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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2010

Städtebaulicher Wettbewerb - Stadtoval Aalen

Anerkennung

Baldauf Architekten und Stadtplaner GmbH

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

König + Partner l Freie Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

1. Städtebauliche Leitidee
Im Aalener Stadtgrundriss der Gegenwart bilden sich nach wie vor drei prägnante zeitgeschichtliche
Entwicklungsphasen ab:
Die Überreste des einst größten römischen Reiterkastells nördlich der Alpen zeugen von der frühen Bedeutung
des Standorts im Tal des oberen Kocher nach dessen Austritt aus der östlichen Schwäbischen Alb.
Die mittelalterliche Altstadt zeichnet sich mit seiner deutlichen Kontur und dem typischen Straßenbild im
städtebaulichen Gefüge ab.
Auffällig ist, dass die kompakte und auf drei Seiten geradezu orthogonal angelegte Stauferstadt an der nördlichen
Flanke eine deutliche Abweichung der rechtwinkligen Kontur aufweist. Diese Schräge liegt exakt in Fortsetzung
der Mittelachse des kreuzförmig angelegten römischen Kastells (die Via Präetoria – Ausfallstraße zur
Verteidigung des Limes). Römisches Kastell und die Stauferstadt stehen dadurch in direktem Bezug
zueinander. Verfolgt man diese Linie nun nach Nordosten konsequent weiter, so gelangt man über den ZOB und
den Bahnhofsvorplatz auf geradem Wege im dritten zeitgeschichtlich bedeutendem Stadtgebiet, dem in diesem
Ideenwettbewerb behandelten „Stadtoval“, welches durch seine Industriestruktur die Stadt Aalen über Jahrzehnte
als „Eisenbahnerstadt“ prägte.
Es besteht folglich die besondere Möglichkeit, mit einem Brückenschlag vom Bahnhofsvorplatz zum Stadtoval die
drei wichtigsten Geschichtsfenster der Stadt Aalen auf einem stadträumlichen „Zeitstrahl“ in direkten Bezug zu
einander zu legen.
Auch wenn die ursprünglich direkte Wegeverbindung zwischen Altstadt und Kastell nicht mehr durchgängig
vorhanden ist, so liegt die knapp unter der Schillerhöhe liegende römische Anlage innerhalb der Blickachse. Beim
Gang über den neuen Fußgängertsteg offenbaren sich die Zusammenhänge.
Vom Bahnhofsvorplatz kommend führt der Steg auf einen städtischen Platz. Er bildet den Abschluss der
stadthistorischen Verbindungslinie und zugleich den Auftakt in das neue innerstädtische Quartier. Somit
übernimmt der Platz eher die Funktion eines städtischen Foyers, er ist Anknüpfungspunkt bzw. Tor zur Altstadt,
Übergangsbereich zwischen Öffentlichkeit und Halböffentlichkeit. Hier wird veranstaltet, hier kann „kommen“ und
„gehen“ beobachtet werden. Als stadträumliches Foyer bildet es allerdings nicht das Gravizentrum sondern reiht
sich vielmehr in eine Folge von vier Stadträumen unterschiedlicher Nutzung und Prägung ein.
Sie wird ergänzt durch den südlich davon gelegene Grünbereich, dessen ungünstige Form bereinigt wird und
seine Funktion als Spielbereich behält. In nördlicher Richtung folgt auf das Foyer das die Mitte des Quartiers
besetzende „Grüne Wohnzimmer“. Hier kommen die im Quartier lebenden und arbeitenden zusammen, lädt die
Abgeschiedenheit von den umgebenden Sammel- und Durchgangsstraßen zum Aufenthalt ein. Der nördlichste
Bereich nimmt unter einem Baumdach die Zufahrt ins Quartier und bis zu 70 Stellplätze auf. Der mit dem Pkw
Ankommende schlüpft unter den Bäumen in das Quartier und kann frühzeitig sein Fahrzeug abstellen.
Die in Nordsüdrichtung verlaufende Platzfolge verbindet den Rötenberg mit dem südlich gelegenen
Galgenberg, den beiden mit starken Grünstrukturen durchzogenen Talflanken des Hirschbachtals. Damit
schließt sich der östliche Teil des „Grünen Rings“ um die mittelalterliche Altstadt.
Der verkehrsberuhigte Weg durch diese Stadträume bindet an allen wichtigen Wegeverbindungen an: die drei
Querungen über den Gleiskörper, die Staffeln auf den Rötenberg, den Staffeln zum Schulzentrum, Hallenbad und
Finanzamt auf dem Galgenberg, die Hirschbachstraße zur Walddorfschule und Freibad.

