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Sonstiges Vergabeverfahren | 11/2009

Lehrter Straße Mittelabschnitt Ostseite

Teilnahme

ASTOC ARCHITECTS AND PLANNERS GmbH

Stadtplanung / Städtebau

bgmr Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ausgangspunkt
 
Die Lehrter Straße besitzt bereits heute ein eindeutiges Profil - und das nicht nur aus verkehrlicher Sicht. Mit dem beeindruckenden Baumbestand, der historisch wirksamen Mauer und vor allem mit seinen engagierten Bewohnern besitzt die Lehrter Straße bereits heute einen unverwechselbaren Charakter - eine Standortqualität, die bei vielen Projekten erst mühsam geschaffen werden muss.
 
Bauliche Gliederung
 
Die Lehrter Straße braucht keinen typischen Berliner Blockrand, um den Straßenraum zu fassen. Viel näher liegt es, die heterogene, aufgelockerte Struktur der Lehrter Straße fort zu schreiben und zu einem ortspezifischen „Footprint“ zu entwickeln. Den Ausgangspunkt hierfür bilden die großmaßstäblichen Strukturen wie es sie im nördlichen Teil der Lehrter Straße oder an der Rathenower Straße gibt, aber auch die kleinteiligen Strukturen an der Lehrter Straße und der Kruppstraße.
 
Die bauliche Grundstruktur zeigt eine Basiskonstellation aus vier Baukörpern, die je nach Lage und Ausrichtung mit spezifischen Eigenschaften und Nutzungsoptionen vordefiniert sind. Sie erfährt in den einzelnen Teilbereichen situationsbezogene Anpassungen. So variieren beispielsweise die Anzahl der Stadthäuser am jeweils nördlichen Rand der Baufelder auf Grund der sich verändernden Baufeldtiefen. Weitere Anpassungen sind auf Grund der sich verändernden die Lärmsituation gegenüber der Bahn in Bezug auf die Nutzungsverteilung vorgenommen worden oder auch zur Integration des Bestandsgebäudes Lehrter Straße 23/24.
 
Für die künftigen Bewohner und Nutzer entsteht durch die Überlagerung von zwei Hoftypen einer großer Gestaltungsspielraum: Die bauliche Grundstruktur gruppiert sich - je nach Lesart - entweder um einen öffentlichen oder um einen privaten Hof. Dieser Ping-Pong-Effekt schafft auf Grund der individueller Ausgestaltung der Höfe gleichzeitig auch eine hohes Maß an individueller Gestaltungsvielfalt für die Gebäude.
 
Die Zusammenstellung der Baukörper sichert eine differenzierte Mischung an Nutzungen und Nutzern und verhindert so - im positiven wie im negativen Sinne – eine Abgrenzung von einzelnen Nutzergruppen. Die vier Baukörper besitzen im Hofverbund jeweils eine eigenständige Aufgabe und können so auch eine hohe Eigenständigkeit in der Architektursprache entwickeln. Alle Gebäude lassen eine Realteilbarkeit zu, die sich auch in der Tiefgarage abbildet. Hierzu bedarf es lediglich einer gemeinschaftlichen Zufahrt.
 
Die historische Mauer an der Lehrter Straße schafft einen hohen identitätsstiftenden Charakter für das Quartier und wird in die Grundstruktur der Baufelder einbezogen. Dies ist keineswegs als Restriktion zu verstehen, sondern stellt ganz im Gegenteil eine besondere Qualität für die neuen Gebäude an der Lehrter Straße dar. Je nach Lage und Nutzung können die einzelnen Ausfachungen der Mauer als geschlossenes, offenes oder mit einer Gitterstruktur versehenes Element genutzt werden.
 
Den Auswirkungen der Bahnlärms wird mit einer Reihe von spezifischen Maßnahmen entgegengewirkt. So wurde im Norden des Plangebietes der Schwerpunkt der Nutzung auf Dienstleistung und Gewerbe gelegt. Im Süden verschiebt sich der Nutzungsschwerpunkt auf das Wohnen. Die behindertengerechte Anrampung zur Brücke über die Bahn ist im unteren Teilabschnitt als Damm ausgebildet und verhindert so bereits unmittelbar an der Lärmquelle die Ausbreitung des Schalls.  
 
