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Mehrfachbeauftragung | 10/2009

Kinderhaus Starnberg

3. Preis

Maier Neuberger Architekten GmbH

Architektur

realgrün Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAU UND GEBÄUDESITUIERUNG
Die Umgebung des neuen Kinderhauses Starnberg ist durch den Übergang von bebauten Flächen in offene Wiesen- und Waldlandschaft geprägt. Zwischen Wohngebieten mit allen Arten von peripheren Siedlungstypologien und dem Bauernhof an der Normanstraße haben sich die Sondernutzungen von Franziskus-Schule und Irmgard-Stadler-Kindergarten angesiedelt. Mit ihren frei und organisch entwickelten Gebäudeformationen interpretieren diese bereits ihre Lage am Übergang von Stadt zu Landschaft.

Das neue Kinderhaus greift diese freie Formensprache auf. Mit seinem weit ausgreifenden Dach lehnt sich die Figur an die Vegetation entlang des Schwarzgrabens an und öffnet sich Richtung Süden und Westen. Durch den Nord-Süd gerichteten Grundstücksverlauf verbleiben sowohl im Westen, als auch im Süden noch gut nutzbare Grundstücke für Erweiterungen oder zukünftige Nutzungen.


GEBÄUDE – ALLES UNTER EINEM DACH

Alles auf einer Höhe
Die Grundkonzeption sieht vor, alle Nutzungen auf einer Ebene unter einem gemeinsamen, großen Dach zu vereinen. Im Sinne des integrativen pädagogischen Konzeptes gibt es für die Kinder kein „oben“ und „unten“ – alle begegnen sich auf gleicher Höhe. Der barrierefreie Zugang zu allen Räumen ist ohne technische Hilfsmittel gegeben.

Lediglich der Personalraum liegt abgeschieden mit eigener Terrasse auf dem Dach und erlaubt den Mitarbeitern Ruhe und Ausblick.


Häuser und Zwischenräume
Unter dem großen Dach erhalten die Nutzungen jeweils eigene Häuser. Die Räume zwischen den Häusern sind fließende, vielfältig nutzbare Zwischenräume – ähnlich den Straßenräumen einer Stadt bilden sie an der einen Stelle enge Gassen, an der anderen aufgeweitet wie ein Platz. Sie können Spielfläche, Flur, Wartebereich, Rennbahn, Esszimmer oder Garderobe sein. Über wenige große Türen lassen sich die Zwischenräume den jeweiligen Raumgruppen auch exklusiv zuordnen. So sind mit einfachsten Mitteln – Tür auf oder zu - vielfältige Raumzonierungen herstellbar. Vom wilden, lauten, offenen Gewusel während der Hol- und Bringzeiten oder bei Veranstaltungen bis zum ruhigen, kontemplativen Arbeiten in den Gruppen bietet das Gebäude eine große Bandbreite möglicher Zustände.


Einheit von Innen und Außen
So wie sich das Gebäude innen mit fließenden Übergängen präsentiert sind auch der Zugang und die Übergänge nach draußen offen gestaltet. Aus allen Zwischenräumen ist ein Austritt in die Landschaft möglich, durch den großen Dachüberstand verschwimmt die Trennung von Innen und Außen. Verstärkt wird dieser Effekt dadurch, dass sich auch der Bodenbelag aus dem Außenbereich in gleicher Farbe nach innen zieht. Rings um das Gebäude liegen vor den Gruppenräumen gut nutzbare Terrassenflächen, die durch das unterschiedlich weit auskragende Dach im Sommer gut beschattet sind und dadurch wie Außenzimmer genutzt werden können.


GEBÄUDEKONSTRUKTION UND MATERIALKONZEPT
Das Gebäude ist als Massivkonstruktion konzipiert. Die gemauerten „Außenwände“ der einzelnen Häuser stehen auf Streifenfundamenten und tragen eine ca. 28 cm dicke Stahlbetondecke. Die Wände sind als Ziegelmauerwerk mit 36,5 cm Dicke vorgesehen und sind in den Außenwandbauteilen zusätzlich mit Perlite gefüllt. Bei den Innenwänden dient die Dicke der Wand auch der Aufnahme von Nischen, Garderoben, Regalen u.ä. Als Dachaufbau ist ein Gefälledämmung mit Foliendichtung und intensiver Begrünung vorgesehen.