2. Bau- und Nutzungsstruktur
2.1. Stadtoval
Das Stadtoval gliedert sich in zwei Nutzungsbereiche, die durch die Platzfolge von einander getrennt und
gleichzeitig verbunden sind. In der westlichen Hälfte am Gleiskörper und der verlegten Schwerlaststraße sind
die öffentlichen und gewerblichen Nutzungen vorgesehen. Die dargestellte Baustruktur ist darauf ausgelegt,
eine direkte Schutzfunktion für die im östlichen Teil angeordneten Wohnbereiche zu übernehmen. Sie kann
aufgrund des Abstands zur Wohnbebauung und der Tallage höher ausfallen ohne stark einschränkende
Verschattungen ebendieser zu verursachen. Im Bereich des stadträumlichen Foyers sind gastronomische und
Einzelhandelsnutzungen prädestiniert, ergänzt durch Dienstleistungen und evtl. ein Cityhotel. In den übrigen
Bereichen bilden Büronutzungen das Gros. Auf Repräsentation setzende größere Einheiten sind eher nach
Osten zur Stadtseite, die kleineren eher ins Quartiersinnere gerichtet. Am „Grünen Wohnzimmer“ könnten dies
Räumlichkeiten der Hochschule (Verwaltung, Lehre und Forschung) und Raumangebote insbesondere für junge
Unternehmen und Spin-Offs sein. Denkbare Ergänzung der Büronutzungen bilden Labore, Werkhallen und
kleinere Produktionseinheiten im Kleinserien- und Prototypenmaßstab.
Das Gelände im Bereich der Wohnstruktur wird in Terrassen nach Osten hin aufsteigend bis auf das Niveau der
Braunenstraße angefüllt. Dies hat mehrere entscheidende Vorteile:
1. Die Barriere des bis zu 8m hohen Geländesprungs wird aufgehoben.
2. Die bestehende Wohnbebauung an der Braunenstraße und im Hirschbachtal wird im Aalener Maßstab
ergänzt.
3. Die Wohnbebauung kann aufgrund der Terrassierung dichter angeordnet werden, ohne Abstriche in der
Besonnung zu machen.
4. Sammelparkierungsanlagen können kostengünstig „in den Hang geschoben“ werden.
2.2. Flankierende Planungsbereiche
Die Flankierenden Planungsbereiche Nördlich und südlich des Stadtovals erfahren Ergänzungen der
Bestandsbebauung. Dabei legen sich die an den Baustrukturen entlang der Gleisanlagen orientierenden
Bürogebäude schützend vor die Wohnbebauung. Die zu erhaltenden Wohngebäude nördlich des Gaskessels
werden in eine Blockrandstruktur integriert, die eine logische Fortsetzung der östlich vorhandenen
Wohnbebauung zwischen Schelmen- und Hirschbachstraße sicherstellt und die heutige grüne Restfläche zu
einem attraktiven Stadtraum fasst.
Nördlich des Stadtovals werden die rückzubauenden Bahngebäude durch entsprechende Neubauten
kompensiert, die sich ebenfalls in Körnung und Anordnung an ihrer Nachbarschaft orientieren.
2.3. Gebäudebestand
Alle zu erhaltende Gebäude (entsprechend Markierungen im Plan „Entwicklungshemmnisse“ der Auslobung)
werden im vorliegenden Masterplan integriert und bleiben erhalten.
Den Rückbau der ehemaligen Reparatur-Werkstätten sehen wir im 2. Entwicklungsschritt vor. Diese
Maßnahme ist der darauffolgenden Verlegung der Schwerlaststraße im 3. Entwicklungsschritt geschuldet. Dieses
ehemals 3-achsige Gebäude wurde durch Bombardierungen im 2. WK so stark zersört, dass es heut nur noch ca.
zur Hälfte steht, ein Erhalt also ohnehin sehr fraglich erscheint.
Ebenfalls im 3. Entwicklungsschritt ist die Verlegung der Tankanlage vorgesehen. Ausweichflächen wurden
hierfür zwischen dem Gleiskörper und der verlegten Schwerlaststraße vorgesehen.