Erschließung und Parken
 
Für die Entwicklung des neuen Stadtquartiers wird keine zusätzliche, öffentliche Verkehrserschließung benötigt. Die Tiefgaragen erhalten eine Zufahrt von der Lehrter Straße. Bei der Ausweisung Lage der Hofzufahrten ist auf die Öffnungen in der Mauer und in der Baumreihung besonderer Wert gelegt worden. Rettungsfahrzeuge und Fahrzeuge zur Ver- und Entsorgung der Gebäude können den Hof befahren. Eine je nach Gebäude- und Nutzungskonstellation variierende Anzahl an „öffentlichen“ Stellplätzen werden in den Hybrid-Höfen nachgewiesen. Lediglich die Stadthäuser können direkt über Hof angefahren werden und besitzen eine im Gebäude integrierte Garage. Die zentrale Zufahrt zur Tiefgarage erfolgt über die Lehrter Straße und erschließt darüber die einzelnen Parzellen.
 
Phasierung und Parzellierung auf Baufeldebene
 
Auf der Baufeldebene sind zwei prinzipielle Phasierungsmodelle und damit Parzellierungsoptionen vorstellbar. Im Falle einer kompletten Realisierung eines Baufeldes mit seinen vier Baukörpern ist eine Erschließung über Wegerechtsvereinbarungen möglich. Für den Fall von zeitlich versetzten Realisierungen schlagen wir eine unterirdische Erschließung vor, der die verschiedenen Parzellen miteinander verbindet. Zur Realisierung der Baufelder gehört in der Regel auch die Herstellung des nördlich angrenzenden Hybrid-Hofes. Mit dieser Systematik  werden auch Zwischenzustände vorstellbar, in denen sich zunächst Baukörper um einen Hybrid-Hof herum gruppieren. 
 
 
Phasierung auf Quartiersebene
 
Die Phasierung des Areals weist harte und weiche Vorgaben auf. Zu den notwendigen frühen Realisierungsmaßnahmen gehört der Bahnparks und die damit verbundenen wesentlichen Querspangen. Über den Bahnpark wird das Gelände geöffnet und kurze und attraktive Wege beispielsweise zum Hauptbahnhof ermöglicht. Die Entwicklung der Freiräume im Bereich der Kulturfabrik ist dabei von besonderer Bedeutung. Wir schlagen für die weiteren Realisierungsschritte eine kontinuierliche Entwicklung von Süden nach Norden vor. Diese sind jedoch gemäß den Darstellungen zur Phasierungen auf der Baufeldebene in kleine Einzelschritte aufteilbar. Die Integration der vorhandenen Schrebergärten ist in den ersten Entwicklungsschritten noch gut vereinbar. Mit dem Ost-West orientierten Brückenschlag in Richtung  Heidestraße und Invalidenfriedhof wird die Anlage aufgegeben.
 
Freiraumstruktur
 
Die Freiraumstruktur wird in Bezug auf den Grad der Öffentlichkeit und den damit verbundenen Nutzbarkeiten differenziert entwickelt. Der bahnbegleitende Grünraum wird ein öffentlicher Park. Der linear aufgebaute Raum nimmt ein ‚schnelles Bewegungsband’ für Radfahrer, Skater und Jogger auf. In den flächigen Landschaftsrasen des Bahnparks werden mit einer leichten Topografie Versickerungsmulden und Trockenrasenflächen integriert. Ein Baumfilter zwischen Bebauung und Bahntrasse nimmt mit einer prägnanten Baumart wie die Säuleneiche die Linearität auf und unterstützt den Park als Bewegungsraum. Am Döberitzer Grünzug werden zusätzlich Sportflächen für den informellen Freizeitsport angeboten.
 
Zwischen Bahnpark und Lehrstraße ergeben sich in der Hierarchie unterschiedlich gewichtete Durchwegungen. Den zentraler Raum bildet der Platz im direkten Gegenüber zum Post-Stadion. Diese Verbindung ist für die übergeordnete Vernetzung des Quartier in Ost-West-Richtung von ähnlich großer Bedeutung wie der Döbritzer Grünzug etwas weiter im Süden der Lehrter Straße. Von hier aus ist der zukünftige neue Stadthafen an der Heidestraße genauso schnell zu erreichen wie der Fritz-Schloß-Park und die zentralen Versorgungseinrichtungen von Moabit. Eine weitere Verbindung zwischen Bahnpark und Lehrter Straße bildet der Sport- und Freizeit-Schwerpunkt an der Kultur-Fabrik. Mit diesen drei großen Verbindungsstücken ist ein schneller Zugang zum Bahnpark für alle Anwohner der Lehrter Straße sicher gestellt. Darüber hinaus ergeben sich über die so genannten Hybrid-Höfe weitere kleinteilige Querungsoptionen, die über allgemeine Wegerechte gesichert werden.
 
