideal den komplexen Zuschnitt der zur Verfügung stehenden Fläche.

Der Trammplatz soll wieder Teil des Maschparks sein und wird somit auf das Höhenniveau der angrenzenden Flächen angehoben. Die neuen Baumhaine und repräsentativen Rasenflächen stärken die von Vegetation freigehaltene Achse vom Trammplatz zum Köbelinger Markt. Die Kuhlemannstraße, die bisher den Maschpark durchschneidet, wird zum Rad-/Fußweg umgebaut, so dass die beiden Parkteile wieder verbunden werden.

Der Aegidientorplatz erhält einen Bürosolitär als südlichen Raumabschluss. In Dialog mit dem Rathaus und den Türmen der NordLB nimmt der Baukörper eine figurativ-verdrehte Form an, die seiner Gelenkfunktion im Stadtbaukörper entspricht.