2.4. Erhalt technischer Anlagen
Statt bis zur Unkenntlichkeit überformte Gebäude zu erhalten, setzen wir auf die Wirkung der vorhandenen
technischen Anlagen, welche die ursprüngliche Nutzung aus der Industriegeschichte intensiver repräsentieren.
Wir schlagen vor, neben dem Gaskessel als markante Stadtmarke, Elemente von Kranbahnen und Schienen im
öffentlichen Raum zu inszenieren. Jeder Stadtraum innerhalb der Platzfolge kann so eine eigene Prägung
erfahren. Im Foyer stecken die Kranbahnpfosten einen eigenen Raum ab werden durch Beleuchtung inszeniert
und einer neuen Nutzung überführt. Im „Grünen Wohnzimmer“ kann die Erhaltung des eindrucksvollen
Schwerlastkrans in Erwägung gezogen werden, evtl. auch mit Begrünung, und unter dem Baumdach endet das
alle Räume verbindende Gleis mit dem noch vorhandenen Prellbock.
3. Verkehr
Wir schlagen vor, im letzten Entwicklungsschritt die Schwerlaststrecke an die Gleisanlagen zu legen. Die
übergeordneten Verkehre werden am Gebiet vorbei geleitet und können durch Dienstleistungsgebäude
wirkungsvoll abgeschirmt werden. Dies kommt insbesondere den öffentlichen Räumen, die zum Aufenthalt
einladen, den fußläufigen Wegebeziehungen (z.B. die Anbindung an die Altstadt) und den Wohnbereichen
zugute. Das Nutzungsverhältnis von Wohnen und Arbeiten im Stadtoval kann dadurch ausgewogen angeordnet
werden. Auch die Flächeninanspruchnahme reduziert sich durch die Reduktion der Straßengesamtlänge und die
Überlagerung von bahnbetriebstechnisch notwendigen Abstandsflächen angrenzender Bebauung und der
Überbreite der Schwerlaststraße. Darüberhinaus werden starke Steigungswechsel vermieden.
Stadtstrukturell heilt die Verlegung vorhandene Brüche, die bei übergeordneter Betrachtung deutlich abzulesen
sind. Der neue Verlauf der Schwerlaststraße schmiegt sich an die vorhandenen Gleisanlagen an und ist
Anknüpfungspunkt für die ins Hirschbachtal führenden Eisenbahn- und Hirschbachstraße, die gemeinsam ein
einfaches Leitersystem bilden. Die Braunenstraße ordnet sich in der Folge diesem System unter.
Stellplätze können am Rand des Stadtovals den Wohngebäuden direkt zugeordnet werden. Ergänzend werden
diese durch Sammelparkierungsanlagen unterhalb der Dienstleistungsgebäude und den Wohngebäuden. Die
Hanglage und Lage an der Unterführung reduzieren die Baukosten und vermeiden lange Rampen.
Besucherstellplätze sind vorwiegend im Zufahrtsbereich unter dem Baumdach vorgesehen.
4. Entwicklungsschritte
Dem dargestellten Masterplan liegt bereits eine schrittweise Umsetzungsstrategie zugrunde. Diese sieht
innerhalb einer stabilen städtebaulichen Struktur zwei Entwicklungsrichtungen vor:
• von innen nach außen in Ost-West-Richtung und
• von Nord nach Süd, ausgehend von der heute schon vorhandenen Zufahrt im Norden
Diese Strategie verfolgt die Ziele, die Investitionen am Anfang gering zu halten und mit der Wertschöpfung
wesentlicher Bereiche größere Aufwendungen in den letzten Entwicklungsmodulen zu finanzieren. Die
Entwicklungsschritte sind voneinander weitgehend unabhängig. Kritische und unbeeinflussbare Hemmnisse wie
z.B. die Verlegung der Tankanlage, fallen erst in den letzten Phasen an. Dies gilt ebenfalls für die Verlagerung
der Schwerlaststraße.
Masterplan

Masterplan

Strukturplan

Strukturplan

Modell

Modell