Im Norden wird der vorhandene Spielplatz in der Fläche und hinsichtlich seiner Angebotsvielfalt erweitert. Durch ‚Rollbahnen’ können für Roll- und Skate-Aktivitäten zusätzliche Angebote geschaffen werden. Community Gardens können hier integriert werden. Südlich der Sport- und Spielflächen entsteht in Anlehnung an die Idee des Naturerlebnisraumes ein Ort mit besonderer Nutzung.
 
Höfe
 
Die gemeinschaftlich nutzbaren Hybrid-Höfe erhalten in der Grundstruktur einen einheitlichen Belag. Die Standorte für Baumreihen und -haine werden vorgegeben und der Baumbestand soweit möglich integriert. Im Dialog der Hofgemeinschaft wird das Nutzungsprofil der Höfe zwischen den Nutzern ‚verhandelt’. Denkbar ist im Bereich neuer Wohnlagen mit vielen Kindern ein Spielhof, ein Ausstellungs- und Werkstattflächen in gewerblich geprägten Höfen oder auch ein repräsentativer Hof im Bereich der Dienstleistungs- und Kulturnutzungen. Die Höfe sollen in Bezug auf Ausstattung und Nutzungsprofil nicht statisch und auf alle Zeiten festgelegt sein, sondern entwicklungsfähig bleiben. So wird aus dem Kinderhof in ein paar Jahren der Jugendhof oder nach einigen Jahrzehnten der Gartenhof für Senioren. Austauschbare ‚Nutzungspaletten’ ermöglichen den Wandel. Mit diesem flexiblen Konzept wird der Hybrid-Hof wandelbar und zum Kommunikationsort der Anwohner.
 
Die Innenbereiche der Höfe sind grün und eindeutig den privaten Nutzungen zugeordnet. So können hier Wohnformen mit Gartenbezug entwickelt werden. Der Charakter des Innenbereiches wird in enger Verzahnung mit den spezifischen Nutzungen und Gebäudetypen weiter zu konkretisieren sein.
 
Mit dieser klaren Hierarchie in den Freiraumtypen wird eine feine Abstufung von den öffentlichen zu den privaten Räumen vorgegeben, die in Abhängigkeit zu den zukünftigen Nutzungsprofilen jedoch Spielräume und Flexibilität in den privaten Flächen eröffnet.
 
 
Nachhaltigkeit
 
Die Grundstruktur des städtebaulich-freiraumplanerischen Konzeptes stellt die Grundvoraussetzungen für die Nachhaltigkeit der städtebaulichen Entwicklung sicher. Über kurze Wege werden die Höfe direkt von der Lehrter Straße aus erschlossen. Verkehr muss nicht unnötig in und durch das neue Stadtquartier geleitet werden.
 
Die stadtklimatischen Funktionen der Durchlüftungsbahn der Gleisanlagen werden durch den begleitenden öffentlichen Park mit seinen linear ausgerichteten Baumpflanzungen gestützt. Die Querlüftung zwischen der Frischluftleitbahn der Bahn und dem klimatischen Entlastungsraum des Poststadiums wird durch die offene Hofstruktur sicher gestellt.
 
Durch die flächige Dachbegrünung der Bebauung werden die Umweltwirkungen gemindert. Das Regenwasser der versiegelten Dach- und Wegeflächen wird innerhalb der Parkanlage über begrünte Versickerungsmulden dem Grundwasser vorgereinigt wieder zugeführt.
 
Der energetische Bedarf wird neben der gebäudebezogenen Wärmedämmung vor allem durch Tiefen-Geothermie und Photovoltaik auf den Dächern gemindert.
 
Die Ausgleichsfunktion der Grünanlage wird dadurch gesichert, dass die Rasenflächen differenziert entwickelt werden. Extensive Pflege der feuchten Versickerungsflächen wechseln kleinteilig mit Mager- und Trockenrasenstandorten. Die intensiven Freiraumnutzungen werden im Bereich des vorhandenen Spielplatzes im nördlichen Bereich sowie in Zuordnung zum Döberitzer Grünzug konzentriert.  
Lageplan

Lageplan

Blick von der Lehrter Straße in den zentralen Raum des Quartiers

Blick von der Lehrter Straße in den zentralen Raum des Quartiers

Blick entlang des Bahnparks nach Süden

Blick entlang des Bahnparks nach Süden

Blick von der Lehrter Straße in den nördlichsten Hybridhof

Blick von der Lehrter Straße in den nördlichsten Hybridhof

Blick auf die Freiraumpaletten im Hybridhof

Blick auf die Freiraumpaletten im Hybridhof