Die Fassade entwickelt einen eigenen Rhythmus aus unterschiedlich großen und frei angeordneten Fenstern. Dadurch wird einerseits den verschiedenen Funktionsanforderungen Rechnung getragen, andererseits ergibt sich interessantes Spiel an Ein- und Ausblicken sowie Lichtstimmungen. Der freie Gliederungsrhythmus findet sich auch im Innenbereich wieder und nimmt hier Garderoben und Regale auf. Die Holzfenster- und Türen erhalten einen weißen Anstrich.

Sämtliche Wände sind verputzt und weiß gestrichen, Innenseitig zu den Fluren als Glättputz mit Lackfarbe. Deckenbekleidung ist eine Gipskarton-Lochdecke mit Akustikfunktion und integrierter Beleuchtung mit Rundleuchten unterschiedlicher Größe vorgesehen.

Als Bodenbelag liegt in Allgemeinflächen und Bewegungsflächen im Innenbereich ein orangefarbener Linoleumbelag, im Außenbereich ein orangefarbener Tartanbelag. In den Gruppenräumen liegen Linoleumbeläge mit unterschiedlicher Farbigkeit, in den Nassräumen Fliesenbeläge an Boden und Wand.

Die Einbaumöbel (Garderoben, Küchen, Regale...) und lose Möblierung werden einheitlich in geölter Eiche hergestellt.

Insgesamt ist das Material- und Raumkonzept so angelegt, dass möglichst unmittelbare und unterschiedliche haptische Erfahrungen gemacht werden – „ehrliche“ Materialien (Holz, Putz, Stein, ...), unterschiedliche Texturen (Rau, glatt, hart, weich, ...), eng, weit, hell, dunkel, etc.


ERSCHLIESSUNG UND PARKIERUNG
Das Dach formt Richtung Nordosten eine hofartigen Vorzone, über die die Erschließung des Gebäudes abgewickelt wird. Den unterschiedlichen Erschließungsfunktionen sind dabei eigene Zonen zugeordnet. Im Sinne flächenschonenden Bauens und eines logischen Funktionsablaufes ohne Doppelung von Erschließungsflächen ist der Kreisverkehr in den Verkehrsablauf integral mit einbezogen. Zudem ist zu erwarten, dass das Verkehrsaufkommen sehr niedrig und überwiegend von den Kinderhausnutzern selbst verursacht sein wird.

Der Kreisverkehr wird auch für die Vorfahrt der Busse und die die Erschließung eines Teiles der Parkflächen genutzt. Von den Bussen kommend betreten die Kinder eine geschützte Platzfläche vor dem Eingang. Östlich dieses Vorplatzes liegen 11 der insgesamt 18 nachzuweisenden Stellplätze. Vorplatz und Stellplätze sind über Zaun und Tore zum Kreisverkehr hin abtrennbar. Vom Vorplatz zu den Stellplätzen erfolgt eine informelle Abtrennung über Sitzbank. Höhen-und Belagswechsel.

Die restlichen 7 Stellplätze werden direkt vom Kreisverkehr erschlossen und liegen außerhalb des Zaunes aber auf eigenem Grundstück. Optional können im „Auge“ des Kreisverkehrs noch zusätzliche Stellplätze hergestellt werden


BRANDSCHUTZ
Durch die erdgeschossige Bauweise ist ein einfaches Brandschutzkonzept möglich. Das Gebäudes ist als ein Brandabschnitt konzipiert und über die internen Türen in mehrere Rauchabschnitte gegliedert. Aus allen Gruppen- und Aufenthaltsräumen ist über Fenstertüren und Türen ein direkter Ausgang (1. Rettungsweg) ins Freie gewährleistet. Für die innenliegenden Funktionsräume stehen jeweils getrennte Rettungswegführungen durch unterschiedliche Rauchabschnitte zur Verfügung. Das Dachgeschoss erhält eine eigene notwendige Treppe. Der 2.Rettungsweg wir hier über die Steckleiter von der Dachfläche aus nachgewiesen.


ENERGIE UND GEBÄUDETECHNIK
Das Gebäude soll als klassischer Massivbau mit Lochfassade die Vorteile dieser bewährten Konstruktionsart für ein „Low-Tech“-Gebäude mit niedrigem Energiebedarf nutzen. Durch die Massivbauweise hat das Gebäude eine hohe Speichermasse, die sich positiv auf das Gebäudeklima auswirkt. Natürliche Lüftung über Fenster und ein außenliegender textiler Sonnenschutz gewährleisten zusammen mit der hohen Speichermasse ein ausgeglichenes Raumklima.

Innenliegende Räume werden natürlich über Oberlichter oder mechanisch über dezentrale Sanitärlüfter mit Nachströmung über einen Unterschnitt der Türen entlüftet.

Aufgrund der geologischen Situation des nicht anstehenden Grundwassers ist der Einbau einer Wärmepumpe mit Grundwassernutzung nicht möglich. Deshalb wird als „Basislösung“ Primärenergie Erdgas aus dem öffentlichen Netz genutzt. Die Heizverteilung innerhalb des Gebäudes erfolgt über eine Fußbodenheizung.
Für die notwendig hohen Systemtemperaturen der Warmwasserversorgung wäre der Einsatz eines Blockheizkraftwerkes sinnvoll, da der dabei erzeugte Strom in der Anlage selbst genutzt werden könnte. Die Spitzenlastabdeckung würde über die Basisanlage der Gas-Brennwertanlage erreicht.
Ob eine gemeinsame Heizzentrale mit der Franziskusschule sinnvoll ist, muss in der weiteren Planung geprüft werden. Eine seriöse Aussage über die Wirtschaftlichkeit bedingt eine fachliche fundierte Untersuchung.

Alternativ dazu kann die wirtschaftliche Nutzung von Erdsondenbohrungen zur Geothermienutzung untersucht werden. Aufgrund des geringen Warmwasserbedarfes ist der Einsatz einer Thermischen Solaranlage nicht sinnvoll.

Neben der Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung wir eine Nutzung des anfallenden Regenwassers für Bewässerung der Außenanlagen, WC-Spülung bzw. Waschmaschinen vorgeschlagen.
Aufgrund der schlechten Versickerungsmöglichkeiten wird das gesamte Dach- und Oberflächenwasser vor Ort versickert. Teile davon werden in Zisternen zur Brauchwasserverwendung gesammelt

Die aktuellen Anforderungen der ENEV 2009 und des EEWärmeG werden eingehalten.


ÖKOLOGIE UND WIRTSCHAFTLICHE BAUWEISE
Bei der gewählten, eingeschossigen konventionellen Massivbauweise ohne Keller handelt es sich um eine sehr einfache marktübliche Konstruktionsart, die eine wirtschaftliche Realisierung ermöglicht. Die verwendeten Baustoffe sind langlebig sowie nachhaltig herstell- und recyclebar. Damit ist sowohl eine ökologische Herstellung und Entsorgung gewährleistet, als auch ein robuster, wartungsarmer Betrieb mit niedrigen Kosten zu erwarten.


FREIRAUM
Landschaftsarchitektonisches Konzept

Ziel des vorgeschlagenen Entwurfskonzeptes ist die Integration differenzierter vielfältig nutzbarer Freiraumstrukturen im übergeordneten städtebaulichen und landschaftlichen Kontext.

softscape – im Dialog mit der topografisch- landschaftlichen Ausprägung des Umfeldes werden die hochbaulichen und freiraumplanerischen Entwurfsbausteine einem spezifischen identitätsstiftenden Gestaltungsduktus unterworfen. Die Trennung von Innen- und Außenraum wird kontextuell aufgelöst.
Die Erschließungs- und Parkierungsbereiche werden mit frei gruppierten Bäumen überstellt und in das übergeordnete Landschaftsbild entlang des Schwarzgrabens integriert.

Konzentration und Zonierung - die geforderten Erschließungsbereiche, wie Busvorfahrt und Parkierung werden flächensparend im nord-östlichen Grundstückbereich am Wendehammer konzentriert.
Ein eigenständiger großzügiger Vorplatz mit langgestreckter Sitzmauer dient als Wartebereich und nimmt die Fahrradstellplätze auf. Querungskonflikte von Fußgängern und Fahrverkehr werden trotz der beengten räumlichen Verhältnisse konsequent vermieden.

Kommunikation und Interaktion - der die Gebäudestruktur umgebende Freiraum dient dem Spiel und Gruppenaufenthalt im Freien.
Er wird kontextuell mit dem Innenraum entwickelt. Die Bestandstopgrafie wird diesen Anforderungen entsprechend angepasst und sanft modelliert. Terrassenbereiche werden barrierefrei von den inneren Gangzonen und Gruppenräumen nach Außen entwickelt. Ein durchgängiger Spielparcour aus farbigem EPDM umschliesst die Gruppenräume. Spielinseln aus Weidengebüsch und Sandspielflächen werden in die mäandrierenden Spielrasenflächen integriert. Der Übergang in die umgebende Wiesenlandschaft und den Grabenbereich wird fließend formuliert.

Die gebäudeübergreifende Dachlandschaft dient der Beschattung der vorgelagerten Terrassenbereiche.